Psychosoziale Faktoren und ihre Rolle bei Depressionen

Eine Depression entsteht zumeist aus dem Zusammenwirken von verschiedenen Faktoren. Wie wichtig die einzelnen Faktoren bei der Entstehung einer Depression sind, ist individuell unterschiedlich.

Ursachen einer Depression

Die Ursachen für eine Depression sind vielschichtig und resultieren oft aus einer Kombination von psychosozialen, genetischen und biologischen Faktoren. Die Entstehung resultiert überwiegend aus dem Zusammenwirken der unterschiedlichen Faktoren. Oft sind es belastende Ereignisse, die zu einem Trauma führen können.

Das Vulnerabilitäts-Stress-Modell

Als grundlegendes Paradigma wird in der klinischen Psychologie das Vulnerabilitäts-Stress-Modell verwendet. Die Vulnerabilität beschreibt dabei die individuelle Anfälligkeit eines Menschen, an einer psychischen Störung zu erkranken. Diese kann unter anderem genetisch aber auch durch Lernerfahrungen wie zum Beispiel kindliche Traumata oder emotionale Vernachlässigung bedingt sein. Bei erhöhter Vulnerabilität reichen bereits geringere aktuelle oder chronische Belastungen aus, um einen Krankheitsausbruch zu bewirken, während bei geringer Vulnerabilität die Belastungen dementsprechend grösser sein müssen. Diese Schwelle zum Krankheitsausbruch wird durch unterschiedliche Risiko- und Schutzfaktoren (zum Beispiel die soziale Unterstützung aus dem Umfeld) beeinflusst.

Im Folgenden werden sowohl psychosoziale als auch biologische Aspekte betrachtet, welche eine zentrale Rolle bei der Entstehung einer Depression spielen können. Die beiden Aspekte schliessen sich dabei nicht aus, sondern ergänzen sich im Sinne des Vulnerabilitäts-Stress-Modells. Eine Depression ist somit nicht entweder psychosozial oder biologisch bedingt, sondern ein beidseitiges Zusammenwirken.

Psychosoziale Aspekte

Verschiedene psychosoziale Aspekte können eine Depression hervorrufen. Tiefgreifende Lebensereignisse im Zusammenhang mit einem Verlust oder Rollenwechsel können das Risiko einer Depression erhöhen. Dazu gehören beispielsweise die Pensionierung oder eine Geburt und damit die Verpflichtung als Eltern. Auch anhaltende Stressbelastungen, wie beispielsweise Mobbing am Arbeitsplatz, Langzeitarbeitslosigkeit oder Konflikte in der Familie begünstigen eine Depression.

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Erlernte Hilflosigkeit

Das Konzept der erlernten Hilflosigkeit wurde vom amerikanischen Psychologen Martin Seligman eingeführt und mit Tierversuchen vorwiegend an Hunden untersucht. Für Seligman sind Ursachenzuschreibungen von entscheidender Bedeutung. Wenn Ursachen für ein negatives Ereignis wie folgt eingeschätzt werden, kann das depressionsauslösend wirken:

  • intern (das Problem liegt bei sich persönlich)
  • global (das Problem ist allgegenwärtig)
  • stabil (das Problem ist unveränderlich)

So kann sich die Überzeugung entwickeln, dass man nicht fähig ist, die eigene Lebenssituation zu verändern und für den Zustand selbst verantwortlich ist. Es resultiert ein Gefühl der Hilflosigkeit.

Kognitive Schemata

Kognitive Muster als Ursache von negativen Lebenserfahrungen zeigen, wie Belastungen von Menschen verarbeitet werden. Ähnlich wie bei der erlernten Hilflosigkeit sind auch bei kognitiven Schemata negative Lebenserfahrungen für eine Depression ursächlich. Kognitive Schemata sind Muster, wie Informationen von Personen verarbeitet werden. Dabei verwenden Betroffene einer Depression insbesondere dysfunktionale Muster. Personen mit einer Depression verwenden dabei vor allem dysfunktionale Schemata, welche die wahrgenommene Realität zu sich selbst, der Welt und der Zukunft negativ verzerren.

Wird die Ursache bei einem negativen Ereignis als persönliches, allgegenwärtiges oder unveränderliches Problem eingeschätzt, kann möglicherweise eine Depression ausgelöst werden. Daraus kann die Überzeugung zur Unfähigkeit entstehen, die persönliche Lebenssituation zu verändern.

Biologische Aspekte

Genetische Veranlagung

Depression wird nicht direkt vererbt. Bestimmte genetische Merkmale können jedoch das Risiko für die Erkrankung erhöhen. Eine Depression ist zwar nicht direkt vererbbar, jedoch können bestimmte genetische Merkmale das Risiko für eine Erkrankung erhöhen. Ein Beispiel dafür ist das FKBP5-Gen, welches die Kontrolle über das Stresshormonsystem blockiert und so zu einer überschießenden Stressantwort führen kann.

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Stoffwechsel- und Funktionsstörungen im Gehirn

Bestimmte Neurotransmitter (Botenstoffe), welche im Körper für die Kommunikation der Zellen und das Zusammenspiel wichtig sind, können ebenfalls beteiligt sein. Ebenfalls beteiligt sind bestimmte Botenstoffe (Neurotransmitter), welche für das Zusammenspiel und Kommunikation der Zellen im Körper wichtig sind. Bei einer Depression sind Botenstoffe wie zum Beispiel Serotonin und Noradrenalin, welche die Stimmung positiv beeinflussen, im Ungleichgewicht.

Diese Erkenntnis erklärt die Wirkung von Antidepressiva, welche verschiedene Botenstoffe modulieren und die Symptome mindern können. Diese Erkenntnis gilt als Erklärungsmodell für die Wirkung der Medikamentengruppe der Antidepressiva. Antidepressiva erhöhen diverse Botenstoffe und können Symptome einer Depression mindern. Jedoch sprechen nicht alle Betroffenen auf Antidepressiva an, was für individuelle Ausprägungen des Ungleichgewichts im Neurotransmittersystem spricht.

Hormone und Schwangerschaft

Eine mögliche Ursache, dass Frauen häufiger von einer Depression betroffen sind als Männer, ist der Hormonhaushalt. Frauen sind zweimal so häufig von einer Depression betroffen wie Männer. Beispielsweise kann eine Frau nach der Geburt unter einer postpartalen Depression leiden. Nach der Geburt eines Kindes sind ungefähr 10 bis 15 Prozent der Frauen von einer postpartalen Depression betroffen. Diverse Hormone wie zum Beispiel Progesteron, Östrogen und Schilddrüsenhormone sind dabei im Ungleichgewicht.

Medikamente und Drogen

Die Einnahme oder das Absetzen von Medikamenten kann depressive Störungen auslösen. Deshalb erheben Fachpersonen eine ausführliche Krankheitsgeschichte, um eine durch Medikamente verursachte Depression ein- oder auszuschließen. Ebenfalls können depressive Störungen durch die Einnahme oder das Absetzen (sog. Absetzerscheinungen) von diversen Medikamenten verursacht werden.

Jahreszeit

Die Veränderung der Jahreszeit kann ein Faktor für eine Depression sein. Wie bereits beschrieben, kann die Jahreszeit ein Faktor für eine Depression sein. Betroffene reagieren auf jahreszeitliche Veränderungen, was zu einer jahreszeitlichen Schwankung des Vitamin B durch Sonnenlicht führt. Frauen leiden viermal häufiger an einer Winterdepression.

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Formen der Depression

Unabhängig von der Lebenssituation, Lebens- und Familiengeschichte sowie körperlichen Ursachen tritt die Depression in unterschiedlichen Formen, Ausprägungen und Beschwerdedauer auf. Bei der leichten Form einer Depression leiden die Betroffenen an mindestens zwei oder drei Kern- sowie ein bis drei Zusatzsymptomen. Bei der mittelgradigen Depression kommen vier oder mehr Zusatzsymptome vor. Bei dieser Form haben Betroffene eine chronische Depression über einen Zeitraum von mindestens zwei Jahren. Vieles wird als anstrengend empfunden, Traurigkeit und Niedergeschlagenheit dominieren die Grundstimmung. Die Betroffenen sind trotzdem oft in der Lage, den Alltag zu bewältigen. Darauf folgen mehr oder weniger ausgeprägte Depressionen mit Antriebslosigkeit, gedrückter Stimmung und Traurigkeit. Da sie von der Jahreszeit abhängig ist, zählt die Winterdepression zu den wiederkehrenden Depressionen.

Anpassungsstörungen

Einschneidende Lebensveränderungen oder belastende Lebensereignisse lösen bei den meisten Menschen Stresserleben aus. Darüber hinaus können ein Gefühl der Bedrängnis und emotionale Beeinträchtigungen auftreten, welche die sozialen Funktionen und die Leistungsfähigkeit beeinträchtigen und dadurch die Anpassung an schwierige Lebenssituationen behindern. Wenn Sie nach einem belastenden Ereignis Trauer, Hilflosigkeit oder andere negative Gefühle empfinden, ist das eine ganz normale Reaktion. Wenn solche Gefühle aber so stark überhandnehmen, dass Sie Ihnen Ihre Handlungsfreiheit rauben, handelt es sich möglicherweise um eine Anpassungsstörung. Der Übergang zwischen normaler Reaktion und Erkrankung ist fliessend und definiert sich über den persönlichen Leidensdruck und die Beeinträchtigung der Funktions- und Leistungsfähigkeit. Anpassungsstörungen zählen zu den häufigsten psychiatrischen Erkrankungen. Bei bis zu 30% aller Patienten, welche sich in psychiatrische Behandlung begeben, wird diese Diagnose gestellt. Genaue Daten zur Häufigkeit von Anpassungsstörungen in der Bevölkerung gibt es allerdings nicht.

Anpassungsstörungen sind immer Reaktionen auf eine konkrete Belastung. Kritische Lebenssituationen erfordern von jeder betroffenen Person Anpassungsleistungen. Ob während diesem Bewältigungsprozess relevante psychische Beschwerden auftreten, hängt nach heutigem Wissensstand von verschiedenen Faktoren ab. Letztlich geht es dabei um die Balance zwischen individuellen Belastungs- und Schutzfaktoren: Überwiegen erstere zulasten der letzteren, steigt das Erkrankungsrisiko.

Auslöser für Anpassungsstörungen sind vielfältig. Nicht immer handelt es sich dabei um akute, heftige Stressoren, oft führen auch weniger schwere, jedoch langanhaltende Belastungssituationen zu Erschöpfung und Leidensdruck. Ob ein Ereignis zur Belastung wird, hängt stark von der subjektiven Bewertung ab. So kann etwa eine Pensionierung für die eine Person eine Belastung und für die andere eine Entlastung darstellen. Wenn Sie unter einer Anpassungsstörung leiden, ist Ihnen also meist bewusst, was Sie belastet. Die Gedanken an das auslösende Ereignis lassen Sie nicht mehr los. Immer mehr Raum nehmen Gefühle ein, die mit Ängsten, Sorgen und Hilflosigkeit zu tun haben können. In jedem Fall sind es belastende Gefühle, die Ihnen Ihre Unbeschwertheit nehmen. Diese Beschwerden können einzeln, in Kombination und in unterschiedlichen Schweregraden auftreten. Die Symptome sind nicht spezifisch, das heisst, sie finden sich auch bei anderen psychischen Krankheitsbildern.

Wenn bei Ihnen der Verdacht auf eine Anpassungsstörung besteht, werden wir Sie zunächst nach Ihrer Vorgeschichte, insbesondere nach Belastungsfaktoren, und nach Ihren Beschwerden fragen. Um andere psychische Erkrankungen ausschliessen zu können, werden wir Sie auch nach Symptomen fragen, die bei Ihnen nicht auftreten. Gelegentlich ergänzen wir unsere Diagnostik mit standardisierten Fragebogen.

Anpassungsstörungen haben bei früher Diagnosestellung in der Regel eine gute Prognose und können vollständig abklingen.

Wichtig: Vorübergehender Lebensüberdruss oder auch Suizidgedanken sind bei Anpassungsstörungen nicht selten. Falls Sie unter Suizidgedanken leiden sollten, verschweigen Sie diese bitte keinesfalls. Nur so können wir gemeinsam mit Ihnen herausfinden, wie Sie mit dieser schwierigen Situation bestmöglich umgehen können und welche Form von Hilfe zum jeweiligen Zeitpunkt am sinnvollsten ist.

Behandlung von Depressionen

Diese Ziele ergeben den Behandlungsablauf in den drei Phasen Akutbehandlung, Erhaltungstherapie und Prävention von Rückfällen. Die Kombination von hochstehender Medizin, professionellen Behandlungen und kompetenter Betreuung ist zentral bei der Behandlung bei uns.

Bei einer Depression Hilfe und Unterstützung von Spezialisten einer Klinik in Anspruch zu nehmen ist heute selbstverständlich und sinnvoll. Die Zürcher RehaZentren verfügen in den verschiedenen medizinischen Fachbereichen über spezialisierte Teams mit langjähriger Erfahrung. Der Aufenthalt ermöglicht neben der medizinischen Behandlung die Teilnahme an bewährten Therapieformen wie Atem-, Gestaltungs- und Kunsttherapie. Bei Bedarf stehen eine Ernährungs- und Sozialberatung sowie eine Seelsorge zur Verfügung. Mit dem individuellen Behandlungsplan werden Betroffene durch qualifiziertes und erfahrenes Fachpersonal begleitet. Mit der Verarbeitung von Emotionen, Schuldgefühlen und Sorgen durch die psychoonkologische Beratung gelingt ein positiver Blick in die Zukunft.

Die Zürcher RehaZentren setzen neben der medizinischen Behandlung unter anderem auf Gesprächs- und Entspannungstherapien.

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