Das erste Gespräch beim Psychologen: Was Sie erwartet

Die Entscheidung, eine Psychotherapie zu beginnen, ist ein wichtiger Schritt. Doch ganz im Gegenteil, wer sich professionelle Hilfe organisiert, handelt klug und verantwortungsbewusst. Viele Menschen mit psychischen Erkrankungen fürchten eine Stigmatisierung, wenn ihre Krankheit bekannt wird. Sie haben Angst vor den Vorurteilen anderer Menschen bzw. assoziieren.

Es braucht oft viel Überwindung, sich einer Fachperson anzuvertrauen. Diese Zweifel und Hemmungen sind ganz normal. Vergessen Sie nicht: Viele Menschen haben psychische Probleme. So ist in der Schweiz etwa jede zweite Person im Laufe des Lebens einmal von einer psychischen Krise betroffen.

Vorbereitung auf das erste Gespräch

Bevor Sie sich auf die Suche nach einem*r Therapeut*in begeben, sollten Sie sich ein paar grundlegende Überlegungen machen. Zum Beispiel: Welche Kosten kann ich tragen? Es lohnt sich, wenn Sie sich im Vorfeld überlegen, was Sie sich von der Therapie erhoffen und unter welchen Rahmenbedingungen eine Behandlung stattfinden sollte.

Überlegen Sie sich eine Therapie zu machen? Vorbereitung auf das erste Gespräch: Was sind Ihre Beweggründe für das Gespräch oder die Therapie?

Was sind meine Beweggründe? Was sind meine Ziele? Was sind meine Erwartungen an die Fachperson? Wie viel zeitliche Ressourcen möchte/kann ich aufwenden? Was kann und will ich in eine Therapie einbringen? Wie arbeite ich gerne? Brauche ich regelmässige Aufgaben?

Lesen Sie auch: Lesen Sie mehr zu psychiatrischen Gutachten

Der wichtigste Expertentipp zur Gesprächsvorbereitung: Versuchen Sie, sich nicht zu viele Sorgen zu machen. Sprechen Sie erst mit Ihrer Hausärztin bzw. Psychotherapeutin, sich noch klarer zu werden - dies ist ein übliches Vorgehen.

Ablauf des Erstgesprächs

Nach der Anmeldung bei einer Praxis erfolgt in der Regel ein unverbindliches Erstgespräch mit der behandelnden Fachperson. Die Fachperson wird Sie sicher nach Ihren Beweggründen für dieses Gespräch fragen. Weiter wird die Fachperson Sie ermuntern, aus Ihrem Leben zu erzählen. Aus Ihren Schilderungen wird sich rasch ein Gespräch entwickeln.

Das Erstgespräch dient dazu sich kennen zu lernen. Dazu gehört auch, dass die Therapeutin über ihre Arbeitsweisen informiert. Kompakt formuliert: Ist das Gespräch sowohl beruhigend als auch herausfordernd genug?

Psychologe, Psychotherapeut oder Psychiater - Wer ist der Richtige?

Es gibt PsychologInnen, PsychotherapeutInnen sowie PsychiaterInnen. PsychologInnen haben ein Hochschulstudium in Psychologie. Seit April 2013 ist das neue Bundesgesetz über die Psychologieberufe (PsyG) in Kraft. Das Gesetz führte geschützte Berufsbezeichnungen für psychologische Berufe ein und regelt die Ausbildung, Weiterbildung und Berufsausübung von Psychotherapeuten. Seither darf sich in der Schweiz nur noch Psychologin oder Psychologe nennen, wer über einen Masterabschluss oder einen gleichwertigen Studienabschluss in Psychologie verfügt. Damit wurde Transparenz auf dem bisher unübersichtlichen Markt psychologischer Angebote geschaffen.

PsychotherapeutInnen haben zusätzlich zum Hochschulstudium in Psychologie eine mindestens vierjährige anerkannte Weiterbildung in einer oder zwei psychotherapeutischen Methoden absolviert und ihre Tätigkeit in dieser Zeit supervidieren lassen. PsychiaterInnen sind ÄrztInnen, führen den Fachtitel FMH und haben eine Spezialausbildung für Psychiatrie und Psychotherapie.

Lesen Sie auch: Ihr Weg zum Heilpraktiker Psychotherapie

Was ist der Unterschied zwischen einem Psychiater und einem Psychologen?

Ein Psychiater hat sechs Jahre Medizin studiert und sich danach während sechs Jahren zum Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie weitergebildet. Er hat daher neben psychotherapeutischen auch medizinische Kenntnisse und kann demzufolge körperliche, apparative oder Labor-Untersuchungen veranlassen. Eine Psychologin hat fünf Jahre Psychologie studiert und sich dabei intensiv mit dem menschlichen Erleben und Verhalten sowie der psychologischen Diagnostik auseinandergesetzt. Das heisst noch nicht, dass sie in der Psychotherapie tätig ist. Dafür benötigt sie zusätzlich eine mehrjährige Weiterbildung in Psychotherapie.

Psychiater*innen haben ein Medizinstudium und anschliessend eine Facharztausbildung für Psychiatrie und Psychotherapie absolviert. Sie dürfen Medikamente verschreiben. Psychiater ist ein Arzt mit einer Ausbildung zum Facharzt für Psychiatrie. fokussiert mehr auf die körperlichen Veränderungen bei seelischen Problemen.

Psychotherapeutische Verfahren

Unter dem Begriff Psychotherapie werden verschiedene psychotherapeutische Schulen und Richtungen zusammengefasst. Es handelt sich um einen einzigartigen Prozess der Begegnung und Zusammenarbeit zur Hilfe in seelischer Not und bei psychischen und psychosomatischen Leiden. Die Dauer ist abhängig von den Ursachen, den Therapiezielen und der Therapierichtung.

Es gibt verschiedene Therapierichtungen, die unterschiedliche Schwerpunkte innerhalb der Behandlung verfolgen. Je nach Krankheitsbild, Persönlichkeit und Krankheitsausprägung eignen sich unterschiedliche Therapiemethoden und Herangehensweisen.

Lesen Sie auch: Zum Artikel über Charakteranalyse

Was ist Gesprächstherapie?

Die Gesprächstherapie - auch Gesprächspsychotherapie, klientenzentrierte, personenzentrierte oder non-direktive Psychotherapie genannt - wurde Mitte des 20. Jahrhunderts vom Psychologen Carl R. Rogers begründet. Sie gehört zu den sogenannten humanistischen Therapien. Diese gehen davon aus, dass der Mensch sich ständig weiterentwickeln und wachsen will. Der Therapeut unterstützt diese sogenannte Aktualisierungstendenz, indem er dem Patienten hilft, sich selbst zu verwirklichen. Im Gegensatz zu anderen Therapieformen konzentriert sich die Gesprächstherapie nicht auf die Probleme des Patienten, sondern auf dessen Entwicklungspotenzial im Hier und Jetzt. Laut dem Konzept der Gesprächstherapie entstehen psychische Störungen dann, wenn jemand Probleme hat, sich selbst zu akzeptieren und wertzuschätzen. Der Betroffene sieht sich also verzerrt und nicht so, wie er oder sie wirklich ist. Beispielsweise sieht sich die Person als mutig, schreckt aber vor Herausforderungen zurück. Daraus entsteht eine Inkongruenz - eine Nichtübereinstimmung. Das bedeutet, dass der Patient ein Bild von sich hat, das nicht mit seinen Erfahrungen übereinstimmt. Diese Unstimmigkeit erzeugt Angst und Schmerz. An dieser These für die Entstehung psychischer Störungen setzt die Gesprächstherapie an.

Kosten und Finanzierung

Bei freiberuflichen psychologischen PsychotherapeutInnen beteiligen sich die Krankenkassen an der Behandlung im Rahmen der Zusatzversicherung, sofern der/die PsychotherapeutIn anerkannt ist. Die psychologische Psychotherapie kann via Grundversicherung abgerechnet werden, sofern sie durch delegiert arbeitende PsychotherapeutInnen erbracht wird.

Die Behandlung von psychischen Erkrankungen durch Psychiater*innen wird über die Grundversicherung gedeckt. Therapien von Psycholog*innen übernimmt die Grundversicherung im Moment nur, wenn die Behandlung von delegiert arbeitenden psychologischen Psychotherapeut*innen durchgeführt wird. Ab Sommer 2022 können Sie mit einer Verordnung von einem Arzt / einer Ärztin der Grundversorgung direkt zu psychologischen Psychotherapeut*innen in Behandlung gehen, ähnlich wie bei der Physiotherapie.

Es gibt einige Zusatzversicherungen, die komplementärmedizinische Behandlungen und Therapien von Psycholog*innen, die nicht delegiert arbeiten, mitfinanzieren. Je nach Franchise und Selbstbehalt Ihrer Krankenversicherung müssen Sie die Kosten bis zu einem bestimmten Betrag selbst bezahlen. Wir raten Ihnen, sich vor einer Behandlung bezüglich der Kostenübernahme bei Ihrer Krankenkasse zu informieren.

Nach der Anmeldung in einer Praxis oder in einer psychologischen Beratungsstelle erfolgt in der Regel ein unverbindliches Erstgespräch mit der behandelnden Fachperson. Behandlungen durch psychologische Psychotherapeutinnen und -therapeuten werden von der Grundversicherung übernommen, wenn diese durch eine Ärztin oder einen Arzt angeordnet werden. Diese Regelung gilt erst seit Juli 2022, darum ist das Abrechnungsmodell noch nicht in allen Kantonen klar definiert und umgesetzt. Informieren Sie sich bei Ihrer Therapeutin, Ihrem Therapeuten oder bei Ihrer Versicherung über die geltenden Regelungen in Ihrem Wohnkanton. Wenn keine ärztliche Anordnung besteht, werden psychologische Behandlungen teilweise durch die freiwillige Zusatzversicherung gedeckt.

Gespräche mit Life Coaches und andere psychosoziale Beratungsangebote müssen in der Regel selbst bezahlt werden.

Medikamente

Nein, Psychopharmaka können nur von MedizinerInnen verschrieben werden. Manchmal ist es sinnvoll, Medikamente - sog. Psychopharmaka - einzusetzen. Sie sollen die Genesung unterstützen und die Patienten von leidvollen Symptomen entlasten. Welche Medikamente in Frage kommen, welche Wirkungen und evtl. Nebenwirkungen zu erwarten sind und mit welcher Einnahmedauer gerechnet werden muss, wird in der Sprechstunde ausführlich erörtert. Letztlich entscheiden die Patienten, ob sie Medikamente einnehmen wollen.

Dauer der Therapie

Wie lange dauert eine Therapie?

Das ist individuell sehr verschieden und hängt von der Problematik und Ihren Anliegen ab. Die Therapiedauer wird zu Beginn der Behandlung gemeinsam festgelegt. Das Spektrum reicht von wenigen Beratungsstunden bzw. einer Kurzzeittherapie bis zur Langzeittherapie über mehrere Jahre. Fünf Monate bis fünf Jahre - wäre eine mögliche, ziemlich saloppe Antwort. Der wichtigste Faktor ist wohl die Zielsetzung.

Die Dauer der Therapie richtet sich nach dem Leiden der Patientin, des Patienten. Die ersten 40 Therapiestunden werden von den Krankenkassen ohne vorherige Prüfung vergütet, sofern eine medizinische Indikation (Grund) zur Behandlung besteht. Ist danach aus psychiatrischer Sicht eine Fortführung der Therapie notwendig, stellt der Arzt einen Antrag an den Vertrauensarzt der jeweiligen Krankenkasse. Die Krankenkasse entscheidet aufgrund der Einschätzung ihres Vertrauensarztes, ob die Therapie fortgesetzt werden kann; in begründeten Fällen ist dies gewöhnlich problemlos möglich.

Wichtige Aspekte während der Therapie

In vielen Untersuchungen hat sich gezeigt, dass eine gute Beziehung zwischen KlientIn und TherapeutIn eine wichtige Voraussetzung für das Gelingen einer Psychotherapie ist. Wie oben erwähnt ist die Qualität der therapeutischen Beziehung wichtiger als die Methodenwahl.

Die Wahl hängt mit der Art des Problems und der Fragestellung zusammen. Im Bereich der Selbsterfahrung bieten Gruppen Lernerfahrungen an, die im Einzelsetting nicht möglich sind. Die beiden Verfahren schliessen sich nicht aus.

Dafür muss die Bereitschaft bestehen, in einer geschützten respektvollen Beziehung seine eigenen Wahrnehmungsmuster, Ängste, Ideale, Bedürfnisse etc. kennen zu lernen. Im besten Fall vermag sie von seelischen Blockierungen und Einschränkungen zu heilen. Oft geht es aber auch darum, mit solchen Einschränkungen leben zu lernen und sie nicht nur als Stolpersteine wahrzunehmen.

Über die Wirksamkeit von Psychotherapie gibt es zahlreiche Untersuchungen. Sie finden dazu Artikel in der Fachliteratur. Auch Rückmeldungen der psychotherapeutischen Fachperson können Aufschluss über die Veränderungen geben. Dies kann durch unqualifizierte TherapeutInnen verursacht werden. Es kann aber auch sein, dass die «Chemie» nicht stimmt und dies nicht erkannt wird. Es können diagnostische Fehleinschätzungen auch von erfahrenen TherapeutInnen gemacht werden.

Während bei den einen die Arbeit eine aufbauende Ressource darstellt und das psychische Wohlbefinden stärkt, stellt der Job bei anderen eine psychische Zusatzbelastung dar. In diesem Fall lohnt es sich abzuklären, ob man vielleicht eine Zeit lang weniger arbeiten, Überstunden kompensieren oder Ferien beziehen kann.

Therapie beenden

Ja. Wichtiger ist aber die Frage, weshalb eine Therapie Hals über Kopf beendet werden soll. Hat eine Äusserung des Therapeuten Sie verärgert oder verletzt? oder beschuldigt? Halten Sie etwas zurück, was Sie schon lange hätten sagen sollen? Haben Sie den Eindruck, es gehe nicht vorwärts? zu sprechen, vielleicht sogar mit Hilfe eines Briefes, holen Sie sich notfalls Unterstützung - aber gehen Sie nicht einfach weg. Anders liegt der Fall, wenn Ihr Therapeut Ihre persönliche oder sexuelle Integrität verletzt, sich über die Schweigepflicht hinwegsetzt oder in anderer Weise die Standesregeln bricht.

Schweigepflicht und Datenschutz

Rein rechtlich steht jede Psychiaterin und jeder Psychologe unter Schweigepflicht. Als Patientin bzw. Es ist deshalb theoretisch möglich, eine psychische Erkrankung und ihre Behandlung geheim zu halten. Bedenken Sie, dass Familienmitglieder und Menschen im Freundeskreis meistens rasch merken, wenn es einer geliebten Person nicht gut geht.

Psychiater*innen, Psychotherapeut*innen und sämtliche angestellte Personen in stationären Kliniken sowie ambulanten Praxen unterstehen einem Berufsgeheimnis (gesetzliche Schweigepflicht nach Art. 321 Strafgesetzbuch sowie gemäss kantonalen Gesetzen und Behandlungsvertrag) und sind an das Schweizerische Datenschutzgesetz gebunden. Behandler*innen müssen ihre Akten mindestens 10 Jahre aufbewahren und diese danach vernichten.

Notfälle

Bei psychiatrischen Notfällen kontaktieren Sie das Kriseninterventions- und Triagezentrum (kitz) auf dem Areal der Klinik Königsfelden, das 24 Stunden am Tag und 7 Tage die Woche geöffnet ist 056 462 28 50.

tags: #fragen #beim #psychologen #erste #sitzung