Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) in der Kindheit: Ursachen, Symptome und Behandlung

Unter einer Posttraumatischer Belastungsstörung (PTSD) versteht man die anhaltende psychische Reaktion auf ein belastendes Ereignis von aussergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmass. Mit einem Trauma sind also nicht schwierige Lebenssituationen wie Trennung oder Stellenverlust gemeint, sondern Ereignisse, bei denen die körperliche Unversehrtheit oder gar das Leben auf dem Spiel stehen.

Was ist ein Trauma?

Die Psychologie spricht dann von einem Trauma, wenn uns ein extrem bedrohliches Ereignis oder eine Reihe von Ereignissen widerfährt. «Diese Erfahrungen können tiefe Spuren hinterlassen und das psychische Wohlbefinden erheblich beeinträchtigen. Besonders wenn Betroffene keine Möglichkeit hatten, das Erlebte zu verarbeiten, können langfristige Folgen auftreten», sagt Rahel Bachem.

Ursachen und Risikofaktoren

Traumatische Erfahrungen können sehr kurz dauern - wie etwa bei einem Verkehrsunfall oder einem Überfall - oder sich über viele Jahre erstrecken, beispielsweise bei sexuellem Missbrauch oder politischer Haft und Folter. Nicht nur die unmittelbar Betroffenen solcher Erlebnisse können Symptome einer PTSD entwickeln, sondern auch Augenzeugen, nahe Angehörige oder Menschen, die beruflich immer wieder mit Traumata konfrontiert sind, z.B. Kriegsfotografen, Mitarbeitende von Blaulichtorganisationen oder Notfallseelsorger. Bei uns in Mitteleuropa sind traumatische Erfahrungen vergleichsweise selten, dennoch wird statistisch gesehen etwa die Hälfte von uns mindestens einmal im Leben von einem Trauma betroffen.

Art und Schweregrad einer traumatischen Erfahrung haben Einfluss auf die späteren psychischen Folgen. Vereinfachend lässt sich sagen, dass zwischenmenschliche, oft einer Absicht folgende Traumatisierungen wie etwa sexuelle Gewalt schwieriger zu bewältigen sind als schicksalshafte, z.B. ein Erdbeben oder ein Unfall. Auch hinterlassen langanhaltende oder wiederholte Erfahrungen meist tiefere Spuren als einmalige, kurzzeitige Ereignisse.

Die Art des Traumas ist jedoch nicht der einzige Einflussfaktor. Entscheidend ist auch, welche Ressourcen für die Bewältigung einer traumatischen Erfahrung zur Verfügung stehen. Ist die von einem Trauma betroffene Person bereits stark unter Druck durch Konflikte am Arbeitsplatz, Scheidung oder Erkrankung, stehen unter Umständen nicht mehr genügend Belastungsreserven zur Verfügung, um auch noch ein Trauma zu bewältigen. Umgekehrt können bisweilen auch schwerste traumatische Erfahrungen aufgefangen werden, wenn ein tragendes soziales Umfeld und stabile Rahmenbedingungen vorhanden sind.

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Zu den häufigsten Ursachen von traumatischen Erlebnissen zählen unterschiedliche Formen von Gewalt. Hinzu kommen sexuelle Gewalt, gewaltvolle Erlebnisse im Krieg oder körperliche und emotionale Gewalt in Beziehungen. Traumata können einmalig und zeitlich klar abgrenzbar sein, wie etwa ein Unfall oder eine Naturkatastrophe. Oft erleben Menschen aber auch sich wiederholende oder andauernde Belastungserfahrungen. Das ist etwa der Fall, wenn ein Kind über längere Zeit miterleben muss, wie der Vater die Mutter schlägt oder es selber jahrelang missbraucht wird.

Körperliche Gewalterfahrungen in Form von Vergewaltigung, Folter oder Krieg begünstigen eine posttraumatische Belastungsstörung meist noch mehr als durchlebte Naturkatastrophen oder Unfälle, für die niemand direkt verantwortlich ist. Die erlebte menschliche Gewalt ist in der Regel nicht mit dem bisher bestehenden Weltbild zu vereinbaren. Es gibt dann einen direkten “Feind”, der die Bedrohung darstellt.

Personen ohne soziale Unterstützung, insbesondere der Familie, gelten als anfälliger für eine posttraumatische Belastungsstörung. Auch Menschen mit einer psychischen Erkrankung sind besonders gefährdet, eine posttraumatische Belastungsstörung zu entwickeln. Wer unter einem sehr autoritären Erziehungsstil mit bestrafenden Konsequenzen der Eltern leiden musste, trägt ebenso ein höheres Risiko.

Die komplexe Form der posttraumatischen Belastungsstörung wird in der Regel durch besonders schwere, sich wiederholende und langandauernde traumatische Erlebnisse hervorgerufen. Beispiele dafür sind Kindheitstrauma durch körperliche Misshandlung oder sexueller Missbrauch. Weitere schwerwiegende Traumata, nach denen Menschen die komplexe posttraumatische Belastungsstörung entwickeln, sind Folter, sexuelle Ausbeutung oder andere Formen schwerer organisierter Gewalt (wie Menschenhandel).

Symptome

Eine Posttraumatische Belastungsstörung kann sich direkt nach einem belastenden Ereignis, manchmal aber auch erst Jahre später entwickeln. Das innere Wiedererleben der traumatischen Situation kann sich in Form unangenehmer Erinnerungen oder Albträumen äussern. Dabei handelt es sich nicht nur um Bilder oder den „inneren Film“, oft sind damit auch Geruchs-, Geräusch- oder Körpererinnerungen verbunden. Gleichzeitig können damit auch Gedanken und Gefühle der traumatischen Situation aktiviert werden, etwa die Todesangst.

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Wiedererlebenssymptome können ausgelöst, „getriggert“ werden durch Situationen, welche Ähnlichkeit mit dem traumatischen Ereignis aufweisen. Diese Trigger sind manchmal offensichtlich, beispielweise ein schussähnlicher Knall oder eine dunkle Strasse, manchmal aber auch sehr subtil und schwer erkennbar, etwa der diskrete Geruch eines Aftershaves.

In einer Bedrohungssituation wird das vegetative Nervensystem stark aktiviert. Dies entspricht einer biologischen Schutzreaktion: Körper und Geist werden maximal aktiviert, um die Überlebenschancen zu verbessern. Typisch für eine Posttraumatische Belastungsstörung ist, dass die Betroffenen auch nach Beendigung der traumatischen Situation in diesem Aktivierungszustand verharren oder im Rahmen des Wiedererlebens immer wieder hineinversetzt werden. Vegetative Übererregbarkeit äussert sich in Anspannung, Schreckhaftigkeit oder auch einem Gefühl ständiger Bedrohung. Körper und Psyche bleiben in einer Art Alarmzustand gefangen.

Damit können auch Reizbarkeit, Nervosität, Impulsivität, Schlaf- und Konzentrationsstörungen einhergehen. Wiedererleben und vegetative Übererregbarkeit können sehr belastend sein. Entsprechend versuchen die meisten Betroffenen - teils bewusst, teils unbewusst - Situationen in ihrem Alltag zu vermeiden, durch welche Erinnerungen an das traumatische Ereignis ausgelöst oder verstärkt werden können. Nach einem Verkehrsunfall wird möglicherweise das Autofahren oder die öffentlichen Verkehrsmittel gemieden. Nach politischer Haft geht man vielleicht nicht mehr in den dunklen, feuchten Keller oder vermeidet den Kontakt mit Menschen in Uniformen.

Gerade bei zwischenmenschlichen Traumatisierungen besteht oft eine Tendenz zu generellem sozialem Rückzug und Misstrauen. Solche Vermeidungsstrategien sind verständlich und können kurzfristig auch zu einer Entlastung beitragen. Sie können aber längerfristig zu starken Beeinträchtigungen im Alltag führen.

Traumatische Ereignisse liegen ausserhalb unserer Alltagserfahrung. Ohnmacht und existentielle Bedrohung einer traumatischen Situation widersprechen unserem mehr oder weniger ausgeprägten Gefühl von Sicherheit, Kompetenz und Bewältigbarkeit, welches uns üblicherweise durchs Leben geleitet. Entsprechend führen traumatische Erfahrungen oft zu Erschütterungen unseres Welt- und Menschenbildes wie auch der Vorstellungen über uns selbst. Verunsicherung, Angst, Misstrauen, Wut, Verbitterung, Pessimismus, aber auch Ekel, Scham- und Schuldgefühle können die Folge sein.

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Während der potentiell traumatisierenden Situationen treten Symptome wie Amnesie, Derealisation, Depersonalisation, Einengung der Wahrnehmung sowie ein Gefühl der Gefühllosigkeit oder Abwesenheit auf. Eine Amnesie bezeichnet die Unfähigkeit, sich an Vergangenes zu erinnern, eine Derealisation bezeichnet eine abnorme oder verfremdete Wahrnehmung der Umwelt und die Depersonalisation bezeichnet eine abnorme oder verfremdete Wahrnehmung seiner selbst.

Nach der belastenden Situation kehrt das Trauma immer wieder unkontrolliert ins Bewusstsein zurück. Betroffene fühlen sich ins Trauma zurückversetzt und zeigen ähnliche Reaktionen wie während des Traumas selbst. Manchmal können die Erinnerungen kaum von der Realität unterschieden werden. Häufig leiden Betroffene unter Alpträumen und wachen mit Symptomen ähnlich einer Panikattacke auf. Reize, die an ein Trauma erinnern, wie zum Beispiel Gerüche, Geräusche oder Gefühle, lösen das Wiedererleben des Traumas aus.

Es lassen sich drei Symptomgruppen bilden, in die häufige Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung eingeordnet werden können. Diese drei Symptomgruppen sind Intrusionen, Vermeidungsverhalten und Hyperarousal. Intrusionen beschreiben das Wiedererleben des Traumas in Form von ungewollten Erinnerungen, Träumen, Bildern oder Gefühlen. Das Vermeidungsverhalten bezieht sich auf das Meiden von Reizen, die mit dem Trauma in Verbindung gebracht werden, wie Orte, Situationen oder Menschen. Das Hyperarousal beschreibt Symptome wie übertriebene Wachsamkeit, anhaltende Bedrohungswahrnehmung und Schreckhaftigkeit.

Die komplexe posttraumatische Belastungsstörung enthält zusätzlich zu den bereits beschriebenen Symptomgruppen drei weitere. Diese sind die beeinträchtigte Affektregulation, ein negatives Selbstkonzept und interpersonelle Probleme. Die beeinträchtigte Affektregulation bezeichnet eine zu starke oder zu geringe emotionale Reaktivität. Dazu gehört zudem eine Dissoziationsneigung bei Stress, das heisst, ein Ausfall von Wahrnehmungs- oder Bewusstseinsfunktionen. Das negative Selbstkonzept beschreibt anhaltende Selbstvorwürfe, ein Gefühl von Beschädigung oder Beschmutzung sowie ein niedriges Selbstwertgefühl.

Anzeichen für eine Traumafolgestörung

  • Wiedererleben: Intrusionen, Flashbacks, Alpträume
  • Übererregung, Nervosität, Schreckhaftigkeit, Schlaflosigkeit
  • Reizbarkeit, Ungeduld, schlechte Laune
  • Vermeidung, emotionale Taubheit, Passivität, Rückzug
  • Misstrauen
  • Scham- und Schuldgefühle, vermindertes Selbstwertgefühl
  • Traurigkeit, Hoffnungslosigkeit, negatives Denken

Behandlung

Je früher eine PTSD therapiert wird, desto besser sind die Behandlungsaussichten. Allerdings fällt der erste Schritt oft nicht leicht: Die Aussicht, über die traumatische Situation sprechen und sich damit auseinandersetzen zu müssen, ist belastend und wirkt oft abschreckend. Falls Sie sich zu einer Abklärung entschliessen, werden wir Ihnen zwar Fragen zu Ihren Symptomen, deren Ursache und Ihrem Lebenshintergrund stellen, Sie werden aber zu nichts gedrängt und können selbst entscheiden, was Sie berichten möchten. Gerade bei zwischenmenschlichen Traumata benötigt der Vertrauensaufbau Zeit, und besonders schwierige Aspekte können oft erst im Verlauf offengelegt werden.

Da die posttraumatische Belastungsstörung nicht die einzige mögliche Folge traumatischer Erfahrungen ist, werden wir im Abklärungsgespräch auch auf andere Krankheitsbilder zu sprechen kommen, etwa eine Depression, eine Angststörung oder ein Burn-out, die gemeinsam mit einer PTSD oder auch für sich alleine auftreten können. Auch der Konsum von Beruhigungsmitteln, Alkohol oder Drogen findet sich oft im Sinne einer Selbstbehandlung, um etwas zur Ruhe zu kommen oder weniger Angst zu haben, und wir werden uns deshalb danach erkundigen.

Mit entsprechender therapeutischer Hilfe kann eine Posttraumatische Belastungsstörung häufig gut bearbeitet und überwunden werden. Wichtig ist daher, bei entsprechendem Verdacht frühzeitig professionelle Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Je länger die Symptome unbehandelt bleiben, desto höher ist das Risiko einer Chronifizierung, desto schwerwiegender sind die Auswirkungen auf Ihren Alltag und Ihr Umfeld und desto grösser wird der Behandlungsaufwand, um eine Symptomverbesserung zu erzielen.

Traumafolgestörungen können mittels Psychotherapie wirksam behandelt werden. Je nach Schweregrad, Komplexität und Ausmass der Beeinträchtigung kommen verschiedene Therapiemethoden in Frage. Um die Symptome zu behandeln, haben sich verhaltenstherapeutische Ansätze bewährt. Bei länger anhaltenden Symptomen, die sich auf die Beziehungsfähigkeit auswirken, eignen sich ergänzend auch tiefenpsychologische und systemische Methoden. In der Regel handelt es sich um ambulante Psychotherapien im Einzelsetting.

Eine posttraumatische Belastungsstörung wird idealerweise umgehend psychotherapeutisch und eventuell medikamentös behandelt.

Therapieansätze

  • Prolongierte Exposition
  • Narrative Expositionstherapie
  • EMDR (Eye Movement Desensitization and Reprocessing)
  • Kognitive Verhaltenstherapie

Fallbeispiel: Alex

Alex ist 17 Jahre alt und befindet sich seit zwei Monaten zur Behandlung einer komplexen Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) in der Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie bei Clienia Littenheid. Alex wurde weiblichen Geschlechts geboren und bezeichnet sich als non-binär. Alex’ komplexe Posttraumatische Belastungsstörung ist durch ein vom Vater ausgelöstes Kindheitstrauma entstanden. Mehr will Alex darüber nicht erzählen. Inzwischen sind die Eltern geschieden und Alex hat keinen Kontakt mehr zum Vater. Alex lebt zusammen mit der Mutter in der früheren Familienwohnung. Das Kindheitstrauma kam immer öfter an die Oberfläche, weil dieser Ort viele Trigger auslöste.

Alex erzählt: «Vor etwa einem Jahr fing alles an. Es fiel mir zunehmend schwer, mich auf den Schulstoff zu konzentrieren. Zudem fühlte ich mich wegen meines individuellen Kleidungsstils und meiner farbigen Haare mehr und mehr gemobbt. So geriet ich in eine Krise, die es mir eine Zeitlang verunmöglichte, die Mittelschule weiterhin zu besuchen. Eine ambulante Therapie half mir schliesslich, mich in sozialen Situationen besser zurechtzufinden und wieder zur Schule gehen zu können. Bis zu den Sommerferien klappte dies recht gut, aber danach erlebte ich den Wiedereinstieg als zu gewaltig und die damit einhergehende Belastung als zu gross. Nach nur drei Schulwochen hatte ich einen totalen Aussetzer, war im Unterricht nur noch körperlich präsent, die Motivation war komplett am Boden. Meine Psychologin hatte mich daraufhin eine Woche lang krankgeschrieben. In den verbleibenden, wenigen Wochen bis zu den Herbstferien ging ich zwar wieder zu Schule, aber es war klar: ein stationärer Aufenthalt in einer Klinik war unvermeidlich geworden. Zum Glück konnte ich während der Herbstferien in die Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie in Littenheid eintreten.

Seither bin ich auf der offenen Psychotherapiegruppe «Linde D», der ersten zertifizierten DBT-A-Station der Schweiz. Hier gibt es für 14- bis 18-jährige Jugendliche acht stationäre Plätze zur Behandlung von Emotionsregulationsstörungen und Traumafolgestörungen. Ich habe mich hier schnell sehr wohl und gut aufgehoben gefühlt. Die anderen Patienten und Patientinnen auf meiner Therapiegruppe haben mich gut in ihrer Runde aufgenommen und von Anfang an akzeptiert: so, wie ich bin. Ich fühle mich auch von den Fachpersonen verstanden und spüre, dass man mir helfen will.

Ich habe mich entschieden, die Zeit, die ich in Littenheid verbringe, gut zu nutzen und mich auf die Bewältigung meines Traumas zu konzentrieren. Neben zwei Einzeltherapien nehme ich wöchentlich an drei verschiedenen Gruppentherapien teil. Die meisten Patienten in der Selbstwertgruppe leiden wegen den gemachten Erfahrungen und erlebten Traumas unter Selbstabwertungen und negativen Grundannahmen zur eigenen Person. Hier arbeiten wir an Umformulieren dieser Grundannahmen und an der Akzeptanz, dass es im Leben gute und schlechte Tage gibt. Wichtig ist, die guten Tage zu bemerken und sie zuzulassen.

In der Skillsgruppe lernen wir spezifische Fertigkeiten, um besser mit Anspannungszuständen, selbstschädigendem Verhalten oder emotionaler Instabilität umzugehen. So kann man zum Beispiel einen scharfen Bonbon lutschen, einen spitzen Igelball kneten oder an einem Duftöl riechen, wenn man spürt, dass intensive Gefühle einen zu überwältigen drohen. Bei Düften muss man aber vorsichtig sein, weil sie auch Trigger auslösen können. In der Achtsamkeits- und Mind-Wise-Gruppe trainieren wir, Realitäten anzunehmen, ohne darüber zu urteilen und versuchen, achtsam im gegenwärtigen Moment zu bleiben. So kann ich jetzt zum Bespiel akzeptieren, wenn jemand zu mir sagt: «Das hast du nicht gut gemacht», anstatt mich darüber aufzuregen. Im Moment kann ich ja nichts an der Situation ändern. In allen drei Gruppen höre ich Beispiele und Episoden von Gleichaltrigen. Dies ermöglicht mir, einen anderen Standpunkt einzunehmen und mir zu überlegen, wie ich selber mit einer solchen Situation umgehen würde. Aus jeder Erzählung kann man zur Bewältigung seiner eigenen Geschichte etwas mitnehmen. Für mich ist das extrem hilfreich.

In den Einzeltherapiestunden haben meine Therapeutin und ich mit einer Expositionstherapie angefangen. Es gab mehrere Vorfälle mit meinem Vater, die zu meinem Trauma geführt haben. So kann ich mir immer die Situation aussuchen, die mich gerade am stärksten beschäftigt. Auch mit meiner Bezugsperson arbeite ich mit Skills. So werde ich nicht immer wieder in die belastende Situation zurückgeworfen, sondern kann «nur» in der Erinnerung bleiben. Dank der Skills habe ich in den vergangenen neun Wochen grosse Fortschritte erzielt. Wenn ich am Wochenende jeweils für 24 Stunden nach Hause fahre, weiss ich genau, wie ich mich wieder runterfahren kann, wenn Erinnerungen hochkommen oder die vielen Leute im ÖV hohe Anspannungen bei mir auslösen.

Meine Ziele sind, dass ich nach meinem Austritt besser mit den erlebten Traumata umgehen kann und mich diese im Alltag nicht mehr so stark belasten. Dass ich nicht mehr so schnell in hohe Anspannungszustände gerate und mich in der Schule wieder besser konzentrieren kann. Mein Plan ist es, weiterhin in eine ambulante Therapie zu gehen. Ich rate allen: Hol dir so schnell wie möglich Hilfe und lass dir nicht einreden, es gäbe Leute mit viel grösseren Problemen. Denn wenn dich etwas belastet, dann IST es ein Problem!

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