Panikattacken Therapie: Medikamente im Überblick

Angststörungen sind eine Gruppe psychischer Erkrankungen, die durch übermässige und anhaltende Sorgen, Ängste oder Nervosität gekennzeichnet sind. Dazu gehören die generalisierte Angststörung (GAS), die sich durch chronische und unkontrollierbare Sorgen äussert, die Panikstörung, die plötzliche und intensive Angstanfälle verursacht, sowie die soziale Angststörung (SAS), die zu extremem Unbehagen in sozialen Situationen führt.

Eine angemessene Behandlung von Angststörungen ist entscheidend, da unbehandelte Ängste das tägliche Leben, Beziehungen und das allgemeine Wohlbefinden erheblich beeinträchtigen können. Die wirksamste Vorgehensweise variiert jedoch von Person zu Person. Dieser Artikel untersucht sowohl pharmakologische als auch nicht-pharmakologische Behandlungsoptionen für Angststörungen und gibt einen Überblick über deren Wirksamkeit, Vorteile und wichtige Überlegungen.

Ursachen und Neurotransmitter

Angststörungen entstehen durch komplexe Wechselwirkungen zwischen Gehirnchemie, Genetik und Umweltfaktoren. Im Zentrum dieser Erkrankungen stehen Ungleichgewichte von Neurotransmittern - chemischen Botenstoffen, die Signale zwischen Nervenzellen im Gehirn übertragen. Serotonin spielt eine entscheidende Rolle bei der Regulierung von Stimmung, Emotionen und Stressreaktionen. Dopamin, das hauptsächlich mit Motivation und Belohnung assoziiert wird, beeinflusst ebenfalls die emotionale Regulation. GABA ist ein hemmender Neurotransmitter, der das Gehirn beruhigt. Angstlösende Medikamente wirken, indem sie auf diese Neurotransmittersysteme abzielen, um das Gleichgewicht wiederherzustellen und Symptome zu lindern.

Medikamentöse Behandlung von Angststörungen

Bei stark ausgeprägten Angststörungen kann in Absprache mit Ihrem behandelnden Arzt oder Ihrer behandelnden Ärztin auch eine medikamentöse Behandlung zusätzlich zur Psychotherapie vorgenommen werden.

Antidepressiva

Insbesondere bei Panikstörungen, aber auch bei Agoraphobie oder sozialer Phobie werden Antidepressiva eingesetzt. Allerdings benötigen Sie dabei etwas Geduld: Die Wirkung dieser Medikamente setzt meist erst nach zwei, manchmal auch erst nach vier Wochen ein. Am häufigsten werden so genannte selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) oder Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRI) eingesetzt.

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Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI): Diese Medikamente, wie Fluoxetin (Prozac) und Sertralin (Zoloft), erhöhen den Serotoninspiegel, indem sie dessen Wiederaufnahme im Gehirn blockieren. Weitaus verträglichere Medikamente sind Präparate wie Citalopram, Escitalopram oder Sertralin, die den selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmern zugeordnet werden. Auch sie beeinflussen den Hirnstoffwechsel und wirken Ängsten entgegen. Zu den Nebenwirkungen gehören unter anderem Schlaflosigkeit und Appetitmangel, aber auch erhöhte Aggressivität.

Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRI): Eine systematische Übersichtsarbeit, die 2020 in Frontiers in Psychiatry veröffentlicht wurde, untersuchte die Wirksamkeit, Sicherheit und Verträglichkeit von Duloxetin bei verschiedenen Erkrankungen. Die Analyse umfasste 11 Studien mit 2.608 Patienten mit GAS, die mit Duloxetin in Dosierungen von 20 bis 120 mg behandelt wurden. Die Ergebnisse zeigten eine statistisch signifikante Verbesserung der Angstsymptome.

Trizyklische Antidepressiva: Für die Langzeittherapie werden üblicherweise trizyklische Antidepressiva oder selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) mit stimmungsaufhellender und angstlösender Wirkung verschrieben. Trizyklische Antidepressiva gelten als die Antidepressiva der ersten Generation. Sie hemmen die Wiederaufnahme von Serotonin und/oder Noradrenalin, was stimmungsaufhellend und angstlösend wirkt. Die Nebenwirkungen von Präparaten wie Amitriptylin, Imipramin oder Trimipramin sind oft stärker als bei neueren Medikamenten und reichen von Kreislaufproblemen über Schlafstörungen bis hin zu Verstopfungen.

Benzodiazepine

Fast 50 Jahre lang waren Benzodiazepine die Hauptbehandlung für Angststörungen. Medikamente wie Alprazolam (Xanax), Lorazepam (Temesta) und Diazepam (Valium) verstärken die GABA-Aktivität und erzeugen eine schnelle beruhigende Wirkung, die akute Angstsymptome lindern kann. Der Gebrauch von Benzodiazepinen ist in der Schweiz und Europa weiterhin verbreitet, obwohl zunehmende Bedenken hinsichtlich ihrer langfristigen Auswirkungen bestehen. Benzodiazepine haben jedoch erhebliche Nachteile, darunter die potenzielle Abhängigkeitsentwicklung und die Toleranzbildung bei längerem Gebrauch. Zudem haben sie sedierende Wirkungen, die die kognitive Funktion, Koordination und Wachsamkeit beeinträchtigen können. In der modernen Angsttherapie werden Benzodiazepine heute meist als Zweitlinien- oder ergänzende Behandlung eingesetzt. In einigen Fällen werden sie zusammen mit SSRIs zu Beginn der Therapie verschrieben, um die 4-6-wöchige Verzögerung zu überbrücken, bis SSRIs ihre volle Wirkung entfalten.

Als Notfallmedikation haben sich stark angstlösende Medikamente wie Benzodiazepine bewährt. Diese sollten jedoch wegen ihres hohen Suchtpotenzials nur im äussersten Notfall und nie über einen längeren Zeitraum angewendet werden. Benzodiazepine sind starke Beruhigungsmittel, die Ängste und Unruhe auflösen und schlaffördernd wirken. Ganz im Gegensatz zu den oben beschriebenen Antidepressiva eignen sich Benzodiazepine nicht für die Langzeittherapie. Aufgrund ihres hohen Suchtpotenzials sollten Präparate wie Temesta, Lorazepam oder Diazepam deshalb ausschliesslich in akuten Krisen und niemals länger als einige Wochen am Stück eingenommen werden. Oft werden sie auch verschrieben, um die Zeit bis zum Wirkungseintritt der Antidepressiva zu überbrücken.

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Diazepam ist ein Arzneistoff aus der Gruppe der Benzodiazepine; bekanntestes Medikament mit diesem Wirkstoff ist das 1962 in der Schweiz zugelassene «Valium». Da es bei einer Langzeittherapie mit Diazepam zu einer psychischen und körperlichen Abhängigkeit kommen kann, wird der Wirkstoff vorrangig in der Akuttherapie eingesetzt - also nicht länger als vier bis sechs Wochen. Vorteil: es wirkt schnell angstlösend, sedierend, krampflösend, antiepileptisch, muskelentspannend.

Buspiron

Buspiron ist ein nicht-benzodiazepinisches angstlösendes Medikament, das den Serotonin- und Dopaminspiegel beeinflusst.

Nicht-medikamentöse Behandlungen

Während Medikamente bei der Behandlung von Angststörungen sehr wirksam sein können, suchen viele Menschen nach nicht-pharmakologischen Ansätzen - entweder als eigenständige Therapie oder in Kombination mit Medikamenten.

Kognitive Verhaltenstherapie (KVT)

Besonders gute Erfahrungen wurden mit dem Ansatz der kognitiven Verhaltenstherapie gemacht. Dabei unterstützen Therapeuten und Therapeutinnen ihre Patienten und Patientinnen darin, typische Denk- und Verhaltensmuster zu erkennen und zu korrigieren. Gemeinsam versuchen sie, diese zu hinterfragen und durch andere, positive Gedanken zu ersetzen. Wichtig ist, dass Betroffene verstehen, was ihre Symptome auslöst. Schrittweise kann sich die erkrankte Person dann in Begleitung eines Therapeuten oder einer Therapeutin den kritischen Situationen aussetzen und lernen, diese wieder zu bewältigen (Expositionsverfahren). Bei starken Ängsten leitet der Therapeut oder die Therapeutin die erkrankte Person erst einmal an, diese Situation in der Vorstellung zu durchleben. Erst wenn sie das gut geschafft hat, geht es in die reale Situation.

Bewährt hat sich die kognitive Verhaltenstherapie (in unserem Beitrag «Für jede Krankheit die richtige Therapieform» erfahren Sie mehr) sowie die dazugehörige Expositions- oder Konfrontationstherapie. Im Rahmen derer stellen sich Patient:innen unter Anleitung einer Fachperson stufenweise ihren Ängsten, um ihr Vermeidungsverhalten abzulegen und besser mit ihrer Krankheit umzugehen. Konfrontationstherapien erfolgen einzeln oder in Gruppen.

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Achtsamkeit und Meditation

Achtsamkeitsbasierte Methoden haben sich als wirksame Werkzeuge zur Bewältigung von Angstzuständen erwiesen. Achtsamkeit und Meditation fördern Entspannung, verbessern die Konzentration und helfen, übermässiges Grübeln zu reduzieren. Mindfulness-Based Stress Reduction (MBSR und Mindfulness-Based Cognitive Therapy (MBCT) haben gezeigt, dass sie Angstzustände durch erhöhte Bewusstheit für den gegenwärtigen Moment und eine Reduzierung von Grübeleien lindern können.

Atemübungen und Entspannungstechniken

Atemübungen, wie die Zwerchfellatmung und die 4-7-8-Technik, aktivieren das parasympathische Nervensystem und fördern einen Zustand der Entspannung. Geführte Meditation und progressive Muskelentspannung können körperliche Symptome der Angst lindern, wie Muskelverspannungen und schnellen Herzschlag. Atemübungen helfen, sich zu entspannen.

Weitere unterstützende Massnahmen

  • Ernähren Sie sich ausgewogen mit frischen Lebensmitteln.
  • Bewegen Sie sich täglich.

Wichtige Überlegungen

Psychopharmaka können wie alle Medikamente manchmal auch Nebenwirkungen haben. Die Wahl der richtigen Behandlung für Angst hängt von mehreren Faktoren ab, darunter die Schwere der Symptome, mögliche Nebenwirkungen und professionelle Beratung. Mittelschwere bis schwere Angst, insbesondere wenn sie das tägliche Leben beeinträchtigt, kann eine medikamentöse Behandlung in Kombination mit Therapie erfordern, um die besten Ergebnisse zu erzielen. Während SSRIs und SNRIs häufig als Erstlinienbehandlung verschrieben werden, können sie Nebenwirkungen wie Übelkeit oder Schlafstörungen verursachen. Nicht-medikamentöse Ansätze, wie pflanzliche Heilmittel, sollten mit Vorsicht angewendet werden, da sie möglicherweise Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten haben. Die Konsultation eines Arztes oder einer Fachkraft des Gesundheitswesens ist entscheidend, um die sicherste und effektivste Vorgehensweise festzulegen, den Fortschritt zu überwachen und gegebenenfalls Anpassungen vorzunehmen.

Die medikamentöse Behandlung von Angststörungen und Panikattacken kann eine wertvolle Unterstützung sein, um die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern. Dennoch sollte sie stets in Kombination mit psychotherapeutischen Ansätzen erfolgen, um die bestmöglichen Ergebnisse zu erzielen. Betroffene sollten offen mit ihrem Arzt über ihre Symptome und mögliche Nebenwirkungen sprechen, um eine individuell passende Behandlung zu finden.

Die Bewältigung von Angst ist ein individueller Prozess, und die Wahl der richtigen Behandlung erfordert fundierte Entscheidungen. Während Therapie, Lebensstiländerungen und Medikamente eine Rolle bei der Symptomkontrolle spielen können, variiert der effektivste Ansatz von Person zu Person. Informiert zu bleiben ist ebenso wichtig wie die Behandlung selbst. Wenn eine medikamentöse Therapie in Betracht gezogen wird, kann die Überprüfung möglicher Wechselwirkungen auf med-drugs.ch dazu beitragen, Sicherheit und Verträglichkeit mit bestehenden Medikamenten zu gewährleisten. Zudem spielen medizinische Fachkräfte, Forscher und Pharmaunternehmen eine Schlüsselrolle bei der Weitergabe neuer Erkenntnisse über die psychische Gesundheit. Mit dem richtigen Wissen, Zusammenarbeit und Unterstützung ist eine effektive Angstbewältigung möglich.

Für Betroffene sind Panikattacken sehr belastend. Allerdings gibt es viele Möglichkeiten, diese zu bewältigen und langfristig zu überwinden. Nehmen Sie Hilfsangebote von Fachpersonen und aus Ihrem persönlichen Umfeld wahr.

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