Autismus-Spektrum-Störung: Definition und Überblick

Der Begriff «Autismus» leitet sich vom griechischen Wort αὐτός (selbst) ab und bedeutet «auf sich selbst bezogen sein». Der Begriff wurde vom Schweizer Psychiater Eugen Bleuler (1857-1939) geprägt.

Autismus ist eine tiefgreifende Entwicklungsbeeinträchtigung, die nicht heilbar ist. Es ist keine Krankheit. Autismus manifestiert sich bereits in der frühen Kindheit, ist angeboren und hält lebenslang an.

Menschen im Autismus-Spektrum können eine breite Palette von besonderen Fähigkeiten haben, aber auch unter erheblichen Beeinträchtigungen leiden, die eine umfassende Betreuung erfordern.

Autismus betrifft nach Angaben der World Health Organization (WHO) mindestens 1 % der Bevölkerung. Die Stiftung Kind und Autismus geht sogar von einer höheren Häufigkeit aus, basierend auf Daten der «Autism Society» und einem Bericht der «Centers for Disease Control and Prevention (CDC)», die eine Häufigkeit von 1 zu 36 (2.77 %) aufzeigen. Autismus tritt unabhängig vom sozialen Umfeld in allen Kulturen auf.

In der Schweiz fehlt eine offizielle Erhebung zu den Zahlen. Mindestens 87'000 Menschen im Autismus-Spektrum leben in der Schweiz, mit mindestens 890 Neugeborenen pro Jahr. 0,3 %. Unsere massgeschneiderte Unterstützung, Förderung und Begleitung hat zum Ziel, die Lebensqualität der Menschen im Spektrum zu verbessern.

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Menschen mit Autismus profitieren von einer breiten Palette von unterstützenden Interventionen und Therapien. Diese können Verhaltenstherapie, Sprachtherapie, Ergotherapie und andere individuell angepasste Ansätze umfassen.

Der Begriff «Autismus» wurde 1943 zum ersten Mal verwendet. Bisher gab es mehrere Diagnosen, so beispielsweise das Asperger-Syndrom, frühkindlicher Autismus und weitere. In den Diagnose-Handbüchern DSM-5 und ICD-11 werden sie zu Autismus-Spektrum-Störung zusammengefasst.

Auch wenn zum Beispiel der Begriff Asperger-Syndrom im DSM-5 nicht mehr explizit erwähnt ist, wird er trotzdem noch häufig verwendet. Wir lassen ihn deshalb auf unserer Webseite noch stehen, damit Personen, die sich mit dem Thema Autismus nicht auskennen, den Zusammenhang verstehen. Auch in einigen unserer Broschüren taucht der Begriff noch auf - weil wir mit unseren finanziellen Ressourcen sparsam umgehen müssen, ersetzen wir die Texte in Flyern und Broschüren fortlaufend.

Autismus ist ein Spektrum. Das bedeutet, dass autistische Menschen sich sehr voneinander unterscheiden. Menschen aus dem Autismus-Spektrum sehen, hören und fühlen die Welt anders als ihre Mitmenschen.

Aufgrund ihrer autistischen Wahrnehmung haben sie Schwierigkeiten, sich in andere Menschen hineinzufühlen und adäquat mit ihnen zu kommunizieren. Zudem können sie die Stimmung ihres Gegenübers aus dessen Gesicht schlecht erkennen und vermeiden deshalb oft Kontakte zu ihren Mitmenschen. Gerne befassen sie sich mit einem Spezialgebiet.

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Es ist für sie eine Herausforderung, sich auf Neues einzustellen und oftmals besteht der Wunsch, Alltagsabläufe immer gleich zu gestalten (Rituale). Sie tendieren dazu, sich an Details zu orientieren und haben Mühe, eine Situation ganzheitlich zu erfassen.

Über- oder Unterempfindlichkeiten auf Licht, Gerüche, Geräusche oder Berührungen sind häufig. Sie zeigen sich zum Beispiel als Faszination für Licht oder glänzende Oberflächen, als Angstreaktionen bei speziellen Geräuschen, als Vorliebe für intensive Körperkontakte oder als auffälliges Beriechen oder Ertasten von Oberflächen und Gegenständen.

Diese Über- oder Unterempfindlichkeiten (die autistische Wahrnehmung) und die vorhandene Detail-Orientierung führen dazu, dass Kinder oder Erwachsene aus dem Autismus-Spektrum grosse Probleme haben, ihre Umwelt als sinnvolles Ganzes zu verstehen. Das Erreichen von Lernerfolgen wird dadurch erschwert.

Diese autistischen Merkmale können sehr ausgeprägt sein - dann beeinträchtigen sie die Entwicklung eines Kindes massgeblich und treten meistens bereits in den ersten drei Lebensjahren auf. Sind die Merkmale weniger deutlich erkennbar, fallen sie dem Umfeld der betroffenen Person oder auch der Person selbst oft erst später auf. Die dann gestellte Diagnose ist auch unter dem Namen Asperger-Syndrom bekannt.

Heute wird nicht mehr zwischen frühkindlichem Autismus und Asperger-Syndrom unterschieden. Autismus ist angeboren und kann nicht «geheilt» werden. Die Prognose des Verlaufs der Entwicklungsstörung ist nur schwer vorherzusagen.

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Es gibt Forschungsergebnisse, die zeigen, dass die Symptome mit dem Alter nachlassen. Dies aus dem Grund, weil die Betroffenen lernen, damit umzugehen. Personen mit autistischer Wahrnehmung haben gewisse Gemeinsamkeiten. Trotzdem ist jeder Mensch (ob Kind, Jugendlicher oder Erwachsener) anders.

Typische Unterschiede in der Wahrnehmung und Interaktion

Personen im Autismus-Spektrum haben eine andere Wahrnehmung der Welt, was häufig Reizüberflutung und dadurch grossen Stress auslösen kann. Unterstützung bei autismusbedingten Handlungen und Äusserungen von Menschen mit einer Autismus-Spektrum-Störung (ASS) sind manchmal nicht einfach nachzuvollziehen. Hier sind mögliche Gründe für bestimmte Verhaltensmuster und Reaktionen aufgeführt.

Schwierigkeiten in der Kommunikation sind typisch für Menschen mit Autismus und können zu Kontaktschwierigkeiten und Vereinsamung führen. Während der Schulzeit sind Betroffene und deren Eltern immer wieder mit Herausforderungen konfrontiert. Durch Wissen zum Thema kann Stress vermieden werden.

Wie können Menschen mit Autismus in ihrer beruflichen Ausbildung und beim Übertritt in die Arbeitswelt unterstützt werden? Informationen für Begegnungen mit Behörden mit Sicherheits- und Kontrollaufgaben (z.B. Die hier aufgeführten Informationen dienen dazu, Wissen über das Thema Autismus zu vermitteln.

Die Autismus-Spektrum-Störung ist eine tiefgreifende Entwicklungsstörung, die in Kultur und Gesellschaft oft ein hohes Medieninteresse hervorruft. So porträtierte Dustin Hoffmann im Film Rain Man (1988) den Autisten Raymond Babbitt, der aufgrund seiner “Inselbegabung” im Casino Karten zählen und wieder aus dem Gedächtnis abrufen kann - und dadurch viel Geld gewinnt.

Im Folgenden werden die Symptome und Diagnose einer Autismus-Spektrum-Störung beschrieben. Die Autismus-Spektrum-Störung ist eine grundlegende Beeinträchtigung der gesamten Entwicklung eines Menschen. Sie kennzeichnet sich durch folgende drei Symptomgruppen, welche in der Regel frühkindlich zu erkennen und lebenslang vor zu finden sind:

  • Defizite im Umgang mit anderen Menschen
  • Kommunikationsdefizite
  • Repetitive Verhaltensweisen

Menschen mit ASS verfügen über eine andere Informationsverarbeitung, sie sehen, hören und fühlen die Welt anders als sogenannt neurotypische Menschen. Sie haben Schwierigkeiten mit der Perspektivenübernahme, sich also in andere Menschen hineinzufühlen und adäquat mit ihnen zu kommunizieren. Zudem können sie die Stimmung ihres Gegenübers aus dessen Gesicht schlecht erkennen und haben deswegen Mühe, soziale Situationen oder Ironie zu verstehen. Sie vermeiden deshalb oft Kontakte zu ihren Mitmenschen.

Für Menschen mit ASS ist es eine Herausforderung, sich auf Neues einzustellen und entsprechend ist es für sie am einfachsten, Alltagsabläufe immer gleich zu gestalten (Rituale) und sich im gewohnten Lebensumfeld zu bewegen. Menschen mit ASS orientieren sich an Details und haben Mühe, eine Situation ganzheitlich zu erfassen. Gerne befassen sie sich mit einem Spezialgebiet.

Menschen mit ASS sind in ihren Bewegungen und motorischen Fähigkeiten eher ungeschickt. Oft zeigen sie Über- oder Unterempfindlichkeiten auf Licht, Gerüche, Geräusche oder Berührungen, was sich als Faszination für Licht oder glänzende Oberflächen, als Angstreaktionen bei speziellen Geräuschen, als Vorliebe für intensive Körperkontakte oder als auffälliges Beriechen oder Ertasten von Oberflächen und Gegenständen äussern kann.

Diese Über- oder Unterempfindlichkeiten und Detail-Orientierung führen dazu, dass Kinder oder Erwachsene mit ASS grosse Probleme haben, ihre Umwelt als sinnvolles Ganzes zu verstehen. Das Erreichen von Lernerfolgen wird dadurch massgeblich erschwert. Aufgrund dieser anderen Wahrnehmung kann es zu einem sogenannten «Overload» kommen, einer Überlastung aufgrund von Reizüberflutung, bei der unwichtige Reize nicht mehr gefiltert werden können.

Diagnose der Autismus-Spektrum-Störung

Aufgrund der sich verändernden Symptomatik verläuft die Diagnose einer Autismus-Spektrum-Störung in zwei Stufen. Die erste Untersuchung (Stufe 1) erfolgt bei Verdacht auf eine Autismus-Spektrum-Störung. Dabei werden die altersspezifischen Symptome untersucht und eine erste klinische Evaluation der Person wird vorgenommen.

Wenn sich der Verdacht auf eine Autismus-Spektrum-Störung erhärtet, erfolgt die zweite Stufe der Untersuchung. Dabei wird die betroffene Person an eine spezialisierte Stelle überwiesen, um eine vollständige Diagnostik durchzuführen und mögliche andere Ursachen der Symptome ab zu klären.

Denn eine weitere Problematik ist die Ähnlichkeit des klinischen Erscheinungsbildes zu anderen Entwicklungs- und Verhaltensstörungen - wie zum Beispiel die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS), Angststörungen, Sprachentwicklungsstörungen oder Zwangsstörungen.

Für eine Diagnose müssen die drei Symptomgruppen (Defizite in Kommunikation und sozialer Interaktion sowie repetitive Verhaltensweisen) bereits in früher Kindheit vorliegen. Manchmal können sie sich aber erst in späteren Lebensphasen deutlich machen. Auf der Grundlage der Beeinträchtigung der betroffenen Person werden drei Schweregrade bestimmt:

  • Schweregrad 1 (erfordert Unterstützung)
  • Schweregrad 2 (erfordert umfangreiche Unterstützung)
  • Schweregrad 3 (erfordert sehr umfangreiche Unterstützung)

Ursachen der Autismus-Spektrum-Störung

Die Ursachen von Autismus-Spektrum-Störungen sind bis heute nicht vollständig geklärt. Bei der Entstehung spielen mit Sicherheit mehrere Faktoren eine Rolle. Genetische Einflüsse und biologische Abläufe vor, während und nach der Geburt können die Entwicklung des Gehirns beeinträchtigen und die Autismus-Spektrum-Störung auslösen.

Die genetischen Ursachen von Autismus sind äusserst vielfältig und hochkomplex. Zusammen mit Umwelteinflüssen kommt es zu vielfältigen Kombinationsmöglichkeiten. Die Ursachen sind bis heute nicht vollständig geklärt.

Therapeutische Angebote

Unser ambulantes therapeutisches Angebot umfasst:

  • Diagnostik
  • Elternberatung und -begleitung, bedarfsorientiert auch längerfristig im Sinne eines koordinierenden Case Managements
  • Definition der Rolle der Fachstelle innerhalb des interdisziplinären Helfernetz
  • Ggf. Psychotherapeutische Behandlung

Zusätzliche Diagnosen bei Menschen mit Autismus

Bei Menschen mit Autismus werden oft noch zusätzliche Diagnosen gestellt. Um Betroffene zu unterstützen ist es wichtig, ihre besonderen Bedürfnisse zu verstehen.

  • ADHS: Überschneidungen, Kombinationen und Mischformen von ADHS und einer Autismus-Spektrum- Störung sind sehr häufig.
  • Epilepsie: Menschen mit Autismus haben ein erhöhtes Risiko, zwischen 20% und 40%, um an Epilepsie zu erkranken.
  • Down-Syndrom: Es gibt Menschen, bei denen eine Doppeldiagnose vorliegt. Sie haben Autismus und das Down- Syndrom.

Autismus bei Mädchen und Frauen

Bei Mädchen und Frauen zeigt sich Autismus etwas anders, nämlich versteckter. Bei Mädchen, bei denen sich die Diagnosekriterien nicht so auffällig zeigen, werden deshalb weniger häufig mit Autismus diagnostiziert.

Typische Unterschiede:

  • Die autistischen Symptome sind bei weiblichen Betroffenen häufig weniger stark ausgeprägt als bei männlichen.
  • Mädchen mit Autismus sind oft ruhiger und können ihr Verhalten besser kontrollieren.
  • Betroffenen Mädchen gelingt es besser, ihre Schwierigkeiten zu verstecken. Sie beobachten aufmerksam andere Mädchen und versuchen deren Verhalten nachzuahmen oder zu kopieren.

Stärken von Menschen mit Autismus

Häufig ist mehrheitlich die Rede von Schwierigkeiten und Problemen, mit denen Menschen mit Autismus im Alltag zu kämpfen haben. Sie haben aber auch viele Stärken.

  • Ehrlich und direkt: Menschen aus dem autistischen Spektrum sind in der Regel ehrlich und in ihrer Kommunikation offen und direkt.
  • Interessiert an Details: Menschen mit Autismus nehmen Details überdurchschnittlich ausgeprägt wahr.
  • Spezialinteressen: Menschen mit Autismus entwickeln oft spezielle Interessen und vertiefen diese mit einer aussergewöhnlichen Begeisterung und Ausdauer.
  • Kreativität: Menschen mit Autismus sind oft sehr kreativ.

Unterstützung für Angehörige

Angehörige können dadurch unterstützen, wenn sie sich respektvoll, wertfrei den Erlebenswelten des Betroffenen nähern. Es empfiehlt sich strukturiert zu kommunizieren und eher geschlossene Fragen zu stellen. Zudem sollte auf Metaphern oder Sprichwörter verzichtet werden, da Personen mit ASS diese meist wortwörtlich nehmen. Mehrere unterschiedliche Informationen sollten nicht gleichzeitig vermittelt werden, weil Konzentration und Aufmerksamkeit möglicherweise dadurch überflutet werden.

Arbeitsumgebung für Menschen mit ASS

Der Arbeitsplatz sollte möglichst reizarm gestaltet sein. Vorgaben und Verläufe bei Tätigkeiten sollten möglichst klar definiert sein. Routinen und Rituale sollten eingebaut werden. Sie vermitteln Sicherheit und führen zu subjektivem Wohlbefinden. Idealerweise gibt es für die betroffene Person einen Rückzugsraum und damit verbunden die klare Abmachung, dass sie sich Zeit für Entspannung, etwa nach einem anstrengenden Tag, gönnen darf.

Prävalenz der Autismus-Spektrum-Störung

Es gibt nach wie vor wenige Daten zur Häufigkeit von Autismus-Spektrum-Störungen. Neuere Untersuchungen zeigen, dass ca. 1 % der Bevölkerung eine Diagnose aus dem Autismus-Spektrum hat, im Ausland schwanken die Zahlen zwischen 1 und 3 Prozent. Knaben oder Männer werden häufiger diagnostiziert als Frauen und Mädchen.

Eine Metastudie über den Zeitraum zwischen 2012 und 2021 zeigt eine durchschnittliche weltweite Prävalenz der Autismus-Spektrum-Störung (ASS) von 1%, mit zunehmender Tendenz und der Vermutung, dass die Rate aufgrund mangelnder Datenlage in gewissen Ländern unterschätzt wird. Werden die Daten zurück bis 1980 betrachtet, dann zeigt sich eine dramatische Zunahme in den letzten 40 Jahren.

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