Flow Neuroscience: Erfahrungen mit der tDCS-Therapie bei Depressionen

Das 'Flow' ist ein neues Gerät für die Heimbehandlung von Depressionen mit der transkraniellen Gleichstromstimulation (tDCS). Es handelt sich dabei um eine nicht-invasive Hirnstimulationsmethode.

Was ist tDCS und wie funktioniert es?

tDCS ist die englische Kurzform für transkranielle Gleichstrom­stimulation und bezeichnet eine Therapiemethode, bei der schwacher Strom bestimmte Hirnareale gezielt anregt. So ist beispielsweise bekannt, dass die Hirnzellen während einer Depression in einer Region des Frontallappens wenig aktiv sind. Das kleine Headset von Flow arbeitet mit transkranieller Gleichstromstimulation (tDCS). Bei Depressionen zeigen sich verminderte Aktivitäten im sogenannten «dorsolateralen präfrontalen Kortex». Das Headset von Flow stimuliert genau diese Hirnregionen.

Die transkranielle Gleichstromstimulation erfolgt nach ärztlicher Anweisung zu Hause oder in einer Klinik. Nachdem zwei Pads am Schädel positioniert wurden, lässt man die Elektrizität von wenigen Milliampere 20 bis 30 Minuten fliessen. Dieser Vorgang wird üblicherweise fünfmal pro Woche wiederholt, anschliessend folgen 2 Tage Pause.

Anwendung und Steuerung

Für die Behandlung mit tDCS gibt es unterschiedliche Geräte. Ein neueres Gerät wird von Flow Neuroscience angeboten und ähnelt von der Form her einem Headset. Die App steuert dabei nicht nur das Headset, sondern auch die Beurteilung des Therapieerfolgs durch das regelmässige Abfragen von Symptomen. Darüber hinaus bietet die App eine verhaltenstherapeutisch basierte Unterstützung zur Veränderungen des Lebensstils bei Depressionen. Das Headset wird über eine anwenderfreundliche App gesteuert, welche die Anzahl Behandlungen streng kontrolliert, so dass eine Fehlanwendung nicht möglich ist.

Wann wird tDCS eingesetzt?

Eine Therapie mit tDCS wird zurzeit unter anderem als alternative Behandlung von Depressionen breit diskutiert und eingehend erforscht. Sie kommt beispielsweise zum Einsatz, wenn eine Psychotherapie oder Antidepressiva nicht zum gewünschten Erfolg führen. tDCS wird breiter angewandt, also auch bei Menschen mit einer leichten bis mittelschweren Depression, die nicht zwingend resistent für Medikamente und Psychotherapie sein müssen.

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Darüber hinaus hat tDCS das Potenzial, bei weiteren psychischen oder neuronalen Erkrankungen Linderung zu verschaffen. Dazu zählen Migräne-Attacken, kognitive Schwierigkeiten nach einer Hirnverletzung oder die Beschwerden von Schmerzpatienten.

Vorteile und Nachteile von tDCS

Der grosse Vorteil: Die Therapie kann inzwischen auch zu Hause erfolgen und ist nicht-invasiv. Aufgrund der schwachen Nebenwirkungen gilt die Gleichstromstimulation als interessante Alternative. tDCS ist eine günstige und einfach anwendbare Therapiemethode, die wenige Nebenwirkungen auslöst.

Wie wirksam sie im Einzelfall tatsächlich ist und welche Langzeitfolgen eine Behandlung mit sich bringt, ist noch Gegenstand der aktuellen Forschung. Auch wenn bis anhin keinerlei schwerwiegende Nebenwirkungen durch die Gleichstromstimulation nachgewiesen werden konnten, ist es wichtig, dass die Behandlung nur dann durchgeführt wird, wenn sie auch angezeigt ist und nicht eine andere neurologische oder psychiatrische Störung als eine Depression vorliegt.

Mögliche Nebenwirkungen

Möglich sind Juckreiz oder Rötungen im Bereich der Elektroden beziehungsweise Pads. Ebenfalls können Kopfschmerzen, Müdigkeit oder unspezifisches Unwohlsein auftreten.

Für Menschen, die ein Implantat im Gehirn oder sonst schon eine Hirn-OP hinter sich haben, ist die Behandlung nicht empfohlen.

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Wirkung von tDCS auf depressive Symptome

Die Stimulation soll dabei helfen, die in einer Negativitätsspirale gefangenen Gedanken und Gefühle wieder unter Kontrolle zu bringen. Typische Symptome einer Depression - etwa Müdigkeit, Schlafstörungen, Konzentrations­schwierigkeiten oder Appetitlosigkeit - werden durch die Aktivierung der Gehirnzellen gelindert. Studienteil­nehmerinnen und -teilnehmer berichteten nach der Therapie darüber hinaus von Stimmungsaufhellungen, einer gesteigerten Leistungsfähigkeit und weniger Angst.

Studienlage und Wirksamkeit

Eine Metastudie aus dem Jahr 2020 überprüfte 18 Studien mit insgesamt 930 Patienten. Aufgrund ihrer Analyse erachten die Autoren dieser Metastudie tDCS als Behandlungsmethode gegen Depressionen als wirksam. Damit wurde die Methode auch nach internationalen Richtlinien zur Behandlung von schweren Depressionen als «definitiv wirksam» eingestuft.

Flow hat vor kurzem positive Ergebnisse in der bisher grössten klinischen Studie seiner Art erzielt. Es erwies sich als doppelt so wirksam bei der Behandlung von Depressionen wie Antidepressiva** - ohne die erheblichen Nebenwirkungen.

Alternativen zur tDCS

Neben tDCS gibt es noch andere sogenannte nicht-invasive Hirnstimula­tionstechniken wie die repetitive transkranielle Magnetstimulation (rTMS). Im Unterschied zu tDCS werden bei rTMS elektrische Magnetfelder erzeugt. Zur Behandlung schwerer, therapieresistenter Depressionen ist die repetitive transkranielle Magnetstimulation rTMS der transkraniellen Gleichstromstimulation überlegen. rTMS gibt es als Behandlungsmethode schon länger als tDCS und ist seit über 10 Jahren als Behandlung für ansonsten therapieresistente Menschen mit einer schweren depressiven Störung zugelassen.

CSS bietet Flow Neuroscience Depressionsbehandlung an

CSS, einer der grössten privaten Krankenversicherer der Schweiz, bietet seinen Zusatzversicherten jetzt die Flow tDCS-Depressionsbehandlung an. Die CSS will Flow als ergänzendes Therapieformat testen und ihren Kundinnen und Kunden zugänglich machen. Das Hirn­stimulations-Set von Flow Neuro­science wird ab 01.01.2024 in die Hilfsmittelliste VVG der Ambulant­versicherungen aufgenommen.

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Die Corona-Pandemie hat Spuren hinterlassen: Ein Drittel der Schweizer Bevölkerung fühlt sich nicht vollständig gesund. Dies zeigt die CSS Gesundheitsstudie 2022. Eine Verschlechterung lässt sich auch beim psychischen Wohlbefinden feststellen. Insbesondere viele junge Frauen zwischen 18 und 30 Jahren (55 Prozent) beschreiben ihr psychisches Wohlbefinden in der jüngsten Befragung als durchzogen oder schlechter.

Erfahrungen von Anwendern

Insgesamt 15 Patientinnen und Patienten haben Flow im Rahmen des Pilotprojekts bislang getestet. Insbesondere der Verzicht bzw. die Reduktion von Medikamenten motivierte die Pilotteilnehmenden, einen neuen Ansatz auszuprobieren. 14 von ihnen zeigen sich zufrieden, eine Person findet den Tragekomfort des Headsets unangenehm.

Einige Erfahrungsberichte von Anwendern:

  • "Ich benutze Flow jetzt seit über einem Jahr und kann gleich sagen: man braucht Geduld, zumindest die Intensivphase über sollte man abwarten. Aber dafür ist meine Angst fast vollständig verschwunden."
  • "Während der ersten beiden Stimulationen verspürte ich eine milde Erstverschlimmerung, danach hatte ich das Gefühl, dass sich meine Stimmung rasch besserte."
  • "Mir persönlich hat es am besten ohne diese Antidepressiva geholfen habe es extra in Kliniken testen lassen. Deswegen habe ich mich dann dafür entschieden."
  • "Ich habe mich tatsächlich nach den Behandlungen leichter gefühlt und konnte mich besser konzentrieren."
  • "Ich finde die App und das Gerät bis jetzt sehr gut. Es unterstützt mich sehr bei meiner Depression."

Es gibt jedoch auch kritische Stimmen:

  • "Ich habe das Geräte vor 6 Monate benutzt, nur 2 Wochen lang. Ich habe mir ein Tinnitus eingefangen."
  • "Bei mir hat es nicht funktioniert und auch mein Psychiater war von dem Tool nicht begeistert."

Es ist wichtig zu beachten, dass die Erfahrungen mit Flow Neuroscience individuell unterschiedlich sein können. Nicht jeder profitiert von der Behandlung, und es können auch Nebenwirkungen auftreten.

Wichtiger Hinweis: Dieser Artikel dient nur zu Informationszwecken und ersetzt keine professionelle medizinische Beratung. Wenn Sie an Depressionen leiden, suchen Sie bitte einen Arzt oder Therapeuten auf.

Zusammenfassende Tabelle:

Aspekt Details
Methode Transkranielle Gleichstromstimulation (tDCS)
Anwendung Heimbehandlung mit Headset und App
Zielgruppe Leichte bis mittelschwere Depressionen, Alternative bei Unverträglichkeiten
Wirkung Anregung von Hirnarealen, Linderung depressiver Symptome
Vorteile Nicht-invasiv, geringe Nebenwirkungen
Nachteile Wirksamkeit individuell unterschiedlich, Langzeitfolgen noch Gegenstand der Forschung

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