Effektive Therapie-Tools zur Behandlung von PTBS

Für die Psychotherapie einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) liegen inzwischen hoch effektive Behandlungskonzepte vor. Dennoch erleben viele Psychotherapeut_innen insbesondere die traumafokussierte Arbeit mit belastenden Erinnerungen als Hürde.

Die Konsequenz ist, dass viele Betroffene trotz eines oft sehr hohen Leidensdrucks keine adäquate Unterstützung erhalten und die Störung weiter chronifiziert.

Der Therapie-Tools-Band

Der Therapie-Tools-Band mit über 190 Arbeits- und Informationsblättern möchte Behandelnde zur traumatherapeutischen Arbeit ermutigen. Er stellt zu jedem Bereich der Traumatherapie konkrete und direkt einsetzbare Instrumente und Übungen verschiedener psychotherapeutischer Ansätze zur Verfügung. Neben klassischen verhaltenstherapeutischen Techniken kommen auch solche aus DBT, ACT oder Schematherapie zum Einsatz.

Inhaltliche Schwerpunkte

  • Diagnostik
  • Äußere Sicherheit
  • Psychoedukation
  • Stabilisierung
  • Traumabearbeitung
  • Integration und Rückfallprophylaxe
  • Psychohygiene für Therapeutinnen und Therapeuten

Autorinnen

  • Dipl.-Psych. Kristina Lühr, Psychologische Psychotherapeutin, Hamburg
  • Dipl.-Psych. Christine Zens, Psychologische Psychotherapeutin, Institut für Schematherapie Hamburg
  • Dr. Meike Müller-Engelmann, Dipl.-Psych. Stellvertretende Ambulanzleiterin

Trauma: Was ist das eigentlich?

Nicht jede schlimme Erfahrung in unserem Leben ist ein Trauma, das mit schweren Folgen nachhallt. Die Psychologie spricht dann von einem Trauma, wenn uns ein extrem bedrohliches Ereignis oder eine Reihe von Ereignissen widerfährt. «Diese Erfahrungen können tiefe Spuren hinterlassen und das psychische Wohlbefinden erheblich beeinträchtigen. Besonders wenn Betroffene keine Möglichkeit hatten, das Erlebte zu verarbeiten, können langfristige Folgen auftreten», sagt Rahel Bachem.

Zu den häufigsten Ursachen von traumatischen Erlebnissen zählen unterschiedliche Formen von Gewalt. Hinzu kommen sexuelle Gewalt, gewaltvolle Erlebnisse im Krieg oder körperliche und emotionale Gewalt in Beziehungen.

Lesen Sie auch: Details zu den Therapie-Leitlinien

Traumata können einmalig und zeitlich klar abgrenzbar sein, wie etwa ein Unfall oder eine Naturkatastrophe. Oft erleben Menschen aber auch sich wiederholende oder andauernde Belastungserfahrungen. Das ist etwa der Fall, wenn ein Kind über längere Zeit miterleben muss, wie der Vater die Mutter schlägt oder es selber jahrelang missbraucht wird.

Symptome der Posttraumatischen Belastungsstörung

Ein traumatisierendes Erlebnis hinterlässt seine Spuren. Diese können zu Traumafolgestörungen führen. Oft können Betroffene die Symptome bei der posttraumatischen Belastungsstörung schwer einordnen, da sie sehr komplex sind.

Die PTBS ist eine psychische Reaktion auf ein traumatisches Erlebnis wie etwa einen Unfall, Gewaltverbrechen, Kriegshandlungen oder eine Naturkatastrophe. Das Wiedererleben zeigt sich häufig in Form von Flashbacks oder angstgeprägten Albträumen aus. Hinzu kommen Vermeidungssymptome.

Dabei handelt es sich um das bewusste Meiden von Erinnerungen, die wahrscheinlich ein Wiedererleben auslösen würden. Obwohl Betroffene oft viel Energie in die Vermeidung stecken, gelingt es gemäss Bachem selten, belastende Erinnerungen und Gefühle dauerhaft auszublenden. Das zeigt sich meistens durch Überwachsamkeit oder eine verstärkte Schreckhaftigkeit, zum Beispiel bei unerwarteten Geräuschen. «Der Grund dafür liegt im vegetativen Nervensystem. Dieses ist bei Betroffenen häufig permanent überreizt.

Seit einigen Jahren arbeiten Fachpersonen zudem mit der Diagnose der komplexen PTBS. Diese liegt vor, wenn bei Betroffenen weitere Symptome dazukommen. Häufig geht es dabei um Wut. Betroffene reagieren stark emotional auf geringfügige Stressoren, leiden zum Beispiel unter unkontrollierbaren Wutausbrüchen. Zum anderen nehmen sich Betroffene selbst sehr negativ wahr.

Lesen Sie auch: Borderline-Störung und MBT

Von einer komplexen PTBS sind häufig Menschen betroffen, die bereits in der frühen Kindheit traumatische Erfahrungen gemacht haben. Gerade psychische Probleme wie Angststörungen oder Depressionen sind weit verbreitet.

Selbstcheck: Wichtige traumabezogene Symptome

Traumaexpertin Rahel Bachem rät, in einem ersten Schritt den Selbstcheck zu den wichtigsten traumabezogenen Symptomen zu machen:

  • Bei einem Trauma sind die Momente des Wiedererlebens häufig sehr lebhaft und fühlen sich so an, als würde man das Erlebte erneut durchleben.
  • Meiden Sie Orte oder Menschen, um traumatische Erinnerungen nicht aufzuwecken? Beide Vermeidungsstrategien sind typisch für traumatisierte Menschen. Oft sind sich Betroffene in der Situation jedoch nicht bewusst, wieso sie so handeln.
  • Fällt es Ihnen schwer, zur Ruhe zu kommen? Traumatisierte Menschen verharren häufig ihr Leben lang im Fluchtmodus. In diesem Modus kämpft der Körper ums Überleben.
  • Fühlen Sie oft nichts, weder sich selber noch anderen Menschen gegenüber? Traumatisierte Menschen empfinden Gefühle oft sehr unterschiedlich und wechselhaft. «Manche Betroffene können keine starken Gefühle mehr empfinden», sagt Psychologin Rahel Bachem. Zudem fühlen sich viele traumatisierte Menschen oft so, als wären sie «nicht richtig hier». «Sie erleben sich und ihre Umwelt als unwirklich, fremd oder wie durch einen Schleier betrachtet», beschreibt Bachem.
  • Haben Sie Probleme mit unkontrollierten, starken Gefühlsausbrüchen? «Menschen mit solchen Ausbrüchen haben meist ein schweres und tiefgreifendes Problem mit dem, was wir in der Psychologie Affektregulierung nennen», sagt Expertin Rahel Bachem. Dabei typisch seien eine erhöhte emotionale Reaktivität auf geringfügige Stressoren, gewalttätige Ausbrüche, rücksichtsloses oder selbstzerstörerisches Verhalten oder dissoziative Symptome unter Stress.

Therapeutische Ansätze zur Traumaaufarbeitung

Für die Traumaarbeit gibt es ganz unterschiedliche Ansätze. Die, die am häufigsten erfolgreich zur Anwendung kommen, sind in der Psychologie verankert.

Obwohl die Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung behandelbar sind, hinterlassen Traumata Spuren. «Diese verschwinden in der Regel nicht vollständig», sagt Psychologin Rahel Bachem. In diesem Prozess, der einerseits schmerzlich ist, steckt andererseits eine grosse Kraft, persönlich zu wachsen: «Traumatisierte Menschen lernen auf dem Weg der Heilung, sich grundlegende Fragen zu stellen - wie etwa, was sie vom Leben erwarten.

Jedes Trauma hallt unterschiedlich stark und lange im Leben der betroffenen Person nach. Dabei spielen verschiedene Faktoren eine Rolle. Entsprechend dauert auch der Heilungsprozess unterschiedlich lange. In diesen Fällen sind die Wunden häufig besonders tief und die Folgen sehr vielschichtig.

Lesen Sie auch: Umfassende Angsttherapie

Prolongierte Exposition

Dieser Ansatz ist so etwas wie der «Pionier» unter den Expositionsmethoden bei der Traumaaufarbeitung. Bei der prolongierten Exposition leitet die Therapeutin den Patienten dazu an, sich die traumatischen Geschehnisse vor seinem inneren Auge zu vergegenwärtigen und darüber so zu berichten, als ob sie gerade geschehen würden.

Die prolongierte Exposition ist besonders wirksam bei postraumatischen Störungen, insbesondere wenn das Trauma gut abgrenzbar und spezifisch ist (z. B. Verkehrsunfälle, Überfälle, Naturkatastrophen).

Narrative Expositionstherapie (NET)

Bei dieser Methode geht es darum, dass Patientinnen und Patienten ihre Biographie von der Geburt bis in die Gegenwart möglichst detailliert erzählen. Mit der exakten Erzählung ordnen die Betroffenen die Geschehnisse räumlich und zeitlich ein. Erfahrenes erhält so einen Kontext. Die behandelnde Person unterstreicht dabei, dass die Ereignisse in der Vergangenheit liegen. «Mit diesem Vorgehen kommt es zu einer Nachverarbeitung im Gedächtnis.

Eye Movement Desensitization and Reprocessing (EMDR)

Bei dieser Therapieform vergegenwärtigt sich die betroffene Person das traumatische Ereignis in Gedanken und Gefühlen und erlebt es auf diese Weise nochmals. Das sorgt für eine zusätzliche Stimulierung der Sinne.

Man gehe davon aus, dass durch das zusätzliche Stimulieren das Gehirn der betroffenen Person in der Lage sei, die Erinnerung an das traumatische Erlebnis schneller zu verarbeiten, sagt Traumaexpertin Rahel Bachem.

Imaginative Verfahren

Die Kraft der Imagination steht bei dieser Methode im Zentrum der Therapie. Die behandelnde Person gibt lediglich den Rahmen der Imagination vor. Die traumatisierte Person erzählt, was sie auf ihrer inneren Bühne wahrnehmen kann.

Kognitive Verhaltenstherapie (KVT)

Diese Therapie wird sehr breit zur Behandlung von seelischen Problemen eingesetzt und zählt zu einer der am besten erforschten psychotherapeutischen Methoden. Es geht darum, sich schlechter Gedanken und Vorstellungen im Zusammenhang mit einem Trauma bewusst zu werden.

Die Therapie läuft in drei Schritten ab. Zu Beginn einer Behandlung geht es darum, eine Beziehung aufzubauen und die betroffene Person bei Bedarf mit professioneller Unterstützung zu stabilisieren. Wenn jemand etwa akute Ängste hat, kaum noch schläft und sein Nervensystem chronisch überreizt ist, könnten auch Medikamente für die Phase der Stabilisierung Sinn machen.

Im nächsten Schritt arbeitet die betroffene Person zusammen mit der Therapeutin oder dem Therapeuten an der Konfrontation ihres Traumas. Die Aufarbeitung eines Traumas verläuft bei jeder Person unterschiedlich. Entsprechend sei es schwierig, hier überhaupt eine Aussage treffen zu können, sagt Bachem.

Traumafolgestörungen fallen - was die Diagnose angeht - unter die sogenannten psychischen Störungen. Ihre Therapie zahlt die Grundversicherung, sofern eine ärztliche Verordnung vorliegt. Meist umfasst diese 15 bis 30 Sitzungen.

tags: #therapie #tools #ptbs