Die Psychoanalyse ist eine eigenständige Disziplin der Humanwissenschaften, die von dem Nervenarzt Sigmund Freud Ende des 19. Jahrhunderts in Wien begründet und seitdem ständig weiterentwickelt wurde. Als Tiefenpsychologie interessiert sich die Psychoanalyse für das individuelle, immer auch gesellschaftlich geprägte Unbewusste im Menschen.
Die Psychoanalyse fragt nach dem «Warum» und dem «Wozu» menschlichen Erlebens und Verhaltens. Dabei bleibt sie nicht, wie ihr bisweilen kritisch unterstellt wird, bei der Aufarbeitung der vor allem kindlichen unbewältigten Erlebnisse stehen. Sie untersucht ebenso deren bedeutsame Bezüge in den gesamten lebensgeschichtlichen und auch aktuellen Erfahrungen und ihre Auswirkungen auf die Zukunftsgestaltung.
Insofern ist die Psychoanalyse eine Form der unaufhörlichen Wahrheitssuche, wie Freud es formulierte. Heute sprechen wir eher von einem fortwährenden Bemühen um Erkenntnis und einem nicht endenden Fragen nach dem Sinngehalt von Erleben und Verhalten. Indem sie sich bemüht, individuelle und kollektive Selbsttäuschungen, Täuschungen, Illusionen und Wahrnehmungsverzerrungen aufzudecken, hilft sie den Menschen, Berührung mit ihren Tiefen und Untiefen zu finden.
Sie ist in diesem Sinne auch ruhestörend und unbequem. Sie muss deshalb immer mit Widerständen und Ablehnung rechnen. Die psychoanalytische Untersuchung besteht in einer besonderen Form der Begegnung zwischen Menschen. Sie ist in erster Linie ein Gespräch, allerdings eines mit bestimmten Spielregeln, das sich von der gewöhnlichen Kommunikation unterscheidet.
Die psychoanalytische Grundregel
Durch die psychoanalytische Grundregel wird der Analysand angeregt, alles, was er spürt, was er fühlt und was ihm einfällt - sei es ihm auch unangenehm, peinlich oder erscheine es ihm unangemessen und unwichtig - möglichst unausgewählt und unzensiert zu Äußern. Der Psychoanalytiker versucht, diesen freien Assoziationen mit gleichschwebender Aufmerksamkeit zu begegnen; das bedeutet, daß nichts a priori bevorzugt, gewichtet oder bewertet wird.
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Indem sich der Analytiker so in eine Befindlichkeit größtmöglicher Offenheit seines Fühlens, Denkens und Wissens begibt, bemüht er sich, der unbewussten Aktivität des Analysanden und seiner selbst möglichst freien Raum zu eröffnen. Die Freiheit der Einfälle des Analysanden ist allerdings begrenzt durch die Spannung zwischen vielen Faktoren.
So sehr sich ein Analytiker auch bemühen mag, seinem Analysanden mit aufmerksamer Zurückhaltung (Abstinenz) zu begegnen, so unvermeidlich ist es, daß er zum Beispiel durch sein Alter, sein Geschlecht, die Einrichtung seiner Praxis, seine Art zu sprechen und vieles andere mehr seinen Analysanden beeinflußt. Umgekehrt löst jeder Analysand eine Fülle innerer Bewegungen im Analytiker aus.
Übertragung und Widerstand
Übertragung ist eine in allen Beziehungen - also auch in allen psychotherapeutischen Beziehungen jeder Therapierichtung - wirksame Erscheinung. Man versteht darunter, daß eine aktuelle Erfahrungssituation unbewußt nach dem Muster einer früheren interpretiert wird. Im pathologischen Fall heißt das, daß ein Patient die Gegenwart entsprechend seiner Vergangenheit mißversteht (Greenson), an die er fixiert ist.
Der Analytiker nimmt als Übertragungsleinwand in den Phantasien des Analysanden bestimmte Rollen früherer Beziehungspersonen ein oder repräsentiert Selbst-Anteile des Analysanden. Der spezifischen Beziehung zwischen Analytiker und Analysand wurde im Lauf der Entwicklung der Psychoanalyse immer mehr Bedeutung zuerkannt.
In der therapeutischen Praxis kommt das darin zum Ausdruck, daß die Beziehung zwischen beiden als mögliche Ausdrucksgestalt der unbewußten Beziehungskonflikte und -konstellationen des Patienten Berücksichtigung findet. Als Widerstand werden all die unbewußten Kräfte und Abwehrmechanismen bezeichnet, die sich dem Bewußtwerden des Verdrängten entgegenstellen.
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Die im eben dargestellten Sinne «freien» Einfälle des Patienten erweisen sich nicht als zufällig, sondern zeigen die «determinierende Ordnung» des Unbewußten auf. «Determinismus» bedeutet in psychoanalytischer Sichtweise, daß «alles seinen Sinn hat» und die psychische Gegenwart von der individuellen und kollektiven Erfahrungsvergangenheit mitgeprägt wird.
Dementsprechend besteht die Aufgabe der Psychoanalyse darin, im «Kampf um die Erinnerung» (Alexander Mitscherlich) gegen unbewußte Widerstände die unbewußten lebensgeschichtlichen Sinn- und Bedeutungszusammenhänge im aktuellen Erleben und Verhalten erkennbar zu machen, zu rekonstruieren und zu deuten. Neben einer langjährigen theoretischen und praktischen Weiterbildung hat er vor allem eine mehrjährige persönliche Lehranalyse absolviert, um sich auf diese Aufgabe vorzubereiten.
In den Träumen, Fehlleistungen, Symptomen und anderen seelischen Produktionen der Menschen und in den Einfällen des Analysanden begegnen dem Analytiker die unbewußten Inhalte vorwiegend in verzerrter,verschobener und verdichteter Form, in symbolischer Darstellung. Sie bedürfen also einer Interpretation.
Schließlich macht sich die Psychoanalyse seit ihren Anfängen als Wissenschaft fortlaufend selbst zum Gegenstand ihrer Analyse (beispielsweise in der Theoriebildung oder bezüglich behandlungstechnischer Weiterentwicklungen). Dazu setzt sie neben ihrem eigenen Untersuchungsinstrument auch andere, zum Beispiel empirische Methoden ein, ohne sich allerdings dem wissenschaftlichen Zeitgeist der Quantifizierbarkeit völlig zu unterwerfen.
Die psychoanalytische Theorie
Die psychoanalytische Theorie ist ein komplexes System von Hypothesen über die Funktionsweisen und die Entwicklung der Seele. Dabei geht es zwar stets um den Einzelnen, jedoch immer in seinem sozialen Kontext. Da sich unbewußte Inhalte wie auch andere seelische Phänomene in der Regel nicht direkt beobachten lassen, sind Modellvorstellungen und hypothetische Konstrukte unumgängliche Voraussetzungen und Hilfsinstrumente für das Erfassen seelischer Wirklichkeiten.
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Durch ständige Wechselwirkungen mit klinischen Erfahrungen und unter Einbeziehung der Forschungsergebnisse von Nachbardisziplinen (zum Beispiel: Bindungstheorie, Familientherapie, Hirnforschung, Konstruktivismus, Neurobiologie, Säuglingsforschung) entwickeln sich die Denkmodelle der Psychoanalyse ununterbrochen weiter. Gesamtheit der theoretischen Vorstellungen kein in sich geschlossenes System.
Zudem wird das Menschenbild und die «Weltanschauung» der Psychoanalyse nocheinmal durch die individuellen anthropologischen Grundannahmen jedes einzelnen Psychoanalytikers modifiziert. Deswegen ist es eigentlich auch unmöglich, von «der Psychoanalyse» zu sprechen. Der amerikanische Psychoanalytiker Pine hat kürzlich «vier Psychologien der Psychoanalyse» unterschieden: die Trieb- Psychologie, die Ich-Psychologie, die Selbst-Psychologie und die Objektbeziehungs-Psychologie.
In einem ersten räumlichen, «topischen» Vorstellungsmodell unterschied Freud zwischen Bewußtem, Vorbewußtem und Unbewußtem. Während das Vorbewußte (das Unbemerkte, das Automatische und das latent Bewußte) relativ leicht dem Bewußtsein zugänglich werden kann, setzt das eigentliche oder dynamisch Unbewußte dem Bewußtwerden Widerstand entgegen.
Die Funktionsweisen des Unbewußten werden als primärprozeßhaft bezeichnet. Damit ist gemeint, daß die gewöhnlich gültigen Orientierungen in Raum und Zeit entfallen, Widersprüche unvermittelt nebeneinander existieren können, Teile für das Ganze stehen können, Verschiebungen vorkommen oder Komplexe verdichtet werden können. Jede rationale Logik ist ausgeschaltet. Träume werden zum Beispiel mittels solcher primärprozeßhafter Denkvorgänge gestaltet.
Das dynamische oder ökonomische Modell erfaßt, daß im Seelenleben Kräfte und Antriebe am Werk sind (Bedürfnisse, Wünsche, Affekte, Empfindungen, Energien, Impulse), die bestimmten Gesetzmäßigkeiten unterliegen. Es betont vor allem die Prägung des Erlebens und Verhaltens durch Triebe oder Motivationssysteme (zum Beispiel Sexualität, Aggression, Narzißmus).
Freud stellte das Lustprinzip (Streben nach Lust und Vermeiden von Unlust) dem Realitätsprinzip (Fähigkeit zum Aufschub von Befriedigung und Verzicht) gegenüber. Im Struktur- oder Instanzenmodell werden drei seelische Bereiche voneinander abgegrenzt und in ihrer dynamischen Interaktion untersucht: das Ich, das Es und das Über-Ich (mit dem Ich-Ideal).
Das Es, Ich und Über-Ich
Im Es werden neben angeborenen Anteilen insbesondere die Triebe, Bedürfnisse und Grundaffekte und das aus dem Bewußtsein Verdrängte lokalisiert. Das Über-Ich umfaßt vor allem die während der Entwicklung verinnerlichten moralischen Forderungen, Vorschriften und Verbote der Mitwelt, während im Ich-Ideal die Gebote, Ideal- und Wertvorstellungen angesiedelt werden. Das Über-Ich hat unter anderem die Funktionen des Gewissens und der Selbstbeobachtung (Freud), wirkt ich-unterstützend und haltgebend, aber auch als Richter, Kritiker und Zensor.
Unter genetischer Betrachtung (als Entwicklungspsychologie) untersucht die Psychoanalyse, wie in den verschiedenen Entwicklungsabschnitten (zum Beispiel vorgeburtliche Zeit, Geburt, Säuglingszeit, Frühkindheit, Kindheit, Latenzzeit, Pubertät, Adoleszenz, Erwachsenenalter, Alter) in den Selbst- und Objektbeziehungen phasenspezifische psychosoziale Entwicklungsherausforderungen und Krisen durchlebt werden.
Sie führen je nach ihrem geglückten oder mißglückten Verlauf, ihren gelingenden oder mißlingenden Lösungsversuchen und Lösungen zu bestimmten Identitätsdimensionen (Erikson), zur Ich-Reife oder zu seelischen Erkrankungen. Entwicklung ist für die Psychoanalyse seit Freud immer lebensgeschichtliche Einigung zwischen «innerer» (biologischer) und «äußerer» (gesellschaftlicher und kultureller) Natur im Sinne einer Ergänzungsreihe.
Liegt das Schwergewicht auf der Untersuchung des intersubjektiven Geschehens zwischen dem Selbst und seinen Objekten (darunter versteht die Psychoanalyse die bedeutsamen Gegenüber des Subjekts) im Rahmen von Entwicklung, Psychodynamik oder seelischer Erkrankung und Behandlung, werden die Objektbeziehungs-Psychologie oder die interpersonelle Psychoanalyse bedeutungsvoll.
Sie wurzeln in der Grundannahme, daß das psychische Leben wesentlich auf der Verinnerlichung von Erfahrungen und Szenen beruht, die das Subjekt von Beginn an in Verbindung mit seinen bedeutsamen Objekten macht. Soweit sich die psychoanalytische Perspektive mehr auf die Entwicklung des eigenen Selbst konzentriert, bekommen die Theorie des Narzißmus oder die Selbst-Psychologie grundlegende Wichtigkeit.
Die Selbst- Psychologie räumt dem Narzißmus eine eigene bedeutsame Entwicklungslinie ein. Als reifere Ausdrucksformen des gesunden Narzißmus gelten zum Beispiel Wissen, Humor und Kreativität. Sowohl in der Selbst-Psychologie als auch in der Objektbeziehungs- Psychologie sind die emotionale Einfühlung in den Patienten und die personale Resonanz des Psychotherapeuten, das «Prinzip Antwort» (Heigl- Evers u. Heigl), besonders wichtig für die Behandlungstechnik.
Seelische Gesundheit und Krankheit
Vorstellungen über seelisches Kranksein stehen immer in einem Bezug zu den Annahmen über seelische Gesundheit. Die Psychoanalyse sieht den lebendigen und gesunden Menschen als ein Wesen im Widerspruch an, von Geburt an ständig mit dem Bewältigen und Meistern von Entwicklungsherausforderungen und Konflikten befaßt.
Er sucht nach Antworten auf seine Fragen und Lösungen für seine Zweifel, ist aber auch in der Lage, zu ertragen, daß manche Fragestellungen offen bleiben müssen, bestimmte Widersprüche nicht auflösbar sind und Paradoxien zum Lebendigsein gehören, ohne darüber in Gleichgültigkeit, Fatalismus oder Zynismus zu verfallen. Erst «am Ende aller Fragen» stellt er sich auf eine Seite und ist somit einigermaßen gefeit dagegen, eine Lösung seiner inneren Spannungen darin zu suchen, Einseitigkeiten auf andere zu projizieren und an ihnen zu bekämpfen.
Aufgrund seiner Fähigkeit, mit Toleranz auch Ambivalenzen auszuhalten, ist er zudem in der Lage, beherzt gewisse Risiken einzugehen, und er wird fähig zu Kompromissen. Seelische Krankheiten sind in dieser Bewältigungsaufgabe, bisweilen ihrer Überlebensfunktion, oft bewundernswerte kreative Ich-Leistungen. Sie können jedoch zu einem anderen Lebenszeitpunkt anachronistisch und dysfunktional werden, das heißt, ihre ursprüngliche Bestimmung als Lösungs- und Bewältigungsversuch nicht mehr erfüllen und somit Leidensdruck hervorrufen.
Das neurotische Verhalten ist vielleicht vergleichbar einem Soldaten, der noch Jahre oder Jahrzehnte nach Kriegsende in seiner Abwehrstellung ausharrt und nach dem Feind Ausschau hält, den es längst nicht mehr gibt. Der Begriff der seelischen «Störung» wird der sinnhaften Funktionalität und Bearbeitungsleistung, die sich im Symptom oder der Erkrankung zeigt, nicht gerecht. Denn er suggeriert vorrangig die Notwendigkeit einer Beseitigung der Störung, ohne den darin enthaltenen Motivierungen und Bewältigungsversuchen hinreichenden Verständnisraum anzubieten und zu gewähren.
Die gesunde wie die kranke Persönlichkeit läßt sich im Rahmen des Strukturmodells durch das funktionale Verhältnis zwischen Ich, Es und Über-Ich und deren Beziehung zur Mitwelt näher bestimmen. Fehl- und Mangelentwicklungen des Ich (Ich-Defekte und Ich-Defizite) und krankheitsbedingte unnötige Energieverschwendungen behindern, ja verhindern seine Kontroll- und Steuerungsaufgaben.
Die Hemmung bestimmter Ich-Funktionen (zum Beispiel Realitätsprüfung, Triebregulation, Kompromißbildung) beziehungsweise im anderen Fall ihr unangemessenes Tätigwerden führen zu Selbsttäuschungen und Selbstbehinderungen, ja sie können sogar Krankheiten und Selbstbeschädigungen nach sich ziehen. Während Freud im «klassischen» Ödipuskomplex (ca. 3. bis 5. Dabei hat sich der Forschungsschwerpunkt immer mehr auf die realen Frühbeziehungen des Kindes zu seiner Mutter, seinem Vater und anderen Menschen und auf die frühen inneren Objekte verlagert.
Die Aktualität und Bedeutsamkeit der Psychoanalyse als Form der Psychotherapie ergibt sich vor allem aus ihrer hochdifferenzierten und umfassenden Entwicklungs- und Persönlichkeitstheorie und ihrer Krankheitslehre. Kein Psychoanalytiker erhebt den Anspruch, eine Psychotherapie für alle psychischen oder psychosomatischen Erkrankungen anbieten zu können.
Auch mit dem Begriff «Heilung» geht der Psychoanalytiker außerordentlich behutsam um. Einer psychoanalytischen Therapie voraus gehen ein oder mehrere Vorgespräche, sogenannte klinische Erstinterviews. Sie unterscheiden sich von einer medizinischen Anamnese oder psychiatrischen Exploration durch eine absichtsvolle Unstrukturiertheit, die der Entfaltung der psychischen Dynamik des Patienten in der Analysand-Analytiker-Beziehung möglichst großen und freien Spielraum anzubieten versucht.
Die Aufmerksamkeit des Psychoanalytikers stellt sich grundsätzlich nicht in erster Linie auf«objektive» Fakten ein, sondern auf die subjektive Bedeutung, die das mit Worten oder mit körperlichen oder gestischen Äußerungen zur Sprache Gebrachte oder das Verschwiegene für die...
Grundprinzipien der Psychoanalyse
Grundlage psychoanalytischer Techniken ist immer das Gespräch zwischen Therapeut oder Therapeutin und Betroffenen. Der Patient oder die Patientin reflektiert über den eigenen Lebensweg und kann dadurch unbewusste Konflikte aus der Vergangenheit erkennen. Innere Konflikte, die einem Menschen nicht bewusst sind, können psychisches Leid verursachen.
Werden die Bedürfnisse eines Kindes - zum Beispiel nach Geborgenheit - von den Eltern nicht ausreichend erfüllt, leidet das Kind. Indem es das Bedürfnis verdrängt und lernt, ohne die gewünschte Geborgenheit zurechtzukommen, kann es sein Leid lindern. Dieser unbewusste Konflikt kann im späteren Leben jedoch Probleme verursachen, wenn die Person sich zum Beispiel auch in der Partnerschaft nicht auf Nähe und Geborgenheit einlassen kann.
Das Bedürfnis ist zwar weiterhin vorhanden, jedoch steht möglicherweise die Angst vor Zurückweisung im Weg. Als Folge können psychische Symptome auftreten, die den seelischen Schmerz zum Ausdruck bringen. Die psychoanalytische Behandlung unterstützt Menschen darin, sich selbst besser kennenzulernen. Sobald den Betroffenen unbewusste Motive bewusstwerden, können sie neue Lösungswege wählen und aktuelle Probleme bewältigen.
Eine Psychoanalyse kann im Einzelsetting, aber auch in der Gruppe als Gruppenanalyse stattfinden. Die Psychoanalyse hat sich seit Freud laufend weiterentwickelt. Es kamen nicht nur neue Konzepte hinzu, sondern es entstanden auch Behandlungskonzepte für spezielle Krankheitsbilder, die über die Ideen von Freud hinausgehen.
Das topographische Modell
Freud unterschied zwischen dem Unbewussten, dem Vorbewussten und dem Bewussten. Das Unbewusste umfasst oft unangenehme Erinnerungen oder auch Wünsche, die die Person sich nicht erlauben möchte. Das Vorbewusste sind Erinnerungen, die der Person bewusstwerden können, wenn sie die Aufmerksamkeit darauf richtet. Das Bewusste sind die Gedanken, die eine Person in einem bestimmten Moment wahrnimmt und verarbeitet.
In der psychoanalytischen Therapie spielen diese Bewusstseinsunterteilungen eine bedeutende Rolle. In bedrohlichen oder schmerzhaften Situationen kann es überlebenswichtig sein, Gefühle oder Gedanken nicht bewusst zu empfinden. Ein wichtiger Abwehrmechanismus ist die Verdrängung. Unangenehme Gefühle oder Triebe können zu unserem eigenen Schutz unterdrückt werden.
Freud beschreibt in der Affekttheorie, dass unterdrückte Triebe jedoch im Affekt - zum Beispiel bei Angstzuständen - sichtbar werden können. Die Psychoanalyse ermöglicht, die Ursache beispielsweise von Ängsten zu erkennen, indem der Therapeut oder die Therapeutin zusammen mit dem Patienten oder der Patientin diese unbewussten Inhalte aufdeckt.
Psychoanalyse zur Persönlichkeitsentwicklung
Nach den Psychotherapie-Richtlinien wird die klassische Psychoanalyse nicht als Therapieform, sondern vielmehr als Weiterbildung der Persönlichkeit betrachtet. Denn die Psychoanalyse hat keine klaren Behandlungsziele, die erreicht werden sollen. Analytiker und Patient erkunden die Lebensgeschichte des Patienten. In den Sitzungen werden die Themen bearbeitet, die sich offenbaren.
Weiterentwicklung der Psychoanalyse
Aus der Psychoanalyse haben sich später verschiedene Verfahren entwickelt, darunter die analytische Psychotherapie und die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie.
Die Abwehrmechanismen
Als Abwehr bezeichnet die Psychoanalyse jede psychische Aktivität, die darauf abzielt, psychischen Schmerz in all seinen möglichen Formen zu vermeiden (Müller-Pozzi, 2002). Die Abwehrmechanismen gehören zu den Funktionen des Ich und dienen der Wahrnehmung und Bewältigung der psychischen Realität.
Eine Wahrnehmung verfällt der Abwehr, wenn die bewusste Konfrontation damit dem Ich Unlust bereitet. Allgemein richtet sich die Abwehr gegen alles, was Angst hervorrufen kann: Emotionen, bestimmte Situationen, Vorstellungen, Über-Ich-Forderungen etc. Die Abwehr ist im Dienste der Unlustvermeidung funktional, wenn sie die Wahrnehmung der unangenehmen Konfrontation umgeht.
Das gelingt durch bestimmte Mechanismen wie Verdrängung als der zentralen Leistung des Unbewusstmachens, sowie durch weitere Abwehrmechanismen wie Leugnung, Isolierung, Ungeschehenmachen, Projektion, Regression Rationalisierung etc. Das klassische Konzept der Abwehr geht davon aus, dass Abwehr als solche nicht pathologisch ist, da sie zugleich die Voraussetzung für die Charakterbildung ist.
Die Ich-Stärkung und mit ihr die Abwehrorganisation sind für die kindliche Entwicklung entscheidend und ebenso wichtig wie die Entwicklung der Triebe (Mertens, 2014, S. Abwehrmechanismen sind mentale Strategien, mit denen sich das Ich gegen den täglichen Konflikt zwischen Impulsen des Es, die nach Ausdruck verlangen, und der Forderung des Über-Ich, diese zu verweigern, verteidigt.
In der psychoanalytischen Theorie werden diese Mechanismen als essenziell für die Bewältigung mächtiger innerer Konflikte durch das Individuum betrachtet. Durch ihren Einsatz ist eine Person in der Lage, ein günstiges Selbstbild aufrechtzuerhalten und ein akzeptables soziales Erscheinungsbild zu wahren. Der feindselige Impuls strebt dann nicht länger bewusst danach, ausgelebt zu werden, er wird nicht einmal mehr als existent wahrgenommen.
Obwohl der Impuls nicht mehr wahrgenommen wird, ist er dennoch nicht verschwunden; die Gefühle spielen weiterhin eine Rolle bei der Funktionsweise der Persönlichkeit. Abwehrmechanismen sind kommunikative, mentale und physische Operationen, die der Spannungsregulierung dienen. Das Individuum unterdrückt die Wahrnehmung bedrohlicher oder verpönter Triebimpulse oder Affekte, die es gegenüber einem Objekt hat.
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