Kognitive Entwicklung von Kindern: Phasen und Förderung

Die kognitive Entwicklung ist ein zentrales Thema der kindlichen Entwicklungspsychologie. Sie beginnt vor der Geburt und setzt sich in lebenslangen Lernprozessen fort. Dabei spielt die Ausbildung der Intelligenz eine wesentliche Rolle. Denken und Intelligenz bilden gemeinsam die sogenannten „kognitiven Stützfunktionen“, eine Trias aus Wahrnehmung, Gedächtnisleistung und Sprachbeherrschung.

Entwicklungsphasen im Überblick

Die Entwicklungspsychologie geht davon aus, dass sich kognitive Fähigkeiten, soziale Beziehungen und andere Aspekte der menschlichen Natur im Laufe des Lebens entwickeln und verändern. Diese Entwicklung wird in Phasen unterteilt:

  • Frühe Kindheit (3-6 Jahre)
  • Mittlere und späte Kindheit (6-11 Jahre)
  • Jugend (12-19 Jahre)

Frühe Kindheit (3-6 Jahre)

Dieser Altersbereich ist durch grosse Unterschiede in der Entwicklungsgeschwindigkeit gekennzeichnet. Einige Kinder können bereits mit drei Jahren ihre Schuhe binden, während andere diese Fähigkeit erst mit sechs oder sieben Jahren erlernen. Auch das Fahrradfahren wird in unterschiedlichem Tempo erlernt. Jedes Kind hat einen eigenen Lernweg und ein eigenes Lerntempo.

  • Feinmotorische Fertigkeiten wie Schneiden und das Auffädeln von Perlen werden immer feiner.
  • Das Kurzzeitgedächtnis verbessert sich deutlich.
  • Bis zum Alter von 3 Jahren werden vor allem Wörter gelernt.
  • Mit etwa 3 Jahren beginnen Kinder, sich selbst konkrete Eigenschaften zuzuordnen.

Die spielerische Auseinandersetzung mit der Umwelt eröffnet ein breites Lernfeld und trägt entscheidend zur Sozialisation bei. Das Rollenspiel bildet eine Brücke zur Wirklichkeit. Freundschaften werden durch Vertrauen und gemeinsame Aktivitäten gebildet.

Mittlere und späte Kindheit (6-11 Jahre)

Mit dem Schuleintritt in der Regel nach Vollendung des sechsten Lebensjahres beginnt eine neue Phase. Während der folgenden Primarschulzeit entwickelt sich das Denken der Kinder grundlegend. Die Motivation für das schulische Lernen wird in dieser Entwicklungsphase zum Thema. Das Bild, welches das Kind von sich hat, wird nun durch schulische Fähigkeiten, soziale Beziehungen und das Selbstwertgefühl ergänzt.

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  • Das Denken wird flexibler und organisierter.
  • Das Kind vermag zunehmend sowohl verschiedene Aspekte eines Sachverhalts gleichzeitig und in ihrem Zusammenhang zu erfassen.
  • Die Fähigkeit zur Perspektivenübernahme nimmt zu.
  • Das logische Denken entwickelt sich.

Ab der mittleren Kindheit treten intrapersonale Emotionen wie Stolz, Scham oder Schuld zunehmend auch in Abwesenheit anderer Personen auf. Eine gute Beziehung zwischen Lehrperson und Schüler wirkt sich positiv auf den Schulerfolg aus.

Jugend (12-19 Jahre)

In diesem Altersbereich geht es vor allem um die Selbstfindung. Der Einfluss der Eltern nimmt ab, während der Einfluss der gleichaltrigen Freunde zunimmt. Der Zeitpunkt und die Dauer der körperlichen Veränderung unterliegen erheblichen Variationen. Jugendliche können sich ca. 7 Dinge gleichzeitig merken.

  • Der Prozess der Identitätsfindung beginnt und verläuft von aussen (äussere Erscheinung) nach innen (Eigenschaften und Fähigkeiten).
  • Das Vertrauen in die Eltern steigt, aber auch die Konflikte über alltägliche Probleme nehmen zu.
  • Gleichaltrige und besonders Freunde bekommen einen sehr hohen Stellenwert.
  • Es bilden sich Subkulturen, welche spezifische Trends, Moden, Sprach- und Verhaltensformen sowie Normen und Werte beinhalten.

Spezifische Entwicklungsbereiche

Motorische Entwicklung

Die motorischen Fähigkeiten werden deutlich ausgeprägter. Kinder werden schneller und geschickter beim Laufen sowie Rennen und wagen sich an komplexere Bewegungen. Viele Kinder beginnen auch, auf Möbel zu klettern, was besondere Vorsicht erfordert, um Unfälle zu vermeiden. Achte darauf, die Umgebung kindersicher zu gestalten und gefährliche Gegenstände ausser Reichweite zu halten. Denn dein Kind greift zunehmend nach kleineren Gegenständen und manipuliert diese, was sich beim Bauen mit Bauklötzen oder beim Zeichnen zeigt.

Sprachentwicklung

Die sprachlichen Fähigkeiten entwickeln sich unglaublich schnell! Jeden Tag lernt dein Wonneproppen neue Wörter und kann sie aktiv nutzen. Dein Kind versteht viele Worte und beginnt, sie in den Alltag zu integrieren. Es fängt nun an, einfache Zwei-Wort-Sätze zu bilden, wie «Mama helfen» oder «Papa da». Diese Sätze unterstützen dein Kind, seine Bedürfnisse und Wünsche klarer auszudrücken. Mit wachsender Neugier stellt dein Kind nun einfache Fragen wie „Was ist das?“ oder „Wo ist es?“. Ausserdem imitiert dein Kind die Sprache der Erwachsenen und anderer Kinder. Diese Nachahmung ist ein wichtiger Teil des Lernprozesses und hilft, neue Wörter und Satzstrukturen zu meistern.

Kognitive Entwicklung im Detail

Kinder beginnen zu verstehen, dass Objekte weiter existieren, auch wenn sie nicht sichtbar sind. Sie können einfache Puzzles lösen und zeigen Interesse an komplexeren Spielen und Aktivitäten. Dein kleiner Schatz lernt viel durch Nachahmung und beginnt, dein Verhalten sowie das anderer Erwachsener und Kinder zu kopieren.

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Sozial-Emotionale Entwicklung

Kinder beginnen, mehr mit anderen Kindern zu interagieren und lernen, einfache Regeln und soziale Normen zu verstehen. Sie werden unabhängiger und möchten viele Dinge alleine machen, wie sich anziehen oder essen. Vielleicht kommt es auch zu ersten Trotzphasen, in denen dein Kind seine Unabhängigkeit testet und seine eigenen Grenzen erforscht.

Entwicklung im 7. Lebensjahr

Kinder im 7. Lebensjahr entwickeln immer mehr Verständnis für sich selbst, aber auch für Ereignisse in der Vergangenheit. Sie können ihre Gefühle immer besser ausdrücken, die Umwelt wird verstärkt wahrgenommen und auch das Interesse an den eigenen Hobbys wächst. Fantasie und Kreativität sind grenzenlos beim Spielen und auch das Vergleichen mit Gleichaltrigen und mit Geschwistern wächst. Neben dem Teamgeist ist auch Wettbewerb untereinander ein Thema. Das Denken des Kindes wird immer rationaler, es kann sich vermehrt in andere Personen hineinversetzen und ihre Gefühle richtig deuten.

Kognitive Entwicklungstheorien

Es gibt verschiedene wissenschaftliche Theorien zur kognitiven Entwicklung, darunter:

  • Piagets Stufenmodell
  • Wygotskis soziokulturelle Theorie
  • Kernwissenstheorie
  • Informationsverarbeitungstheorien

Diese Theorien bieten unterschiedliche Perspektiven auf die Entwicklung kognitiver Fähigkeiten und tragen zum Verständnis der kindlichen Entwicklungspsychologie bei.

Tipps zur Unterstützung der kognitiven Entwicklung

  • Sprache fördern: Sprechen Sie mit Ihrem Kind. Achten Sie darauf, dass Sie eine dem Alter ange­mes­sene Form und Sprache wählen. Spre­chen Sie in Ihrer Mutter­spra­che. Dazu gehört, dass Sie Verän­de­run­gen beschrei­ben und über Gefühle reden. Lesen Sie gemein­sam Geschich­ten und inter­agie­ren Sie oft mit Ihrem Kind.
  • Anregende Umgebung schaffen: Richten Sie ein kind­ge­rech­tes Zuhause ein. Schaf­fen Sie Lern­mög­lich­kei­ten, damit Ihr Kind seine Fertig­kei­ten erwei­tern kann, und schüt­zen Sie es vor Gefah­ren.
  • Bewegung fördern: Körperliche Bewegung ist in diesem Alter ganz wichtig, sie fördert die Konzentration, die Wahrnehmungsfähigkeit und auch das positive Lernverhalten in der Schule.
  • Autonomie unterstützen: Unter­stüt­zen Sie Ihr Kind bei der Auto­no­mie­ent­wick­lung, indem Sie ihm Frei­räume ermög­li­chen. Fördern Sie das Spiel Ihres Kindes: Spielen Sie gemein­sam mit Ihrem Kind, fördern Sie aber auch, dass es mit Gleich­alt­ri­gen oder alleine spielen kann und geben Sie ihm Anre­gun­gen für neue Spiel­ideen.
  • Bildschirmzeiten begrenzen: Bild­schirm­me­dien unter­stüt­zen die Entwick­lung Ihres Kindes nicht. Geräu­sche, Licht und Farben auf den Bild­schir­men sind Reiz­quel­len und können Kinder über­for­dern. Nutzen Sie digi­tale Geräte, um mit Ihrem Kind z. B. Fotos anzu­schauen, ist es wichtig, das Kind zu lenken und mit ihm darüber zu spre­chen.

Tabelle: Überblick über die Entwicklungsphasen

Phase Alter Merkmale
Frühe Kindheit 3-6 Jahre Grosse Unterschiede in der Entwicklungsgeschwindigkeit, Entwicklung feinmotorischer Fähigkeiten, Verbesserung des Kurzzeitgedächtnisses
Mittlere und späte Kindheit 6-11 Jahre Grundlegende Entwicklung des Denkens, zunehmende Fähigkeit zur Perspektivenübernahme, Entwicklung des logischen Denkens
Jugend 12-19 Jahre Selbstfindung, abnehmender Einfluss der Eltern, zunehmender Einfluss von Gleichaltrigen

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