Essstörung Ursachen und Symptome

Essstörungen gehören zu den Erkrankungen mit einer der höchsten Mortalitätsraten, somatische Erkrankungen miteingeschlossen. Die Mortalität liegt für die Anorexia nervosa bei 5% und für Bulimia nervosa bei 1.7%(1), wenn auch bei Erkrankungen im Jugendalter mit um die 1-2 % deutlich tiefer(2,3). Global leiden bis zu 4% Frauen und 0.3 % Männer im Laufe ihres Lebens an einer Anorexia nervosa und bis zu 3% Frauen und 1% Männer entwickeln eine Bulimia nervosa(5). Die Zahlen zeigen damit Unterschiede mit Blick auf Geschlecht mit einer höheren Prävalenz für Mädchen und Frauen.

Die Lebenszeitprävalenz für eine Essstörung in westlichen Ländern beträgt für Frauen 8.4% (3.3-18.6%) und 2.2% (0.8-6.5%) für Männer. Prävalenzzahlen variieren dabei nach Ländern und Kontinenten (USA führend mit 4.6%, gefolgt von Asien bei 3.5% und Europa bei 2.2%). Mit der Covid-19 Pandemie und den damit einhergehenden Lockdown-Maßnahmen zeigte sich ein weiterer Anstieg der Prävalenzzahlen(6). Die Gründe dafür sind vielfältig und reichen von Kontrollverlust und Einsamkeit zu mehr Zeit auf den sozialen Medien(8).

Neben den klassischen Formen von Essstörungen (Anorexia nervosa, Bulimia nervosa, Binge Eating) gibt es auch Mischformen oder die Symptomatik verschiebt sich im Verlauf(4). Zudem zeigen Langzeitstudien, dass bis zu 67% der jugendlichen Betroffenen von Anorexie im Verlauf eine andere psychiatrische Störung entwickeln(2). Immer häufiger zeigen sich zudem die Symptome einer akuten typischen Anorexie bereits im Alter von 11 bis 12 Jahren.

Eine akute Essstörung im Jugendalter beginnt häufig als Anorexia nervosa und löst bereits in der Frühphase der Erkrankung durch einen rasanten Gewichtsverlust Hilflosigkeit bei der Familie und nicht selten auch bei den Behandelnden aus. Sowohl die psychischen Symptome und ihre Auswirkung auf die Familiendynamik als auch die somatischen Symptome werden schnell existenziell bedrohlich. Die Behandlungsmotivation der Jugendlichen mit einer Anorexia nervosa in der Frühphase der Erkrankung ist dabei meist sehr niedrig(9).

Die pädiatrische oder hausärztliche Praxis ist häufig die erste Anlaufstelle für Familien mit von Essstörung betroffenen Kindern und Jugendlichen. Da ein möglichst früher Beginn der Behandlung ausschlaggebend ist für die Prognose, spielt die Früherkennung für den Krankheitsverlauf und die Heilungschancen eine wichtige Rolle. Mithilfe dieses Artikels soll in der Praxis die Früherkennung einer beginnenden Anorexia nervosa im Jugendalter erleichtert und der Zeitraum zwischen Diagnosestellung und Behandlungsbeginn möglichst verkürzt werden.

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Die Diagnostik der Anorexia nervosa erfolgt anhand des Gewichtsverlaufes sowie der Eigen- und Fremdanamnese zum Essverhalten und zur Selbst- und Körperwahrnehmung der Patient:innen. Zur Abschätzung der Akuität der Essstörung sind weitere somatische Untersuchungen notwendig. Für die Früherkennung ist neben routinemässigen Vorsorgeuntersuchungen die Berücksichtigung von somatischen, psychischen, familiären und sozialen Risikofaktoren ausschlaggebend.

Hierfür sollte im Rahmen von Vorsorgeuntersuchung bei Jugendlichen im Alter von 12 bis 14 Jahren grundsätzlich eine Kontrolle des Gewichtverlaufes mit Bestimmung des Body Mass Index (BMI) erfolgen und gezielt und altersgemäss nach dem Essverhalten und der Einstellung zu Gewicht und Körper gefragt werden(15). Zur Risikopopulation gehören aufgrund der Inzidenz grundsätzlich Mädchen zwischen 13 und 15 Jahren aus höheren sozialen Schichten(16,17). Zudem sind körperliche Risikofaktoren ein besonders tiefes oder hohes Gewicht, wie auch starke Gewichtsschwankungen.

Es gibt Hinweise darauf, dass Patient:innen mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer Essstörung haben(18,19). Da es in der Literatur Hinweise gibt auf eine genetische Komponente(20-23), sollten Essstörungen bei der Erhebung der Familienanamnese berücksichtigt werden. Zusätzlich sollten starkes Über- oder Untergewicht sowie Essverhalten und besondere Diäten erfragt werden.

Aufgrund der Vulnerabilität der Gehirnentwicklung im Jugendalter ist das Risiko der Entwicklung einer Essstörung aufgrund einer Diät deutlich höher als im Erwachsenenalter(24-26). In Bezug auf das soziale Umfeld stellen Freizeitbeschäftigungen einen Risikofaktor dar, bei denen besonderes Augenmerk auf Aussehen und Gewicht gelegt werden. Jugendliche sind in ihrem Selbstwert nicht gefestigt und daher empfindlich für Bemerkungen von Peers und Familienmitgliedern über ihre Figur, die als Auslöser für eine Essstörung wirken können.

Für die Diagnosestellung der Anorexia nervosa sind die Kriterien der aktuellen Diagnosesysteme massgeblich, die zusammenfassend die Gewichtsentwicklung, das Verhalten und die Selbstwahrnehmung in Bezug auf das Körpergewicht berücksichtigen. Das in der ICD-10 noch geforderte Kriterium der endokrinen Störung, die sich in Form einer Amenorrhö bzw. eines Libido- und Potenzverlustes manifestiert, wird im DSM-V und ICD-11 nicht mehr gefordert (da bei präpubertär erkrankten Kindern nicht vorhanden). Bei Verdacht auf eine Essstörung sollten kognitive Symptome der Essstörung genau erfragt werden, da das psychische Vollbild einer Anorexia nervosa sich bereits bei einem Normalgewicht manifestieren kann, insbesondere wenn vorbestehend leichtes Übergewicht bestand.

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  1. Zur Einschätzung des ersten Kriteriums ist es entscheidend, das aktuelle Körpergewicht in den Kontext der individuellen Lebensumstände zu setzten. Zu bewerten ist, ob das aktuelle Körpergewicht von dem zu erwartendem Gewicht der Betroffenen signifikant abweicht. Das Kriterium kann als erfüllt angesehen werden, wenn das Gewicht signifikant unter dem individuell zu erwartendem Gewicht der Person liegt. Um hier eine Fehleinschätzung zu vermeiden, sollten zum einen familiäre und ethnische Dispositionen sowie sportliche Betätigung berücksichtigt werden. Leistungsportler:innen können aufgrund der Muskelmasse mitunter über der 97. Perzentile liegen und somit formal die Kriterien einer Adipositas erfüllen(27). Die ICD-11 nimmt hier Bezug auf Grösse, Alter, Entwicklungsstadium und die bisherige Gewichtsentwicklung. Als Richtwert bei Erwachsenen wird ein BMI unter 18.5 kg/m2 und für Kinder- und Jugendliche in der aktuellen S3-Leitlinie die 10. In der ICD-10 wird ein Körpergewicht von mindestens 15% unter dem erwarteten Gewicht angegeben, was zum Beispiel einem Kreuzen der Perzentilen von der 50. Perzentile des BMI auf die 10. Perzentile entspricht. Die ICD-11 gibt als Beispiel einen Gewichtsverlust von 20% innerhalb von 6 Monaten an. Ausschlusskriterium für eine Anorexia nervosa ist, wenn das niedrige Körpergewicht oder der Gewichtsverlust eindeutig auf eine andere somatische oder psychische Erkrankung (s.
  2. Entscheidend für die Bewertung des Essverhaltens der Kinder und Jugendlichen ist die Frage, ob dieses typischerweise mit einer Angst vor einer Gewichtszunahme einhergeht. Die Angst muss dabei im Gespräch nicht explizit als solche benannt werden. Dies kann insbesondere bei präpubertären Betroffenen oder bei fehlender Krankheitseinsicht vorkommen. Bei in der Regel stark ausgeprägter Ambivalenz, wenn die Angst vor einer Gewichtszunahme den Genesungswunsch überwiegt, sowie bei hohem Schamerleben wird die bestehende Symptomatik häufig nicht vollumfänglich berichtet. Die Fremdanamnese durch die Familie bzw. enge Bezugspersonen ist damit unerlässlich. Es können Verhaltensweisen auftreten, die sich auf die Menge der Nahrungsaufnahme auswirken, wie zum Beispiel Fasten, Vermeidung kalorienreicher Nahrungsmittel, Verstecken oder Wiederausspucken von Nahrungsmitteln oder die sehr langsam erfolgende Nahrungsaufnahme. Zunehmend restriktives Essverhalten kann mit der Umstellung auf vegetarische oder vegane Ernährung mit essstörungstypischen Kognitionen und Ängsten einhergehen. Häufig werden bei beginnend restriktivem Essverhalten jedoch zu Beginn Süßigkeiten weggelassen, im Verlauf wird die Liste an «verbotenen» Nahrungsmitteln immer länger, bis letztendlich auch zahlreiche Grundnahrungsmittel nicht mehr gegessen werden. Das Aufrechterhalten einer gemeinsamen und gesunden Esskultur in der Familie wird häufig erschwert durch das stark angstbesetzte Meiden von fettreichen Nahrungsmitteln. Zusätzlich können Verhaltensweisen auffallen, die die Aufnahme der Nährstoffe nach dem Essen vermindern sollen, im englischen als «purging» bezeichnet. Hierzu zählt selbstinduziertes Erbrechen, Abführmaßnahmen oder die Nutzung von Einläufen. Damit soll erreicht werden, dass das Gegessene möglichst kurz im Darm verbleibt und damit nur zu einem reduziertem Anteil aufgenommen wird. Bei Patient:innen, die auf Insulingabe angewiesen ist, wird eine absichtliche Reduktion, z.B.
  3. Als letzte Kategorie von Verhaltensweisen sind solche zu beachten, die einen höheren Kalorienverbrauch zur Folge haben. Neben übermäßiger körperlicher Betätigung wie z.B. Sport, das konsequente Bevorzugen von Treppensteigen oder ständigem Stehen, müssen auch Kälteexposition oder das Einsetzen von Medikamenten wie z.B. Stimulanzien, Appetitzügler oder Schilddrüsenhormone, die den Stoffwechsel beschleunigen sollen, berücksichtigt werden.
  4. Die Störung der Selbstwahrnehmung fällt durch eine essstörungstypische Körperschemastörung auf, bei welcher sich die Betroffenen trotz Untergewicht als „zu dick“ oder „gerade richtig“ wahrnehmen. Von den Betroffenen wird eine niedrige Gewichtsschwelle für sich selbst festgelegt, an der zwanghaft festgehalten wird. Bei jüngeren Jugendlichen wird die Körperschemastörung oder die Beschäftigung mit Körperbild und Selbstwert oft nicht explizit benannt.

Als weitere Spezifizierung ist in allen Diagnosesystemen die Unterscheidung zwischen einem rein restriktiven, und einem Typ mit zusätzlichen der Gewichtszunahme gegensteuernden Massnahmen wie z.B. Erbrechen (Binge-purge-Typ) vorgesehen. In der ICD-11 kommt zusätzlich noch eine Unterteilung des Schweregrades in Bezug auf die Ausprägung des Untergewichtes zur Berücksichtigung und Einschätzung der somatischen Komplikationen und der Mortalität hinzu. Demnach liegt ein signifikantes Untergewicht bei Kindern und Jugendlichen unter der 5. BMI Perzentile und ein gefährliches unter der 0.3 BMI Perzentile vor. Bei Erwachsenen werden respektive ein BMI von 18.5 bzw. Differentialdiagnostisch sollten entsprechend der Leitlinie die in Tabelle 1 aufgeführten somatischen und psychischen Erkrankungen in Erwägung gezogen werden. Zudem ist die Abgrenzung von anderen Essstörungen notwendig. Hier ist insbesondere Bulimia nervosa zu benennen, bei der Essattacken mit der Aufnahme großer Nahrungsmengen und eine ständige Beschäftigung charakteristisch gemeinsam mit einer Gier oder einem Zwang zu Essen auftreten.

Wie bei fast allen psychischen Erkrankungen ist für die Diagnosestellung und die sich daraus ergebende Behandlungsindikation entscheidend, ob sich bei den Betroffenen aufgrund der Symptomatik eine relevante Gefährdung, ein subjektiver Leidensdruck oder eine Teilhabebeeinträchtigung mit Reduktion des psychosozialen Funktionsniveaus ergibt(15). Nach Diagnose einer Essstörung muss vor allem bei einer Anorexie mit raschem Gewichtsverlust oder mehrmals täglichem Erbrechen das Risiko einer akuten somatischen Dekompensation eingeschätzt werden. In den meisten Fällen ist die Situation bei der Erstkonsultation noch nicht derart akut, dass eine sofortige stationäre Behandlung indiziert ist.

Ein ambulanter Behandlungsversuch mittels einer raschen familienbasierten Erstintervention ist immer dann zu empfehlen, wenn die somatische Situation keine sofortige Einweisung erforderlich macht. Grundsätzlich ist bei Essstörungen die kardiale Dekompensation die Haupttodesursache. Entsprechend ist neben dem Gewichtsverlauf die Kontrolle von Blutdruck und Puls bei jeder Konsultation essenziell.

Als Einweisungskriterien für eine notfallmässige somatische Aufnahme gelten insbesondere eine Herzfrequenz <40/min, starke Elektrolytentgleisung, stark reduzierte Trinkmenge und ein über mehrere Wochen fortbestehender Gewichtsverlust von mehr als einem Kilogramm pro Woche, der auch durch die Erstintervention innerhalb der ersten Woche nicht gestoppt werden kann.

Die Bestimmung des BMI, die Einordnung in den Gewichtsverlauf sowie die Erhebung der Vitalparameter zu Beginn jeder Konsultation sind unerlässlich. Eine akut beginnende Anorexia nervosa ist für Angehörige oft sehr bedrohlich. Die Familien sehen sich mit den körperlichen Folgen der Erkrankung konfrontiert, bei denen die Eltern ihren betroffenen Kindern während der Akutphase eines rasanten Gewichtsverlustes von nicht selten über einem Kilo pro Woche beim «Verhungern“ zuschauen müssen.

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Die Eltern sind zudem mit den psychischen Symptomen einer bedrückten oder gereizten Grundstimmung, sozialem Rückzug, Wahrnehmungsveränderungen in Bezug auf Essensportionen und den eigenen Körper, sowie ständiger gedanklicher Beschäftigung mit dem Essen bei ihren Kindern konfrontiert. Häufig erscheint den Eltern diese Symptomatik wie Starrköpfigkeit und sie erkennen die Verweigerung des Essens in dieser Phase nicht als Krankheit. Es kommt zu heftigen Streits am Esstisch, wobei die dabei auftretenden familiären Konflikte die Symptome der Anorexie befeuern.

In der Regel haben die Jugendlichen in Bezug auf die Streitsituationen Schuld- und Schamgefühle, auf die sie zu Beginn jedoch mit Abwehr reagieren. Denn sie haben sich nicht selten, mit dem Ziel mehr Kontrolle über sich und ihren Alltag zu finden, auf „Versprechungen“ der Essstörung eingelassen. Erschwerend kommt die immer noch bestehende Stigmatisierung von psychischen Erkrankungen hinzu: Die insbesondere bei der Magersucht bestehende Meinung, dass Familien ursächlich für die Essstörung verantwortlich seien, löst bei den Eltern Schuldgefühle aus.

Von der Peergruppe oder in den sozialen Medien fühlen sich Jugendliche häufig in ihrem Gewichtsverlust zunächst bestätigt, da sie dem gesellschaftlichen Schönheitsideal der Überschlankheit entsprechen(33). Die Essstörung kann die Betroffenen fast gänzlich einnehmen.

Ursachen von Essstörungen

Nachdem im ersten Teil dieser Reihe vor allem die Symptome und generelle Aspekte zu Essstörungen im Vordergrund standen, soll nun der Fokus auf die Entstehung, die möglichen Ursachen dieser Problematik im Essverhalten gelegt werden. Grundsätzlich gilt es festzuhalten, dass Essstörungen, wie die meisten psychosomatischen Krankheitsbilder, nicht durch einen einzigen Faktor oder Umstand entstehen, sondern ein Zusammenspiel von mehreren Gegebenheiten zu der Problematik führt. Dabei gilt es sämtliche Lebensbereiche zu berücksichtigen. Nachfolgend werden einige mögliche Ursachen, welche Faktoren das Risiko an einer Essstörungen zu erkranken womöglich erhöhen, genauer durchleuchtet und beschrieben.

Biologisch-genetisch

Gemäss aktuellen Forschungsergebnissen sind nicht nur psychologische und soziale Begebenheiten, sondern auch genetische Faktoren an der Entstehung von Essstörungen beteiligt. Inwiefern die Entdeckung dieser Gene den Umgang mit zum Beispiel Anorexie verändern wird, wird sich wohl in den nächsten Jahren genauer zeigen und herauskristallisieren. Eine weitere körperliche Ursache können Lebensmittelunverträglichkeiten, wie zum Beispiel eine Fruktoseintoleranz, aus der sich eine Anorexie entwickeln kann, sein.

Persönlichkeit

Auch die Persönlichkeit einer Person kann das Risiko einer Erkrankung erhöhen oder aber auch davor schützen. Wie bei einigen psychischen Krankheiten stellt ein geringes Selbstwertgefühl ein erhöhtes Risiko dar. In Kombination damit, gibt es weitere potentiell ungünstige Persönlichkeitsmerkmale und -eigenschaften:

  • Starkes Bedürfnis nach Kontrolle
  • Probleme im Umgang mit der Regulation von Emotionen
  • Ein ausgeprägtes Leistungsmotiv (Perfektionismus)

Die zugrundeliegenden Wirkmechanismen sind jenen von Suchterkrankungen ziemlich ähnlich. So kann zum Beispiel übermässiges Essen eine vergleichbar stress-reduzierende Wirkung haben wie der Konsum von Alkohol.

Jugend, Familienstruktur

Essstörungen können grundsätzlich in jeder Lebensphase auftreten. Da sich Jugendliche allgemein in einer sensiblen Phase der Entwicklung befinden und vorher beschriebene Persönlichkeitsmerkmale oft besonders stark ausgeprägt sind, ist das Risiko im Jugendalter an einer Störung des Essverhaltens zu erkranken, erhöht. Entsprechend ist das familiäre Umfeld von entscheidender Bedeutung. Auch dies ist bei vielen anderen psychischen und psychosomatischen Krankheiten ein wichtiger Faktor.

Folgende Punkte, die das familiäre Umfeld betreffen, gehen mit einem erhöhten Risiko einher, dass Kinder oder Jugendliche eine Essstörung entwickeln:

  • Emotionale Vernachlässigung
  • Unverhältnismässige Kontrolle durch Eltern
  • Zu viel Verantwortung für Kind/Jugendlichen z.B. nach Scheidung
  • Unterdrückung von (negativen) Emotionen in der Familie
  • Hohe Erwartungen von Elternseite, z.B. bezüglicher schulischer Leistungen
  • Elternteil leidet an Essstörung oder sonstiger psychischer Krankheit

Gesellschaft, Psychosoziales

In den vorangehenden Abschnitten wurden einige mögliche Ursachen von Essstörungen aufgezeigt. Viele der beschriebenen Punkte haben gemeinsam, dass sie Druck auf die betroffenen Personen ausüben. Sei es Druck, der von anderen Personen ausgeübt wird, oder aber Druck, der durch eine körperliche Begebenheit oder eine Situation im Umfeld zustande kommt. In dieses Muster passt auch jenes der Schön- und Schlankheitsideal. Dieses gilt als wichtige Komponente in der Verbreitung von Essstörungen. Wie bereits beschrieben sind Jugendlich generell einem höheren Risiko ausgesetzt, an einer Essstörung zu erkranken. Neben der emotionalen Entwicklung geschieht bei Ihnen insbesondere auf körperlicher Ebene sehr viel, was grundsätzlich zu einer stärkeren Auseinandersetzung mit dem eigenen Körperbild führt. Daher sind Persönlichkeitsmerkmale wie zum Beispiel ein gesunder Selbstwert oder Umgebungsfaktoren wie stabile und wertschätzende Familienverhältnisse sehr wichtig, damit Jugendliche nicht krampfhaft versuchen, Bestätigung und Wertschätzung ausschliesslich durch ein angeblich ideales, aber womöglich ungesundes Körperbild zu erlangen.

Komorbiditäten

Menschen, die an Essstörungen leiden oder früher daran gelitten haben, sind grundsätzlich einem höheren Risiko an einem anderen psychischen Störungsbild zu erkranken ausgesetzt. Dabei spielt es keine Rolle, welche der unterschiedlichen Formen von Störungen des Essverhaltens vorliegt. Liegen bei einer betroffenen Person noch weitere psychische Erkrankungen vor, erschwert dies entsprechend eine erfolgreiche Behandlung. Dies ist damit zu begründen, dass Störungen des Essverhaltens oft komplexe Krankheitsbilder zugrunde liegen.

Beurteilungskriterien für das somatische Risiko bei Essstörungen
Kriterium Beschreibung
Herzfrequenz <40/min
Elektrolyte Starke Entgleisung
Trinkmenge Stark reduziert
Gewichtsverlust >1kg/Woche über mehrere Wochen

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