Viele Menschen erleben im Laufe ihres Lebens Phasen, in denen ihre psychische Gesundheit aus dem Gleichgewicht gerät. Ob Depressionen, Burnout oder plötzlich auftretende Ängste - es gibt vielfältige Ursachen und Erscheinungsformen. Manchmal reichen die gewohnten Bewältigungsstrategien nicht mehr aus, und professionelle Hilfe wird notwendig. Dieser Artikel soll Ihnen einen umfassenden Überblick über den Ablauf eines ersten Besuchs beim Psychologen geben.
Vorbereitung auf den ersten Besuch
Die Wahl der Klinik oder des Therapeuten
Ein stationärer Aufenthalt in einer psychiatrischen Klinik erfolgt in der Regel nach Anmeldung durch Ihren behandelnden Hausarzt oder Psychiater. Sie können sich jedoch auch selbst direkt bei der Klinik melden und diese bei einem Vorgespräch besichtigen. Sofern es Ihre Situation erlaubt, informieren Sie sich bereits im Vorfeld in Ruhe über die Klinik und deren Angebot. Vergleichen Sie die Angebote und tauschen Sie sich mit einer Person Ihres Vertrauens aus. Je nachdem, weshalb Sie sich in der Klinik behandeln lassen möchten, kommen Sie auf eine dafür spezialisierte Station. Die meisten Kliniken verfügen beispielsweise über eine Depressionsstation, eine Station für Abhängigkeitserkrankungen oder für die Alterspsychiatrie.
Ambulante Therapie
Bei einer ambulanten Psychotherapie findet die Behandlung, im Gegensatz zur stationären Behandlung, ausserhalb der Klinik statt. Die Wartezeit für ambulante Therapien kann lange sein.
Gesprächstherapie
Die Gesprächstherapie - auch Gesprächspsychotherapie, klientenzentrierte, personenzentrierte oder non-direktive Psychotherapie genannt - wurde Mitte des 20. Jahrhunderts vom Psychologen Carl R. Rogers begründet. Sie gehört zu den sogenannten humanistischen Therapien. Diese gehen davon aus, dass der Mensch sich ständig weiterentwickeln und wachsen will. Der Therapeut unterstützt diese sogenannte Aktualisierungstendenz, indem er dem Patienten hilft, sich selbst zu verwirklichen. Im Gegensatz zu anderen Therapieformen konzentriert sich die Gesprächstherapie nicht auf die Probleme des Patienten, sondern auf dessen Entwicklungspotenzial im Hier und Jetzt.
Terminvereinbarung
Für eine Psychotherapie können Sie sich vom Hausarzt zu einem Therapeuten überweisen lassen oder auch direkt einen Termin mit einem Therapeuten vereinbaren. Ihren Hausarzt oder Ihre Hausärztin müssen Sie nicht zwingend darüber informieren.
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Was Sie vor dem ersten Termin tun können
- Hausarzt besuchen: Fragen Sie zuerst Ihren Hausarzt und besprechen Sie mit ihm das weitere Vorgehen.
 - Mehrere Therapeuten kontaktieren: Es lohnt sich, mehrere Praxen zu kontaktieren. Lassen Sie sich auf viele Wartelisten setzen und bitten Sie auf dem Anrufbeantworter um einen Rückruf, wenn Sie eine Praxis nicht persönlich erreichen.
 - Tipps annehmen: Auch wenn Sie bei einer Praxis nicht erfolgreich sind, fragen Sie dennoch, ob es Tipps gibt, welche Praxen noch Plätze frei haben.
 - Hausarzt fragen: Der Hausarzt oder die Hausärztin weiss oft, welche Praxis noch Patienten aufnehmen kann und welche nicht.
 
Der erste Termin: Was Sie erwartet
Ablauf des ersten Gesprächs
Im Erstgespräch mit einer Ärztin, einem Arzt, einer Psychologin oder einem Psychologen erfolgt eine klinische psychiatrische Untersuchung, die bereits eine erste diagnostische Einordnung ergeben sollte. Dabei erörtern wir mit Ihnen gemeinsam Ihre aktuelle Problematik. Hieraus sollten nach Möglichkeit Ziele resultieren, die Sie mit unserer Unterstützung erreichen wollen. Das Erstgespräch dient aber auch dazu, eine vertrauensvolle therapeutische Beziehung aufzubauen, die eine wichtige Grundlage für die weitere Behandlung bei uns darstellt.
Zu Beginn der Therapie schildert der Patient dem Therapeuten die Problematik. Daraufhin erläutert der Therapeut, wie die Therapie ablaufen könnte. In diesem Erstgespräch kann der Patient also testen, ob er sich bei dem Therapeuten wohlfühlt, und erfahren, was er von der Psychotherapie erwarten kann.
Inhalte des Erstgesprächs
- Klinische psychiatrische Untersuchung: Diese dient der ersten diagnostischen Einordnung.
 - Besprechung der aktuellen Problematik: Gemeinsam mit dem Therapeuten erörtern Sie Ihre Schwierigkeiten.
 - Festlegung von Zielen: Sie definieren, was Sie mit der Therapie erreichen möchten.
 - Aufbau einer vertrauensvollen Beziehung: Das Erstgespräch dient dazu, eine Basis für die weitere Behandlung zu schaffen.
 
Diagnose und Prognose
Soll die Therapie fortgesetzt werden, muss der Therapeut eine Diagnose stellen. Ohne solch eine Diagnose übernehmen die Krankenkassen keine Kosten. Für die Diagnose orientieren sich die Therapeuten entweder am diagnostischen und statistischen Manual psychischer Störungen (DSM-V) oder an der internationalen Klassifikation psychischer Störungen (derzeit ICD-10). Mithilfe von Fragebögen oder standardisierten Interviews, die sich an DSM-V oder ICD-10 orientieren, bestimmt der Therapeut, welche psychische Störung bei einem Patienten vorliegt.
Der Therapeut schätzt aufgrund der Diagnose und der individuellen Situation des Patienten ein, wie die psychische Störung verlaufen wird. Generell haben psychische Störungen eine bessere Prognose, wenn sie frühzeitig erkannt und behandelt werden. Liegen mehrere psychische Störungen gleichzeitig vor, wird die Behandlung meistens schwieriger.
Behandlungsplan und Therapieformen
Individueller Behandlungsplan
Nach dem Erstgespräch mit dem Arzt, der Ärztin, dem Psychologen oder der Psychologin, erarbeiten Sie als Patient oder Patientin gemeinsam mit uns die für Sie richtige, ganz individuelle Behandlung. Wir legen dabei grossen Wert darauf, Ihnen auf Augenhöhe zu begegnen, respekt- und verantwortungsvoll. Im Behandlungsplan werden die weiteren diagnostischen Schritte und damit Ihre individuelle Behandlung beschrieben. Diese orientiert sich an Ihrer aktuellen Problematik bzw. an den vereinbarten Therapiezielen. Die Verantwortung für den gemeinsam erarbeiteten Behandlungsplan trägt letztinstanzlich der für Sie zuständige Oberarzt oder die für Sie zuständige Oberärztin. Sollten sich im Behandlungsverlauf andere oder weitere Ziele ergeben, werden diese natürlich mit in die Planung aufgenommen. Unsere multiprofessionell zusammengesetzten Teams begleiten, unterstützen und führen Sie, damit Sie Ihre Therapieziele erreichen.
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Verschiedene Therapieangebote
Im Verlaufe des Aufenthaltes haben Sie die Möglichkeit, verschiedene Therapieangebote zu besuchen. Diese reichen von Ergotherapie über Musiktherapie, Physio- und Bewegungstherapie bis hin zu diversen gruppentherapeutischen Angeboten zu verschiedenen Themen. Viele der Therapieangebote, welche Sie in der Klinik kennen gelernt haben, können auch ambulant besucht werden. Sollten Sie also zum Beispiel von der Kunsttherapie profitiert haben, empfiehlt es sich, rechtzeitig nach ambulanten Angeboten in Ihrer Nähe zu suchen.
Beispiele für Therapieformen
- Gesprächstherapie: Der Therapeut unterstützt den Patienten dabei, sich selbst zu verwirklichen.
 - Verhaltenstherapie: Sie zielt darauf ab, das Verhalten des Patienten zu analysieren und im Umgang mit anderen Menschen zu verändern.
 - Konfrontations- oder Expositionstherapie: Der Patient wird schrittweise mit dem angsteinflössenden Faktor konfrontiert.
 - Musiktherapie: Musik hören oder selber produzieren soll helfen, die eigenen Emotionen zu entdecken.
 - Systemische Therapie: Das Aufdecken dieser Verstrickungen verhilft zu erhellenden Einsichten und somit zu Veränderungen des ganzen Familiensystems.
 - Körperorientierte Therapie: Das Arbeiten mit und am Körper hilft, seelische Beschwerden zu erkennen und zu behandeln.
 - Kunsttherapie: Beim Malen oder anderen künstlerischen Tätigkeiten lassen sich Gefühle manchmal besser ausdrücken als im Gespräch.
 
Rechtliche Aspekte und Kosten
Schweigepflicht
Die Grundlage jeder Therapie ist das Gespräch zwischen Patient und Therapeut. Eine vertrauensvolle Beziehung ist entscheidend, damit der Betroffene sich öffnen kann und der Therapeut einen umfangreichen Einblick in die Lebensgeschichte des Patienten erhält. Die Informationen, die der Therapeut erhält, muss er vertraulich behandeln. Er unterliegt der Schweigepflicht und darf keine Informationen ohne das Einverständnis des Patienten oder der Patientin weitergeben.
Kostenübernahme
Die Kosten werden allerdings nur dann erstattet, wenn eine psychische Störung diagnostiziert wurde, die bei der Person einen Leidensdruck erzeugt. Die ersten Sitzungen erkennen die Krankenkassen in der Regel als Probesitzungen, weil das Verhältnis zwischen dem Therapeuten und dem Patienten sehr wichtig ist. Nicht alle Krankenkassen übernehmen die gleiche Anzahl an Therapiestunden. Betroffene sollten sich vor Behandlungsbeginn bei ihrer Versicherung erkundigen, für wie viele Sitzungen diese die Kosten übernimmt. Lassen Sie sich diese Antwort schriftlich geben, damit Sie im Zweifelsfall auf der sicheren Seite sind.
Als Selbstzahler kostet die Psychotherapie unterschiedlich viel: Die Preise einer Psychotherapiestunde bewegen sich meist zwischen 50 und 250 Franken pro Stunde. Auch diese Informationen sollten Sie im Vorfeld abklären, wenn Sie sich für eine private Abrechnung entscheiden.
Kosten der Psychotherapie
Krankenkassen übernehmen die Kosten für verschiedene Therapieformen.
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Psychotherapeutische Berufe
Die verschiedenen Berufsbezeichnungen im psychotherapeutischen Umfeld sind auf den ersten Blick schwierig zu unterscheiden. Psychische Störungen können zwar sowohl von Psychiatern als auch von Psychotherapeuten und vielen Psychologen gleichermassen behandelt werden. Dennoch handelt es sich dabei um verschiedene Berufsfelder.
Psychologe
Ein Psychologe hat einen Universitätsabschluss mit Diplom oder Master im Studienfach Psychologie erworben. Manche Psychologen arbeiten im klinischen Bereich, andere in der Wirtschaft oder in der Forschung.
Psychiater
Der Psychiater wiederum ist ein Arzt, der nach seinem Medizinstudium eine Facharztausbildung im Bereich der psychischen Erkrankungen absolviert hat. Er behandelt psychische Störungen mit Medikamenten. Nur eine psychotherapeutische Zusatzausbildung erlaubt ihm, seine Patienten auch psychotherapeutisch zu behandeln - als ärztlicher Psychotherapeut.
Psychologischer Psychotherapeut
Davon zu unterscheiden ist der psychologische Psychotherapeut. Das ist ein Psychologe, der eine Zusatzausbildung im Bereich Psychotherapie abgeschlossen hat und deshalb ebenfalls eine Psychotherapie anbieten darf. Nicht jeder Psychologe ist also auch ein (psychologischer) Psychotherapeut - die Zusatzausbildung macht den Unterschied!
Psychotherapeut
Der Begriff Psychotherapeut ist in der Schweiz geschützt. Nur wer eine psychotherapeutische Ausbildung durchlaufen hat, darf sich Psychotherapeut nennen und - sofern er im Rahmen der entsprechenden psychotherapeutischen Formen praktiziert - über die gesetzliche Krankenkasse abrechnen.
Stationäre Behandlung
Ablauf eines stationären Aufenthalts
Am Eintrittstag erfolgt in der Regel eine körperliche Aufnahmeuntersuchung sowie ein ausführliches Aufnahmegespräch mit dem behandelnden Arzt. In den meisten Kliniken wird Ihnen eine pflegerische Bezugsperson zugeteilt, welche während Ihres Aufenthaltes Ihre Ansprechperson sein wird. Bei Behandlungsbeginn erhalten Sie schriftliche Unterlagen und Informationen zu Ihrem Aufenthalt, den Stationsregeln und anderen praktischen Hinweisen. Neben regelmässigen psychotherapeutischen Gesprächen ist es möglich, dass man Ihnen Medikamente anbietet. Das Behandlungsteam ist dazu verpflichtet, Sie über sämtliche Behandlungsschritte aufzuklären und Ihnen Wirkung und mögliche Nebenwirkungen von Psychopharmaka zu erläutern. Sie haben das Recht, die Einnahme zu verweigern.
Phasen der stationären Behandlung
Eine erfolgreiche stationäre psychiatrische und psychotherapeutische Behandlung benötigt in der Regel mehrere Wochen, um eine nachhaltige Besserung Ihres psychischen Befindens zu erreichen.
Krisen- und Notfallplan
Ein sogenannter Krisen- oder Notfallplan ist ein bewährtes Instrument. Dieser kann sehr gut mit einer Bezugsperson zusammen erarbeiten werden. Der Krisen- und Notfallplan basiert auf Ihren persönlichen Erfahrungen mit Krisensituationen und beinhaltet neben Selbsthilfemöglichkeiten auch Telefonnummern von Freunden und Bekannten.
Wichtige Überlegungen
Freiwilligkeit
Grundsätzlich gehen wir davon aus, dass Sie freiwillig in unsere Klinik eingetreten sind. Dies bedeutet, dass Sie auch jederzeit wieder austreten können, wenn Sie das wünschen.
Patientendossier
Wir sind gesetzlich dazu verpflichtet, die Behandlung umfassend zu dokumentieren. Im sogenannten Patientendossier werden sämtliche Angaben und Unterlagen Ihrer Krankheit aufbewahrt. Darunter fallen Untersuchungsbefunde, Laborbefunde sowie Dokumentationen des Fachpersonals. Die Herausgabe an Dritte (z.B. IV, Ämter, Versicherungen) erfolgt nur, nachdem Sie die ärztliche Leitung der Psychiatrie St.Gallen von der Schweigepflicht gegenüber der anfordernden Stelle entbunden haben. Die Aufbewahrungsfrist Ihres Patientendossiers beträgt für die Psychiatrie St.Gallen zehn Jahr nach der letzten Eintragung.
Die Gesprächstherapie im Detail
Bedingungen für eine Gesprächstherapie
Carl R. Rogers hat für die Gesprächstherapie sechs entscheidende Bedingungen aufgestellt:
- Es ist notwendig für die Interaktion, dass ein Kontakt zwischen Therapeut und Patient besteht.
 - Der Patient befindet sich in einem inkongruenten Zustand, der ihm Angst bereitet und ihn verletzlich macht.
 - Der Therapeut ist in einem kongruenten Zustand. Das bedeutet, dass er gegenüber dem Patienten wahrhaftig ist und sich nicht verstellt.
 - Der Therapeut akzeptiert den Patienten bedingungslos.
 - Der Therapeut fühlt sich in den Patienten hinein, ohne sich in dessen Gefühlen zu verlieren.
 - Der Patient nimmt den Therapeuten als einfühlend wahr und fühlt sich bedingungslos akzeptiert und wertgeschätzt.
 
Wann macht man eine Gesprächstherapie?
Die Gesprächstherapie wird erfolgreich bei der Behandlung psychischer Störungen angewandt. Häufig handelt es sich um Angst- oder Zwangsstörungen, Depression oder Abhängigkeitsstörungen.
Wie in den oben genannten Bedingungen für eine Gesprächstherapie angeführt, eignet sich dieses psychotherapeutische Verfahren nur dann, wenn eine Person eine Unstimmigkeit (Inkongruenz) zwischen ihrem Selbstbild und ihren Erfahrungen wahrnimmt. Zudem sollte man eine gewisse Bereitschaft mitbringen, sich selbst genauer zu erforschen.
Bei psychotischen Symptomen sowie manchen Persönlichkeitsstörungen ist die Gesprächstherapie ungeeignet, weil die Betroffenen keine Problemeinsicht haben. Die Gesprächstherapie ist auch dann nicht zu empfehlen, wenn die Person Schwierigkeiten hat, sich sprachlich auszudrücken oder über sich selbst zu reflektieren.
In den ersten Probesitzungen kann der Patient herausfinden, ob ihm diese Art der Therapie zusagt. Zudem achtet der Therapeut auf die oben genannten Bedingungen und meldet dem Patienten zurück, ob die Gesprächstherapie für ihn geeignet ist oder nicht.
Was macht man bei einer Gesprächstherapie?
In den ersten Therapiesitzungen erstellt der Therapeut die Diagnose und erkundigt sich nach der Vorgeschichte. Daraufhin legt der Patient fest, welche Ziele er in der Therapie erreichen möchte.
Das Kernstück der Gesprächstherapie ist das Gespräch zwischen Patient und Therapeut. Der Patient schildert seine Probleme und seine Sichtweisen. Der Therapeut ist bemüht, die Gefühle und Gedanken des Patienten möglichst genau zu verstehen.
Die klientenzentrierte Gesprächsführung basiert darauf, dass der Therapeut immer wieder die Aussagen des Patienten in seinen eigenen Worten zusammenfasst. Durch die Reflexion des Therapeuten gelangt der Patient zu einem besseren Verständnis seiner inneren Welt.
Was der Therapeut in einer Gesprächstherapie nicht macht, ist, dem Patienten Ratschläge oder Anweisungen zu erteilen. Er sagt dem Patienten also nicht, wie er sich verhalten soll, sondern hilft diesem vielmehr dabei, eine individuelle Antwort in sich selbst zu finden.
Therapeutische Grundhaltung
Carl R. Rogers nahm an, dass in der Psychotherapie weniger die Technik, sondern vor allem die therapeutische Haltung gegenüber dem Patienten die entscheidende Rolle spielt. Zur Gesprächstherapie gehört daher, dass der Therapeut eine warme, einfühlende und bedingungslos wertschätzende Haltung dem Patienten gegenüber einnimmt. Er wertet den Patienten nicht und bringt ihm Achtung und Respekt entgegen. Dadurch sollen sich automatisch Veränderungen im Patienten vollziehen. Wenn sich der Patient in der Therapie sicher und geborgen fühlt, kann er nämlich ohne Hemmungen erforschen, welche inneren Konflikte ihn belasten, und diese frei äussern.
Selbstbild verändern
Viele Patienten leiden, weil sie die Ursache ihres Unglücks in äusseren Bedingungen sehen, die sie nicht verändern können. In der Gesprächstherapie leitet der Therapeut hin zu den inneren Vorgängen, die Leid erzeugen.
Eine häufige Ursache für Leid sind beispielsweise verzerrte Wahrnehmungen. Der Patient lernt Pauschalurteile ("Keiner mag mich") genau zu überprüfen. Dadurch gelangt er im Laufe der Gesprächstherapie zu einer realistischeren Sichtweise ("Meine Familie und meine Freunde mögen mich, auch wenn wir ab und zu Meinungsverschiedenheiten haben").
Ziel der Gesprächspsychotherapie ist, dass der Patient wertschätzend mit sich umgeht und lernt, sich so zu sehen und zu akzeptieren, wie er ist. Die Erfahrungen, die er macht, kann er offen annehmen und muss weder verdrängen noch verzerren. Der Patient ist dann kongruent, das bedeutet, dass sein Selbstbild mit seinen Erfahrungen übereinstimmt.
Risiken der Gesprächstherapie
Wie jede Psychotherapie kann auch die Gesprächstherapie in manchen Fällen zu einer Verschlechterung führen oder die Symptome nicht bessern.
Einen wesentlichen Einfluss auf den Erfolg der Therapie hat das Verhältnis zwischen Therapeut und Patient. Deshalb ist es wichtig, dass der Patient Vertrauen zum Therapeuten hat. Ist dies nicht der Fall, ist ein Therapeutenwechsel sinnvoll.
Zudem ist die Gesprächstherapie nicht für jeden geeignet. Die Gesprächstherapie wird etwa nicht erfolgreich sein, wenn der Patienten Schwierigkeiten hat, über sich zu reflektieren oder das Beziehungsangebot des Therapeuten anzunehmen. Auch Menschen, die generell dazu in der Lage sind, können in schweren psychischen Krisen diese Fähigkeiten verlieren. Personen, die stärkere Orientierungshilfen brauchen, kommen möglicherweise mit verhaltenstherapeutischen Techniken besser zurecht.
Was muss ich nach einer Gesprächstherapie beachten?
Im Laufe der Gesprächstherapie entsteht oft eine starke Bindung zwischen Patient und Therapeut. Viele Patienten fühlen sich in dem warmen und wertschätzenden Klima der Gesprächstherapie sehr wohl und haben Angst, wenn sich die Therapie dem Ende neigt.
Solche Ängste und Sorgen sind vollkommen normal. Es ist jedoch wichtig, dass der Patient dem Therapeuten solche negativen Gedanken und Befürchtungen mitteilt - und auch, wenn er am Ende der Therapie das Gefühl hat, dass es ihm noch nicht besser geht. Therapeut und Patient können dann gemeinsam klären, ob eine Verlängerung der Therapie notwendig ist oder vielleicht ein anderer Therapeut oder eine andere Therapieform die bessere Lösung wäre.
Um das Beenden der Therapie zu erleichtern, kann der Therapeut die Abstände zwischen den Sitzungen allmählich vergrössern - die Therapie wird "ausgeschlichen", damit sich der Patient daran gewöhnt, ohne die Gesprächstherapie im Alltag zurechtzukommen.
Weitere wichtige Informationen
Was ist Psychotherapie?
Im Rahmen einer Psychotherapie behandelt man seelisch bedingte Probleme - beispielsweise, wenn das Denken, Fühlen, Erleben und Handeln eines Menschen gestört ist und man dafür keine organische Ursache als Auslöser finden kann. Häufige psychische Störungen sind zum Beispiel Angststörung, Depression, Zwangsstörung und Suchterkrankungen.
Formen der Psychotherapie
Eine Psychotherapie kann stationär, teilstationär oder ambulant, als Einzel- oder Gruppentherapie durchgeführt werden.
- Stationäre Psychotherapie: Patienten erhalten sowohl tagsüber als auch nachts sofort Hilfe und können ein umfangreiches Angebot an verschiedenen Therapieformen nutzen.
 - Teilstationäre Psychotherapie: Eine Zwischenlösung sind Tageskliniken, die eine teilstationäre Psychotherapie ermöglichen. Tagsüber ist der Patient in der Klinik, abends kehrt er nach Hause zurück.
 - Ambulante Psychotherapie: Der Patient kann das Gelernte sofort in seinem Alltag anwenden.
 - Gruppenpsychotherapie: Die Therapie in der Gruppe kann sowohl stationär als auch ambulant stattfinden.
 
Wann ist eine Psychotherapie notwendig?
Eine Psychotherapie ist notwendig, wenn die Gedanken, Gefühle und das Verhalten eines Menschen zu einer Beeinträchtigung der Lebensqualität führen. Diese Beeinträchtigung kann direkt durch die Symptome der Störung (beispielsweise starke Angst) entstehen oder aber durch die Folgen der psychischen Störung.
Psychotherapie bei körperlichen Symptomen
Schon lange weiss man, dass Körper und Psyche zusammenspielen. Körperliche Erkrankungen wirken sich oft auf die Psyche aus, und psychische Störungen gehen fast immer mit körperlichen Beschwerden einher. Eine Psychotherapie wird daher auch bei psychosomatischen Beschwerden empfohlen - also bei körperlichen Beschwerden, die ganz oder teilweise in einer psychischen Ursache wurzeln.
Eine Psychotherapie hilft aber auch bei:
- chronischem Tinnitus,
 - Magen-Darm-Problemen,
 - lebensbedrohlichen Erkrankungen (z. B. Krebs).
 
Einweisung in die stationäre Psychiatrie
Leidet ein Patient an einer sehr schweren psychischen Störung oder besteht die Gefahr, dass er sich oder anderen eine Verletzung zufügt, muss er in eine psychiatrische Klinik eingewiesen werden. Die eigentliche Psychotherapie kann aber erst dann erfolgen, wenn der Betroffene in der Lage ist, sich freiwillig am Therapieprozess zu beteiligen.
Ursache der psychischen Erkrankung
Für die Therapie ist es wichtig, herauszufinden, welche familiären, beruflichen und/oder persönlichen Probleme an der Entstehung und Aufrechterhaltung der Erkrankung beteiligt sind.
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