Depressionen sind eine häufige psychische Erkrankung, die viele Menschen weltweit betrifft. Betroffene erleben oft eine Kombination aus Traurigkeit, Antriebslosigkeit und einer verminderten Fähigkeit, den Alltag zu bewältigen. Gemäss der Weltgesundheitsorganisation WHO zeigen sich Depressionen durch «anhaltende Traurigkeit und mangelndem Interesse an zuvor angenehmen Aktivitäten». Kurz: Betroffene verlieren die Freude an ihren Hobbys, ziehen sich zurück oder fühlen sich dauerhaft niedergeschlagen.
Depressionen sind mehr als nur vorübergehende Traurigkeit. Sie sind eine ernsthafte Erkrankung, die sich auf das gesamte Leben auswirken kann. Dabei spielen psychologische, genetische und umweltbedingte Faktoren eine Rolle.
Arbeiten mit Depressionen
Können Menschen, die unter Depressionen leiden, noch am Arbeitsleben teilnehmen? Ganz wichtig: arbeiten trotz Depression ist möglich. Je nachdem, in welchem Stadion Sie sich gerade befinden, kann ein geregelter Tagesablauf mit einer sinnvollen Beschäftigung Ihre Genesung fördern.
Vorweg: Sie sind nicht verpflichtet, Arbeitgeber oder Kolleg:innen über Ihre Erkrankung in Kenntnis zu setzen, sofern sie Ihre Aufgaben nicht wesentlich erschweren. Es gibt gute Gründe dafür, eine psychische Erkrankung erstmal für sich zu behalten. Angst vor Diskriminierung zum Beispiel, oder Scham, um nur einige zu nennen. Allerdings kann das Verschleiern einer Krankheit unter Druck setzen, Energie rauben und das Arbeiten mit Depressionen verkomplizieren. Der offene Umgang hingegen kann eine Menge Stress ersparen. Zum Beispiel verhindert er, dass Sie sich für allfällige Fehltage rechtfertigen müssen.
Wenn Sie nicht recht wissen, wie Sie mit Ihrem Vorgesetzten darüber sprechen sollen, bietet es sich an, die wichtigsten Punkte auf einen Zettel zu schreiben und diesen zum Gespräch mitzubringen. Oder Ihr:e Psychiater:in kann den Dialog mit Ihnen gemeinsam vorbereiten. Finden Sie eine neue berufliche Perspektive!
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Allenfalls können Sie auf Ihre Vorgesetzten zugehen und gemeinsam entlastende Massnahmen erarbeiten. Eine Reduktion des Pensums zum Beispiel oder längere Pausen. Auch regelmässige Gespräche mit der Personalleitung können hilfreich sein und Ihnen das Arbeiten mit Depressionen erleichtern.
Krankschreibung und Lohnfortzahlung
Falls Sie aufgrund Ihrer Symptome nicht oder nicht mehr in der Lage sind, zur Arbeit zu gehen, können Sie sich krankschreiben lassen. In der Regel muss nach dem dritten Abwesenheitstag ein Arztzeugnis eingereicht werden. Ärzt:innen bzw. Psychiater:innen stellen diese Zeugnisse aus. Darin enthalten sind Informationen über Beginn, Dauer und Grad der Arbeitsunfähigkeit sowie den Hinweis, ob es sich um eine Krankheit oder einen Unfall handelt. Die genaue Diagnose fällt unter das Arztgeheimnis, und darf deswegen nur mit Ihrem Einverständnis weitergegeben werden. Ihr Arbeitgeber weiss also zwar, dass Sie aufgrund einer Krankheit ausfallen, nicht jedoch, dass Sie eine Depression haben.
Während einer Krankschreibung muss sich Ihr Unternehmen an das Arztzeugnis halten. Während einer Krankschreibung muss Ihnen Ihr Unternehmen für eine gewisse Zeit den vollen Lohn auszahlen (sogenannte Lohnfortzahlung). Wie lange genau, richtet sich entweder nach Arbeits- bzw. Gesamtarbeitsvertrag oder nach den Basler, Berner oder Zürcher Skalen. Diese von Gerichten festgelegten Fristen gibt es auf der Homepage des Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) zum Nachlesen. Nach einer gewissen Zeit entfällt die Lohnfortzahlungspflicht und Sie erhalten üblicherweise Krankentaggeld. Eine Krankentaggeldversicherung ist nicht obligatorisch, viele Arbeitgeber:innen verfügen jedoch darüber. Sie erhalten in der Regel 80% Ihres Lohnes, wenn Sie Krankentaggeld beziehen, bezahlt wird der Betrag von der Versicherung. Sind Sie unsicher, wie es in Ihrem Unternehmen ist, empfiehlt es sich, bei Ihrem Arbeitgeber nachzufragen.
Übrigens: vom Betrag wird nichts für die 1. Säule (AHV/IV/EO) abgezogen, da nach einigen Monaten Krankheit eine Prämienbefreiung eintritt. Während dieser Fristen ausgesprochene Entlassungen sind ungültig. Sollte Ihnen dennoch gekündigt werden, können Sie Ihren Arbeitgeber schriftlich auf seinen Fehler aufmerksam machen. Weitere Informationen sowie einen entsprechenden Musterbrief gibt es bei Guider.
Unterstützung und Therapie
Sie sind nicht alleine! Psycholog:innen, bzw. Psychiater:innen helfen Ihnen mit verschiedenen Therapieformen und geeigneten Medikamenten aus der Depression. Sollten sich Ihre Symptome verschlechtern oder gar Suizidgedanken auftreten, sprechen Sie umgehend mit einer Fachperson, die einen stationären Klinikaufenthalt organisieren kann.
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Für den Umgang mit Ihrer Krankheit am Arbeitsplatz gibt es zudem sogenannte Care Manager. Diese vermitteln, geben Tipps und suchen Wege, wie Betroffene weiterhin ihrem Beruf nachgehen können. Wenn Sie nach einer längeren Krankschreibung an Ihren Arbeitsplatz zurückkehren, kommt üblicherweise das Prinzip Supported Employment zum Einsatz. Job Coaches begleiten dann von der Stellensuche bis hinein in den Arbeitsalltag und sind Ansprechpartner für das berufliche sowie soziale Umfeld. Wie eine Coachin arbeitet, erfahren Sie in diesem Fachbeitrag.
Selbsthilfe und Alltagsgestaltung
Ein strukturierter Tagesablauf gibt Halt und Orientierung, insbesondere für Menschen mit Depressionen. Regelmässige Zeiten für Schlaf, Mahlzeiten und Aktivitäten helfen dabei, das Gefühl von Kontrolle zurückzugewinnen. Studien in der Psychologie zeigen, dass Routine den Stresspegel senkt und die Symptome von Depressionen lindern kann. Unterstützend kann auch eine stundenweise Betreuung zu Hause ein.
Selbsthilfe spielt eine zentrale Rolle im Umgang mit Depressionen. Kleine Schritte können bereits grosse Veränderungen bewirken. Beschäftigungen, die Freude bereiten und die Sinne anregen, sind besonders hilfreich.
Aktivitäten zur Stimmungsaufhellung
- Regelmässige Bewegung: Sportarten wie Yoga oder Joggen setzen Endorphine frei und verbessern die Gesundheit. Viele Betroffene berichten, dass schon ein kurzer Spaziergang im Freien ihre Laune hebt.
- Musik: Das Klavier ist nicht nur ein Instrument, sondern auch eine Möglichkeit, Gefühle auszudrücken. Musik allgemein kann die Laune heben und beruhigen. Studien zeigen, dass das Hören oder Spielen von Musik stressreduzierend wirkt und das Wohlbefinden steigert.
- Soziale Kontakte: Depressionen führen oft zu einem Rückzug aus sozialen Kontakten. Doch der Austausch mit Familie, Freunden oder einer Online-Selbsthilfegruppe kann dabei helfen, die Einsamkeit zu überwinden.
- Kreative Beschäftigungen: Kreative Beschäftigungen können Emotionen kanalisiert ausdrücken und den Geist entlasten. Probieren Sie, etwas Neues zu schaffen!
- Zeit mit der Familie: Für Eltern oder Menschen mit engem Kontakt zu Kindern kann gemeinsame Zeit mit der Familie positive Impulse geben. Spielen, Vorlesen oder gemeinsames Kochen sind wertvolle Aktivitäten.
- Entspannungstechniken: Zu lernen, wie man mit Symptomen wie Müdigkeit oder Konzentrationsproblemen umgeht, ist entscheidend. Hierbei können Übungen zur Achtsamkeit und Entspannung helfen.
- Ein warmes Bad: Ein warmes Bad kann Entspannung fördern und die Sinne beruhigen.
- Meditation und Atemübungen: Stress ist ein häufiger Begleiter von Depressionen. Techniken wie Meditation oder gezielte Atemübungen können helfen, die Belastung zu mindern.
Ziele setzen und Erfolge festhalten
Das Setzen kleiner, realistischer Ziele hilft, Motivation und Selbstbewusstsein zu stärken. Jede gemeisterte Herausforderung zählt. Notieren Sie kleine Erfolge, wie beispielsweise das Aufräumen eines Raumes oder das Kochen einer Mahlzeit.
Weitere Tipps und Ressourcen
- 100-Tage-Challenge: Diese Challenge fordert dazu auf, 100 Tage lang jeden Tag etwas zu finden, das Freude bereitet. Es hilft, den Fokus auf positive Aspekte zu richten.
- Online-Ressourcen: Nutzen Sie das Internet, um sich inspirieren zu lassen. Besonders hilfreich sind Blogs und Foren, in denen Betroffene ihre Erfahrungen teilen. Hier finden Sie oft praktische Tipps und den Zuspruch, dass Sie nicht allein sind.
- Kostenlose Apps: Es gibt auch viele kostenlose Apps, die geführte Meditationen, Tagebuchfunktionen oder positive Affirmationen anbieten. Eine einfache Suche nach „Selbsthilfe Depression„ liefert eine Vielzahl nützlicher Angebote.
- Flexible Arbeit: Arbeit kann Struktur und Sinn geben. Flexible Aufgaben oder ehrenamtliche Tätigkeiten bieten oft eine gute Balance. Für viele Betroffene ist es hilfreich, klein anzufangen, beispielsweise mit wenigen Stunden pro Woche. Diese kleinen Schritte können das Selbstbewusstsein stärken und ein Gefühl der Produktivität vermitteln. Gleichzeitig sollte der Stresslevel niedrig gehalten werden, um eine Überforderung zu vermeiden.
- Austausch: Teilen Sie Ihre Gedanken mit vertrauenswürdigen Menschen. Halten Sie eine Liste von Dingen, die Sie gerne tun, und versuchen Sie, diese regelmässig in Ihren Alltag einzubauen. Suchen Sie regelmässig den Kontakt zu Freunden und Familie. Entwickeln Sie einen Notfallplan für schwierige Tage.
Psychotherapie und Medikamentöse Behandlung
Die Psychotherapie ist ein wesentlicher Baustein in der Behandlung von Depressionen. Sie bietet Raum, um Gedanken und Gefühle zu teilen und Strategien für den Alltag zu entwickeln.
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Therapieansätze
- Verhaltenstherapie: Gute Ergebnisse verspricht häufig eine Verhaltenstherapie.
- Analytische Psychotherapie: Die analytische Psychotherapie basiert auf Sigmund Freud. Hierbei geht es darum, nicht bewältigte Konflikte oder traumatische Erlebnisse aus früherer Zeit (beispielsweise der Kindheit) zu verarbeiten.
- Gesprächstherapie: Bei der Gesprächstherapie entsteht ein enges und vertrautes Verhältnis zwischen Therapeut oder Therapeutin und Patient oder Patientin.
Antidepressiva
Bei schweren Depressionen unterstützen häufig Psychopharmaka die Therapie, meist Antidepressiva. Sie wirken nicht sofort, sondern oft erst nach zwei, manchmal auch erst nach drei, vier oder fünf Wochen. Antidepressiva beeinflussen die Neurotransmitter, die Botenstoffe im Gehirn. Das sind vor allem Serotonin und Noradrenalin. Sie dienen dazu, bei der Übermittlung von Gefühlen im Gehirn winzige Spalten zwischen den Nervenzellen zu überbrücken. Bei depressiven Menschen ist diese Gefühlsübermittlung häufig gestört. Antidepressiva sorgen dafür, dass die Botenstoffe wieder besser funktionieren.
Arten von Antidepressiva
- Tri- und tetrazyklische Antidepressiva: Sie hemmen den Abbau der Botenstoffe in den Nervenzellen. Dadurch stehen mehr Botenstoffe zur Weiterleitung von Reizen zur Verfügung.
- ssRI/ssNRI: Diese Antidepressiva sorgen ebenfalls dafür, dass Nervenzellen die Botenstoffe langsamer abbauen.
- MAO-Hemmer: Sie unterdrücken die Wirkung des Enzyms Monoaminoxidase (MAO), das die Botenstoffe im Gehirn abbaut.
- Lithium: Nur, wenn andere Medikamente nicht helfen, setzen wir Lithium ein. Es verstärkt oft die Wirkung anderer Antidepressiva.
- Johanniskraut: Bei einer leichten Depression hilft oft Johanniskraut. Vor einer Verordnung klären wir Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten ab.
Wenn sich die erkrankte Person deutlich besser fühlt, sollte sie das Antidepressivum noch einige Monate lang weiter nehmen.
Weitere Unterstützungsangebote
Kennen Sie Freizeit- und/oder Ferienangebote für Menschen mit einer psychischen Beeinträchtigung? Kein passendes Angebot gefunden? Der Zyklus von Fühlen - Denken - Handeln hält eine Depression aufrecht und muss durchbrochen werden. Wenn man deprimiert und traurig ist sich trotzdem aufrafft und zwingt, etwas zu machen, was man schon lange einmal erledigen bzw. tun wollte, hat man wieder erste Erfolgserlebnisse und die Stimmung wird ein klein wenig besser. Um schrittweise Aktivitäten zu planen, hilft es, sich Ziele zu setzen. Ein Tool dafür sind die sogenannten SMART Ziele:
Der Austausch mit Gleichbetroffenen kann bei der Bewältigung einer Krankheit eine grosse Unterstützung sein. Beratung auf der Suche nach einer geeigneten Selbsthilfegruppe erhalten Sie bei Selbsthilfe Zürich. Viele depressive Patientinnen und Patienten quält die Tatsache, dass sich ihre Krankheit - etwa im Unterschied zu einem Knochenbruch - nicht „beweisen“ lässt.
Eine Depression kann jede und jeden treffen. Sich Hilfe und Unterstützung zu suchen, fällt vielen Menschen jedoch schwer. Eine optimale medizinisch-therapeutische Versorgung kann aber nur nach einer eindeutigen Diagnose erfolgen. Das zur Diagnose notwendige ausführliche Gespräch erfolgt mit einer Ärztin oder einem Arzt für Psychiatrie oder mit psychologischen Psychotherapierenden. Nach der Diagnosestellung werden die verfügbaren Behandlungsoptionen gemeinsam besprochen. Die Therapieentscheidung wird stets auf die individuellen Bedürfnisse und Möglichkeiten der Betroffenen abgestimmt. Eine optimale Therapie kombiniert im Idealfall eine Psychotherapie mit einer symptomorientierten medikamentösen Behandlung, falls eine solche erforderlich ist.
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