Der Begriff Psychose bezeichnet eine Gruppe schwerer psychischer Störungen, die mit einem weitgehenden zeitweiligen Verlust des Realitätsbezugs einhergehen und bei der Denken, Fühlen und Wahrnehmung zeitweise stark beeinträchtigt sind. Auffällige Symptome sind oft Wahn und Halluzinationen. Psychosen können hirnorganische Ursachen haben oder durch bestimmte Drogen ausgelöst werden. Die Krankheitsverläufe sind sehr unterschiedlich.
Einige erleben nur eine kurze Phase, die dann wieder ohne Restsymptome verschwindet. Andere haben über Jahre hinweg schleichende Verläufe, verbunden mit kognitiven Einbussen und einer deutlichen Senkung des sozialen Funktionsniveaus. Im Verlauf können weitere Symptome hinzukommen: Antriebsmangel, sozialer Rückzug, Verarmung der Gefühlswelt und Interesselosigkeit.
Was ist eine Psychose?
Während eine paranoide Schizophrenie ein etablierter Krankheitsbegriff ist, beschreibt die Psychose lediglich eine veränderte Wahrnehmung beziehungsweise eine veränderte Verarbeitung von Sinneseindrücken. Im Rahmen von Psychosen kann es beispielsweise zu Halluzinationen, Wahn oder Denkstörungen kommen.
Was ist real, was nicht? Kann ich meiner Wahrnehmung noch trauen? Für Menschen, die unter einer Psychose leiden, gehören diese Fragen zur alltäglichen Herausforderung. Falls es Ihnen auch so geht - Sie sind nicht alleine! Die Symptome einer Psychose können beängstigend sein.
Stellen Sie sich vor, Sie setzen eine VR-Brille auf und betreten eine völlig andere Welt. Plötzlich sind Sie umgeben von lebendigen Farben, schwebenden Gegenständen und fantastischen Landschaften. Objekte, die für andere unsichtbar sind, erscheinen Ihnen real und greifbar. Gestalten existieren nur für Sie. Genauso fühlt sich eine Psychose an.
Lesen Sie auch: Wie Stress Mundgeruch verursacht
Der Begriff «Psychose» fasst eine Vielzahl an psychischen Störungen zusammen, bei denen Betroffene die Realität verändert wahrnehmen oder verarbeiten. Ihr Bezug zur Realität ist verzerrt. Allerdings gibt es einen entscheidenden Unterschied zur VR-Metapher: Personen mit einer Psychose wissen nicht, dass sie diese VR-Brille tragen und darum Dinge sehen und hören, die andere Menschen nicht wahrnehmen. Und das kann unglaublich beängstigend sein.
Zusätzlich herrscht in der Gesellschaft nach wie vor das falsche Vorurteil «Personen mit Psychose sind unberechenbar und gefährlich». Dabei sind Psychosen Erkrankungen wie jede andere auch und können jeden treffen. Etwa ein bis zwei Prozent der Bevölkerung erleben im Laufe ihres Lebens eine Psychose.
Ursachen von Psychosen
Die Ursachen sind vielfältig und oft unbekannt. Doch es gibt einige Faktoren, die eine Erkrankung begünstigen können, z.B.:
- genetische Veranlagung
 - starke Belastungen
 - traumatische Erlebnisse
 - Drogenkonsum
 
Schizophrene Psychosen können verschiedene Ursachen haben. An einer Schizophrenie zu erkranken, hat viele Ursachen. Einige davon sind die Vererbung, das soziale Umfeld, in dem ein Mensch sich entwickelt, seine jeweils individuellen Charaktereigenschaften und auch Drogenkonsum kann eine Rolle spielen.
Häufig treten Suchterkrankungen und Schizophrenien gemeinsam auf. Zum einen können schizophrene Episoden durch Drogen ausgelöst werden, zum anderen können Suchtmittel von Erkrankten im Sinne einer «Selbstmedikation» konsumiert werden.
Lesen Sie auch: Therapieabbruch durch den Therapeuten: Ursachen und Auswirkungen
Formen von Psychosen
Es gibt viele verschiedene Formen und Unterarten von Psychosen, jede mit ihren eigenen Herausforderungen und Merkmalen. Eine primäre Psychose entsteht aus einer psychischen Erkrankung selbst, ohne dass eine andere medizinische Ursache dahintersteckt. Eine sekundäre Psychose hingegen tritt als Folge einer anderen, meist körperlichen Erkrankung oder durch Substanzeinnahme auf.
Diese Art der Psychose kann durch neurologische Erkrankungen wie Hirntumore, Infektionen des Gehirns, Stoffwechselstörungen, Drogenmissbrauch oder bestimmte Medikamente ausgelöst werden.
- Schizophrenie: Stattdessen handelt es sich um eine Form der Psychose, die vor allem Störungen in der Wahrnehmung und im Denken hervorruft. Menschen mit Schizophrenie erleben die Welt auf eine Weise, die für andere oft schwer nachvollziehbar ist.
 - Schizoaffektive Störung: Bei der schizoaffektiven Störung leiden Betroffene sowohl unter psychotischen Symptomen als auch unter affektiven, also stimmungsbezogenen Symptomen. Das bedeutet, dass sie nicht nur Wahnvorstellungen oder Halluzinationen haben, sondern auch unter extremen Stimmungsschwankungen oder Depressionen leiden.
 - Kurze psychotische Störung: Die kurze psychotische Störung ist eine psychische Erkrankung, bei der eine Person plötzlich psychotische Symptome entwickelt, die jedoch nach kurzer Zeit wieder verschwinden. Diese Episoden, die oft durch schwere Stresssituationen, Drogenkonsum oder Schlafmangel ausgelöst werden, dauern normalerweise weniger als einen Monat.
 - Wahnhafte Störung: Die wahnhafte Störung, auch als Paranoia bekannt, ist durch das Vorhandensein langanhaltender Wahnvorstellungen ohne andere prominente Psychose-Symptome gekennzeichnet. Personen mit dieser Störung können in vielen Lebensbereichen normal funktionieren und verhalten sich oft unauffällig, ausser in Bezug auf ihre Wahnvorstellungen. Beispiele für solche Wahnvorstellungen sind Verfolgungswahn, Eifersuchtswahn, Grössenwahn oder Liebeswahn.
 - Wochenbettpsychose: Die Wochenbettpsychose ist eine schwere psychische Erkrankung, die nach der Geburt eines Kindes auftreten kann. Sie ist durch plötzliche und intensive psychotische Symptome gekennzeichnet, die sich innerhalb der ersten Wochen nach der Geburt entwickeln. Zu den möglichen Symptomen gehören Wahnvorstellungen, Halluzinationen, desorganisiertes Denken sowie extreme Stimmungsschwankungen und verändertes Verhalten, wie Unruhe oder Gedächtnisprobleme. Die Ursachen sind nicht vollständig geklärt, doch hormonelle Veränderungen sowie die körperlichen und emotionalen Herausforderungen der Geburt und des Elternseins können eine Rolle spielen.
 
Symptome einer Psychose
Die Symptome einer Psychose können sehr unterschiedlich sein, sowohl in ihrer Ausprägung als auch in ihrer Kombination.
- Wahnvorstellungen: Betroffene leiden unter Wahnvorstellungen, d. h. haben «falsche Vorstellungen» der Welt und der Dinge darin. Beispielsweise leiden sie unter Verfolgungswahn oder Grössenwahn.
 - Halluzinationen: Betroffene erleben Halluzinationen, das heisst, sie nehmen Reize wahr, die in der Realität nicht existieren. Sie hören Stimmen, die Ihren Namen rufen, Ihnen Befehle geben oder über Sie sprechen, obwohl niemand sonst im Raum ist.
 - Ich-Störungen: Betroffene erleben ihren eigenen Körper, ihre Gedanken und Gefühle als fremd. Es fühlt sich an, als könnten andere Ihre Gedanken wie ein offenes Buch lesen, was Sie sehr verletzlich macht.
 - Denkstörungen: Ihre Gedanken springen ohne erkennbaren Zusammenhang von einem Thema zum nächsten, was es schwierig macht, klar zu denken oder Gespräche zu führen. Sie beginnen einen Satz und vergessen plötzlich, was Sie sagen wollten, was sehr frustrierend sein kann.
 - Sozialer Rückzug: Sie haben das Bedürfnis, sich in Ihrem Zimmer zu verkriechen und die Tür vor der Welt zu verschliessen, weil soziale Interaktionen zu anstrengend sind. Der Gedanke daran, das Haus zu verlassen und unter Menschen zu sein, verursacht grosse Angst und Unbehagen.
 - Verlust von Interessen: Dinge, die Ihnen früher Freude bereitet haben, lassen Sie nun völlig kalt. Es ist, als wäre eine unsichtbare Barriere zwischen Ihnen und der Welt. Es fühlt sich an, als wären Sie unter einer Glasglocke gefangen, durch die keine Emotionen hindurchdringen können.
 - Antriebsmangel: Selbst einfachste Tätigkeiten wie Duschen oder Einkaufen fühlen sich an, als würden sie eine enorme Menge an Energie erfordern, die Sie nicht haben. Sie lassen alltägliche Aufgaben wie Haushalt und Körperpflege schleifen, weil Sie einfach nicht die Kraft finden, sie anzugehen. Das Aufstehen aus dem Bett wird zu einem täglichen Kampf, da jede Bewegung und jeder Schritt eine immense Anstrengung darstellen.
 
Behandlung von Psychosen
Die gute Nachricht ist: Es gibt Hoffnung auf Besserung. Mit der richtigen Behandlung und Unterstützung kann die Mehrheit der Betroffenen wieder ein normales Leben führen. Ein Leben mit einer psychischen Krankheit bringt verschiedene Herausforderungen mit sich. Sie sind jedoch nicht alleine! Sich mit anderen Betroffenen auszutauschen hilft, neue Lösungen und Perspektiven zu finden.
Die Therapie ist komplex. In der akuten Phase liegt das Schwergewicht auf der Pharmakotherapie und der stationären Behandlung, im weiteren Verlauf haben psychotherapeutische Therapien und ambulante und teilstationäre Settings zusätzliche wichtige Bedeutung. Der Sinn der Therapie liegt in der Symptomverminderung und dem Erlernen optimaler Bewältigungsstrategien und angemessener Lebensgestaltung zur Stressreduktion.
Lesen Sie auch: Umgang mit PTBS nach Kindheitstrauma
Die Behandlung einer Psychose ist vielschichtig und sollte individuell angepasst werden:
- Medikamentöse Behandlung: Einnahme von Antipsychotika, eventuell ergänzt durch Stimmungsstabilisieren oder Antidepressiva.
 - Psychotherapie: Eine wichtige Ergänzung zur medikamentösen Behandlung.
 - Zusätzliche Massnahmen: Kriseninterventionen und langfristige Rehabilitation können erforderlich sein, um die Stabilität zu fördern und die Rückkehr in den Alltag zu erleichtern.
 
Es gibt weitere Erkrankungen aus dem psychotischen Formenkreis, die mit Halluzinationen und Wahnvorstellungen einher gehen können. So können in einer manischen Phase im Rahmen einer bipolaren Störung psychotische Symptome auftreten wie auch als Folge schwerer psychischer Belastungen. Erwähnt sei auch das substanzinduzierte psychotische Erleben im Rahmen einer Kokainabhängigkeit oder auch bei exzessivem Cannabiskonsum. Spirituelle Praktiken können ebenfalls psychotische oder grenzpsychotische Zustände auslösen. Diese Aufzählung ist nicht abschliessend und sie zeigt, dass psychotisches Erleben durch sehr viele verschiedene innere und äussere Bedingungen ausgelöst werden kann.
Drogeninduzierte Psychose
Primäre Psychosen treten am häufigsten im Rahmen einer paranoiden Schizophrenie auf. Sekundäre Psychosen können dagegen durch organische Ursachen ausgelöst werden, wie beispielsweise Epilepsie, Hirntumoren, Infektionen, Autoimmunerkrankungen oder schwere Stoffwechselstörungen. Sie können auch drogenkonsumbedingt oder Folgen von Medikamentennebenwirkungen sein.
Halluzinogene Drogen (wie LSD oder Magic Mushrooms) und manchmal auch Cannabis können den Konsumierenden darüber hinaus einen „Horror-Trip“ bescheren. Das ist die landläufige Bezeichnung für eine durch Drogen ausgelöste Psychose. Diese ist gekennzeichnet durch extreme Angst oder Panik, starke Erregung und eine wahnhaft veränderte, teils paranoide Wahrnehmung. Im Extremfall begehen Betroffene in diesem Zustand Selbsttötung (Suizid) oder versuchen es.
Generell gilt, dass von Psychose betroffene Menschen in der akuten Phase eine Reizabschirmung brauchen und in den allermeisten Fällen eine medikamentöse Therapie einen Rückgang des psychotischen Erlebens bewirkt.
Suchtprobleme und Komorbidität
Suchtprobleme sind häufig: Ein Drittel der Hausarztpatienten ist in irgendeiner Art davon betroffen. Jeder 3. Erwachsene rauche, jeder 5. habe einen problematischen Alkoholkonsum, und jeder 10. Adoleszente konsumiere regelmässig Cannabis, berichtet Abhängigkeitsexperte Dr. Maximilian Meyer.
Psychiatrische Komorbidität bei Opioidabhängigkeit ist sehr häufig (40-80%) und beeinflusst den Erfolg einer OAT. Besteht eine komorbide psychische Störung, sollten beide Erkrankungen gleichzeitig von einer Person oder unter sehr enger Zusammenarbeit der verschiedenen Behandler therapiert werden.
Cannabis
Im Vergleich zu Alkohol ist das Risiko für körperliche Schäden gering. In der wissenschaftlichen Literatur wird Cannabiskonsum im Jugendalter jedoch als Risikofaktor für die Entstehung psychotischer Störungen diskutiert. Wichtig sei, bei Cannabiskonsumenten den Verlauf des Konsums wie auch die etwaige Entstehung von Nachteilen durch den Konsum und die psychische Symptomatik zu beobachten, so Meyer.
Benzodiazepine
Benzodiazepine haben bekanntermassen ein grosses Suchtpotenzial, trotzdem würden sie immer wieder so verordnet, dass eine Abhängigkeit entstehen könne, beklagte der Referent.
Eine «Substitutionstherapie» mit Clonazepam (Rivotril®) könnte bei dieser Problematik aussichtsreich sein, da es langsam anflutet, ohne einen «flash» auszulösen, eine lange Halbwertszeit (30 bis 40 h) aufweist und bei regelmässiger Einnahme geringe Plasmaspiegelschwankungen verursacht.
tags: #durch #Drogen #ausgelöste #Psychose #Ursachen #Symptome