Farben sind nicht nur ästhetische Akzente, sondern haben auch eine tiefgreifende Wirkung auf unsere Stimmung, Gesundheit und unser Verhalten. Die Farbpsychologie untersucht, welche Emotionen unterschiedliche Farben beim Menschen auslösen und wie sich das auf sein Verhalten auswirkt.
Grundlagen der Farbpsychologie
Der Farbpsychologie zufolge assoziieren wir bestimmte Eigenschaften und Emotionen mit einer bestimmten Farbe. Farben sind für Designer, Manager & Co. längst nicht mehr nur ein Gestaltungsmittel, um Werbebotschaften und Produkte schön in Szene zu setzen. Das bestätigt auch eine neue Studie, die besagt, dass Farben den Wiedererkennungswert einer Marke um bis zu 80 Prozent steigert. Farblich gestaltete Werbung wird 42 Prozent häufiger gelesen als Schwarz-Weiß-Werbung und in 85 Prozent der Fälle entscheidet der Farbton über den Kauf oder Nicht-Kauf eines Produkts.
Laut Fachliteratur und Meinung der Farbpsychologen beruht unser Farbempfinden auf Erfahrungen und Denkstrukturen und ist von Instinkten geprägt. Demnach tragen wir alle seit Generationen sogenannte „Archetypen“ in uns, also im kollektiven Unterbewusstsein angesiedelte Urbilder menschlicher Vorstellungsmuster, die unbewusst unser Verhalten und Bewusstsein beeinflussen.
Die Bedeutung der Farbe Rot
Rot ist optisch sehr nah, aktiv, warnend und prägnant. Es steht für Macht, Liebe, Leidenschaft und Feuer aber auch für Gefahr, Wut, Zerstörung und Zorn. Rot hat in jeder Kultur eine Bedeutung und steht in der Farbenlehre für Energie, Liebe, Feuer, Kraft und Sinnlichkeit. Je nach Intensität und Kontext kann Rot auch als „aggressiv“ empfunden werden. In der Natur steht Rot für Warnung und Anziehung gleichermaßen. Laut der Farbpsychologie wirkt sie stimulierend, dominant, steigert das Selbstwertgefühl und schenkt Lebenskraft.
Rot ist die Farbe der starken Emotionen - die Farbe von Liebe, Wut und Raserei. Sie ist auch die einzige Farbe, bei der bisher eine physiologische Reaktion aufgezeigt wurde und damit die einzige Farbe, die unseren Körper nachweislich beeinflusst.
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Rot erzeugt höchste Gefühle. Rot und Schwarz sind die Farben mit dem höchsten emotionalen Potenzial.
Die Wirkung von Rot in verschiedenen Kontexten
Attraktivität und Wahrnehmung
Farben haben einen grossen Einfluss darauf, wie wir die Attraktivität von anderen einschätzen. In der bisherigen psychologischen Forschung stellte sich dabei die Farbe Rot als besonders bedeutsam heraus. Männer beispielsweise bewerten eine Frau als attraktiver, wenn sie ein rotes T-Shirt trägt und sind bereit, mehr Geld bei einer Verabredung mit einer rotgekleideten Frau auszugeben.
Rot scheint sich nicht direkt auf die wahrgenommene Attraktivität auszuwirken, sondern indirekt über eine höhere Einschätzung der sexuellen Bereitschaft bzw. Empfänglichkeit. Dafür lassen sich zahlreiche gesellschaftliche als auch physiologische bzw. biologische Gründe anführen. Gesellschaftlich etwa wird die Farbe Rot häufig mit weiblicher Sexualität assoziiert (z.B. Rotlichtmilieu, Damenunterwäsche, Kosmetika). Physiologisch entsteht bei Frauen, die sexuell erregt sind, eine Rötung im oberen Brustbereich, am Nacken und im Gesicht. Hinzu kommt, dass die Haut von Frauen während des Zeitraums der höchsten Fruchtbarkeit im Zyklus ein wenig heller wird, was ein Erröten besser sichtbar macht.
Sport und Wettbewerb
Auch in der Sportpsychologie wird schon seit knapp zwei Jahrzehnten an der Frage gearbeitet, ob rote Sportkleidung Athleten zu Siegern macht. Jedoch ergab eine Langzeitbetrachtung über 55 Jahre hinweg, dass englische Fussballteams in roten Trikots häufiger gewannen, als statistisch zu erwarten gewesen wäre. Woran das liegt, ist hingegen unklar. «Es geht ja nicht nur ums Gewinnen, wenn wir Rot tragen, sondern auch darum, was man dem Gegner signalisiert», ordnet Christine ein. «Es heisst nicht zwangsläufig, dass das rote Team in der Angriffsphase überlegen ist, sondern auch, dass sich das andere Team möglicherweise schlechter verteidigen kann, wenn es rot sieht.»
Business und Styling
Wer Rot trägt, wirkt selbstbewusst und zielstrebig. Rot erzeugt schon bei Neugeborenen Reaktionen. Was das jetzt bedeutet? Auf jeden Fall, dass die Farbe Rot sich von anderen Farben in ihrer Wirkung unterscheidet. Denn frühere Studien zeigten: Neugeborene können die Farbe Rot bereits erkennen und schenken ihr Aufmerksamkeit, während sie Blau ignorieren. Solch ein biologischer Mechanismus ist nur dann sinnvoll, wenn Rot evolutionär eine besondere Bedeutung hat.
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Dass Rot Dominanz signalisiere, sehe man bei Männern mit roten Krawatten, sagt Christine. Ihr Lieblingsbild in diesem Zusammenhang stammt von der Pressekonferenz der britischen Ex-Premierministerin Theresa May und dem US-amerikanischen Ex-Präsidenten Donald Trump. Sie trug ein leuchtend rotes Kostüm, er eine tiefrote Krawatte. «Die Frage ist: Soll die rote Kleidung zeigen, dass man kraftvoll angreifen oder sich kraftvoll verteidigen will», sagt die Psychologieprofessorin.
Raumgestaltung
Die Gestaltung von Innenräumen im Haus mit unterschiedlichen Farbabstufungen bietet viele Möglichkeiten, auf Raumgröße und Atmosphäre Einfluss zu nehmen. Je nachdem, welche Farben aus dem Farbkreis du auf deinen Wänden zum Einsatz bringst, zeigst du mit den farbigen Wänden in deinem Zuhause deinen ganz individuellen Geschmack.
Im Esszimmer wiederum werden gerne in sanften Orange- oder Rottönen gestrichen, da die Farbwirkung dieser Töne Energie freisetzt und als kommunikationsfördernd und appetitanregend gilt. Vielleicht streichst du hier eine Akzentwand, die das Auge auf sich zieht.
Doch nicht jedes Rot wirkt aggressiv. Weiße, beige oder braune Farbanteile machen es sanfter, so dass ein Beerenton wie Rot mit Himbeere an der Wand eine ganz andere Wirkung erzeugt als das intensive Rot mit Kirsche.
Rot in der Lichttherapie
Rotes Licht wird häufig in der Lichttherapie eingesetzt, um Schmerzen zu lindern und die Heilung von Gewebe zu fördern.
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Die ambivalente Natur der Farbe Rot
Klar ist auf jeden Fall: Rot ist eine Farbe der Widersprüche. Sie signalisiert «Stopp» und «Los», steht für Liebe und Hass, für Gift und Sex, für Gefahr in Form von giftigen Pflanzen und für Belohnung in Form von reifen, süssen Früchten. Und in diesem Spannungsfeld wird es für Psychologieprofessorin Christine Mohr und ihr Team noch viele Fragen zu untersuchen geben.
Farbgestaltung in speziellen Umgebungen
Büro
Rot ist eine energische Farbe, die die Aufmerksamkeit fokussiert und Aktivität anregt.
Pflegeeinrichtungen
Warme Farben wie Orange und Rot sind förderlich für die Stimmung und können die Lebensfreude und Aktivität von Heimbewohnern anregen.
Umfelder für Menschen mit Autismus
Sehr starke und kontrastreiche Farben wie knalliges Rot oder Neonfarben können zu Überstimulation führen und das Wohlbefinden beeinträchtigen.
Zusammenfassung
Die Farbe Rot ist vielschichtig und ihre psychologische Bedeutung ist von verschiedenen Faktoren abhängig. Sie kann sowohl positive als auch negative Emotionen hervorrufen und ihre Wirkung kann je nach Kontext variieren. Es ist wichtig, die Farbe Rot bewusst einzusetzen und ihre Wirkung auf die Stimmung, das Verhalten und die Wahrnehmung zu berücksichtigen.
| Farbe | Psychologische Wirkung | Assoziationen |
|---|---|---|
| Rot | Stimulierend, aktivierend | Liebe, Leidenschaft, Wut, Gefahr, Energie |
| Gelb | Anregend, fröhlich | Licht, Wärme, Optimismus, Kommunikation |
| Grün | Beruhigend, erholsam | Natur, Hoffnung, Ausgeglichenheit, Wachstum |
| Blau | Beruhigend, entspannend | Vertrauen, Harmonie, Beständigkeit, Ruhe |
| Schwarz | Elegant, seriös | Klarheit, Fokus, Distanz, Trauer |
| Weiss | Rein, edel | Unschuld, Reinheit, Ordnung, Wissen |
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