Panikattacken sind in der Allgemeinbevölkerung weit verbreitet. Schätzungsweise 15 bis 30 % aller Menschen erleben im Laufe ihres Lebens mindestens eine Panikattacke. Sie treten meist ohne klaren Auslöser auf, weswegen die Betroffenen das Auftreten der Panikattacke als unvorhersehbar erleben.
Definition der Panikstörung
Treten Panikattacken wiederholt auf und ohne sich auf eine spezifische Situation oder Umstände zu beschränken, so spricht man von einer Panikstörung (episodisch paroxysmale Angst). Die Panikstörung wird den Angststörungen zugeordnet.
Symptome einer Panikstörung
Das Erscheinungsbild einer Panikstörung setzt sich aus verschiedenen Symptomen zusammen. Dazu gehören:
- Körperliche Symptome wie Herzklopfen, Schwitzen, Zittern, Kurzatmigkeit, Brustschmerzen und Schwindel.
 - Entfremdungsgefühle wie Depersonalisation und Derealisation. Depersonalisation beschreibt das Gefühl, sich selbst fremd zu sein. Derealisation beschreibt das Gefühl, dass die Umwelt fremd, unwirklich oder künstlich ist.
 - Angstgedanken, wie die Angst, die Kontrolle zu verlieren oder verrückt zu werden sowie Sterbensangst.
 
Da die Panikattacken unerwartet auftreten, kämpfen Betroffene in symptomfreien Intervallen häufig mit einer Erwartungsangst. Sie haben Angst vor der Angst und sind besorgt über das erneute Auftreten einer Panikattacke. Aufgrund dieser Erwartungsangst und der Unvorhersagbarkeit des Auftretens einer Panikattacke zeigen Betroffene häufig ein Vermeidungsverhalten.
Mit dem Vermeidungsverhalten versuchen Betroffene, die Auftretenswahrscheinlichkeit einer erneuten Panikattacke zu verringern. Betroffene vermeiden Situationen und Orte, die das Auftreten einer Panikattacke wahrscheinlich erscheinen lassen, oder aus denen eine Flucht oder sofortige Hilfe beim Auftreten von Symptomen zu erhalten, erschwert ist. Zudem treffen Betroffene häufig Sicherheitsvorkehrungen. Zum Beispiel verlassen sie das Haus nur noch mit einer Begleitperson oder fühlen sich nur sicher, wenn sie Medikamente oder Wasser bei sich haben. Diese Sicherheitsvorkehrungen können den Alltag stark beeinträchtigen.
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Häufig machen sich Betroffene auch (unbegründete) Sorgen, dass die Panikattacke negative Folgen wie z.B. einen Herzinfarkt haben könnte oder gar Ausdruck eines Herzinfarktes ist. Im Rahmen von solchen Befürchtungen wenden sich Betroffene häufig an Notfalldienste und Krankenhäuser, um kostspielige Abklärungen für mögliche Ursachen der körperlichen Empfindungen durchzuführen. Negative Befunde können Betroffene nur für eine kurze Zeit beruhigen und bei der nächsten Panikattacken treten erneut starke Gesundheitsängste auf. Manchmal misstrauen Betroffene den behandelnden Ärzten, da sie keine körperlichen Ursachen finden können, und es kommt zu häufigen Arztwechseln. Aufgrund der vorgestellten Symptomen und Besonderheiten zählt die Panikstörung zu den am stärksten beeinträchtigenden Störungen unter den Angststörungen.
Viele Betroffene haben sogar Angst zu sterben. Sie haben etwa Angst zu ersticken, vor einem Herzinfarkt, Schlaganfall oder Kreislaufzusammenbruch. Die Panikattacke ist aber eigentlich ungefährlich.
Der Teufelskreis der Panikstörung
Die Ausbildung von Panikattacken hängt häufig mit einem psychophysiologischen Teufelskreis zusammen. Die Panikattacke beginnt mit psychophysiologischen Veränderungen wie zum Beispiel Herzklopfen, Schwitzen, Schwindel oder Konzentrationsschwierigkeiten. Grund dafür sind eine Vielzahl an Ursachen, wie körperliche Aktivität, Temperaturveränderungen oder Substanzkonsum. Die Wahrnehmung dieser Veränderungen werden mit Gefahr in Verbindung gebracht und es folgt eine Angstreaktion. Die Angstreaktion löst weitere psychophysiologische Symptome aus. Werden diese Symptome erneut als Bedrohung wahrgenommen, verstärkt sich die Angst weiter. Dies führt zu einem Aufschaukelungsprozess, der sich mehrfach wiederholen kann.
Aufgrund von Fehlinterpretationen empfinden Betroffene normale körperliche Vorgänge häufig als Bedrohungssignal, was sie in dem Teufelskreis gefangen hält. Herzrasen, Brustbeschwerden oder Atembeschwerden werden dabei beispielsweise als Hinweis auf einen Herzinfarkt fehlinterpretiert.
Zeitlicher Ablauf einer Panikattacke
Wie bereits erwähnt treten Panikattacken spontan ohne klaren Auslöser auf. Die Panikattacke erreicht typischerweise innerhalb von 10 Minuten ihren Höhepunkt. Anschliessend kann sie zwischen 5 bis 30 Minuten andauern. In Extremfällen kann eine Panikattacke sogar bis zu zwei Stunden dauern.
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Bezüglich Häufigkeit des Auftretens und der Intensität der Panikattacken zeigen sich starke Unterschiede zwischen den Betroffenen. Bei den meisten Betroffenen beginnt es ähnlich. Das kann überall passieren, oft in öffentlichen Situationen, aber genauso daheim. Treten diese Anfälle häufiger auf, kommt es meist zu einem Vermeidungsverhalten. Der Betroffene weigert sich, den Platz, an dem “es” geschah, noch einmal aufzusuchen. andere Orte, wo er befürchtet, eine ähnliche Attacke erleiden zu können, zieht sich zurück und schlimmstenfalls verlässt er das Haus gar nicht mehr. Panik nämlich auch daheim auf. Das ist jedoch nicht bei jedem Betroffenen zwingend so.
Die Panikattacke zeichnet sich durch ihre Plötzlichkeit aus. Die Symptome treten ohne Vorwarnung auf - unter anderem Herzrasen, Atemnot, Engegefühl in Brust und Kehle, Schwindel, Zittern, Mundtrockenheit, Übelkeit und Erbrechen. Manche Menschen haben auch grosse Angst, vor lauter Panik verrückt zu werden und die Kontrolle über ihr Handeln zu verlieren. Die Heftigkeit der Attacke ist derart prägend, dass selbst informierte Betroffene es für wahrscheinlich halten, dass gerade ein bedrohliches körperliches Problem vorliegt. Panikattacken fühlen sich sehr bedrohlich an.
Ursachen von Panikattacken
Es gibt viele mögliche Ursachen für Angstzustände und Phobien. Vielfach liegt bereits eine genetische Veranlagung vor. Es können auch körperliche Krankheiten, andere psychische Störungen oder Vergiftungen vorliegen. Manchmal tritt die Störung ganz plötzlich aus heiterem Himmel auf. Andere Auslöser können ein traumatisches Erlebnis, eine Krankheit, ein Unfall oder ein Todesfall im engen Umfeld sein.
Am Schlimmsten für die Betroffenen sind Panikattacken, die keine erkennbare, körperliche Ursache haben, da man bei jedem Arztbesuch zu hören bekommt, man sei völlig gesund. Dann kommt die nächste schlimme Attacke wieder aus heiterem Himmel und man beginnt, an der Kompetenz des Arztes zu zweifeln.
Beim Entstehen von Ängsten spielt die genetische Veranlagung eine grosse Rolle. Angsterkrankungen können familiär, also durch Vererbung oder auch «Modelllernen», also das Kopieren des Verhaltens von Bezugspersonen, mitbedingt sein. Auch Stresssituationen wie Konflikte, Trennung oder finanzielle Schwierigkeiten haben einen starken Einfluss. Dasselbe gilt übrigens für psychosoziale Faktoren wie Gewalt in der Familie, Missbrauchs- oder Verlusterfahrungen. Auch Persönlichkeitsmerkmale wie Perfektionismus oder «nicht Nein sagen können» führen zu Stress, was in der Folge auch Angstzustände begünstigen kann.
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Stress, emotionale Belastungen und negative Denkmuster spielen bei der Entwicklung von Panikattacken und damit auch einer Panikstörung eine wichtige Rolle. Betroffenen rate ich daher, den eigenen Lebensstil zu überdenken. Andauernder Stress führt zu Spannungszuständen, welche die Entwicklung von Panikattacken begünstigen.
Was tun bei einer Panikattacke?
Es wird empfohlen, die Panikattacke an Ort und Stelle durchzustehen oder sich an einen ruhigen Platz in der unmittelbaren Umgebung zu begeben. Flüchten Sie weit weg, kann es zu einer Assoziation des Ortes mit der Panikattacke kommen und es besteht die Gefahr, dass Sie diesen Ort in Zukunft meiden werden.
Treten Panikattacken wiederholt auf und führen sie zu einer allgemeinen Beeinträchtigung im Alltag? Oft treten Panikattacken aus dem Nichts auf, in der Mehrzahl der Fälle sind jedoch Situationen mit grossen Menschenansammlungen, volle Kaufhäuser, öffentliche Verkehrsmittel oder enge Räume wie Fahrstühle typische Auslöser.
Nach einer Panikattacke fühlen sich die Betroffenen oft müde, erschöpft und leer. Viele schämen sich, da sie denken, sie hätten Schwäche gezeigt und ihr Umfeld hätte die mit der Panikattacke einhergehenden körperlichen Veränderungen bemerkt. Es ist wichtig, selbst Ruhe zu bewahren, sich der betroffenen Person zuzuwenden und ihre Beschwerden ernst zu nehmen. Sprechen Sie mit der Person und leiten Sie sie zu einer regelmässigen, tiefen Bauchatmung an. Diese ruhige Zuwendung kann die Panik sehr rasch mildern. Fragen Sie konkret, wie Sie helfen können. Viele Betroffene haben Erfahrung und können sagen, was ihnen guttut.
Rufen Sie sich ins Gedächtnis, dass es sich nicht um eine körperliche Bedrohung handelt, sondern um eine Panikattacke. Vielen Betroffenen hilft es zudem, sich bewusst auf die Umgebung zu konzentrieren.
Tipps zur Bewältigung einer akuten Panikattacke:
- Bleibe dort, wo du gerade bist, und versuche, ruhig in den Bauch zu atmen. Insbesondere die 4-7-8-Atmung hilft: Atme langsam durch die Nase ein und zähle dabei bis vier. Halte den Atem an und zähle bis sieben. Atme langsam durch den Mund aus und zähle dabei bis acht. Wiederhole die Übung, bis du dich beruhigt hast.
 - Mache dir klar, dass du gerade eine Panikattacke hast und dass diese wieder vergeht. Du wirst weder ersticken noch einen Herzinfarkt erleiden.
 - Lasse die Panikattacke zu, im Wissen, dass sie spätestens nach 30 Minuten vorüber ist.
 - Versuche, dich auf etwas zu konzentrieren, das nicht angstauslösend ist. Die 5-4-3-2-1 Methode ist dabei ein gutes Hilfsmittel, um den Fokus auf die Gegenwart zu lenken und so der Angst weniger Raum zu geben.
 - Wenn du dich nicht beruhigen kannst und die Panik nicht vergeht, hole Hilfe. Sprich jemanden an, der in der Nähe ist. Rufe jemanden aus deiner Familie, einen Freundin oder 147 an. Oft hilft es, eine vertraute Stimme zu hören.
 
Langfristige Vermeidung von Panikattacken:
- Überlege dir in einem ruhigen Moment, weshalb die Panikattacken auftreten. Gibt es ungelöste Konflikte in deinem Leben? Etwas, das dich belastet und Stress verursacht? Schreibe deine Sorgen auf, tausche dich mit Freund*innen darüber aus oder wende dich an eine Fachperson.
 - Wichtig ist auch ein liebevoller Umgang mit dir selbst. Dazu gehört, dass du deine Bedürfnisse kennst, deine Grenzen wahrst und Überforderungen vermeidest. Lerne, Nein zu sagen und konsequent für dich einzustehen.
 - Ausreichend Schlaf, eine gesunde Ernährung und regelmässige Bewegung wirken stabilisierend auf Körper und Psyche.
 - Alkohol, Nikotin und Koffein hingegen lösen im Körper Stress aus und können die Tendenz zu Panikattacken verstärken.
 - Zudem kann es helfen, Entspannungstechniken wie progressive Muskelentspannung, Yoga oder autogenes Training zu erlernen. Genügend Schlaf und eine ausgewogene Ernährung wirken vorbeugend.
 - Lerne, die Signale und Vorboten einer Panikattacke zu erkennen. Wenn du merkst, dass du sehr gestresst bist und Reize nicht mehr richtig verarbeiten kannst, zeigt dies eine Überlastung deines Nervensystems an. Versuche dann, dich bewusst aus der Situation zu nehmen und dein Nervensystem zu regulieren, zum Beispiel, indem du ruhige Musik hörst, in einen reizarmen Raum gehst oder dich auf den Boden legst. Probiere auch diese Coping-Strategien aus.
 
Wann sollte man professionelle Hilfe suchen?
Wenn du immer wieder Panikattacken hast, sie sich sogar häufen und dich immer stärker belasten, kann eine Angst vor der Angst entstehen. Das heisst, dass du dich nicht mehr traust, gewisse Dinge zu machen oder an bestimmte Orte zu gehen, wo du schon mal in Panik geraten bist. In diesem Fall spricht man von einer Panikstörung.
Wenn Sie also das Gefühl haben, die Situation alleine nicht bewältigen zu können, zögern Sie nicht: Sprechen Sie mit Ihrem Arzt oder einem Psychologen.
Panikattacken und Panikstörungen sind bei frühzeitiger und richtiger Diagnose mit Psychotherapie gut behandelbar, zum Beispiel mit einer kognitiven Verhaltenstherapie oder einer Pharmakotherapie (Medikamente wie SSRI, SNRI). Bei akuten Panikattacken helfen Benzodiazepine, sogenannte Angstlöser. Diese sollten aber in Absprache mit dem Arzt in der Regel nur über kürzere Zeit eingenommen werden, da sie ein gewisses Abhängigkeitspotenzial haben.
Viele verschiedene Arten von Therapien können helfen. Ihr Psychologe wird entscheiden, was für dich am besten ist. Mit der kognitiven Verhaltenstherapie (KVT) kannst du die negativen Gedankenmuster, die deine Anfälle auslösen, erkennen und verändern. Deine Gedankenstruktur bereitet den Boden für deine Panikattacken.
Panikattacken bei Kindern und Jugendlichen
Eine Panikattacke kann bereits bei Kindern und Jugendlichen auftreten. Doch nicht immer ist sie für Eltern als solche erkennbar. Charakteristisch für eine Panikattacke ist, dass die intensive und plötzliche Panik sich körperlich auswirkt. Typische Symptome sind Herzrasen, Schweissausbruch, Zittern und Mundtrockenheit. Die Symptome einer Panikattacke sind jedoch von aussen nicht immer sichtbar. Oftmals versuchen die betroffenen Teenager ihre Ängste zu verbergen. Deshalb kann es für Eltern schwierig sein, eine Panikstörung zu erkennen. Allenfalls zeigen sich Anzeichen im Verhalten: Die Jugendlichen ziehen sich noch stärker zurück, versuchen bestimmte Situationen zu vermeiden, möchten nicht mehr in die Schule gehen oder reagieren vermehrt aggressiv.
Leidet das eigene Kind unter Panikattacken, kann das für Eltern sehr belastend sein. Die niederschwellige Pro Juventute Elternberatung hilft, die eigenen Sorgen einzuordnen. Im Gespräch wird beratschlagt, ob Hilfe von aussen notwendig ist und wohin sich Eltern und Jugendliche gegebenenfalls wenden können. Treten die Panikattacken wiederholt auf und beeinträchtigen sie das Sozialleben oder die schulischen Leistungen, ist es besser, frühzeitig eine Fachpersonen beizuziehen.
Wie Eltern helfen können:
- Hören Sie zu, nehmen Sie die Panik ernst.
 - Lenken Sie von der Panikattacke ab. Sprechen Sie gemeinsam über ein schönes Erlebnis oder einen speziellen Wunsch.
 - Leiten Sie Ihr Kind zu Atemübungen an. Denn wer Angst hat, atmet flacher.
 - Animieren Sie zu Bewegung, zum Beispiel zur Lieblingsmusik zu tanzen.
 - Stärken Sie das Selbstvertrauen, indem Sie daran erinnern, was der oder die Jugendliche bereits erfolgreich gemeistert hat.
 - Helfen Sie den Heranwachsenden, frühe Signale richtig einzuschätzen. Manchmal kündigt sich eine Panikattacke an, beispielsweise mit einem trockenen Mund oder Herzrasen. Überlegen Sie gemeinsam Strategien, um die Panik zu bewältigen.
 
Unterschiede zwischen Panikattacke und Herzinfarkt
Typische Symptome einer Panikattacke treten in ähnlicher Weise auch bei anderen Erkrankungen auf. So äussert sich beispielsweise auch ein Herzinfarkt oft in Form von Herzrasen, Schmerzen in der Brust und Atemnot. Wenn Sie sich also unsicher sind, ob Ihre Symptome durch Ihre Angst ausgelöst wurden, rufen Sie im Zweifelsfall einen Notarzt.
Die Rolle der Aufklärung
Es hat sich gezeigt, dass Aufklärungsarbeit im Bereich der psychischen Störungen wesentlich zur Linderung des Leidens beitragen kann, da die Betroffenen sich so besser akzeptiert und verstanden fühlen.
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