Angst- und Panikattacken sind in der heutigen Gesellschaft weit verbreitet und eine Qual für Betroffene.
Was ist eine Panikattacke?
Nach der ICD-10-Klassifikation psychischer Störungen definiert man Panikattacken als plötzlich auftretende Angstanfälle (Panik), die mit einer Vielzahl körperlicher Symptome einhergehen. Die Angstzustände, die Betroffene dabei empfinden, beschränken sich oft nicht auf eine spezifische Situation oder besondere Umstände und sind deshalb auch nicht vorhersehbar.
Dadurch entwickeln viele die Angst, unter einer gefährlichen körperlichen Erkrankung zu leiden. Es beginnt meist eine lange Reise von Arzt zu Arzt in der Hoffnung, die körperlich Ursache für die Symptome zu finden. Da es für eine Panikattacke jedoch keine körperlichen Auslöser gibt, dauert es oft mehrere Jahre, bis ein Arzt die richtige Diagnose stellt.
Kernzeichen von Panikattacken
- Episoden akuter Angst, die abrupt beginnen und nach kurzer Zeit wieder abnehmen.
 - Herzrasen, Schwindel, Übelkeit oder Zittern sind nur einige Symptome, die bei einer Panikattacke auftreten können.
 
Wann treten Panikstörungen auf?
Oft tritt eine Panikattacke einmalig oder nur vereinzelt auf. Manche Betroffene erleben jedoch immer wieder heftige Angstanfälle, die ihr Leben stark beeinträchtigen. In diesem Fall sprechen Mediziner von einer Panikstörung (auch Paniksyndrom), die zu den sogenannten Angststörungen gehört.
Laut der ICD-10-Klassifikation psychischer Störungen liegt eine Panikstörung jedoch erst vor, wenn die Panikattacken immer wieder auftreten (mindesten einmal im Monat) und die Angst vor einer erneuten Attacke über mindestens einen Monat anhält.
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Agoraphobie mit Panikstörung
Panikattacken treten auch häufig gemeinsam mit anderen psychischen Erkrankungen auf. Vor allem Menschen mit Agoraphobie ("Platzangst") sind häufig von Panikattacken betroffen.
Sie haben Angst vor öffentlichen Plätzen, Menschenmengen bzw. Angst, alleine oder weit weg zu reisen. Viele wagen es nicht, mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren, ein Kino oder ein Theater zu besuchen oder im Supermarkt einkaufen zu gehen. Sie machen daher nach Möglichkeit einen Bogen um Orte, die ihnen Angst machen (Vermeidungsverhalten).
Mediziner sprechen dann von einer "Agoraphobie mit Panikstörung". Diese kommt häufiger vor als eine reine Panikstörung.
Auch andere Angststörungen, Depressionen, Zwangsstörungen oder posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS) treten oft gemeinsam mit einer Panikstörung auf.
Panikattacken bei Kindern
Auch bei Kindern und Jugendlichen treten Panikattacken auf, allerdings weitaus seltener als bei Erwachsenen. Bei Jugendlichen sind Panikstörungen zudem verbreiteter als bei jüngeren Kindern. Mädchen treffen sie etwa doppelt so häufig wie Jungen.
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Die Auslöser für die Panikanfälle sind vielfältig. Oft haben die Kinder Angst, vor anderen Menschen zu sprechen oder fürchten sich vor Tieren oder der Dunkelheit beim Einschlafen.
Meist haben Kinder und Jugendliche Panikattacken, wenn auch ihre Eltern unter einer Panikstörung leiden. Sie übernehmen oft das ängstliche Verhalten ihrer Eltern. Gerade kleine Kinder imitieren ihre Eltern, um zu lernen. Auch bei besonders schüchternen und zurückhaltenden Kindern zeigt sich eine Panikstörung im Erwachsenenalter häufiger.
Stress ist ein möglicher Auslöser. Vor allem bei Schulkindern ruft oft Leistungsdruck Panikattacken hervor. Zudem erleben auch Kinder mit Trennungsangst häufiger Angstattacken. Bei ihnen ist das Risiko zudem erhöht, später als Erwachsene eine Panikstörung zu entwickeln.
Daher ist es wichtig, Kinder möglichst frühzeitig zu behandeln. Meist ist es sinnvoll, die Eltern in die Therapie miteinzubeziehen. Auf diese Weise lernen die Eltern, wie sie ihre Kinder am besten unterstützen.
Unbehandelt kann die psychische Erkrankung chronisch verlaufen und sich negativ auf die Entwicklung der Kinder auswirken. Vor allem wichtige soziale Erfahrungen fehlen diesen Kindern dann häufig, da sie sich aus Angst immer weiter zurückziehen.
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Gelingt es Ihnen nicht, Ihrem Kind durch Gespräche und Zuwendung die Angst zu nehmen, ist es ratsam, sich Hilfe bei einem Kinder- und Jugendpsychiater zu holen.
Panikattacken bei Schwangeren
Bei manchen Frauen sind hormonelle Veränderungen während der Schwangerschaft Auslöser von Panikattacken. Die Angst vor der Geburt und vor dem Muttersein verstärken diese oft zusätzlich. Vor allem wenn Frauen bereits eine schwierige Schwangerschaft hinter sich haben oder unter einer bestehenden psychischen Erkrankung leiden, kann sich eine Panikstörung entwickeln. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass Schwangere bei anhaltenden Ängsten möglichst frühzeitig Hilfe bei einem Frauenarzt, Hausarzt, Psychiater oder Therapeuten suchen.
Wie häufig treten Panikattacken auf?
Vereinzelte Panikattacken sind relativ häufig. Bis zu 20 Prozent der Menschen erleiden mindestens einmal in ihrem Leben eine Panikattacke. Frauen sind häufiger betroffen als Männer. Doch macht eine einzelne Attacke noch keine Panikstörung aus. Die Wahrscheinlichkeit, eine Panikstörung während des gesamten Lebens zu entwickeln, beträgt bei Frauen 5,5 Prozent und bei Männern 2,2 Prozent.
Was tun bei Angst und Panik?
Folgende Tipps helfen, die Symptome zu vermindern.
Tipps zur Bewältigung von Panikattacken
- Tief atmen: Während einer Panikattacke geht der Atem schnell, flach und unkontrolliert. Unser Atem ist jedoch ein extrem hilfreiches Tool, um unseren Körper zu beruhigen. Atmen Sie daher langsam und tief durch die Nase so lange ein, bis sich der Bauch mit Luft gefüllt hat. Dann atmen Sie die Luft durch den Mund wider komplett aus. Machen Sie dies ein paar Mal ganz achtsam, bis sich die Angst wieder gelegt und sich der Herzschlag verlangsamt hat.
 - Wasser trinken: Ein effektiver Trick ist das Trinken von Wasser während einer Panikattacke. Das Trinken lenkt den Körper und das Gehirn kurzfristig ab und zudem wird die Atmung automatisch verlangsamt. Beruhigung stellt sich ein. Für Betroffene ist es ratsam, immer eine Wasserflasche bei sich zu haben.
 - Meditieren: Regelmässiges Meditieren hilft extrem, den Geist zu beruhigen. Zudem lernen Betroffene so, mit ihren Ängsten besser umzugehen und sich ausgeglichener zu fühlen. Die Aufmerksamkeit auf das Hier und Jetzt zu richten, ist hilfreich während akuten Angstattacken. Es gibt mittlerweile viele (auch kostenlose) Apps, die Meditationen und Atemübungen anbieten. Um sich mit diesen Themen vertraut zu machen, eignen sich solche Apps hervorragend. Zudem haben einige davon mittlerweile spezielle Meditationskurse für Betroffene mit Angstzuständen und Panikattacken.
 - Die Attacken akzeptieren: Für einen Betroffenen gibt es wohl nichts Schlimmeres, als eine Panikattacke einfach über sich ergehen zu lassen. Und dennoch ist dies meist der sinnvollere Weg, als dagegen anzukämpfen. Lassen Sie die Gefühle zu, ohne ihnen aber zu viel Gewicht zu schenken. Es kann helfen, daran zu denken, dass eine Attacke nach ein paar Minuten wieder vorbei geht. In dieser Zeit können Affirmationen helfen wie «Ich bin stark», «Ich überstehe das» oder «Alles ist gut».
 - Die 5-4-3-2-1 Methode: Bei der 5-4-3-2-1 Methode geht es darum, die Aufmerksamkeit ganz gezielt auf das Hier und Jetzt zu legen. Die Übung kann immer und überall durchgeführt werden, ganz egal wo Sie sich gerade befinden. Zählen Sie dabei zuerst fünf Dinge auf, die Sie gerade sehen. Bemerken Sie dann vier Dinge, die Sie hören können. Weiter nehmen Sie drei Dinge wahr, die Sie spüren können. Anschliessend zwei Dinge, die Sie riechen und zum Schluss etwas, was Sie schmecken können. So bringen Sie Ihren Fokus weg von den angsteinflössenden Gedanken, hin in den gegenwärtigen Moment.
 
Weitere wichtige Aspekte
Viele Angst-Betroffene haben eines gemeinsam: sie vermeiden die angstauslösende Situation. Nur ist es genau diese Vermeidung, die alltägliche Handlungen wie Einkaufen, über eine Brücke gehen oder ein Formular unterschreiben, zu einer grossen Herausforderung machen.
In der Behandlung einer Angstproblematik kommt man in der Regel nicht umhin, sich der angstauslösenden Situationen zu stellen.
Anstatt Situationen zu meiden, die gewöhnlich Angst auslösen, sollte man sich mit ihr bewusst konfrontieren. Negative Erwartungen und Befürchtungen sollte man detailliert analysieren. Was genau befürchte ich? Wie wahrscheinlich ist es, dass diese Befürchtungen eintreten? Am besten macht man das zusammen mit einer Vertrauensperson. So verlieren die Gedanken ihren bedrohlichen Charakter.
Hilfreich ist auch Selbstinstruktion: Bei der letzten Panikattacke hatte ich dieselben Symptome.
Anstatt verzweifelt gegen die Angst anzukämpfen sollte man die Situation wertfrei beobachten und akzeptieren.
Bewegung und Sport wirken angstlösend und antidepressiv, viel besser als jedes Medikament. Sie helfen auch im Akutfall.
Medikamentöse Behandlung
Ob Sie sich für ein Medikament entscheiden wollen, das können und sollen Sie in erster Linie mit Ihrem Arzt besprechen. Wichtig zu wissen ist: Es gibt tatsächlich inzwischen gute Medikamente gegen Angststörungen.
Medikamente gegen die Angst sind natürlich nicht ohne Nebenwirkungen.
Tipp für Medikamentenphobiker: Einige der heute gängigen Angst-Medikamente gibt es auch in Sirupform. Weg einzuschleichen, bis man auf der Dosis einer Tablette ist und man dann auf Tabletten umstellen kann. Lassen Sie sich Zeit!
Therapieziel ist keinesfalls das Zudecken von Problemen. Im Gegenteil: die medikamentöse Behandlung schafft durch die eintretende Besserung oft erst die Grundlage für die Psychotherapie.
eingesetzt sind Antidepressiva wie eine Stütze oder Krücke, die über die Normalisierung des Nervenzellstoffwechsels helfen, die Selbstheilungskräfte wieder zu mobilisieren.
Nehmen Sie sich nicht die Chance, durch eine Medikamentenverweigerung Fortschritte zu machen. Lassen Sie sich aber im Gegenzug auch nicht dazu zwingen, Medikamente einzunehmen.
Psychologische Unterstützung nach einem Herzinfarkt
Nach einem Herzinfarkt nehmen Menschen körperliche Signale stärker wahr als früher. Bei gewissen Menschen löst dies Panikattacken aus, sie denken an einen weiteren Infarkt. Solche Patientinnen und Patienten lernen, wie eine Panikattacke entsteht, dass diese Empfindung sich nur schrecklich anfühlt, aber meistens völlig ungefährlich ist. In einem zweiten Schritt üben wir, wie man aus einer solchen Attacke herausfindet. Ich vermittle Entspannungstechniken wie beispielsweise das kontrollierte Atmen.
Im Fall von Depressionen versuche ich, die Ressourcen des Patienten zu aktivieren. Sehr Antriebslose versuche ich zu mehr Aktivität zu bringen, auch wenn es nur fünf Minuten Bewegung im Freien sind. Das ist schon besser als gar nichts.
Ziel ist es, die Erkrankung gut in das Leben zu integrieren. Ich soll sagen können, ich hatte zwar meinen Herzinfarkt und den wünschte ich mir nicht, aber jetzt bin ich auf gutem Wege und das Leben macht mir wieder Freude. Wir Psychologen unterstützen die Menschen auf dem Weg dorthin.
Man muss einen Mittelweg finden. Einerseits muss man die Erkrankung ernst nehmen, die erforderlichen Anpassungen im Leben machen. Andererseits darf man sich nicht zu stark von Ängsten und negativen Gefühlen einschränken lassen.
Wichtig ist, wie ich meine Möglichkeiten und Ressourcen einschätze. Also, ob ich die Erkrankung als grösstmögliche Katastrophe oder als eine Herausforderung beurteile. Hier kann eine Psychotherapie bewirken, dass sich die persönliche Beurteilung verändert.
In den ersten Tagen nach einem Herzinfarkt steht der Schock im Vordergrund, die Angst und Verunsicherung. Später kommt dann oft eine gewisse Dankbarkeit auf. Patienten sagen mir manchmal im Nachhinein, der Herzinfarkt sei gar nicht so schlecht gewesen und es gehe ihnen heute besser als vorher. Für viele war er ein Warnschuss, dass sie dringend etwas ändern müssen.
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