Können depressive Menschen lieben? Depressionen und ihre Auswirkungen auf Beziehungen

Eine Depression ist eine psychische Erkrankung, die nicht nur das Leben der betroffenen Person, sondern auch das ihrer Angehörigen stark beeinflusst. Die Krankheit kann eine enorme Herausforderung für eine Beziehung darstellen und im schlimmsten Fall sogar zum Ende der Partnerschaft führen. Etwa jeder fünfte Mensch entwickelt im Laufe seines Lebens eine Depression. Die klassischen Symptome sind gedrückte Stimmung, Freud- und Interessenlosigkeit, sowie Antriebsarmut.

Auswirkungen von Depressionen auf Beziehungen

Bei vielen Menschen, die an einer Depression leiden, kommt es zu Problemen in der Partnerschaft. Das hat weitreichende Folgen: Die Hälfte der Betroffenen berichtet von Auswirkungen auf die Partnerschaft. Viele Angehörige berichten, sich für die Depression verantwortlich zu fühlen. "Die hohe Zahl der Trennungen zeigt, was für eine tiefgreifende Erkrankung die Depression ist", erläutert Prof. Ulrich Hegerl, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Deutsche Depressionshilfe. "An Depression erkrankte Menschen verlieren den Antrieb und fühlen sich innerlich abgestorben, ohne Verbundenheit mit anderen Menschen oder ihrer Umwelt. All diese krankheitsbedingten Veränderungen haben massive Auswirkungen auf Partnerschaft und familiäre Beziehungen", so Hegerl weiter.

Die Qualität der eigenen Beziehung kann ein Risikofaktor für Depressionen darstellen und einen Einfluss auf den Beginn, die Dauer und Schwere der Erkrankung sowie das Rückfallrisiko haben. Wenn ein Partner depressiv ist, kann es schnell passieren, dass sich beide weniger öffnen, unterstützen, Diskussionen vermeiden und nicht mehr gemeinsam nach Lösungen suchen. Die Hoffnungslosigkeit, Reizbarkeit, Unruhe und Traurigkeit des Partners haben auf die Dauer eine Auswirkung auf das Klima zwischen beiden. Das anfängliche Verständnis verschwindet mit der Zeit und man kritisiert oder zieht sich zurück. Und so schliesst sich der Teufelskreis.

In einer solchen Situation ist es wichtig, zu verstehen, dass die Depression eine Erkrankung ist, die jeden treffen kann. Es ist keine Lieblosigkeit oder gar böser Wille, sondern ein Zeichen der Erkrankung. Angehörige können am besten unterstützen, indem sie einen Termin beim Arzt organisieren und den Betroffenen gegebenenfalls dorthin begleiten. Denn in der Depression fehlen oft Kraft und Hoffnung, sich Hilfe zu suchen.

Wie können Angehörige helfen?

Für Partner, Familienangehörige und Freunde eines depressiven Menschen ist es häufig schwer, mitzuerleben, wie schlecht es dieser Person geht. Sie fragen sich, wie sie bei Depressionen am besten helfen können. Hier sind einige Möglichkeiten, Menschen mit Depressionen den Umgang mit der Erkrankung zu erleichtern:

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  • Unterstützung beim Arztbesuch: Depressiven Menschen fehlt oft der nötige Antrieb, um einen Arzttermin zu vereinbaren oder sie glauben nicht daran, dass ihnen dort geholfen wird.
  • Geduld haben: Machen Sie sich bewusst, dass das Verhalten des Betroffenen nicht gegen Sie gerichtet ist, sondern Teil einer depressiven Phase ist. Wenden Sie sich nicht ab, auch wenn Ihr depressiver Angehöriger Sie zurückzuweisen scheint.
  • Hoffnung statt Druck machen: Setzen Sie einen depressiven Menschen nicht unter Druck - denn "Zusammenreissen" ist bei einer Depression nicht möglich. Auch Vorwürfe sind unangebracht und verschlimmern die Lage nur.
  • Gut gemeinte Ratschläge vermeiden: Empfehlen Sie einem depressiven Menschen beispielsweise nicht, mal richtig abzuschalten und für ein paar Tage zu verreisen. Gerade Menschen mit schweren Depressionen erleben in einer nicht vertrauten Umgebung ihre Freudlosigkeit manchmal noch weitaus schmerzhafter.
  • Suizidgedanken ernstnehmen: Wenn Menschen mit einer Depression davon sprechen, sich das Leben zu nehmen, ist das ein ernstzunehmendes Warnsignal!

Es ist wichtig zu beachten, dass eine Depression nicht mit Zuneigung alleine behandelt werden kann, sondern medizinische Hilfe erfordert. Angehörige sind selten dazu ausgebildet und selbst wenn, ist die emotionale Bindung zu der betroffenen Person zu gross. Die Ehegattin bzw. der Ehegatte oder auch Angehörige und Freunde sollten nie versuchen, therapeutisches Fachpersonal zu ersetzen.

Was können Partner tun, um nicht in einen Teufelskreis zu geraten?

Ein tragfähiges soziales Netz und insbesondere eine befriedigende Partnerschaft gehören zu den stärksten Schutzfaktoren gegen Depressionen. Hier sind einige Hilfestellungen, die dazu beitragen können, dass es beiden Partnern in der Partnerschaft besser geht:

  • Dem Partner zuhören und Verständnis zeigen für das, was ihn belastet.
  • Gegengewicht zu den negativen Gedanken und Erwartungen des Partners geben, ohne dabei die eigene Meinung aufzudrängen.
  • Schwierige Gespräche zeitlich begrenzen.
  • Inseln des gemeinsamen Vergnügens, der Erholung und Regeneration schaffen.
  • Gemeinsam Strategien für „Grübelsituationen“ zurechtlegen.
  • Den Partner ohne Vorwürfe animieren, etwas zu unternehmen und nach Lösungsmöglichkeiten zu suchen, aber die Verantwortung letztendlich ihm überlassen.
  • Auf sich selbst Acht geben und die eigenen Bedürfnisse nicht vergessen.
  • Unterstützung delegieren - an die Selbsthilfegruppe, den Arzt oder den Psychotherapeuten.

Auch wer seine Partnerin bzw. seinen Partner liebt, darf, ab und zu, sauer oder enttäuscht sein. Für die andere Person da sein, heisst nicht zwingend, dass man alles aufgeben und seine eigenen Bedürfnisse zurückstecken soll.

Wo findet man Hilfe?

Es gibt zahlreiche Anlaufstellen für Menschen mit Depressionen und ihre Angehörigen:

  • Telefon 143: Die Dargebotene Hand für Menschen in einer schwierigen Lebenslage, die sofort Hilfe brauchen: www.143.ch
  • Telefon 147: Soforthilfe für Kinder und Jugendliche bei Fragen zu Sexualität, Liebeskummer, Familienproblemen etc. - und wenn sie nicht mehr leben mögen: www.147.ch
  • Selbsthilfe Schweiz: Vermittlung von Selbsthilfegruppen: Betroffene und Angehörige können sich mit anderen Betroffenen und Angehörigen austauschen. 0848 801 109, www.aphs.ch
  • SGAD Schweizerische Gesellschaft für Angst und Depression: Informationsplattform für alle Fragen (Prävention, Krankheitsbilder, Forschung etc.) rund um das Thema Angst und Depression: www.sgad.ch
  • Schweizerische Stiftung Pro Mente Sana: Beratung in sozialen, psychologischen und rechtlichen Fragen. 0848 143 144, www.depressionen.ch
  • Stress No Stress: Informationen und Massnahmen für Mitarbeiter und Unternehmen zum Thema Stress: www.stressnostress.ch

Es gibt auch Selbsttests, die einen ersten Schritt darstellen können, aber nie die ärztliche Abklärung ersetzen: www.zadz.ch/krankheiten/test; www.pdgr.ch/Selbsttest-Depression.1629.0.html.

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Ein Trost für Betroffene und ein wunderbarer Weg für Angehörige und Freunde ins Gespräch zum Thema Depression zu kommen, bietet das Buch „I had a black dog“ sowie „Living with a black dog“ von Matthew Johnstone; auch auf Deutsch erhältlich. Das Buch gibt es auch als Kurzvideo bei Youtube.

Verantwortung in der Beziehung

Übernehmen die Partner der erkrankten Menschen zu viel Verantwortung, tragen sie womöglich ungewollt zur Chronifizierung des Leidens bei. Bezugspersonen machen oft zu viel und erfinden mitunter sogar Ausreden für ihre Partner und Partnerinnen, damit diese etwa nicht zu Treffen mit Freunden oder bei der Arbeit erscheinen müssen. Ganz konkret bedeutet das, dass man die erkrankte Person in einem ersten Schritt abholt und Verständnis dafür zeigt, dass sie wenig Energie hat, sich schlecht fühlt und nicht aufstehen möchte. Im zweiten Schritt kann man der Partnerin oder dem Partner erklären, wie wichtig es ist, dass sie oder er aufsteht, weil die Depression sonst schlimmer wird.

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