Zähneknirschen: Ursachen, Folgen und Behandlungsmöglichkeiten

Jeder Zweite macht im Laufe des Lebens zumindest vorübergehend Erfahrungen mit Zähneknirschen - vor allem, wenn das Leben gerade voller Stress und Herausforderungen ist. In diesem Artikel findest du alle wichtigen Informationen im Überblick: Was genau ist Zähneknirschen eigentlich? Woher kommt es?

Was ist Zähneknirschen (Bruxismus)?

Der lateinische Fachbegriff für Zähneknirschen lautet Bruxismus. In der Klassifikation nach ICD-10 fällt das Phänomen unter “Sonstige somatoforme Störungen” (F45.8) und “Sonstige Schlafstörungen” (G47.8). Beim Zähneknirschen pressen Betroffene die Zähne unbewusst aufeinander und reiben sie gegeneinander.

Dabei üben sie einen zehnmal so grossen Druck wie beim Kauen aus - bis zu 480 Kilogramm pro Quadratzentimeter und das bis zu 45 Minuten am Tag! Der Druck reibt auf die Dauer den Zahnschmelz ab und verursacht starke Zahnprobleme.

Arten von Bruxismus

  • Schlafbruxismus (nächtliches Zähneknirschen): Zu Zähneknirschen kommt es meistens nachts, wenn du schläfst.
  • Wachbruxismus (diurnaler Bruxismus): Zähneknirschen kann aber auch tagsüber auftreten - vor allem, wenn du unter grossem Stress stehst.
  • Zentrischer Bruxismus: Beim zentrischen Bruxismus pressen Betroffene ihre Zähne mit gewaltiger Kraft zusammen - allerdings ohne Reibung.

Zähneknirschen bei Babys und Kindern

Bei Babys und Kleinkindern ist Zähneknirschen nachts kein Grund zur Sorge. Tatsächlich gehört es zur natürlichen Entwicklung und hat den Zweck, das Gebiss zu formen. Das Zähneknirschen im Schlaf bei Kindern hilft den Milchzähnen dabei, ihren Platz im Mund zu finden und schleift die Kauflächen ab.

Es beginnt bei 50 Prozent der Babys bereits im zehnten Lebensmonat. Solange dein Kind Milchzähne hat, ist Zähneknirschen in der Nacht unbedenklich. Anders sieht es allerdings bei Schulkindern aus. Sobald die bleibenden Zähne durchgebrochen sind, sollte mit dem Zähneknirschen Schluss sein.

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Symptome und Folgen von Zähneknirschen

Da Zähneknirschen vollkommen unbewusst stattfindet, wissen Betroffene oft nicht, dass sie überhaupt betroffen sind. Der erste Hinweis kommt oft vom Partner, der in der Nacht von den Knirschgeräuschen geweckt wird.

Bei 20 bis 30 Prozent der Schlafbruxismus-Patient:innen tritt Zähneknirschen zusammen mit Schmerzen im Mund und Gesicht auf. Dann spricht man von Craniomandibulärer Dysfunktion (CMD). Das ist ein Sammelbegriff für diverse Fehlfunktionen des Kiefers, die einerseits zu Zähneknirschen führen, anderer seits bis in den Rücken ausstrahlen können und auch dort Schmerzen verursachen können.

Der Kiefer gilt als stärkstes Gelenk im menschlichen Körper und hat über Muskeln und Nerven eine Verbindung zu Rücken, Nacken und Ohren. Nicht immer ist CMD die Ursache für Schmerzen im Kiefer- und Gesichtsbereich.

Unbehandeltes Zähneknirschen verursacht nicht nur sehr unangenehme Verspannungen im gesamten Kopf-, Nacken- und Rückenbereich, sondern kann deine Zähne wirklich kaputt machen. Durch die Reibung mit grossem Druck schleifst du mehr und mehr Zahnschmelz ab. Es kommt zu Absplitterungen und auf die Dauer beschädigst du auch das Zahnbein.

Dabei greifst du Kronen und Veneers genauso an wie deine natürlichen Zähne. Im schlimmsten Fall brechen Zähne komplett durch. Zähneknirschen hat ausserdem schwerwiegende Folgen für das Zahnfleisch: Zahnfleischrückgang und Zahnfleischentzündungen treten häufig auf.

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Deine Zähne sind ausserdem deutlich anfälli ger für Karies, da die kleinen Risse im Zahnschmelz die ideale Brutstätte für Bakterien sind.

Ursachen von Zähneknirschen

Wie bei vielen Krankheiten gibt es nicht nur eine einzige Ursache für Zähneknirschen, sondern viele verschiedene mögliche Gründe.

  • Stress und psychische Belastung: Die Redewendungen “die Zähne zusammenbeissen” und “etwas zähneknirschend hinnehmen” kommen nicht von ungefähr. Es gibt einen direkten Zusammenhang zwischen Stress beziehungsweise psychischer Belastung und Zähneknirschen. Wissenschaftler:innen haben festgestellt, dass unser Gehirn während des Zähneknirschens Stress abbaut. Im Umkehrschluss gilt, dass das Zähneknirschen in der Regel aufhört, sobald die Stresssituation geklärt ist und du dich wieder in einem entspannten Normalzustand befindest. Jeder Zweite knirscht zumindest vorübergehend mal mit den Zähnen, wenn Beruf- oder Privatleben für Stress sorgen.
  • Zahnfehlstellungen: Durch Zahnfehlstellungen, schlecht sitzende oder zu grosse Implantate, Füllungen oder Kronen sowie Zähne, die schräg herauswachsen, kann es zu Störungen im Zusammenbiss von Ober- und Unterkiefer kommen. Das Zähneknirschen kann dann eine automatische Reaktion des Körpers sein, um diese Fehlstellung auszugleichen beziehungsweise den Fremdkörper zu entfernen.
  • Mangelnde Auslastung der Kaumuskulatur: Obwohl wir die Muskulatur im Kieferbereich tagtäglich nutzen - zum Beispiel zum Essen und Sprechen - ist sie oft nicht richtig ausgelastet. Wir öffnen den Mund selten sehr weit und kauen auch selten wirklich harte Nahrung. Der Grossteil unserer Nahrung besteht aus weich gekochten Speisen in mundgerechten Stücken. Wenn die Kaumuskulatur also ständig nur kleine Bewegungen machen muss, verkürzen sich die Muskeln und es kommt zu Verspannungen.
  • Falsche Körperhaltung: Genauso wie eine Fehlfunktion des Kiefers ein möglicher Grund für Rückenschmerzen ist, kann sich eine schlechte Körperhaltung auch auf den Kiefer auswirken. Die Wirbelsäule ist schliesslich über Nerven und Muskeln mit dem Kiefer verbunden.
  • Genussmittel: Nikotin, Koffein und Alkohol könnten ebenfalls Zähneknirschen verursachen.
  • Magnesiummangel: Manchmal bedeutet Zähneknirschen einfach, dass du einen Mangel an Magnesium hast. Wenn wir nicht genug Magnesium im Blut haben, sind unsere Muskeln allgemein angespannter und wir nei gen zu Krämpfen. Das gilt auch für die Kiefermuskulatur.
  • Nebenwirkung von Medikamenten: Zähneknirschen kann ebenfalls eine Nebenwirkung von bestimmten Medikamenten sein.
  • Sekundärer Bruxismus: Wenn Zähneknirschen als Begleiterscheinung von anderen Krankheiten auftritt, spricht man von sekundärem Bruxismus.

Diagnose und Behandlung von Zähneknirschen

Wenn du selbst feststellst, dass du tagsüber geistesabwesend die Zähne stark zusammenpresst, dein Partner dich über nächtliches Zähneknirschen informiert oder du mit Kieferschmerzen aufwachst, ist die erste Anlaufstelle dein Zahnarzt. Auch ein Kieferorthopäde kann dich bezüglich einer Zahnschiene beraten.

Wenn der Grund für dein Zähneknirschen eine Zahnfehlstellung oder unpassende oder zu grosse Krone ist, kann dein Zahnarzt diese abschleifen. Wenn du alle sechs Monate zur Kontrolluntersuchung gehst, kann dein Zahnarzt Beschädigungen an deinen Zähnen durch Zähneknirschen frühzeitig erkennen.

Wenn du frühzeitig erkennst, dass du mit den Zähnen knirschst, musst du dir keine grossen Sorgen um Folgeschäden machen. In der Regel kannst du deine Zähne gut vor weiteren Schäden schützen.

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Behandlungsmethoden

  • Zahnschiene: Auf die Frage “Was tun bei Zähneknirschen?” wird dir dein Zahnarzt vermutlich antworten: „Eine Schiene tragen!“ Das ist nämlich die Methode, die bei Zähneknirschen standardmässig zum Einsatz kommt. Um deine Zähne vor Abreibungen durch den grossen Druck beim Zähneknirschen zu schützen kannst du nachts eine Schiene aus Kunststoff tragen. Dein Zahnarzt oder Kieferorthopäde passt die Aufbissschiene individuell an. Wenn du sie in der Nacht trägst, können deine Zähne nicht direkt aufeinanderreiben. Wichtig zu wissen ist hier, dass die Schiene in erster Linie dem Schutz der Zähne dient. Das Zähneknirschen selbst wird davon nicht - oder nur vorübergehend - gestoppt. Es geht hier also um die Behandlung eines Symptoms und nicht der Ursache.
  • Entspannungsübungen und Physiotherapie: Wenn du im Internet nach Übungen gegen Zähneknirschen suchst, findest du jede Menge Videos zur Dehnung und Entspannung der Kaumuskulatur, bei denen du direkt mitmachen kannst. Nimm eine Faszienkugel und massiere in kreisenden und spiralförmigen Bewegungen den Unterkiefer. Solltest du keine Faszienkugel haben, kannst du den Unterkiefer auch mit der Hand massieren. Wenn du häufig tagsüber unbewusst die Zähne stark zusammenbeisst, kannst du diese lästige Angewohnheit loswerden, indem du dich selbst beobachtest und bewusst dagegensteuerst. Erinnere dich selbst regelmässig daran, zu überprüfen, ob du gerade die Zähne zusammenbeisst. Wenn du dich dabei ertappst, dass du wieder die Zähne zusammenbeisst, lockere den Kiefer bewusst und dehne deine Kiefermuskulatur wie in den Übungen oben beschrieben. Wenn du die Entspannungsübungen für deine Kiefermuskulatur nicht alleine zuhause durchführen möchtest, sondern lieber Unterstützung vom Profi hast, empfiehlt sich der Gang zum Physiotherapeuten. Deine Physiotherapeutin oder dein Physiotherapeut kann dir ebenfalls geeignete Übungen für zuhause zeigen und dabei auch andere Schmerzen wie Rückenschmerzen und Nackenschmerzen berücksichtigen.
  • Magnesium: Einige Zahnärzt:innen empfehlen bei Zähneknirschen die Einnahme von Magnesium. Wenn wir ausreichend Magnesium im Blut haben, sind unsere Muskeln weniger angespannt und es kommt seltener zu Muskelkrämpfen. Am besten nimmst du Magnesium abends ein. Das Zähneknirschen soll bei regelmässiger Einnahme von Magnesium innerhalb von drei bis vier Wochen deutlich zurückgehen.
  • Medikamente: Es gibt kein spezielles Medikament gegen Zähneknirschen. Allerdings ist eine der Hauptursachen für Zähneknirschen eine Verspannung der Kaumuskulatur. Da das Pressen und Knirschen der Zähne für weitere Verspannungen und schmerzhafte Muskelknötchen sorgen kann, können kurzfristig schmerzlindernde Medikamente oder Medikamente zur Muskelentspannung helfen. Die Verwendung dieser Medikamente lindert allerdings lediglich die Symptome und bekämpft die eigentliche Ursache nicht.
  • Botox: Der medizinische Wirkstoff Botulinumtoxin, besser bekannt als Botox, entspannt Muskeln und kommt deshalb auch oft bei Zähneknirschen zum Einsatz. Ein Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurg (MKG) injiziert den Wirkstoff mit einer Spritze direkt in den Kiefermuskel. Die Wirkung setzt ein paar Tage nach der Injektion ein und hält in der Regel etwa sechs Monate. Die Kosten einer Botoxbehandlung gegen Zähneknirschen liegen bei circa 300 bis 500 Euro. Private Krankenkassen übernehmen die Kosten oft.
  • Entspannungstechniken: Wenn du wissen willst, was du ohne Schiene gegen Zähneknirschen tun kannst, solltest du nicht nur deine Kaumuskulatur entspannen, sondern auch dich selbst. Neben Entspannungstechniken wie dem autogenen Training oder der progressiven Muskelentspannung nach Jakobsen gibt es eine Reihe von Gewohnheiten, die du einfach im Alltag umsetzen kannst, ohne eine besondere Technik erlernen zu müssen. Wenn du dir das Zähneknirschen im Schlaf abgewöhnen möchtest, können Entspannungs- und Achtsamkeitsübungen eine grosse Hilfe sein. Mach eine geführte Abendmeditation, um dich vor dem Schlafengehen zu entspannen. Dazu gibt es zahlreiche Videos im Internet.
  • Biofeedback-Therapie: Bei der Biofeedback-Therapie geht es in erster Linie darum, unbewusste Körperfunktionen - in diesem Fall das Zähneknirschen - bewusst zu machen. Betroffene tragen in dieser Therapieform nachts ein technisches Hilfsmittel an der Wange, das vibriert oder akustische Signale sendet, sobald das Zähneknirschen beginnt. So kann der Patient bewusst damit aufhören. Während es Berichte über erfolgreiche Anwendungen gibt, bei denen das Zähneknirschen gestoppt wurde, kann die ständige Unterbrechung des Schlafes auch zu noch mehr Stress führen.
  • Osteopathie: Viele Menschen probieren bei Zähneknirschen auch Osteopathie aus - insbesondere wenn es zusammen mit Rückenschmerzen, Halsschmerzen, Ohrenschmerzen oder Migräne auftaucht. Ähnlich wie die Physiotherapie untersucht auch die Osteopathie Zusammenhänge zwischen Kiefer und anderen Körperstellen. Der Unterschied ist, dass die Physiotherapie akute Symptome lindert, während die Osteopathie eine alternative, ganzheitliche Behandlungsmethode ist.
  • Homöopathie: Willst du das Zähneknirschen mit homöopathischen Mitteln besiegen? Dann solltest du am besten eine Heilpraktikerin oder einen Heilpraktiker zu Rate ziehen, um die richtigen Globuli mit passender Dosierung zu finden. Wichtig zu wissen ist allerdings, dass es keine wissenschaftlich nachweisbaren Wirkungen von homöopathischen Heilmethoden gibt.
  • Traditionelle Chinesische Medizin (TCM): In der traditionellen Chinesischen Medizin ist Zäh neknirschen ein Zeichen für innere Anspannung und kann auf eine Störung der Leberfunktion hinweisen, die sich schädlich auf die Zähne auswirkt.
  • Hypnose: Hypnose ist eine Behandlungsform, die die wahren Ursachen für das Zähneknirschen bekämpfen soll. Wenn die Patientin oder der Patient sich im tiefenentspannten Trancezustand befindet, kann der Hypnosetherapeut im Unterbewusstsein nach dem zugrundeliegenden Problem suchen und Blockaden auflösen. So sollen negative Gefühle und Denkmuster durch positive ersetzt werden. Du kannst Hypnose auch in Form der Selbsthypnose zur Muskelentspannung einsetzen.

Tipps zur Vorbeugung von Zähneknirschen

  1. Da Zähneknirschen und Stress in direktem Zusammenhang stehen, solltest du darauf achten, dass sich Stress erst gar nicht anstaut. Achtsamkeits- und Entspannungsübungen vor dem Schlafengehen eignen sich gut zum aktiven Stressabbau. Aber auch Aktivitäten, die Glückshormone freisetzen, sind bestens geeignet.
  2. Um eine Verkürzung der Kaumuskulatur zu vermeiden, die letztendlich zu Zähneknirschen führen kann, solltest du ab und zu den Mund richtig weit aufmachen und auch harte Speisen kauen. Gönn dir öfter mal einen knackigen Apfel oder Nüsse, die vom Kiefer zermahlen werden müssen.
  3. Stellst du manchmal überrascht fest, dass du deine Zähne stark zusammenpresst, wenn du hochkonzentriert oder angespannt bist?
  4. Laut der deutschen Verbraucherzentrale reichen zwei Portionen Obst, drei Portionen Gemüse und Vollkornprodukte aus, um die Magnesiumzufuhr zu sichern. Auch eine Handvoll Sonnenblumenkerne oder Nüsse sind bestens geeignet, um den Magnesiumhaushalt aufzustocken.
  5. Wenn du dich mit grosser Sorgfalt um deine Zähne kümmerst, wird dir schnell auffallen, wenn etwas nicht stimmt und sich die Kauflächen beispielsweise abgeschliffen anfühlen oder du raue Stellen durch Absplitterungen im Zahnschmelz spürst. Auch die Kontrolluntersuchung alle sechs Monate beim Zahnarzt ist wichtig.

Wusstest du, dass die falsche Zahnbürste und Putztechnik dein Zahnfleisch beschädigen kann? Starkes Schrubben und harte Zahnbürsten schieben das Zahnfleisch weg und legen die Zahnhälse frei. Wenn die Zahnhälse einmal offen liegen, wächst das Zahnfleisch nicht wieder nach. Besser ist es, mit einer weichen Zahnbürste und sanfter Technik wirklich gründlich zu reinigen.

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