Im Schatten einer geistigen Behinderung werden psychische Störungen manchmal nicht als solche erkannt - mit schwerwiegenden Folgen für die Betroffenen und deren Umfeld. Oft fehlt Menschen mit einer Behinderung die Möglichkeit, sich mitzuteilen, und sie leiden unter Ängsten und dem Gefühl des Bedrohtseins.
Herausforderungen bei der Diagnose und Behandlung
Die Abgrenzung und Zuordnung von Verhaltensstörungen im psychischen Bereich zu diagnostischen Kategorien ist bei Menschen mit intellektueller Entwicklungsstörung erschwert. Nicht selten äussern sich solche psychischen Belastungen in auffälligem Verhalten. Dies kann von der Umgebung missverstanden werden.
Es braucht «Übersetzungshilfen» und passenden Rat für Angehörige, Betreuende, Lehrpersonen und Therapeuten. Für die Betroffenen selbst sind geeignete Ausdrucksmittel und manchmal spezielle Therapien gefragt.
Behandlungsansätze
Vielmehr sind pädagogisch-therapeutische Interventionen angezeigt. Hinter einem herausfordernden Verhalten stecken häufig noch andere Ursachen als die geistige Behinderung. Das können etwa Symptome psychischer Störungen sein wie Ängste, Zwänge, Depressionen - oder Aggressionen. Manchmal liegen aber auch Epilepsien oder die Folgen einer Traumatisierung vor. Leuchtet man den ganzen Menschen, seine Biografie und Umwelt jedoch gut aus, wird eine ganze Palette an Zugängen ersichtlich. Die Basis der Förderung ist eine tragfähige Beziehung.
Bei Medikamenten dagegen fällt die Bilanz gemischt aus. Neuroleptika etwa können bei diagnostizierten psychischen Störungen sinnvoll sein, nützen aber bei gelernten Aggressionen nicht. Vielmehr sind pädagogisch-therapeutische Interventionen angezeigt.
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Die Heilpädagogisch-Psychiatrische Fachstelle (HPF) bietet folgende ambulante Leistungen an:
- Heilpädagogisch-psychiatrische Konsilien für Erwachsene mit intellektueller Entwicklungsstörung: Anamnese, Diagnostik, therapeutische Optionen und entsprechende Berichterstattung an die zuweisende Stelle und an die Teilnehmer der Konsilien. Die Konsilien finden wenn immer möglich vor Ort statt.
 - Ambulante Beratung vor Ort für Betroffene, deren Angehörige und Betreuersysteme mit präventivem Charakter.
 - Supervision / Intervision für Teams.
 - Eltern- / Angehörigengespräche.
 - Ambulante Nachbetreuung bei hospitalisierten Patienten, für die Betroffenen und/oder die Behandlungsteams. Die ambulante Nachbetreuung von einzelnen Patienten ist auf max. 3 Monate beschränkt.
 - Mithilfe bei der Vernetzung mit therapeutischen Angeboten.
 - Ambulante Autismus-Diagnostik im Erwachsenenalter.
 - Weiterbildungsangebote.
 
Stationäre Leistungen umfassen:
- Fallführungen.
 - Koordination der Behandlung mit internen und externen Behandlungsträgern.
 - Mithilfe bei der Sozialarbeit und Platzierung.
 - Koordination der notwendigen Nachbetreuung.
 - Mithilfe bei der Vernetzung mit therapeutischen Angeboten.
 
Heilpädagogisch-psychiatrische Behandlung
Die Heilpädagogisch-psychiatrische Behandlung bietet Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung eine auf sie zugeschnittene Behandlung in ihrem gewohnten Umfeld an. Diese Menschen sind in der Regel auf Hilfe angewiesen, weshalb es besonders wichtig ist, das Betreuungsnetzwerk einzubeziehen.
Bestandteile der Behandlung
- Bedarfsorientiert, psychiatrisch, heilpädagogisch oder kombiniert
 - Coaching / Beratung durch das Betreuerteam
 - Emotionale Entwicklungsdiagnostik (SEED)
 - Unterstützte Kommunikation, Piktogramme, einfache Sprache
 - Psychopharmakologie bei Bedarf
 - Systemisch, unter Einbezug des Umfeldes
 
Ziele der Behandlung
- Eine adäquate Diagnose wird gestellt.
 - Die Lebensqualität wird verbessert.
 - Die Symptomatik wird gelindert.
 - Das Umfeld wird beim Umgang mit der betroffenen Person unterstützt.
 
Team
Das interdisziplinäre Team besteht aus Heilpädagoginnen und Heilpädagogen, Psychiaterinnen und Psychiatern sowie Pflegefachpersonen.
Zusammenarbeit und Vernetzung
Die Fachstelle Lebensräume steht auch den insieme Regionalvereinen sowie Fachpersonen zur Verfügung. Die Fachstelle ist vernetzt mit anderen Beratungsstellen und Kompetenzzentren aus dem psychologischen, sozial- und heilpädagogischen, medizinischen und therapeutischen Bereich. Die psychologische Beratung und Begleitung richtet sich an alle Menschen mit geistiger Behinderung und/oder ihre Angehörigen, die sich in einer anspruchsvollen oder belastenden Lebenssituation befinden.
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Epilepsie und Behinderung
Menschen mit Epilepsie und Behinderung haben besondere Bedürfnisse: Sie können sich sprachlich womöglich nicht so gut ausdrücken, haben vielleicht Schwierigkeiten in der Kooperation und brauchen manchmal etwas mehr Zeit. Körperliche Einschränkungen erfordern eine besondere Pflege. Unsere Mitarbeitenden der Pflege und Therapien sind auf die Behandlung von Menschen mit Epilepsie und Behinderung spezialisiert.
Diagnostik und Therapie:
- Inwieweit muss eine Behinderung bei der Wahl der Behandlungsverfahren berücksichtigt werden?
 - Abklärung und Behandlung von Auffälligkeiten im Verhalten bei Menschen mit Epilepsie
 - Sozialmedizinische Fragen rund um Freizeit, Reisen oder Impfungen bei Epilepsie: Was ist möglich? Was ist ratsam? Welche Risiken sind zu erwarten?
 
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