Bulimie und Magersucht (Anorexia nervosa) sind nicht immer leicht zu unterscheiden.
Was ist Bulimie?
Bulimie ist oft schwer zu erkennen, da Betroffene normal- bis untergewichtig sein können und heimlich essen. Sie haben regelmässig Heisshungerattacken und versuchen, durch Erbrechen, Fasten oder Sport eine Gewichtszunahme zu verhindern. Das versuchen sie aber aus Scham zu verbergen.
Bulimie-Symptome: Wiederholte Episoden von Essattacken
Während einer Essattacke erleben Bulimie-Kranke einen Kontrollverlust. Sie fühlen sich ausgeliefert, da sie über die Nahrungsauswahl und -menge während eines Essanfalls keine Kontrolle mehr haben. Sie verzehren grosse Mengen meist sehr kalorienreicher Lebensmittel, die sie sonst vermeiden. In etwa einer bis zwei Stunden nehmen Bulimiker ein Vielfaches ihres Tagesbedarfs an Kalorien zu sich.
Selbst wenn die Essanfälle im Voraus geplant werden, fühlen sich Bulimie-Erkrankte zu diesen getrieben. Das Bedürfnis nach dem nächsten „Gelage“ erscheint ihnen unwiderstehlich gross.
Die Essattacken werden oft durch Stress ausgelöst und dauern so lange an, bis ein unangenehmes Völlegefühl entsteht. Während des Essens verspüren manche Betroffene eine kurzzeitige Entspannung. Nach den Essattacken aber schämen sie sich meist für ihr Verhalten, ekeln sich oder machen sich Vorwürfe. Diese negativen Emotionen halten den Kreislauf von Essanfällen und gegensteuernden Massnahmen (wie Erbrechen) aufrecht.
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Bulimie-Symptome: Massnahmen gegen Gewichtszunahme
Aus Angst, aufgrund der Essanfälle zuzunehmen, setzen die Betroffenen regelmässig verschiedene Strategien zur Gewichtskontrolle ein:
Am häufigsten ist absichtlich herbeigeführtes Erbrechen. Die Betroffenen stecken sich meist den Finger in den Rachen, um den Würgreflex im Gaumen auszulösen.
Darüber hinaus nehmen manche Bulimie-Betroffene Abführmittel ein.
Zwischen den Essanfällen sparen die meisten Kalorien, indem sie nur kalorienarme Mahlzeiten verzehren oder Fastentage oder -kuren einlegen.
Auch exzessives Sporttreiben gehört zu den Massnahmen gegen eine Gewichtszunahme.
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Bulimie-Symptome: Achten auf Figur und Gewicht
Ähnlich wie Magersüchtige achten auch Menschen, die an Bulimie leiden, sehr auf ihr Gewicht und haben grosse Angst davor, zuzunehmen. Die äusserliche Erscheinung ist zentral für ihr Selbstwertgefühl. Nur schlanke Körper empfinden sie als schön. Da sie aus Scham die Gegenmassnahmen grösstenteils verbergen, fällt Aussenstehenden oft nur die übertriebene Fixierung der Betroffenen auf Figur und Ernährung auf.
Was ist Magersucht (Anorexie)?
Anorexie, auch Magersucht genannt, ist eine Essstörung. Sie beginnt oft in der Pubertät und beeinflusst nicht nur das Essverhalten, sondern auch das Selbstbild und die Wahrnehmung des eigenen Körpers. Betroffenen ist es nicht möglich, eine gesunde Beziehung zum Essen aufzubauen und aufrechtzuerhalten. Sie haben Angst vor Gewichtszunahme und ein verzerrtes Bild von ihrem Körper: Sie halten sich für übergewichtig, obwohl sie es nicht sind.
Magersucht kann bei Kindern und Jugendlichen, die sich noch in der Wachstumsphase befinden, langfristige Auswirkungen auf die Entwicklung haben. Magersüchtige erreichen ihren extremen Gewichtsverlust durch eine stark eingeschränkte Nahrungsaufnahme, erzwungenes Erbrechen und Abführen sowie exzessive körperliche Aktivität.
Ist die Anorexie weit fortgeschritten, kommt es zum Anorexie-Kachexie-Syndrom. Dabei erleiden Betroffene aufgrund langanhaltender Unterernährung einen grossen Verlust an Muskelmasse.
Anorexie zeigt sich durch eine Reihe von Symptomen. Neben den körperlichen Symptomen gibt es ein typisches Verhalten bei Magersucht. Dieses ist häufig das Ergebnis der Angst vor einer Gewichtszunahme.
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Der BMI (Body-Mass-Index) beträgt bei Magersucht maximal 17,5 kg/m2. Lebensbedrohlich ist ein Wert von 14,5 kg/m2 oder weniger. Da der BMI altersabhängig ist, gelten diese konkreten Werte nicht für Magersucht bei Jugendlichen und Kindern. Grundsätzlich eignet sich der BMI nicht als einziges Kriterium für die Diagnose von Magersucht. Das liegt daran, dass dieser nur Gewicht, Grösse und Alter einbezieht. Dies lässt aber keine direkten Rückschlüsse auf die Körperzusammensetzung, wie Muskel- oder Fettanteil, zu.
Anorexie: Welche Ursachen?
Magersucht ist eine komplexe Erkrankung, die durch verschiedene Faktoren verursacht werden kann. Psychologische Aspekte können eine Rolle spielen, zum Beispiel eine perfektionistische Einstellung, ein starkes Kontrollbedürfnis, ein geringes Selbstwertgefühl oder Schwierigkeiten im Umgang mit Emotionen.
Auch soziale Faktoren können zu den Ursachen von Magersucht gehören: Der Druck, bestimmten Schönheitsidealen zu entsprechen, kann bei manchen Menschen die Entwicklung einer Anorexie begünstigen. Besonders Kinder und Jugendliche werden mit solchen Idealen konfrontiert, zum Beispiel, wenn sie soziale Medien nutzen. Auch Familiendynamiken und zwischenmenschliche Beziehungen können einen Einfluss haben.
Darüber hinaus können genetische und umweltbedingte Faktoren, psychologische Anfälligkeit und bestimmte Lebensereignisse Auswirkung auf das Anorexie-Risiko haben. Stressige Lebensumstände, wie ein Schulwechsel, die Trennung der Eltern oder Mobbing, können ein Auslöser sein. Solche Ereignisse führen vor allem bei jüngeren Menschen häufig zu Hilflosigkeit und Verzweiflung.
Anorexie kann Menschen unterschiedlichen Alters und Geschlechts betreffen. Anorexie bei Kindern zeigt sich in der Regel anders als Magersucht bei Erwachsenen. Kinder befinden sich inmitten ihrer Wachstumsphase. Hinzu kommt, dass sie weniger über ihre Gefühle und Gedanken sprechen können. Das erschwert die Diagnose. In vielen Fällen macht sich die Anorexie nicht durch eine starke Gewichtsabnahme bemerkbar, sondern durch einen Mangel an Gewichtszunahme oder Wachstum.
Unterschiede zwischen Bulimie und Magersucht
Die Betroffenen beider Essstörungen haben grosse Angst zuzunehmen, ernähren sich restriktiv und treiben häufig exzessiv Sport.
Zudem setzen auch manche Magersüchtige gewichtsreduzierende Massnahmen wie Erbrechen und Abführmittel ein. Die psychischen Hintergründe und Begleiterscheinungen von Magersucht und Bulimie sind aber grundverschieden.
Die wesentlichen Unterschiede auf einen Blick
| Merkmal | Bulimie | Magersucht |
|---|---|---|
| Angestrebtes Ideal | Sehr schlanke Figur (leichtes Untergewicht) | Starkes Untergewicht, das von anderen als ungesund betrachtet wird |
| Aktuelles Gewicht | Meist normal | Meist stark untergewichtig |
| Sehnsucht | Nach Anerkennung und Zugehörigkeit | Nach Abgrenzung, Selbstkontrolle |
| Motivation zur Gewichtsabnahme | Um das herrschende Schönheitsideal zu erfüllen | Als Ausdruck der Selbstkontrolle, Askese |
| Angst | Vor Verlassenwerden, Ausgrenzung | Vor Kontrollverlust und Vereinnahmung |
| Umgang mit der Erkrankung | Scham für die Erkrankung | Stolz auf die Fähigkeit zur Askese |
| Sexuelle Partnerschaften | Werden gepflegt | Nur selten |
| Risiko | Gravierende Folgeerkrankungen möglich, tödliche Komplikationen selten | Hohes Risiko tödlicher Verläufe |
Der Unterschied zwischen Bulimie und Anorexie besteht darin, dass Menschen mit Bulimie in der Regel normal- oder übergewichtig sind, während Personen mit Anorexie im Verlauf der Erkrankung meist untergewichtig werden.
Menschen mit Bulimie wenden die gleichen Strategien zur Gewichtsabnahme wie Magersüchtige an.
Behandlung von Essstörungen
Bei Magersucht sind die Heilungschancen umso besser, je früher die Erkrankung erkannt und eine psychotherapeutische Behandlung eingeleitet wird. Wie schnell der Genesungsprozess abläuft, ist abhängig von der Schwere der Erkrankung, der Dauer der Symptome und der Unterstützung, die Betroffene erhalten.
Die Therapie der Anorexie nervosa zielt vorrangig auf eine Normalisierung von Gewicht und Essverhalten ab - bei Frauen bis zu einem Mindest-BMI von 18,5 kg/m² und 19,5 kg/m² bei Männern. Dies vermindert physiologisch ausgelöste Essanfälle aus einer Hungersituation heraus.
Bei Bulimie erfolgt die Behandlung im Rahmen einer Psychotherapie. Eine häufig angewandte Therapieform ist die Verhaltenstherapie. Bei Bulimie wird die Therapie in der Regel noch durch eine ärztlich begleitete körperliche Regeneration ergänzt. Auch Ansätze, die die Körperwahrnehmung trainieren, können Betroffene sinnvoll unterstützen.
In etwa 50% der Fälle kann Bulimie durch eine Behandlung geheilt werden. Bei einigen Betroffenen kommt es jedoch zu einer chronischen Bulimie oder nur zu einer leichten Besserung des Krankheitsbildes. Grundsätzlich gilt: Je früher die Diagnose der Essstörung erfolgt, desto besser sind die Behandlungsaussichten. Bedenken Sie, dass es im Laufe der Behandlung auch zu Rückfällen kommen kann.
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