Psychische Erkrankungen stehen häufig in Zusammenhang mit körperlichen Komorbiditäten oder einem inaktiven Lebensstil. Regelmässige körperliche Aktivität verbessert das psychische Wohlbefinden, kann der Entstehung psychischer Erkrankungen vorbeugen oder die Symptome bestehender psychischer Erkrankungen mindern. Der Förderung eines aktiven Lebensstils kommt daher bei der Behandlung psychischer Erkrankungen eine besondere Bedeutung zu. Positive Zusammenhänge können bei verschiedenen Erkrankungen wie Depression, Angststörungen und Schlafstörungen identifiziert werden.
Die physiologische Wirkung von Sport
Körperliche Aktivität kann der Entstehung psychischer Erkrankungen vorbeugen, sowie die Symptome bestehender psychischer Erkrankungen mindern. Dies lässt sich darauf zurückführen, dass körperliche Aktivität eine Reihe von physiologischen Prozessen nach sich zieht. Dazu gehören zum Beispiel neurophysiologische Veränderungen. Bei körperlicher Bewegung schüttet das Gehirn vermehrt Neurotransmitter aus, die mit psychischer Gesundheit in Verbindung gebracht werden. Zu diesen Neurotransmittern gehören Serotonin, Dopamin und Noradrenalin. Neurotransmitter regulieren die Kommunikation zwischen den Nervenzellen.
Serotonin
Die Ausschüttung von Serotonin hat einen Einfluss auf unser Gemüt. Es wirkt nicht als klassischer Stimmungsmacher, der euphorische Wirkungen entfaltet. Vielmehr ist es an der Erzeugung von Gefühlen wie Ausgeglichenheit, Wohlbefinden und Zufriedenheit beteiligt. Dem Serotonin wird eine beruhigende Wirkung, Stimulation von Gedächtnisleistung sowie ein ausgeglichener Schlaf zugeschrieben. Zudem ist Serotonin an der Peristaltik, der Darmbewegung, beteiligt. Serotonin hat vielseitige Auswirkungen auf unseren Körper. Dazu gehören der Appetit, Sexualtrieb, Antrieb, die Körpertemperatur, die Schmerzbewertung sowie der Schlaf-Wach-Rhythmus. Entsprechend hat ein Mangel vielseitige psychische wie auch körperliche Konsequenzen.
Zu den psychischen Symptomen eines Serotoninmangels gehören beispielsweise Depressivität, Ängste, eine erhöhte Aggressivität, grundlose Stimmungsschwankungen, Panikattacken, Essstörungen, Nervosität, Erschöpfung und Zwänge. Zu den körperlichen Symptomen eines Serotoninmangels gehören Kopf- und Muskelschmerzen, ein vermindertes Sättigungsgefühl, Konzentrationsstörungen, Schlafstörungen, das Reizdarmsyndrom, Bluthochdruck sowie Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Dopamin
Die Wirkung des Neurotransmitters Dopamin entfaltet sich in ähnlichen Bereichen wie Serotonin. Es hat einen Einfluss auf unser Wohlbefinden und wird mit Vorfreude, Motivation und Tatkraft in Verbindung gebracht. Dopamin ist Teil unseres inneren Belohnungssystems. Es wird ausgeschüttet, wenn wir Dinge tun, die uns glücklich machen. Dies motiviert uns, diese Dinge zu wiederholen und reguliert so unsere Aufmerksamkeitssteuerung und Zielsetzung. Im Gegensatz zu Serotonin bewirkt Dopamin eher eine langfristige Motivationssteigerung und Antriebsförderung. Ein Mangel an Dopamin kann zu Schlafproblemen, Freudlosigkeit, Motivationsmangel, Interessenmangel, Stimmungsschwankungen, Konzentrationsproblemen, Gewichtszunahme sowie andauernden Müdigkeitserscheinungen führen.
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Noradrenalin
Der Botenstoff Noradrenalin wirkt insbesondere auf das Herz und die Gefässe. Es ist an der Steigerung des Blutdrucks und der Herzfrequenz beteiligt. Psychisch bewirkt Noradrenalin eine erhöhte Aufmerksamkeit, Wachheit, Konzentrationsfähigkeit sowie Handlungsbereitschaft. Ein Mangel an Noradrenalin kann zu Konzentrationsschwierigkeiten und Antriebslosigkeit führen.
Brain-Derived Neurotrophic Factor (BDNF)
Die körperliche Betätigung führt zudem zu einer Erhöhung des brain-derived neurotrophic factor (BDNF), der bei depressiven Menschen verringert ist. Der BDNF ist ein Protein, das im peripheren und zentralen Nervensystem wirkt. Es schützt bestehende Neuronen und Synapsen. Des Weiteren stimuliert BDNF das Wachstum und die Weiterentwicklung neuer Nervenzellen, neuronaler Bahnen und Zellverbindungen. Der BDNF lässt sich vor allem im Vorderhirn, Hippocampus und der Grosshirnrinde finden. Diese Gehirnareale stehen in Verbindung mit abstraktem Denken, logischen Gedankengängen, organisatorischem Denken und der Gedächtnisleistung. Der BDNF hat einen signifikanten Einfluss auf die Funktion des Langzeitgedächnisses.
Sporttherapie als Teil der Behandlung
Psychische Erkrankungen und Krisen können die Leistungsfähigkeit, die körperliche Aktivität, die Gestaltung der sozialen Kontakte sowie das Erleben von Emotionen beeinträchtigen. Stimmung und Befindlichkeit drücken sich auch in der Haltung und Bewegung aus. Die Sporttherapie hilft, die körperlichen, psychischen oder sozialen Beeinträchtigungen zu lindern, die Leistungsfähigkeit zu verbessern und zu erhalten sowie das Selbstwertgefühl zu stärken. Körperliche Aktivität trägt dazu bei, Stress auf physischer und mentaler Ebene abzubauen. Die Sporttherapie eignet sich für Patientinnen und Patienten, die sich und ihren Körper kennenlernen, (wieder-) entdecken und spüren wollen und über das Mit-, Neben- und Gegeneinander Emotionen erleben möchten. Die Sporttherapie wird als Einzel- und Gruppentherapie angeboten und berücksichtigt die Leistungsfähigkeit, Interessen und sportspezifischen Kenntnisse und Ressourcen der Patientinnen und Patienten. Das breite Spektrum von Sport und Bewegung wird genutzt.
Psychische Erkrankungen und die Wirkung von Sport bei Erwachsenen
Sport wirkt positiv auf den Verlauf einer Vielzahl von psychischen Erkrankungen. Die Depression gehört zu den häufigsten psychischen Erkrankungen. Bei depressiven Störungen lässt sich eine positive Wirkung von Sport auf die Entstehung wie auch den Verlauf einer bestehenden Störung nachweisen. Regelmässige körperliche Aktivität kann das Risiko, an einer Depression zu erkranken, um bis zu 20% senken. Dieser Effekt lässt sich bereits bei leichter körperlicher Aktivität nachweisen, die Stärke des Effekts steigt jedoch mit der Intensität und Häufigkeit der körperlichen Bewegung. Bei einer leichten bis mittelgradigen depressiven Störung kann ein Ausdauertraining über drei Tage die Woche zu 40 bis 60 Minuten über 10 Wochen hinweg ähnlich wirksam wie eine Pharmako- oder Psychotherapie wirken. Eine Kombination der klassischen Behandlungsmethoden mit körperlicher Aktivität ist besonders empfehlenswert. Die körperliche Aktivität bringt weitere Vorteile mit sich. Die Betroffenen nehmen dadurch regelmässige Termine wahr, was einen geregelten Tagesablauf unterstützt. Zudem ist es eine Gelegenheit, das Haus zu verlassen und somit förderliche Gewohnheiten zu bilden.
Angststörungen gehören ebenfalls zu den häufigsten psychischen Erkrankungen. Die Effekte von Sport auf Angststörungen sind weniger klar belegt als die Effekte von Sport auf depressive Störungen. Dennoch lässt sich ein positiver Effekt von Sport in Kombination mit den herkömmlichen Behandlungsmethoden nachweisen. Diese Effekte können bei der sozialen Phobie, Agoraphobie, Panikstörung, generalisierten Angststörung und posttraumatischer Belastungsstörung nachgewiesen werden. Sport hilft dabei, sich von Sorgen und Ängsten abzulenken, da die Aktivität die Gedanken in Beschlag nimmt. Die körperliche Aktivität fördert den Selbstwert und die Selbstwirksamkeit. Bei Angsterkrankungen kann Sport im ersten Moment mit der Erkrankung selbst in Verbindung gebracht werden. Das Schwitzen, der schnelle Herzschlag und Atmung können sich sehr ähnlich anfühlen wie Angstzustände. Es kann anfänglich Überwindung kosten, um sich darauf einzulassen. Im Verlauf können jedoch korrektive Erfahrungen gemacht werden und das Gefühl von Kontrolle wird gestärkt.
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Suchterkrankungen vermindern die Lebensqualität und führen zu einer höheren Mortalität. Gesellschaftlich gesehen verursachen sie hohe Gesundheitskosten. Auch bei Suchterkrankungen gibt es erste Hinweise, dass körperliche Aktivität einen positiven Effekt auf den Verlauf der Erkrankung haben könnte. Der Körper schüttet beim Sport Dopamin aus, was den Betroffenen Glücksgefühle, die nicht in Zusammenhang mit der Sucht stehen, ermöglicht. Zudem kann die körperliche Aktivität den Spannungszuständen, die bei einem Entzug häufig auftreten, entgegenwirken. Wichtig zu beachten ist, dass Sport nicht als Flucht vor Gefühlen oder kritischen Situationen genutzt wird, sondern einen ausgewogenen Bestandteil der Tagesstruktur darstellt.
Die Schizophrenie ist eine psychische Erkrankung, die eine sehr starke Beeinträchtigung nach sich zieht. Sie tritt zumeist im jungen Alter erstmals auf und bleibt in der Regel über das ganze Leben hinweg bestehen. Die Versorgung von Betroffenen gestaltet sich herausfordernd, da es eine hohe Komorbidität mit kardiovaskulären und metabolischen Erkrankungen gibt. Dies kann zu einem Teil auf antipsychotische Medikamente zurückgeführt werden, die häufig metabolische Nebenwirkungen nach sich ziehen. Die körperliche Aktivität kann sowohl die Positiv- als auch Negativsymptome der Schizophrenie lindern, die kardiovaskulären und metabolischen Voraussetzungen verbessern, die Lebensqualität erhöhen und das kognitive Leistungsvermögen verbessern. Entsprechend ist die sportliche Aktivität ein sehr wichtiger Bestandteil der Behandlung einer Schizophrenie.
Sport hat nachweislich einen positiven Effekt auf die kognitive Leistung. In verschiedenen Studien konnten Effekte auf die Aufmerksamkeit, das Arbeitsgedächtnis sowie die exekutiven Funktionen und die globale Kognition gefunden werden. Diesen Befunden kommt auch im Zusammenhang mit der Entstehung kognitiver Störungen wie beispielsweise der Demenz eine besondere Bedeutung zu. Regelmässige sportliche Aktivität geht mit einem reduzierten Risiko an Demenz zu erkranken einher. Des Weiteren wird angenommen, dass Sport einen positiven Effekt auf bestehende Demenz-Erkrankungen hat. Zuletzt hat Sport einen positiven Effekt auf den Schlaf. Schlafstörungen erhöhen das Risiko, eine körperliche oder psychische Erkrankung zu entwickeln. Zudem sind Schlafstörungen ein Symptom diverser psychischer Erkrankungen. Bei Schlafstörungen ist es immer wichtig, mögliche Erkrankungen, die damit zusammenhängen, zu identifizieren. Regelmässige körperliche Aktivität verbessert die Einschlafzeit, Gesamtschlafzeit, Schlafeffizienz und die Schlafqualität.
Sportsucht: Wenn die Leidenschaft zur Obsession wird
Sportsucht, auch als "Exercise Addiction" oder "Sportabhängigkeit" bezeichnet, ist eine psychische Störung, bei der der Betroffene einen übermässigen und zwanghaften Drang zum Sporttreiben verspürt. Diese Sucht äussert sich in Form von übermässigem Training, Vernachlässigung anderer Lebensbereiche und einem zwanghaften Verhalten, das dem Sport Vorrang vor allem anderen gibt.
Es ist wichtig zu beachten, dass Sport an sich gesund und förderlich für die körperliche und psychische Gesundheit sein kann. Sportsucht tritt nur auf, wenn das Verlangen nach sportlicher Betätigung so übermässig wird, dass es das Leben der betroffenen Person negativ beeinflusst oder einschränkt.
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Anzeichen von Sportsucht
- Übermässiges Trainingsverhalten: Personen, die von Sportsucht betroffen sind, trainieren häufig über ihre physischen Grenzen hinaus, ignorieren Ermüdung und Verletzungen.
 - Vernachlässigung anderer Lebensbereiche: Das exzessive Training kann dazu führen, dass andere wichtige Lebensbereiche wie Familie, Freundschaften, Arbeit und soziale Aktivitäten vernachlässigt werden und sich der Betroffene häufig isoliert.
 - Negative Auswirkungen auf die Gesundheit: Sportsucht kann zu körperlichen und psychischen Gesundheitsproblemen führen, darunter Verletzungen, Erschöpfung, Schlafstörungen und Angstzustände.
 - Zwanghaftes Verhalten: Personen mit Sportsucht können ein zwanghaftes Bedürfnis verspüren, Sport zu treiben, selbst wenn es ungesund oder schädlich ist.
 
Ursachen und Risikofaktoren
Die Ursachen für Sportsucht können vielfältig sein und sind oft das Ergebnis einer Kombination verschiedener Faktoren. Einige der häufigsten Ursachen und Risikofaktoren sind:
- Persönlichkeit: Menschen mit bestimmten Persönlichkeitseigenschaften, wie Perfektionismus, Wettbewerbsfähigkeit und einem starken Verlangen nach Erfolg, neigen möglicherweise eher zur Entwicklung von Sportsucht.
 - Stressbewältigung: Sport kann als Bewältigungsmechanismus für Stress dienen. Personen, die unter chronischem Stress stehen, könnten dazu neigen, Sport als eine Möglichkeit zur Stressreduktion und Entspannung zu missbrauchen.
 - Körperbild und Selbstwertgefühl: Menschen, die ein negatives Körperbild haben oder ein niedriges Selbstwertgefühl empfinden, könnten Sport nutzen, um ihr Selbstwertgefühl zu steigern oder um körperliche Veränderungen zu erzwingen.
 - Soziale Einflüsse: Das soziale Umfeld kann eine Rolle spielen.
 
Konsequenzen der Sportsucht
Sportsucht kann eine Vielzahl von gesundheitlichen, sozialen und psychologischen Folgen mit sich bringen. Hier sind einige der möglichen Konsequenzen:
- Körperliche Gesundheitsprobleme: 
- Übertraining
 - Verletzungen
 - Hormonelle Störungen
 - Immunsystemschwäche
 - Erschöpfung und Müdigkeit
 
 - Psychische Gesundheitsprobleme: 
- Angst und Depression
 - Zwanghaftes Verhalten
 - Essstörungen
 
 - Soziale und berufliche Auswirkungen: 
- Vernachlässigung sozialer Beziehungen
 - Probleme am Arbeitsplatz
 
 - Körperbild und Selbstwertgefühl: 
- Paradoxe Auswirkungen
 
 
Bewältigung und Behandlung
Die Bewältigung und Behandlung von Sportsucht erfordert eine ganzheitliche Herangehensweise und sollte individuell auf die Bedürfnisse und Herausforderungen jeder betroffenen Person zugeschnitten sein. Hier sind einige Schritte und Ansätze zur Bewältigung einer Sportsucht:
- Einsicht und Akzeptanz
 - Professionelle Hilfe
 - Entwöhnung
 - Psychotherapie
 - Unterstützung und soziales Netzwerk
 - Ernährung und Essverhalten
 - Stressbewältigung und Entspannungstechniken
 - Langfristige Veränderungen
 
Sportsucht ist ein ernstes Problem, das das Leben der Betroffenen erheblich beeinflussen kann. Bei Anzeichen von Sportsucht insbesondere erkennbar durch einen grossen Leidensdruck, sollten Betroffene und deren Angehörige nicht zögern, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, um die Sucht zu bewältigen.
Umgang mit Zwangsstörungen
Bei den Zwangshandlungen - nicht zu verwechseln mit Ritualen - verspüren Betroffene einen starken inneren Druck, diese immer wieder auszuführen, obwohl sie wissen, wie sinnlos das ist. Die Ursachen sind vielfältig, können genetisch bedingt sein, psychisch oder organisch, manchmal lösen Stress oder sonstige Umgebungsfaktoren den Zwang aus. Manchmal führen die Zwangsstörungen zu Depressionen oder Angstzuständen. Manche Personen benötigen während diesem Prozess auch medikamentöse Unterstützung.
Wir zeigen Betroffenen auch Bewältigungsstrategien, wie sie im Alltag mit ihren Zwängen umgehen können. Manchmal ist eine vollständige Heilung nicht immer möglich. Doch nach einer Therapie leiden Betroffene nicht mehr so ausgeprägt an ihrer Krankheit.
Eine Zwangserkrankung liegt vor, wenn wiederkehrende Gedanken und Rituale aufgrund ihrer Ausprägung zu Einschränkungen im alltäglichen, beruflichen und sozialen Leben führen und der Betroffene darunter leidet. Ein weiteres Kriterium ist der Verlust der Flexibilität, auch anders handeln zu können. Die offiziellen diagnostischen Kriterien fordern, dass die Zwangssymptome schon mindestens zwei Wochen lang jeweils mehr als eine Stunde pro Tag vorkommen.
Zwangsstörungen fussen darauf, dass die Betroffenen gewisse automatisch auftretende Gedanken als katastrophal einstufen. So kann zum Beispiel der Gedanke, sich beim Berühren einer Türklinke verschmutzt zu haben, zum Zwangsgedanken werden. Um das Unbehagen, das durch die Zwangsgedanken entsteht, zu lindern, wiederholen Betroffene häufig bestimmte Verhaltensweisen oder Rituale wie übermässiges Händewaschen. Dies führt zu einer kurzfristigen Erleichterung, verstärkt jedoch langfristig den Zwang.
Seit Joël sich einer kognitiven Verhaltenstherapie unterzieht, haben sich seine Zwänge abgeschwächt. Bei dieser Therapieform muss er sich seinen Ängsten stellen, sich also Situationen aussetzen, die er ansonsten vermeidet, weil sie bei ihm Angst auslösen. So muss er unter Anleitung seiner Therapeutin einen Apfelkuchen zubereiten, ohne dass er immer wieder seine Hände und die Küchenutensilien wäscht. Dies ist für Joël eine grosse Herausforderung, denn er verspürt ständig den Drang seine Hände waschen zu müssen. Er befürchtet, dass er sonst die Äpfel beschmutzt, wenn er sie anfasst: «Dieses Unbehagen spüre ich auch körperlich, mein Magen zieht sich zusammen, das Herz schlägt schneller und ich beginne dann häufig zu schwitzen», erklärt er. In der Therapie lernt er nun, dass er diesen Zwangsgedanken nicht Folge leisten muss, dass er die Ängste aushalten und die Risiken wieder realistischer einschätzen kann.
Studien zeigen, dass sich durch eine kognitive Verhaltenstherapie die Zwänge bei bis zu 70 Prozent der Patienten abschwächen. Auch andere psychotherapeutische Massnahmen können helfen. Unterstützende Medikamente sind nur sinnvoll, wenn gleichzeitig eine Depression vorliegt oder zur Überbrückung der Wartezeit, bis ein Therapieplatz verfügbar ist.
Erklärungen von Dr. med. med.
Das Auftreten einer OCD lässt sich mit bio-psycho-sozialen Faktoren erklären: eine biologische Gefährdung, psychologische Faktoren und schwierige Ereignisse, die als Stressfaktoren wirken. Die OCD sind gekennzeichnet durch anhaltende unerwünschte und zwanghafte Gedanken. Dabei handelt es sich zum Beispiel um die Angst vor Schmutz oder Verunreinigung. Die betroffene Person kann sich auch davor fürchten, aggressiv zu werden, oder sie hat Zwangsvorstellungen in Bezug auf die Ordnung oder die Perfektion.
Zwangsstörungen können sich unterschiedlich auf das Alltagsleben und das Wohlbefinden einer Person auswirken.
Beeinträchtigung der Lebensqualität
Die OCD können die Lebensqualität einer Person erheblich beeinträchtigen. Soziale Isolation: Die OCD können zu einer sozialen Isolation führen. Die betroffenen Personen vermeiden soziale Situationen oder soziale Interaktionen, die zum zwanghaften Verhalten führen oder sich mit ihren Zwangsvorstellungen überlagern. Depression: Die OCD stehen oft in Zusammenhang mit affektiven Störungen wie Depressionen.
Arten von OCD
Die OCD zeigen sich bei den betroffenen Personen in unterschiedlicher Art und Weise.
- Kontrollzwang: Personen, die unter dieser Art von OCD leiden, haben das ständige Bedürfnis zu überprüfen, ob z.B. Türen verschlossen und elektrische Geräte ausgeschaltet sind.
 - Reinigungszwang: Personen, die unter dieser Art von OCD leiden, haben eine übermässige Angst vor Schmutz, Keimen oder Infektionen.
 - Zwangsstörung, die mit der Angst vor einem Unglück verbunden ist: Diese Personen verspüren das Bedürfnis, bestimmte Aufgaben in einer bestimmten Reihenfolge zu erledigen oder eine geistige Handlung auszuführen.
 - Zwangsgedanken in Zusammenhang mit der Angst, eine unerwünschte Tat zu begehen: Bei dieser Art von OCD besteht der Zwang aus aufdringlichen und unerwünschten Gedanken über Tabuthemen wie Gewalt oder Sexualität.
 
Therapieansätze
Es ist ausschlaggebend, die Vorzeichen der OCD rechtzeitig zu erkennen und möglichst bald eine Gesundheitsfachperson aufzusuchen. Wenn sich die zwanghaften Verhaltensweisen erheblich auf das Alltagslegen, die zwischenmenschlichen Beziehungen und die Arbeit auswirken, muss man sich helfen lassen. Mit der kognitiven Verhaltenstherapie (KVT) können OCD oft wirksam behandelt werden. Sie hilft den betroffenen Personen, ihre Zwangsstörungen zu erkennen, zu verstehen und mit ihnen umzugehen.
- Verhaltenstherapie: In dieser Methode wird das Expositionsverfahren mit Reaktionsprävention, ausgerichtet auf das Verhalten, angewendet. Die betroffenen Personen begeben sich schrittweise aktiv in die Situation, die ihnen Angst macht oder die sie vermeiden. Als Beispiel kann hier das Öffnen einer Tür ohne Händewaschen angeführt werden. So lernen diese Personen, dass sie die Situation aushalten können und die erwarteten, negativen Folgen nicht eintreten. Mit diesem Ansatz soll im Gehirn die Verbindung zur Zwangsstörung getrennt werden.
 - Kognitive Therapie: Dieser Ansatz befasst sich mit der Analyse der Zwangsgedanken. Die betroffene Person soll sich des exzessiven und irrationalen Charakters dieser Gedanken bewusst werden.
 
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