Tremor, definiert als rhythmische, unwillkürliche Bewegung eines beliebigen Körperteils, ist die häufigste Bewegungsstörung und extrem verbreitet.
Alle Erwachsenen weisen einen unterschiedlich ausgeprägten physiologischen Tremor auf, daher ist es wichtig, den physiologischen Tremor von pathologischen Tremorformen abzugrenzen, schreiben Dr. W. Jeffrey Elias von der Neurochirurgischen University of Virginia, Charlottesville, und Kollegen.
Physiologischer oder pathologischer Tremor
Es gibt sehr unterschiedliche Tremorarten. Als häufigste pathologische Form gilt heute der essenzielle Tremor. Seine Prävalenz wird mit 0,4 bis 6,3 % angegeben, doch vermuten Experten, dass die tatsächliche Prävalenz deutlich höher liegt. Neben dem essenziellen Tremor ist der Parkinson-Tremor weit verbreitet.
Meist gehen aus der Anamnese entscheidende diagnostische Hinweise hervor. So kann Tremor beispielsweise nach einem spezifischen Ereignis wie Schlaganfall oder Schädel-Hirn-Trauma auftreten oder durch eine Erkrankung (z.B. multiple Sklerose) ausgelöst werden.
Differenzialdiagnose: Manifestationsformen des Tremors
Die Manifestationsformen unterscheiden sich: Asymmetrischer Tremor am Daumen oder an einem anderen Finger, sollte an M. Parkinson denken lassen, während ein bilateraler und symmetrischer Aktionstremor eher für eine systemische Ursache, eine metabolische Störung oder eine Medikamentennebenwirkung spricht.
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Tritt das Zittern hingegen bei ansonsten gesunden Personen auf, deutet dies eher auf einen essenziellen Tremor hin, insbesondere bei positiver Familienanamnese. Generell muss eine sorgfältige Medikamentenanamnese erfolgen, weil Substanzen wie Valproinsäure, Lithium etc. einen Tremor induzieren können.
Mit einfachen Untersuchungen lassen sich Ruhe- und Haltetremor sowie weitere Manifestationsformen unterscheiden. Mit Spezialdiagnostik, z.B. Kernspintomographie, können seltene strukturelle Parkinson-Ursachen sowie Tremorformen im Zusammenhang mit multipler Sklerose, zerebellären Erkrankungen oder posttraumatischen Ereignissen ausgeschlossen werden.
Medikamentöse Therapie des Tremors
Für die medikamentöse Tremortherapie stehen verschiedene Substanzen zur Verfügung. Zur Therapie von Patienten mit essenziellem Tremor gelten Propranolol oder Primidon als Erstlinientherapie, sie reduzieren den Handtremor um etwa die Hälfte. Allerdings sprechen bis zu 30 % der Patienten nicht auf diese "First-line-Behandlung" an oder entwickeln inakzeptable Nebenwirkungen.
In diesen Fällen können Medikamente zweiter Wahl wie Topiramat, Gabapentin, Atenolol, Sotalol oder Alprazolam eingesetzt werden.
Zur Behandlung des Parkinson-Tremors gibt es keinen Konsens, schreiben die Experten, was vor allem daran liegt, dass die Erkrankung sehr unterschiedlich verläuft und einer individualisierten Therapie bedarf.
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Levodopa gilt als die Substanz, mit der alle motorischen Parkinson-Symptome am effektivsten behandelt werden können. Auch Dopaminagonisten reduzieren motorische Parkinson-Beschwerden inklusive Tremor, doch sind sie in späteren Krankheitsstadien nicht mehr so effektiv.
Zu den nicht dopaminergen Substanzen, die gegen den Parkinson-Tremor eingesetzt werden, zählt das Anticholinergikum Trihexyphenidyl, das zufriedenstellend gegen das Zittern hilft, aber auch mit unerwünschten Nebenwirkungen wie kognitiver Verlangsamung einhergehen kann.
Amantadin wird seit vielen Jahren zur Behandlung von Parkinson-Symptomen einschliesslich Tremor eingesetzt, doch das Ansprechen in frühen Stadien kann sehr variieren.
Bei therapieresistentem Tremor kommt gegebenenfalls eine chirurgische Therapie in Betracht, z.B. die tiefe Hirnstimulation.
Differenzialdiagnosen: Zitternde Hände
- Physiologischer Tremor: kinetischer und Haltetremor mit hoher Frequenz und niedriger Amplitude
- Essenzieller Tremor: kinetischer und Haltetremor, mittlere Frequenz
- Parkinson-Tremor: Ruhetremor, manchmal mit posturaler Komponente
- Durch Medikamente induzierter Tremor: unterschiedliche klinische Manifestation, meist Aktions- oder Haltetremor. Auslöser sind u.a. Valproinsäure, Neuroleptika, Lithium, SSRI und Betaagonisten
- Durch Läsionen bedingter Tremor: z.B.
Funktionelle Neurologische Störungen
«Wir konnten nichts finden, Sie haben nur eine funktionelle neurologische Störung.» Äusserungen wie diese sollten der Vergangenheit angehören. Denn nach neuerer Auffassung sind derartige Fehlfunktionen des Nervensystems ein klar definiertes Krankheitsbild mit originärer Symptomatik und keine reine Ausschlussdiagnose mehr.
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Funktionelle neurologische Störungen sind relativ häufig und für die betroffenen Menschen oft sehr belastend. Sie finden sich vor allem bei jüngeren Erwachsenen. Der Behinderungsgrad kann ähnlich hoch wie bei Morbus Parkinson oder Epilepsie sein, in vielen Fällen ist die Lebenqualität massiv eingeschränkt.
Eine möglichst frühe Diagnose mit bestmöglicher Therapie und umfassender Rehabilitation ist entscheidend für die Prognose der Patienten, schreiben Professor Dr. Selma Aybek vom Inselspital Bern und Professor Dr. David Perez, Massachusetts General Hospital in Boston. Die Variante, die Krampfanfällen ähnelt, und die funktionellen neurologischen Störungen im Bereich der Motorik sind die beiden häufigsten Subtypen der Erkrankung.
Parkinson im Überblick
Bei Parkinson kommt es zu einem fortschreitenden Verlust von dopaminhaltigen Nervenzellen in bestimmten Regionen des Gehirns. Dopamin ist ein wichtiger Botenstoff für die Kontrolle von Bewegungen und im Belohnungssystem. Die Krankheit ist nicht heilbar, die Beschwerden sind jedoch behandelbar. So lässt sich die Lebensqualität der Betroffenen über lange Zeit auf gutem oder zumindest annehmbarem Niveau erhalten.
Ursachen von Parkinson
Bei der Parkinson-Krankheit sterben zunehmend jene Nervenzellen im Gehirn ab, die für die Produktion des wichtigen Botenstoffs Dopamin verantwortlich sind. Der resultierende Dopaminmangel beeinträchtigt die Signalübertragung zwischen den Nervenzellen, was zu verschiedenen Bewegungsstörungen führt. Warum es zu diesem Absterben von Nervenzellen kommt, ist bis heute nicht restlos geklärt.
An Parkinson leiden ungefähr ein Prozent der 60-Jährigen. Bei den über 80-Jährigen sind es drei Prozent. Bis zu einem Fünftel der Patienten sind bei der Diagnose jünger als 60 Jahre.
Symptome von Parkinson
- Bewegungsverlangsamungen (Bradykinese)
- Unbeweglichkeit (Akinese)
- Ruhezittern (Ruhetremor)
- Steifheit (Rigor)
- Instabile Körperhaltung oder Gang
- Schmerzhafte Krämpfe
- Psychische Symptome wie Depressionen oder Angst
- Schlafstörungen
- Verstopfung
- Gleichgewichtsstörungen
- Gedächtnisprobleme
Diagnose von Parkinson
Die Diagnose von Parkinson erfolgt bis heute aufgrund typischer Beschwerden und der körperlichen Untersuchung. Es gibt keine Labor- oder bildgebende Untersuchungsmethode, anhand der man die Diagnose eindeutig beweisen oder ausschliessen könnte. Von den drei Hauptsymptomen Zittern, Steifheit und Unbeweglichkeit müssen mindestens zwei vorliegen, wobei eines davon die Unbeweglichkeit ist. Treten die Symptome zunächst nur auf einer Körperseite auf, so deutet dies zusätzlich auf Parkinson hin.
In einer neuropsychologischen Untersuchung können unsere Spezialisten abklären, ob bei einem Parkinson-Patienten neben den Bewegungsstörungen auch geistige Leistungseinbussen bestehen. Dabei ist jedoch sorgfältig abzuklären, ob derartige Beeinträchtigungen nicht auch andere Ursachen haben könnten, etwa eine behandelbare Depression, eine Medikamentenüberdosierung oder eine Mangelerscheinung.
In unklaren Fällen können nuklearmedizinische Untersuchungen (DATScan bzw. DOPA PET/CT) der Stammganglien zu einer sichereren Diagnose beitragen.
Verlauf von Parkinson
Schon früh im Krankheitsverlauf sterben auch Nervenzellen ab, welche nicht für Bewegungen zuständig sind, wodurch es zu zahlreichen anderen Beschwerden kommen kann, beispielsweise Schmerzen, Verdauungsstörungen oder psychische Probleme. Schliesslich kann auch die Wirkung der Medikamente schwanken. Dies kann Gleichgewichtsstörungen, Gedächtnisprobleme oder andere geistige Probleme verursachen. Da die Körperhaltung immer unstabiler wird und das Gleichgewicht gestört sein kann, steigt mit dem Fortschreiten der Erkrankung auch das Sturzrisiko und die Gefahr für weitere Verletzungen.
Parkinson selbst führt nicht zum Tod. Meist versterben betagte Betroffene an Begleiterkrankungen oder infolge von Verletzungen. Da die Erkrankung meist bei älteren Menschen auftritt, langsam fortschreitet und heute gute Medikamente existieren, ist die Lebenserwartung ähnlich hoch, wie bei der restlichen Bevölkerung.
Behandlung von Parkinson
Im Zentrum der Behandlung von Parkinson stehen verschiedene Medikamente, mit denen sich die vielfältigen Haupt- und Begleitsymptome lindern lassen. Es gibt noch kein Medikament, das das Fortschreiten der Krankheit sicher verhindern kann. Hauptziel der medikamentösen Behandlung ist es, den Dopaminmangel auszugleichen. Unsere Neurologen erarbeiten für jeden Patienten eine individuell angepasste Therapie, die auf einer ausgeklügelten Kombination von Medikamenten beruht. Heute existieren etwas mehr als ein Dutzend unterschiedliche Wirkstoffe. Während des Krankheitsverlaufs kommt es dabei immer wieder zu Anpassungen.
Medikamente zur Behandlung von Parkinson
- L-Dopa (Levodopa): ist das wirksamste und daher am häufigsten verwendete Medikament. Es handelt sich um eine biochemische Vorstufe des Dopamins und wird in den Gehirnzellen in natürliches Dopamin umgewandelt. Kombiniert wird es mit einem Decarboxylase-Hemmer (Carbidopa). Dadurch wird das L-Dopa auf seinem Weg durchs Blut ins Gehirn gegen vorzeitigen Zerfall geschützt. Als Alternative zur Tablettenform gibt es L-Dopa und Carbidopa auch als Gel (Duodopa). Seine Verabreichung erfordert aber einen operativen Eingriff: Das Gel wird als Infusion von einer elektronischen Pumpe über eine dünne Sonde direkt in den Dünndarm gebracht. Es kommt deshalb erst bei ungenügender oder nachlassender Wirkung der Tabletten zum Einsatz.
- Dopaminantagonisten: sind Substanzen, die dem Botenstoff Dopamin ähnlich sind und deshalb seine Wirkung nachahmen können. Anders als bei L-Dopa lässt die Wirkung von Dopaminantagonisten im Krankheitsverlauf nicht nach. Dafür treten zu Beginn der Behandlung manche Nebenwirkungen häufiger auf.
- MAO-B- und COMT-Hemmer: Eine Alternative zur medikamentösen Erhöhung des Dopamins besteht darin, den Abbau von Dopamin zu hemmen. Das gelingt mit den Medikamenten MAO-B- und COMT-Hemmer. So lässt sich die Wirkungsdauer des Dopamins im Gehirn verlängern. COMT-Hemmer sind allerdings nur wirksam, wenn sie zusammen mit L-Dopa verabreicht werden.
Medikamente werden auch zur Behandlung bestimmter nicht-bewegungsbezogener Begleitsymptome eingesetzt. So können beispielsweise neuropsychiatrische Störungen wie Depressionen oder Ängste mit Psychopharmaka behandelt werden. Dabei wird unter Teil- oder Vollnarkose eine Elektrode in das Gehirn des Betroffenen eingebracht. Mit diesem hochpräzisen Eingriff können Nervenzellen gezielt stimuliert und körperliche Beschwerden gelindert werden.
Ergänzende Therapien
Ergänzende Therapien haben unabhängig vom Stadium der Krankheit eine grosse Bedeutung. Dazu gehören in erster Linie die Ergo- und die Physiotherapie, in einzelnen Fällen auch weitere Therapien wie die Sprach- und die Atemtherapie. Diese Therapien tragen wesentlich dazu bei, die Lebensqualität der Parkinson-Patienten möglichst lange zu erhalten.
| Altersgruppe | Prävalenz |
|---|---|
| 60-Jährige | ca. 1% |
| Über 80-Jährige | ca. 3% |