Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS): Rehabilitation und Behandlung

Bei der Posttraumatischen Belastungsstörung, kurz PTBS, handelt es sich um eine verzögerte Reaktion auf ein belastendes, meist schweres Ereignis im Leben. Bei der PTBS (engl. PTSD von posttraumatic stress disorder) handelt es sich um eine Traumafolgestörung: Betroffene entwickeln aufgrund eines aktuellen Ereignisses Symptome des Wiedererlebens. Manchmal sind die Auslöser weit zurückliegende Geschehnisse oder Traumata, teilweise aus der Kindheit der Betroffenen.

Das Erleben oder Bezeugen von traumatischen Ereignissen, wie beispielsweise medizinischen Notfällen, Naturkatastrophen, Unfällen, physischer oder sexueller Gewalt in Kindheit und Erwachsenenalter aber auch von Kriegserlebnissen und Erlebnissen auf der Flucht, ist extrem belastend. Zusätzlich zu körperlichen Verletzungen können solche «Traumata» auch zu langfristigen seelischen Beeinträchtigungen führen. Während die körperlichen Wunden sichtbar sind und meist sofort von Ärzten versorgt werden, bleiben die psychischen Beschwerden oft über viele Jahre hinweg unentdeckt und führen im Verborgenen zu grossem Leid.

Symptome der PTBS

Die Posttraumatische Belastungsstörung äussert sich unter anderem durch emotionale Abgestumpftheit, Ängste und Schlafstörungen. Viele Menschen leiden in der Folge unter ungewollten, immer wiederkehrenden Erinnerungen an die traumatischen Ereignisse. Diese Erinnerungen lösen meist starke Gefühle, wie Angst, Panik, Trauer, Wut, Ekel oder Scham aus. Aus diesem Grund versuchen die Betroffenen - meist erfolglos - das Erlebte zu vergessen, beginnen Auslöser für Erinnerungen zu vermeiden. Der Lebensradius schränkt sich so deutlich ein.

Die Posttraumatische Belastungsstörung äussert sich - wie oben bereits erwähnt - durch aufdrängende Erinnerungen (Flashbacks) und Albträume. Das Wiedererleben des Traumas äussert sich in Form von sich aufdrängenden Erinnerungen (Flashbacks) und Alpträumen. Häufig kommt es aufgrund der Beschwerden langfristig auch zu Problemen in privaten Beziehungen und im Beruf. Dinge, die früher wichtig waren oder Freude gemacht haben, können plötzlich ihre Bedeutung verlieren. Die Sicht auf sich selbst, die Mitmenschen und die Welt verändert sich. Viele traumatisierte Menschen sind ausserdem sehr reizbar, nervös, schreckhaft, können sich nicht gut konzentrieren und leiden unter Schlafstörungen.

Eine PTBS kann zu Lebensüberdruss und Suizidgedanken führen - Umstände, die dem erlebten Ereignis ähneln oder mit ihm in Zusammenhang stehen, werden von den Betroffenen vermieden.

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Weitere Symptome

  • Wiedererleben: Betroffene erleben immer wieder belastende Gedanken, Erinnerungen oder Albträume über das traumatische Ereignis. Flashbacks, bei denen es sich anfühlt, als ob das Ereignis erneut stattfindet, können auftreten.
  • Vermeidung und Betäubung: Betroffene vermeiden bewusst Gedanken, Gefühle oder Orte, die an das Trauma erinnern könnten. Sie könnten auch ein allgemeines Gefühl der Gefühllosigkeit oder Entfremdung von anderen erleben.
  • Hyperarousal (Gesteigerte Erregbarkeit): Dies kann sich durch übermässige Schreckhaftigkeit, Schlafprobleme, Wutausbrüche, Reizbarkeit oder Schwierigkeiten mit Konzentration und Gedächtnis äussern.
  • Hypoarousal (Sinkende Erregbarkeit): Dies äussert sich in Entfremdung (die eigene Person oder die Welt fühlt sich nicht mehr echt an), Gefühllosigkeit, Erstarrung oder zeitweisem Verlust von Bewusstsein oder Schmerzempfinden.

Diagnose von PTBS

Sind Sie unsicher, ob Sie an einer Posttraumatischen Belastungsstörung leiden? Dann vereinbaren Sie einen Termin für eine Untersuchung! Die Diagnose PTBS wird durch eine klinische psychiatrische Untersuchung gestellt. Hier wird der Patient oder die Patientin behutsam, aber gezielt nach Symptomen und Beschwerden gefragt.

Behandlung und Rehabilitation

Da die Störung gut auf therapeutische Behandlung anschlägt, sollten sich Betroffene unbedingt Hilfe suchen. Umso wichtiger ist es, dass Betroffene sich in gute Hände begeben, wo sie mit viel Verständnis kompetent begleitet werden.

Für die Behandlung der Posttraumatischen Belastungsstörung stehen unterschiedliche traumafokussierte Psychotherapieverfahren zur Auswahl. Die posttraumatische Belastungsstörung sollte von einem traumatherapeutisch geschulten Psychiater oder Psychologen behandelt werden. Bei Anwendung eines falschen Therapieverfahrens verfestigt sich die posttraumatische Belastungsstörung möglicherweise sonst noch. Die Behandlung erfolgt dabei meist in mehreren Schritten:

Schritte der Behandlung

  1. Sicherheit: An oberster Stelle steht, einen geschützten Rahmen und ein Gefühl der Sicherheit für den Betroffenen zu schaffen. Der Patient muss sich einigermassen sicher und geschützt fühlen, um seine posttraumatische Belastungsstörung in Angriff zu nehmen. Oft wird deshalb ein teilstationärer oder vollstationärer Aufenthalt für den Anfang der Behandlung empfohlen. Die Dauer eines Klinikaufenthalts richtet sich unter anderem nach dem Schweregrad und ob der Betroffene beispielsweise zusätzlich unter schweren depressiven Symptomen leidet.
  2. Stabilisierung: Das geplante psychotherapeutische Vorgehen wird in der Regel von Patient und Therapeut gemeinsam besprochen. Es werden Strategien entwickelt, um den Alltag zu bewältigen. Entspannungsübungen sowie Atemübungen helfen, die eigenen Gedanken im Zaum zu halten.
  3. Überwindung, Integration und Rehabilitation: In dieser Phase hat der Patient bereits Sicherheit erlangt und Techniken erlernt, die dabei helfen, seine Gefühle etwas zu lenken. Nun geht es an die "Trauma-Arbeit": Viele Betroffene fühlen sich schnell mit Emotionen überfordert. Deshalb ist es womöglich hilfreich, wenn therapeutisch zunächst nicht direkt auf das Trauma eingegangen wird, sondern eine indirekte Bearbeitung der Erinnerung erfolgt. Schritt für Schritt wird der Erkrankte dann langsam mit Bildern und Gefühlen konfrontiert.

Psychotherapeutische Verfahren

Eine PTSD wird vor allem psychotherapeutisch behandelt. Dazu werden bestimmte Techniken einer speziellen Traumatherapie verwendet. Nachdem eine vertrauensvolle therapeutische Beziehung zum Patienten bzw. Nach erfolgreicher Etablierung dieser Techniken beginnt behutsam die Konfrontationsphase, in welcher Patientinnen und Patienten mit dem traumatischen Ereignis konfrontiert werden. Dabei behalten sie immer die Kontrolle über das Geschehen. Da Vermeidungssymptome fast immer eine Rolle spielen, sollten sie in jedem Fall angegangen werden.

Diese weiterentwickelte Form der Verhaltenstherapie (Konfrontationstherapie) wird sehr oft eingesetzt, um eine posttraumatische Belastungsstörung zu behandeln. Eine weitere speziell für die PTBS entwickelte Therapiemethode ist das Eye Movement Desensitization and Reprocessing (EMDR). Hierbei wird der Patient im geschützten Rahmen der Therapie langsam an das Trauma herangeführt. Im Moment der Erinnerung und wenn die Angst erneut aufsteigt, soll durch eine schnelle, ruckartige Veränderung der horizontalen Blickrichtung eine Gewöhnung an das Traumaerlebnis erreicht werden. Letztlich soll das traumatisierende Erlebnis in die gedanklichen Prozesse eingebettet werden und nicht mehr zu Angst und Hilflosigkeit führen.

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Weitere Behandlungsmöglichkeiten

  • Prolonged Exposure Therapy (PE): Der Patient wird in die traumatische Situation zurückversetzt und erlebt das Trauma nochmals. Die Therapiesitzung wird auf Tonband aufgenommen. Der Patient hört sich die Aufzeichnung täglich an, so lange, bis die dadurch ausgelösten Emotionen weniger werden.
  • Cognitive Processing Therapy (CPT): Der Patient soll schriftlich seine Erlebnisse aufarbeiten und "Denkfehler" wie Schuld- oder Schamgefühle umstrukturieren.
  • Narrative Exposure Therapy (NET): Eine Kombination der Testimony Therapy mit klassischen verhaltenstherapeutischen Verfahren. Dabei wird der gesamte Lebenslauf des Patienten mit unbewältigten Traumata verarbeitet. An diese gewöhnt sich der Patient im Laufe der Zeit und ordnet sie in seine Lebensgeschichte ein.
  • Brief Eclectic Psychotherapy for PTSD (BEPP): Kombiniert kognitiv-verhaltenstherapeutische und psychodynamische Elemente in 16 Therapiesitzungen. Sie umfasst fünf Elemente: Psychoedukation, Exposition, Schreibaufgaben und die Arbeit mit Erinnerungslücken, Bedeutungszuschreibung und Integration sowie ein Abschiedsritual.

Medikamentöse Unterstützung

Unterstützend können manchmal auch medikamentöse Behandlungen zusätzlich durchgeführt werden. Hier wird immer vor allem symptomatisch behandelt, z. B. Eine ergänzende medikamentöse Unterstützung ist mitunter hilfreich, um Ängste zu lösen. Medikamente werden aber nicht als alleinige oder vorrangige Therapie eingesetzt. Zudem haben Patienten, die eine posttraumatische Belastungsstörung erleiden, ein höheres Risiko, medikamentenabhängig zu werden. Die Medikamente werden deshalb gezielt und unter Beobachtung eingenommen. Als Wirkstoffe kommen lediglich Sertralin, Paroxetin oder Venlafaxin zum Einsatz. Bei Kindern und Jugendlichen wird nicht empfohlen, Psychopharmaka einzusetzen.

Rehabilitation

Manche Menschen weisen nach einer Akutbehandlung noch Symptome auf und sind hierdurch von chronischer Krankheit oder Behinderung und damit einhergehender Arbeitsunfähigkeit bedroht. Um die ursprüngliche Leistungsfähigkeit wiederzuerlangen und ins gesellschaftliche und berufliche Leben zurückzufinden (Reintegration), helfen ihnen Rehabilitationsmassnahmen. Unter anderem kommen hier unterstützend Ergo-, Sport- und Sozialtherapie zum Einsatz.

Traumatherapie bei Kindern und Jugendlichen

Für Heranwachsende sind die Behandlungsansätze ganz ähnlich. Auch bei ihnen kommen die genannten Therapieformen infrage. Sie werden allerdings altersgemäss angepasst. So werden je nach individuellem Entwicklungsstand beispielsweise die verwendeten Methoden (wie Malen versus Schreiben) ausgewählt. Der Umfang des Einbezugs der Eltern oder der Bezugsperson richtet sich nach dem Alter des Betroffenen. Je jünger das Kind ist, desto dringender ist die Unterstützung nahestehender Menschen, um das in der Therapie Gelernte umzusetzen.

In der traumafokussierten Behandlung geht es darum, Sie dahingehend zu unterstützen, dass Sie Ihren Alltag wieder bewältigen und neue Perspektiven entwickeln können. Die Bilder und Gefühle der traumatischen Situation werden nach und nach schonend bearbeitet. Als betroffene Person lernen Sie dabei schrittweise, besser damit umzugehen und die Kontrolle zurückzuerlangen.

Unterstützung durch Angehörige

Angehörige können eine wertvolle Unterstützung bei der Bewältigung traumatischer Erfahrungen sein. Gehen Sie wertschätzend mit den Betroffenen um, verurteilen Sie deren Gefühle und Verhaltensweisen nicht, sondern betrachten Sie diese als normale und berechtigte Reaktionen auf ein verstörendes Erlebnis. Seien Sie ein geduldiger Zuhörer, ohne sich aufzudrängen, doch achten Sie auch auf Ihre eigenen Belastungsgrenzen. Holen Sie sich bei Bedarf bei Selbsthilfegruppen, Beratungsstellen oder bei uns zusätzlichen Rückhalt. Unterstützen Sie die Betroffenen darin, ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Oft wiegen Scham und Schuldgefühle des Patienten oder der Patientin so schwer, dass ihnen dieser Schritt beinahe unmöglich scheint.

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Statistiken

Jedes 10. Es wird geschätzt, dass in der Schweiz jede hundertste Person einmal im Leben eine PBTS entwickelt. Wie viele Personen aus einem Trauma eine PBTS entwickeln, hängt auch von der Schwere des Traumas ab. Bei Vergewaltigungs- sowie Kriegs- und Folteropfer sind es etwa die Hälfte aller Personen, die später an PBTS leiden.

Wichtige Hinweise

  • Grundsätzlich kann die Symptomatik auch von allein abklingen.
  • Anfänglich kann es aufgrund der Auseinandersetzung mit dem Ereignis auch zu einer kurzzeitigen Verschlechterung der Symptomatik kommen.

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