Der Beruf des Psychologischen Beraters: Aufgaben, Ausbildung und Zukunftschancen

Der Beruf des psychologischen Beraters erfreut sich wachsender Beliebtheit, da immer mehr Menschen Unterstützung in herausfordernden Lebenssituationen suchen. Die Rolle des Beraters ist es, seinen Klienten zu helfen, sich besser zu verstehen, Lösungen für ihre Probleme zu finden und ihr allgemeines Wohlbefinden zu steigern. Leben gestalten: Das eigene und das von Menschen, die Begleitung suchen.

Aufgaben eines Psychologischen Beraters

So ungefähr könnte man die Aufgaben einer psychosozialen Begleitung beschreiben. Beratung braucht es. Gesellschafts-«Krankheiten» wie Burnout zeigen: Wir müssen lernen, umzudenken. Statt Gewinnoptimierung geht es um Lebensoptimierung. Statt unnötige Ausfälle durch überhöhte Anforderungen, braucht es motivierte Mitarbeiter und realistische Ziele. Davon profitieren letztendlich alle. Möchten Sie sich beruflich neu orientieren oder bei Ihrem jetzigen Arbeitgeber konstruktive und wirksame Impulse setzen? Zum Beispiel in der psychosozialen Beratung.

Psychosoziale Beratung unterstützt bei Entscheidungsprozessen, Krisenbewältigung, Konfliktklärung und der Förderung von Beziehungsfähigkeiten. Ihr Ziel ist es, den Leidensdruck zu lindern, Situationen überschaubar zu machen und neue Lösungswege zu finden. Sie fördert selbstbestimmtes Denken und Handeln sowie die persönliche Weiterentwicklung im Umgang mit Lebensaufgaben.

Supervision in der psychologischen Beratung

Psychologische Beratung braucht Supervision. Fünf Punkte, warum eine Beratungsperson Supervision braucht:

  1. Die eigene Rolle als Beratungsperson.
  2. Das eigene Verhalten und Handeln gegenüber den Ratsuchenden.
  3. Persönliche Meinungen, Werte oder Reaktionsmuster.
  4. Fallsupervision - Reflexion der absolvierten Beratungseinheit.
  5. Psychosoziale Beratung und Coaching: Unterschiede und Gemeinsamkeiten.

Psychosoziale Beratung und Coaching: Unterschiede und Gemeinsamkeiten

Im Alltag und in den Medien verwenden die meisten Menschen die Begriffe psychosoziale Beratung und Coaching gleichbedeutend. Setzen Sie sich intensiver mit dem Thema Beratung auseinander, erkennen Sie allmählich, dass Coaching und psychosoziale Beratung keineswegs dasselbe sind. Doch wo genau liegen die Unterschiede? Wie lässt sich Coaching von psychologischer Beratung abgrenzen und was bedeuten diese Unterschiede für die Berater:innen im jeweiligen Bereich? Und in welcher Beziehung stehen beide Professionen zur Psychotherapie? Ein äusserst wichtiges und spannendes Thema, das wir hier näher beleuchten.

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Coaching

Im Coaching stehen individuelle Themen im Fokus, die in engem Zusammenhang mit dem Beruf und der Karriere stehen. Coach:innen entwickeln zum Beispiel gemeinsam mit ihren Kund:innen eine Strategie, um eine berufliche Veränderung zu realisieren. Berater:innen im Coaching begleiten ihre Kund:innen durch den Veränderungsprozess und greifen Themen aus dem Privatleben auf, wenn diese eng mit dem beruflichen Weg zusammenhängen. Coach:innen fungieren als Zuhörer:innen und Gesprächspartner:innen. Sie bieten keine Lösung, sondern begleiten Kund:innen auf ihrem Weg der Selbstreflexion und stossen Verhaltensänderungen an. Die Basis für die Zusammenarbeit ist der Aufbau einer vertrauensvollen und belastbaren Beziehung.

Methoden im Coaching

Klassische Coaching-Methoden wie Gesprächsführung nach Carl Rogers oder tiefenpsychologische Ansätze haben ihre Wurzeln in den psychotherapeutischen Schulen. Trotzdem ist Coaching keine Therapie, denn das Angebot richtet sich an gesunde Personen. Die Methoden werden vor allem eingesetzt, um das Selbstmanagement zu verbessern, neue Kommunikationsstrategien zu lernen oder die berufliche Rolle zu reflektieren.

Wer profitiert von einem Coaching?

Die Dienstleistung von Coach:innen nehmen in der Regel Personen mit Führungsaufgaben in Anspruch. Eine angeleitete Selbstreflexion und das Spiegeln spezifischer Muster, besonders in Konfliktsituationen, empfinden die Kund:innen als sehr hilfreich. Meist fehlt Führungskräften der Blick auf sich selbst. Sie kämpfen sich durch den Berufsalltag und sabotieren sich mit destruktiven Verhaltensweisen oder Einstellungen.

Urs R. Bärtschi, einer der erfolgreichsten Schweizer Business-Coaches weiss aus jahrzehntelanger Erfahrung, dass Coaching-Prozesse sehr zielorientiert ablaufen. Die Kund:innen sind zufrieden, wenn ihr Alltag wieder funktioniert, sie die betriebswirtschaftlichen Leistungsziele erreichen oder ihre Karriere vorantreiben. Der Aufbau einer gesunden Work-Life-Balance steht insofern auf der Coaching-Agenda, wenn er dazu dient, die berufliche Performance zu optimieren. Eine tiefenpsychologische Bearbeitung der thematisierten Probleme wird selten in Betracht gezogen.

Psychosoziale Beratung

Im Gegensatz zum Coaching kommt die psychologische Beratung in Lebensphasen zum Einsatz, die mit grossem Leidensdruck einhergehen, jedoch (noch) nicht den Kriterien einer psychischen Erkrankung entsprechen. Sie haben vielleicht schon selbst erlebt, wie belastend zum Beispiel eine Ehekrise, eine schwierige Trennung, Probleme im Job oder ein Todesfall im persönlichen Umfeld sein können. Solche Situationen führen nicht selten zu emotionalen Krisen. Psychologische Berater:innen unterstützen gesunde Personen in solchen Momenten. Dabei nimmt die psychosoziale Beratung Lebensthemen wie Übergänge und Umbrüche, den Umgang mit Verlusten sowie damit verbundene berufliche Fragestellungen in den Blick.

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Im Vergleich zum Coaching nehmen Individualpsychologische Berater:innen neben ihrer Rolle als Zuhörer:in und Begleiter:in eine direktive Position ein: Sie bieten konkrete Interventionen an mit den Ziel, das Verhalten ihrer Klienten zu erweitern und flexibler zu gestalten. Der Beziehungsaufbau und das Spiegeln des Klienten sind dafür genauso notwendig.

Klient:innen in der psychologischen Beratung erleben eine krisenhafte Phase, sie sind jedoch nicht psychisch erkrankt. Aus diesem Grund ist die psychosoziale Beratung keine Kassenleistung.

Vorteile einer psychologischen Beratung

Die Kosten einer psychosozialen Beratung werden von den Klient:innen privat getragen. Daraus ergeben sich jedoch zahlreiche Vorteile:

  1. Keine Auseinandersetzung mit der Krankenkasse: Psychiater, Psychotherapeuten und Psychologen arbeiten in der Regel mit Krankenkassen zusammen. Die Kassen übernehmen die Behandlungskosten und fordern dafür zahlreiche Informationen wie Diagnosen, Medikation und Krankschreibungen. Psychosoziale Berater:innen arbeiten vollkommen eigenständig, deshalb unterliegen sie der absoluten Schweigepflicht auch gegenüber den Krankenkassen. Nehmen Personen das Angebot einer psychologischen Beratung in Anspruch, wird dies nicht vermerkt. Datenschutz und absolute Vertraulichkeit stehen an oberster Stelle.
  2. Kurze Wartezeit: Psychiater, Psychotherapeuten und Psychologen haben meist eine Warteliste. Sie erhalten erfahrungsgemäss drei bis vier Wochen nach dem Erstkontakt einen Platz für regelmässige Gespräche. Bei einer psychologischen Beratung können Sie nach dem Erstgespräch direkt loslegen.
  3. Freie Wahl des psychosozialen Berater:in: Krankenkassen vergeben eine regional begrenzte Anzahl an Zulassungen. Das bedeutet: Sie können nur zugelassene Therapeuten und Ärzte aufsuchen, damit die Kasse die Behandlungskosten übernimmt. Bei der Wahl von psychologischen Berater:innen sind Sie vollkommen frei. Die passende Beratungsperson finden Sie zum Beispiel im Beratungsverzeichnis der Akademie für Individualpsychologie. Alle Berater:innen wurden in der Akademie ausgebildet und tragen die Berufsbezeichnung «Individualpsychologische/r Berater/in AFI». In einem Telefonat können Sie eine erste Einschätzung vornehmen und sich für die Beratungsperson entscheiden, die Ihnen am besten zusagt.
  4. Mitspracherecht während der Dauer der Beratung: Eine Beratungseinheit dauert in der Regel 60 Minuten. Gemeinsam mit der Beratungsperson entscheiden Sie, wie viele Sitzungen die Beratung dauert.

Inhalt und Ablauf der psychologischen Beratung

In einem Erstgespräch besprechen Berater:in und Klient:in gemeinsam den Inhalt und Ablauf. Die aktuelle Fragestellung spielt dabei die zentrale Rolle. Die Beratungsperson verfügt über die notwendige Kompetenz, um den Klient:innen eine Strategie vorzuschlagen und kann aufgrund ihrer umfassenden Ausbildung auf problematische Handlungsmuster hinweisen, um gemeinsam mit den Klient:innen günstigere Alternativen zu entwickeln.

Ausbildung zum Psychologischen Berater

Die Ausbildung zum Psychologischen Berater erfreut sich wachsender Beliebtheit. Viele Menschen möchten sich in diesem Bereich weiterbilden, um anderen in schwierigen Lebenssituationen beratend zur Seite stehen zu können. Die Auswahl an Kursen und Anbietern ist gross, und es kann schwierig sein, das passende Angebot zu finden.

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Voraussetzungen für die Ausbildung

Beratungspersonen sollten offen dafür sein, ihre eigene Lebensgeschichte aufzuarbeiten. Dafür gibt es gute Gründe: Jedes Thema, das geklärt ist, steigert ihr Wohlbefinden und sorgt für inneren Frieden und psychische Stabilität. Die langjährige Erfahrung zeigt, dass Menschen, die Schwierigkeiten verdrängen oder vor sich herschieben, in den ungünstigsten Momenten von ihrer Lebensgeschichte eingeholt werden. Meist ist eine akute Krise der Auslöser und stellt die Betroffenen vor die Aufgabe, gleich zwei Fragestellungen zu bearbeiten. Die eigene Lebensgeschichte proaktiv zu klären und sich mit den Lebensfragen auseinanderzusetzen wirkt als stabiler Faktor.

Für psychologische Berater:innen gilt dies in besonderem Masse: Sie brauchen ein gewisses Mass an innerer Stabilität, um andere Menschen durch Krisen erfolgreich zu begleiten. Gleichzeitig sorgt die Aufarbeitung der individuellen Lebensgeschichte dafür, dass sie problematische Muster bei ihren Klient:innen klarer erkennen. Aspekte, die Berater:innen selbst verdrängen, können sie dem Gegenüber nicht spiegeln.

Eine mehrjährige Ausbildung bis zum eidgenössisch anerkannten Abschluss «Berater:in im psychosozialen Bereich mit eidg. Diplom» vermittelt den Beratungspersonen alle erforderlichen Kompetenzen inklusive Selbsterfahrung.

Vergleich verschiedener Ausbildungsangebote

Die Wahl des richtigen Anbieters für die Ausbildung zum Psychologischen Berater hängt von deinen individuellen Bedürfnissen und Zielen ab. Hier ein Vergleich verschiedener Anbieter:

Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW)

Die Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) bietet eine berufsbegleitende Weiterbildung, die sich vor allem an Fachkräfte aus dem psychosozialen Bereich richtet.

IFP Basel

Das IFP Basel bietet eine umfassende Ausbildung, die sowohl theoretische Grundlagen als auch praktische Anwendungen abdeckt. Besonders hervorzuheben ist die Einbindung von Supervisionen und praxisorientierten Modulen, die die Teilnehmer auf die Arbeit als Berater vorbereiten. Das IFP Basel bietet eine sehr ausgewogene Ausbildung, die sowohl in der Theorie als auch in der Praxis überzeugt.

Laudius

Laudius bietet eine Fernstudienausbildung an, die besonders flexibel gestaltet ist. Die Teilnehmer können das Tempo selbst bestimmen und erhalten Zugang zu umfangreichen Lernmaterialien, die online verfügbar sind. Laudius bietet eine sehr flexible und kostengünstige Möglichkeit, sich zum psychologischen Berater auszubilden. Der praktische Bezug könnte jedoch intensiver sein, um den direkten Einstieg in die Berufspraxis zu erleichtern.

  • Dauer: Flexibel, ca. 13 Monate Regelstudiendauer bei einer wöchentlichen Bearbeitungszeit von 10 Stunden.
  • Studienmaterial: 27 Studienbriefe, Professionelle Unterstützung durch Ihren Fachdozenten, Laudius Online Campus, Fachaustausch mit anderen Studierenden im Laudius Online Campus über das Lehrgangsforum, Bearbeitung der Übungsaufgaben, 4 Online Seminare zur Stoffvertiefung, theoretische Abschlussprüfung, Kurscafé für die informelle Kommunikation mit anderen Kursteilnehmern.
  • Teilnahmevoraussetzungen: Sekundarstufe I sowie dreijährige Berufserfahrung. Bereitschaft zu Hospitationen, zur Selbstreflexion und zur Supervision. Mindestalter 23 Jahre. Teilnehmer, die sich zurzeit in einer psychologischen Therapie befinden, benötigen für die Teilnahme eine Bescheinigung des behandelnden Arztes bzw. Therapeuten, dass sie die Verantwortung für die Teilnahme am Fernstudium und am Seminar selbst übernehmen können.

SGD

Die SGD bietet ein flexibles Fernstudium an, das sich vor allem an Berufstätige richtet. Der Kurs umfasst die wesentlichen Grundlagen der psychologischen Beratung und ermöglicht es den Teilnehmern, sich im eigenen Tempo weiterzubilden. Dieses Angebot ist ideal für Personen, die nebenberuflich eine flexible Weiterbildung suchen.

Psychotherapie und Beratung: Gemeinsamkeiten und Unterschiede

Die Literatur zu den Gemeinsamkeiten und Unterschieden von (psychologischer) Beratung und Psychotherapie ist schon recht angeschwollen. Das Wichtigste, was es darüber zu wissen gibt: Wer hofft, die beiden Formen der psychologischen Arbeit sauber unterscheiden zu können, sieht grossen Schwierigkeiten entgegen. Es gibt sowohl Gemeinsamkeiten wie Unterschiede.

Beim Lesen auch qualitativ hochstehender Texte, die sich mit den Unterschieden und Gemeinsamkeiten befassen, entsteht dennoch eher wenig Klarheit. Der Grund, dass eine psychologische Beratung und eine Psychotherapie manchmal recht nahe beisammen sind, liegt in der Rolle der psychologischen Begleitung. Die psychologische Begleitung ist sowohl bei der Beratung wie auch bei der Psychotherapie wichtig und bildet somit die gemeinsame Schnittmenge. Der zweite Grund für die Konfusion liegt darin, dass stets aus der Sicht des Psychologen versucht wird zu unterscheiden. Dabei gibt es auch eine Sicht des Klienten. Für bestimmte Klienten ist etwas eher eine Beratung, was für andere eine Psychotherapie wäre. Auf die mögliche Sicht der Klientenkriterien möchte ich ebenso noch eingehen.

Kriterien der psychologischen Beratung

Es gibt mehrere Kriterien, die meines Erachtens die psychologische Beratung am ehesten definieren:

  • Die Bedeutung von Informationsvermittlung (Wissen, Kenntnisse) durch die Fachperson.
  • Selbstbestimmtes, eigenverantwortliches sowie gemeinschaftsbezogenes Denken, Fühlen und Handeln eines Menschen.
  • Beratung/Counselling ist eine Dienstleistung, die ihre Aufgabe über eine klare Vereinbarung definiert.

Psychosoziale Beratung unterstützt bei Entscheidungsprozessen, Krisenbewältigung, Konfliktklärung und der Förderung von Beziehungsfähigkeiten. Ihr Ziel ist es, den Leidensdruck zu lindern, Situationen überschaubar zu machen und neue Lösungswege zu finden. Sie fördert selbstbestimmtes Denken und Handeln sowie die persönliche Weiterentwicklung im Umgang mit Lebensaufgaben.

Jeder dieser Beratungsstile ist an gezielte Grund-, Fort- und Weiterbildungen gekoppelt.

Abgrenzung zur Psychotherapie

Psychotherapie behandelt spezifisch diagnostizierte psychische Störungen, während psychosoziale Beratung präventiv ist und sich auf die Stärkung Ihrer Ressourcen und die Lösung aktueller Probleme konzentriert. Psychotherapie konzentriert sich auf die Diagnose und Behandlung von psychischen Erkrankungen durch ausgebildete Psychotherapeuten/-therapeutinnen. Psychosoziale Beratung dient präventiv und unterstützt auch ohne Diagnose. Ein/e «Psychosozialer Berater/-in» beratet keine Klienten mit einem diagnostizierten Krankheitsbild. Es gibt klare Richtlinien, welche im ICD-11 und DSM-IV festgehalten sind und welche Krankheitsbilder nicht behandelt werden können.

Die Psychotherapie wird von der Grundversicherung bezahlt, während für die «Psychosoziale Beratung» eine Selbstzahlung erforderlich ist. Die Schweizerische Gesellschaft für Beratung (SGfB) setzt sich dafür ein, dass diese Form der Beratung zukünftig möglicherweise von der Zusatzversicherung unterstützt wird. In verschiedenen Kantonen sind bereits Reformen in Kraft, die dies ermöglichen könnten.

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