Angststörungen gehören zu den häufigsten psychischen Erkrankungen, wobei die Zahl der Betroffenen seit der Pandemie zugenommen hat. Angst ist eine komplexe Emotion, die nicht von vornherein als krankhaft gewertet werden muss. Sie ist eine normale Reaktion auf gefährliche, ungewisse oder unkontrollierbare Ereignisse und Situationen und somit überlebenswichtig. Ungesund wird Angst jedoch, wenn die Intensität höher, die Dauer länger wird und vor allem, wenn sie in spezifischen Situationen auftritt.
Von einer Angststörung spricht man, wenn die Angst übertrieben, allgemein und unklar ist, wenn sie sich in bestimmten sozialen Situationen bemerkbar macht, eine konkrete Furcht (Phobie) vor einem Objekt oder einer Situation besteht oder wenn sie als Panikattacke auftritt. Angst belastet, kann behindern und quälen, muss aber nicht immer behandelt werden. Tritt Panik aber ohne reale Bedrohung auf, hält sie lange an und lähmt, sollte man sich fachgerecht behandeln lassen.
Eine Angst- und Panikstörung wird stets durch mehrere Faktoren ausgelöst. Zentral ist, dass über die Erkrankung und mögliche Behandlungsmethoden umfassend aufgeklärt wird. Wichtig ist zudem, dass eine praktische Lebensphilosophie vermittelt wird, man die gefürchteten Situationen gedanklich durchgeht und sich ihnen auch stellt.
Behandlungsmethoden
Eine Angststörung wird mit Medikamenten oder Psychotherapie behandelt, oft auch kombiniert. Da Angststörungen sich unterschiedlich zeigen, braucht es auch unterschiedliche Behandlungsansätze. Wenn sich eine Person nicht traut, mit Fremden zu sprechen, benötigt sie eine andere Therapie als ein Mensch, der an einer Panikstörung leidet.
Psychotherapie
Gut untersucht ist die kognitive Verhaltenstherapie (KVT), die als Goldstandard bei der Therapie von Angststörungen gilt. Vor dem entsprechenden theoretischen Hintergrund werden die wichtigsten Prinzipien der KVT erklärt und die Methoden der klassischen KVT erläutert. Bei einer Phobie setzen die Fachleute auf Konfrontationstraining. Die Betroffenen begeben sich im Rahmen einer Therapie immer wieder - dosiert und unterstützt - in die für sie beängstigende Situation.
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Bei einer Verhaltenstherapie geht es nicht darum, das Dasein zu sezieren, sondern sie ist ziel- und aktionsorientiert. Diese Behandlungsform basiert auf ausführlichen Gesprächen zwischen Patient und Therapeut, der sogenannten Verhaltensanalyse. Bedingungen und Auslöser die Angststörung mitverursacht und ausgelöst haben, welche Faktoren die Probleme jetzt aufrecht erhalten und welche Komplikationen dadurch entstanden sind, werden analysiert. Entsprechend der jeweiligen Problemlage des einzelnen Patienten sowie den Rahmenbedingungen, können Patienten im späteren Verlauf ihre Übungen strukturieren.
Die sogenannte "Dritte Welle" der KVT, wie z.B. die ACT (Akzeptanz- und Commitment-Therapie), bietet neue therapeutische Möglichkeiten, basierend auf Achtsamkeit, Emotionsregulation und kontextueller Kontrolle. Die ACT gilt bei der Behandlung von Angststörungen als nachgewiesenermassen wirksam und erweist sich als elegante, geschmeidige und kräftesparende Therapiemethode, in der das Expositions-Prinzip hervorragend verwirklicht werden kann.
In der Psychotherapie werden auch Verfahren und Methoden aus der Transaktionsanalyse, der körperorientierten Psychotherapie, der systemischen Therapie, der medizinischen Hypnose und der Logosynthese verwendet.
Entspannungsmethoden
Entspannungsmethoden wie autogenes Training oder progressive Muskelentspannung sowie Atemübungen können ebenfalls hilfreich sein.
Die progressive Muskelrelaxation ist das systematische Trainieren von Anspannung und Entspannung von bestimmten Muskelgruppen. Der Entspannungszustand führt zu einer nervlichen Beruhigung und Erholung, ähnlich wie sie im Schlaf erfolgt. Der Atem wird mit einfachen, wirksamen Übungen im Sitzen, Gehen oder Liegen belebt. Der Atemrhythmus wird ausgeglichen und die Atemkraft gestärkt. Dieses Verfahren dient dazu, bestimmte psychische Krankheitssymptome, wie Anspannung und Nervosität, Wahrnehmungsstörungen, muskuläre Verspannungen, Schmerzen und Müdigkeit günstig zu beeinflussen.
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Yoga gilt als der älteste überlieferte Erfahrungsweg, der von einem engen Zusammenhang von Körper, Seele und Geist ausgeht. Körperhaltung, Beweglichkeit und Kraft sowie auch geistige Fähigkeiten werden gestärkt. Die Prävention steht beim Yoga im Vordergrund.
Medikamentöse Therapie
Die medikamentöse Therapie dient zur Linderung der Symptome im psychischen und körperlichen Bereich. Sie werden vom behandelnden Arzt über die Wirkungen und Nebenwirkungen aufgeklärt.
Komplementärmedizinische Methoden
Körperliche Aktivität wirkt sich positiv auf den Körper und die Psyche aus. Es werden auserwählte tiergestützte Therapien, vorwiegend mit Hunden und Pferden, als komplementäre Behandlungsergänzung angeboten.
Je nach Beschwerden kommen unterschiedliche Heilpflanzen zum Einsatz. Verwendet werden entweder die ganze Pflanze oder auch Teile wie Blätter, Blüten, Früchte, Stängel, Rinde und Wurzel.
Online-Programme
Internetbasierte Selbsthilfeprogramme haben sich gerade bei Angststörungen in vielen Studien als wirksam erwiesen. Diese systematische und strukturierte Vermittlung von Fachwissen kann ein Online-Programm problemlos leisten. Wichtig ist, dass die Programme Betroffene auch dazu anleiten, nach draussen zu gehen und sich in der Realität mit angstauslösenden Situationen zu konfrontieren. Ein Vorteil ist, dass man sich eine gewisse Anonymität bewahrt, was vielen Menschen den Schritt zu einer Online-Therapie einfacher macht.
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Weitere Therapieangebote
Es gibt eine Vielzahl weiterer Therapieangebote, die je nach Bedarf und Situation des Patienten in Betracht gezogen werden können:
- Aktivierungstherapie: Fördert und unterstützt die körperlichen, geistigen und sozialen Fähigkeiten.
 - Ergotherapie: Ziel ist es, der Krankheit entgegenzuwirken und Sie beim Erreichen, Verbessern sowie Erhalten grösstmöglicher Selbständigkeit in alltäglichen Verrichtungen zu unterstützen.
 - Gruppentherapie: Vermittelt Wissen zur Symptomatik der Erkrankung, die verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten und die Rückfallprophylaxe.
 - Kunsttherapie: Ein psychodynamisch orientiertes Behandlungsverfahren, bei dem verschiedene künstlerische Mittel im therapeutischen Prozess zur Förderung, Erhaltung und Wiederherstellung der Gesundheit eingesetzt und diagnostisch genutzt werden.
 - Bewegungs- und Tanztherapie: Eine körperorientierte kreative Therapieform, die die grundlegenden Ausdrucksmittel des Menschen mit Körper, Bewegung und der künstlerische Form Tanz als Spiegel der körperlichen, seelischen und geistigen Verfassung nutzt.
 - Musiktherapie: Nonverbale Kommunikation mit sich und anderen in der universalen Sprache von Tönen und Musik.
 - Gestaltungs- und Maltherapie: Die Konzentration auf den bildnerischen Gestaltungsprozess ermöglicht eine vertiefte Auseinandersetzung mit sich selbst und der Umwelt und fordert dazu auf, in Farben und Formen auszudrücken, was nicht in Worte gefasst werden kann.
 - Physiotherapie: Behandelt Sie für den Erhalt und die Wiederherstellung der bestmöglichen Bewegungs- und Funktionsfähigkeit Ihres Körpers.
 - Psychoedukation: Eine offene Krankheitsbild unspezifische Gruppe, die sich an aktuellen Themen von Ihnen orientiert.
 
Hilfreiche Techniken bei akuter Angst
Es gibt einfache, aber wirksame Techniken, mit denen du akute Angstzustände lindern und dein Nervensystem beruhigen kannst:
- Konzentration auf den gegenwärtigen Moment.
 - Bewusste Atmung: Wiederhole diese Sequenz mindestens viermal.
 - Körperliche Entspannung: Spanne eine Muskelgruppe bewusst an und lasse dann los.
 - Positive Gedanken: Identifiziere den angstauslösenden Gedanken und ersetze ihn durch einen positiven.
 - Visualisierung: Verankere das Gefühl der Sicherheit mit einer kleinen Geste.
 
Wichtige Anlaufstellen und Unterstützung
Es gibt verschiedene Anlaufstellen, die Unterstützung und Beratung anbieten:
- Ambulante Krisenintervention (AKi): Bietet eine aufsuchende Behandlung und Betreuung von Patienten mit akuten psychiatrischen Krisen in der häuslichen Umgebung oder vor Ort des Geschehens an.
 - «Walk-In»-Sprechstunden (Ambulanter Notfall): Eine zentrale Anlaufstelle auch ohne Anmeldung.
 - Tageskliniken: Ambulante Einrichtungen, die besonders auf die Rehabilitation psychisch kranker Menschen ausgerichtet sind.
 - Sozialdienst: Unterstützt Patientinnen und Patienten bei Fragen in den Bereichen Arbeit, Wohnen, Finanzen und Versicherungen.
 - Seelsorgerische Begleitung: Hinterfragt Krankes, bekräftigt Gesundes und fördert Sie in Ihrer persönlichen Spiritualität.
 
Es ist wichtig zu beachten, dass eine schnelle und einfache «Heilung» bei Angststörungen kaum zu erwarten ist. Doch die verschiedenen Verfahren helfen, die Symptome zu mildern und einen besseren Umgang mit der Angst zu finden. Fortschritte sind oft schon nach einigen Wochen spürbar. Mit Geduld und der Hilfe einer Therapeutin oder eines Therapeuten schaffen es viele Betroffene, mit der Zeit ihre Angststörungen zu überwinden.
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