Burnout bei Jugendlichen: Ursachen, Symptome und Behandlung

Bisher war Burnout vor allem als Krankheit der Berufstätigen bekannt. Doch Burnoutsymptome bei Kindern und Jugendlichen sind eigentlich keine Seltenheit, nur werden Sie oft übersehen. Selbst in der Forschung wurde die Burnoutthematik erst 2002 auf den Altersbereich von Studierenden und 2008 dann auf den Grundschulbereich erweitert.

Immer wieder haben wir unter unseren ganz jungen Klienten solche, die bereits Anzeichen einer stressbedingten Belastung zeigen. Wenn von einem Burnout die Rede ist, denkt man meist an Erwachsene, die sich ob den hohen Anforderungen im Beruf zerrieben. Doch es kann auch Kinder und Jugendliche treffen.

Ursachen von Burnout bei Jugendlichen

Die Ursachen für Burnout im jungen Alter sind vielfältig und nicht immer klar benennbar. Sicher ist jedoch, dass hoher Leistungsdruck in allen Altersspannen einer der Hauptgründe darstellt. Bei Kindern und Jugendlichen spielen sowohl direkter Leistungsdruck von Aussen - von der Peer Group oder von den Eltern - als auch innerer Leistungsdruck eine grosse Rolle.

In der Tat steigen bei Jugendlichen die Erwartungshaltung, der Leistungsdruck, das Tempo - in der Schule, im Elternhaus, im sozialen Umfeld. «Die Eltern und die Schule und damit die Kinder und Jugendlichen werden dauernd mit höheren Ansprüchen der globalisierten Welt konfrontiert», sagt die Zürcher Schulpsychologin Catherine Paterson. Dabei spielt auch das Schulsystem eine bedeutende Rolle, das nicht primär auf eine individuelle Förderung ausgerichtet ist.

Steigende Berufsanforderungen verlagern ferner das berufliche Weichenstellen in die Primarstufe. Nach der Maxime «ohne Matur keine Karriere» qualifizieren sich somit bereits Elf- bis Zwölfjährige für den weiteren Bildungsweg und büffeln monatelang für die Aufnahmeprüfungen ins Langzeitgymnasium. «Wir orientieren uns vor allem an den Schwächen unserer Kinder anstatt an ihren Stärken», sagt Kurt Albermann. Auch fehlten «freie Zeit und Raum» für die Entwicklung der Kreativität.

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Kinder verbringen viel Zeit in sozialen Netzwerken. Dort ist eine hohe Präsenz gefragt. Sie sind permanent online und kommen nicht zu Ruhe. Hinzu kommen die steigenden Erwartungen der Eltern. «Es gibt eine zunehmende Diskrepanz zwischen dem, was wir vorleben, und dem, was die Kinder und Jugendlichen tatsächlich können», sagt der Experte. Die Erwartungen sind unrealistisch.

Stressige Trennungen belasten enorm. «Auch komplizierte Trennungsgeschichten sind ein grosses Problem für Kinder und Jugendliche», sagt Contin-Waldvogel. «Streit und Missgunst zwischen den Eltern belasten sie extrem und werden so zu einem grossen Risikofaktor für Depressionen und andere psychische Störungen.»

Neben Leistungsdruck, Perfektionismus-Denken und schwierigen Trennungen können auch Mobbing, Traumatisierungen und Misshandlungen zu Burnout bei Jugendlichen und Kindern führen. Alle diese Vorkommnisse wirken auf das Selbstwertgefühl der Jugendlichen. Dabei spielen auch genetisch vererbte Veranlagungen eine Rolle.

Symptome von Burnout bei Jugendlichen

Die Symptome des Burnout-Syndroms im Kindes- und im Jugendalter decken sich stark mit den Symptomen einer Depression. Wie nun aber die gewöhnlichen Symptome der Pubertät von Symptomen eines Burnouts unterscheiden? Ab welchem Punkt sind wiederkehrende Bauchschmerzen bei Kindern auf psychologischer Ebene ernst zu nehmen?

Überfordert und überlastet reagieren Betroffene mit körperlichen und psychischen Symptomen: «Kinder haben Kopf- oder Bauchweh, Rückenschmerzen und zeigen Gefühle der Anspannung oder Erschöpfung.» Diese Krankheitssymptome schützen vor weiterer Belastung und ermöglichen Rückzug und Schonung. Aber sie müssen erkannt und richtig interpretiert werden.

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Ein erstes Anzeichen kann Schulangst sein. Weitere körperliche Anzeichen sind etwa Schlaf- oder Konzentrationsstörungen. Im schlimmsten Fall geraten die Kinder in eine Erschöpfungsdepression. Je mehr Symptome der oder die Betroffene aufzeigt, desto wahrscheinlicher ist es, dass tatsächlich eine starke Belastung vorliegt. Wenn die Symptome über mehrere Wochen hinweg anhalten, besteht Handlungsbedarf.

Einer Studie des Schweizerischen Gesundheitsobservatoriums zufolge sind zehn Prozent der Kinder und Jugendlichen von einer leichten bis moderaten depressiven Verstimmung betroffen. Bei zwei bis sechs Prozent von ihnen entwickelt sich bis zum Alter von etwa 25 Lebensjahren eine echte Depression.

Folgende Symptome können Bestandteil eines Burnouts bei Kindern sein:

  • anhaltende Erschöpfung
  • Reizbarkeit
  • Rückzug von sozialen Aktivitäten
  • Schlafstörungen
  • Leistungsabfall in Schule oder bei Freizeitaktivitäten
  • körperliche Beschwerden wie Kopfschmerzen oder Bauchschmerzen
  • ein vermindertes Interesse an früheren Interessen und Aktivitäten

Behandlung von Burnout bei Jugendlichen

Um es nicht so weit kommen zu lassen, müssten bereits erste Überforderungszeichen ernst genommen werden, sagt der Kinderarzt Marco Belvedere. Eltern sollten mit Verständnis und nicht nur mit erzieherischen Massnahmen reagieren. Idealerweise informieren die Eltern ihren Haus- oder Kinderarzt.

Marco Belvedere und Kurt Albermann betreuen betroffene Kinder und Jugendliche. Sie versuchen, das ganze Umfeld, also auch die schulische Situation, miteinzubeziehen. Eine Behandlung solcher Überforderungssituationen kann dauern, denn der Patient muss neue Verhaltensweisen erlernen.

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In dem Fall sollte unbedingt eine Fachperson aufgesucht werden. Zu Beginn der Behandlung versucht der Arzt, das Problem einzugrenzen. Das Kind oder der Jugendliche, auch die Eltern, beantworten entsprechende Fragen zur Familiengeschichte und zur aktuellen Situation. Kinder werden aufgefordert, ihre Sorgen aufzumalen. Psychotherapie, vor allem Verhaltenstherapie und Familientherapie seien die gängigen Behandlungsmethoden.

Der Grundpfeiler einer erfolgreichen Behandlung ist Vertrauen zwischen Therapeut und Patient. «Dazu gehört es, offen für das Kind oder den Jugendlichen zu sein, zuzuhören, Verständnis zu zeigen und zu signalisieren: ‹Hier darfst du sein wie du bist›», sagt Contin-Waldvogel. Auch Zuverlässigkeit sei wichtig, um das Vertrauen des jungen Patienten zu gewinnen.

In der Kinder-/Jugendpsychiatrie und Psychosomatik am Sozialpädiatrischen Zentrum SPZ überlegen wir gemeinsam mit den Eltern und dem Kind resp. den Jugendlichen, welche Hilfe, Entlastungen resp. Massnahmen unterstützen können. Bei Bedarf ziehen wir - in Absprache mit der Familie - auch die Schule resp. Lehrpersonen und ein weiteres Helfernetz zur Besprechung der Hilfe bei. Zusätzlich sind wir, soweit angezeigt, bei der Suche nach Therapieplätzen behilflich.

Was Eltern tun können

Nicht immer ist es leicht zu entscheiden, wann das Kind oder der Jugendliche fachkundige Hilfe benötigt. Denn manche Verstimmung hängt mit einem konkreten Problem zusammen, das sich nach einer Zeit von selbst wieder legt. Auch die Pubertät, in der sich ein Jugendlicher vom Elternhaus abnabelt, kann vorübergehend zu Ängsten und Niedergeschlagenheit führen, die nicht behandlungsbedürftig sind.

«Ein Kind oder ein Jugendlicher braucht dann Unterstützung, wenn die gängigen Aufmunterungs- und Aktivierungsversuche über wenige Wochen nichts mehr bringen», sagt Contin-Waldvogel. Kopfweh, Bauchweh und Schlafstörungen könnten Anzeichen dafür sein, dass sich die Verstimmung bereits körperlich niedergeschlagen habe. Plötzlich auftretende Schulprobleme seien manchmal ebenfalls Warnsignale.

Eltern können ihrem Kind viel Leid ersparen, indem sie versuchen, sich fair zu trennen und dem Kind so viel Stress wie möglich zu ersparen. Wenn Eltern sich vielfach bewusst sind, dass Burnout schon im Kinderalter und im Jugendalter auftreten kann, suchen sie Spezialisten niedrigschwelliger auf.

Prävention von Burnout bei Jugendlichen

Um Ihr Kind vor einem Burnout zu schützen, sollten Sie auf eine ausgewogene Balance zwischen Schule, Freizeit und Erholung achten. Fördern Sie regelmässige Pausen, eine ausgewogene Ernährung, gesunden Schlaf und sportliche Aktivitäten. Ein Austausch im Alltag über Stress und Belastungen, das heisst «Was beschäftigt dich - wie geht es dir?» ist ebenfalls wichtig, um frühzeitig Anzeichen von Überforderung zu erkennen.

Als Prävention gegen Burnout bei Kindern sollten sich Lernziele an den Fähigkeiten der Kinder orientieren. Es gelte, an den Schulen gemeinsam mit Lehrpersonen, Schüler*innen und Eltern eine gemeinsame Kultur gegenseitiger Wertschätzung, des Lernens und Wachsens zu schaffen. Das Vermitteln von Achtsamkeit, Selbstwirksamkeit, Lern- und Bewältigungsstrategien sowie sozioemotionaler Kompetenzen, sich gesund zu ernähren und ausreichend zu bewegen sind weitere präventive Massnahmen.

Zudem sollten die Eltern den Medienkonsum ihrer Kinder überprüfen. Dabei ist es wichtig, gemeinsam mit dem Kind eine altersangemessene Zeitdauer für die Nutzung zu definieren.

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Zum Weiterlesen: Schulte-Markwort, M. (2015). Burnout-Kids: Wie das Prinzip Leistung unsere Kinder überfordert.

In den Ambulatorien Liestal, Binningen und Münchenstein bieten wir umfassende Diagnostik, Beratungen und Behandlungen bei Depressionen und Burnout an. Nach einer ausführlichen Untersuchung setzen wir unterschiedliche psychotherapeutische Verfahren ein. Diese werden je nach Bedarf ergänzt durch medikamentöse Therapien, arbeitsmedizinische Unterstützung und weitere Leistungen. Im Zentrum stehen das Wiedererlangen des emotionalen Gleichgewichts und Schritt für Schritt die Rückkehr in den Alltag.

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