Die Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) wird oft als eine Erkrankung des Kindesalters betrachtet, doch sie betrifft auch viele Erwachsene und kann den Alltag erheblich beeinflussen.
Da ADHS bei Erwachsenen weniger offensichtlich ausgeprägt sein kann als bei Kindern, ist eine genaue Kenntnis der Symptome entscheidend für eine frühe Erkennung und geeignete Behandlung. Unbehandelt können die Symptome zu beruflichen, sozialen und persönlichen Herausforderungen führen.
Was ist ADHS?
Eine Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörung (ADHS) beginnt im Kindes- und Jugendalter. Es handelt sich um eine neurologische Entwicklungsstörung, die sich durch Probleme mit Aufmerksamkeit, Impulsivität und Hyperaktivität auszeichnet.
Wichtig ist, dass die störungsspezifischen Symptome bereits vor dem 7. Lebensjahr erstmals auftreten müssen. Ein wichtiges Diagnosekriterium ist dabei, dass die störungsspezifischen Symptome bereits vor dem 7. Lebensjahr erstmals auftreten.
ADHS ist keine Krankheit im klassischen Sinne, sondern eine neurobiologische Entwicklungsstörung wie Legasthenie (Lese-Rechtschreib-Schwäche) und Dyskalkulie (Rechenschwäche) sowie Formen des Autismus. Grund der Störung ist, dass Botenstoffe im Gehirn nicht richtig weitergeleitet werden und es daher zu Fehlern in der Informationsverarbeitung kommt.
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Ursachen von ADHS
Die Ursachen des Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) sind nicht restlos geklärt. Einig ist sich die Wissenschaft aber darin, dass es sich um eine angeborene, neurobiologische Funktionsstörung handelt, an der genetische und umweltbedingte Faktoren beteiligt sind.
Als Ursache gelten genetische Faktoren und ein Ungleichgewicht der Botenstoffe (Neurotransmitter). Umwelteinflüsse können dabei verstärkend wirken und es kommt zu einem Wechselspiel. Es wird davon ausgegangen, dass im Kindes- und Jugendalter vorhandene ADHS-Symptome in 50 - 80 % der Fälle auch im Erwachsenenalter fortdauern.
- Meist sind mehrere Familienmitglieder betroffen (hohe genetische Komponente)
 - Rauchen, Alkohol- oder Drogenkonsum oder Infektionskrankheiten während der Schwangerschaft, Frühgeburt
 - Gestörtes Gleichgewicht der Botenstoffe (Neurotransmitter) Dopamin, Noradrenalin und Serotonin
 
Symptome von ADHS im Erwachsenenalter
Die Hauptsymptome sind Unaufmerksamkeit, Hyperaktivität und Impulsivität. Symptome von ADHS unterliegen einer Entwicklung parallel zum Alter der Betroffenen. So sind Unaufmerksamkeit, Impulsivität und Hyperaktivität auch bei Erwachsenen mit ADHS die Hauptsymptome, jedoch kommt es zu gewissen Änderungen ihrer Ausprägung.
Da sich die Ausprägung der Symptome jedoch verändert, steht im Erwachsenenalter weniger die Hyperaktivität im Vordergrund, während die Unaufmerksamkeit, innere Unruhe und erschwerte Gefühlsregulation das Erscheinungsbild dominieren.
Eines der auffälligsten Symptome ist die eingeschränkte Konzentrationsfähigkeit. Erwachsene mit ADHS haben oft Schwierigkeiten, sich über längere Zeit auf eine Aufgabe zu fokussieren, da sie leicht durch Umweltreize oder eigene Gedanken abgelenkt werden.
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Auch die Organisation des Alltags stellt für viele Betroffene eine Herausforderung dar. Ein weiteres charakteristisches Merkmal ist Impulsivität, die sich in spontanen Entscheidungen, unüberlegten Ausgaben oder plötzlichen Planänderungen äussern kann.
Auch eine innere Unruhe ist bei vielen Erwachsenen mit ADHS zu beobachten. Neben diesen kognitiven und motorischen Symptomen leiden viele Erwachsene mit ADHS unter emotionalen Schwierigkeiten.
Die drei Hauptsymptome sind Unaufmerksamkeit, Hyperaktivität und Impulsivität. Die Unaufmerksamkeit zeigt sich bei Erwachsenen, wenn sie sich für längere Zeit auf eine Aufgabe konzentrieren müssen.
Bei Erwachsenen richtet sich die Hyperaktivität im Vergleich zu Kindern und Jugendlichen vermehrt nach innen und zeigt sich als innere Unruhe. Manche versuchen dies mit exzessivem Sport auszugleichen. Die Impulsivität zeigt sich bei Erwachsenen, indem sie unüberlegte Entscheidungen treffen, ohne die Konsequenzen vorgängig abzuwägen.
Betroffene zeigen Stimmungsschwankungen, die von Wutausbrüchen über Kleinigkeiten zu Begeisterung und Euphorie wechseln können.
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Zusätzlich zu den Hauptsymptomen der ADHS kommen im Erwachsenenalter weitere hinzu wie beispielsweise Desorganisation im Lebensalltag, schnelle Stimmungswechsel, Stressüberempfindlichkeit und Schwierigkeit bei der Temperamentskontrolle.
Merkmale von ADHS können sein:
- Konzentrationsschwierigkeiten
 - Leichte Ablenkbarkeit durch die Umgebung oder eigene Gedanken
 - Fehlende Motivation, Prokrastination, Probleme, länger an einer Sache zu bleiben
 - Vergesslichkeit und/oder Desorganisation
 - Probleme bei der Planung, Priorisierung und Einhaltung von Fristen
 - Erhöhter Bewegungsdrang, Unfähigkeit, länger stillzusitzen oder sich zu entspannen
 - Innere Unruhe, Gedankenkarussell oder rasende Gedanken, das Gefühl, nicht abschalten zu können
 
Diagnose von ADHS im Erwachsenenalter
Die Diagnose von ADHS im Erwachsenenalter erfordert eine detaillierte Untersuchung. Ein erster Schritt ist die eigene Beobachtung von Verhaltensweisen und Schwierigkeiten im Alltag.
Ein entscheidender Faktor ist die fachärztliche Beratung durch einen Psychiater oder Psychologen, der durch gezielte Gespräche und standardisierte Tests eine fundierte Einschätzung vornimmt. Dabei kann es hilfreich sein, Informationen zur eigenen Kindheit zusammenzutragen, da ADHS bereits in frühen Jahren beginnt. Auch die Einschätzungen nahestehender Personen, die das Verhalten des Betroffenen über längere Zeit beobachtet haben, können wertvolle Hinweise liefern.
ADHS ist eine Störung, die in verschiedenen Lebensbereichen unterschiedliche Auswirkungen haben kann, weshalb eine umfassende Beurteilung notwendig ist.
Zentral hierfür ist nach DSM-5 (die fünfte Auflage des Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders), dem amerikanischen Diagnoseinstrument, der Nachweis von 18 diagnostischen Kriterien. Zusätzlich muss nachgewiesen werden, dass einzelne Symptome von ADHS bereits vor dem 12. Lebensjahr bei der betreffenden Person vorhanden waren.
Dazu wird eine ausführliche Anamnese mithilfe von standardisierten Fragebögen durchgeführt. Zusätzlich können Angaben von Personen aus dem Umfeld der Betroffenen und eine neuropsychologische Testung dabei helfen, die Diagnose zu stellen.
Für die Diagnose ADHS müssen folgende Bedingungen erfüllt sein:
- Die Symptome müssen vor dem 12. Lebensjahr auftreten und länger als 6 Monate andauern.
 - Die Symptome müssen in verschiedenen Lebensbereichen auftreten.
 - Die Symptome müssen mehrere Kriterien eines anerkannten Klassifikationssystems erfüllen.
 
Behandlung von ADHS im Erwachsenenalter
Primäres Ziel der Behandlung von ADHS ist die Verminderung des subjektiven Leidensdrucks sowie die Erhöhung der Lebensqualität. Hierzu gibt es diverse Therapiemöglichkeiten, welche einzeln oder auch kombiniert angewandt werden können.
Zur Behandlung von ADHS bei Erwachsenen sind in der Schweiz Medikamente mit den Wirkstoffen Methylphenidat, Dexmethylphenidat, Lisdexamfetamin und Atomoxetin zugelassen. Es werden verschiedene Konzepte mit unterschiedlichen Schwerpunkten angeboten.
In der Psychotherapie lernen Betroffene, die Emotionen zu regulieren, sich zu organisieren (Zeitmanagement), das Selbstwertgefühl zu stabilisieren und mit der Ablenkbarkeit umzugehen. Bei stark ausgeprägten Symptomen und erheblichen Beeinträchtigungen in mehreren Lebensbereichen, kann eine medikamentöse Behandlung (Pharmakotherapie) hilfreich sein.
In der Therapie von AD(H)S geht es vor allem um das Erlernen von Strategien und Hilfen für die Alltagsbewältigung. AD(H)S kann in dem Sinne nicht «geheilt» werden, aber es kann ein Umgang mit den Kernsymptomen wie Unaufmerksamkeit, motorische Hyperaktivität und Impulsivität sowie mit den Nebensymptomen wie Affektlabilität, Reizbarkeit/Explosivität, Stressempfindlichkeit und Desorganisation erlernt werden.
Es ist wichtig festzuhalten, dass aus der Diagnose einer ADHS im Erwachsenenalter sich nicht zwangsläufig eine Behandlungsnotwendigkeit ableitet. So wird in diesem Zusammenhang nochmals genau erörtert, ob die funktionellen Einschränkungen im Leben der Betroffenen und die damit verbundenen Problematiken im sozialen Leben eindeutig durch ADHS verursacht sind.