Hat ein Mensch in Ihrem Umfeld psychische Probleme oder eine psychische Erkrankung? Das kann auch Sie stark belasten. Die psychische Erkrankung eines nahen Menschen kann Angehörige verunsichern und ihnen Angst machen. Viele möchten helfen, wissen aber nicht wie.
Es ist wichtig zu verstehen: Nur wenn sie gut für sich selbst sorgen und gesund bleiben, können sie für Menschen mit einer psychischen Erkrankung eine Stütze sein. Angehörige verausgaben sich oft und vergessen, dass auch ihre eigenen Bedürfnisse zählen.
Unterstützungsangebote für Angehörige
Für Angehörige und Nahestehende gibt es vielfältige Unterstützungsangebote:
- Hilfe zur Selbsthilfe bieten die Vereinigung von Angehörigen psychisch Kranker Bern (VASK) und Stand by You Schweiz.
 - Fachliche Unterstützung erhalten Sie auf den Angehörigenberatungsstellen psychiatrischer Kliniken.
 
Erste Schritte: Anzeichen erkennen und handeln
Vielleicht vermuten Sie, dass eine nahe Person in einer psychischen Krise steckt oder psychisch krank wird. Sie sind sich jedoch nicht sicher. Unser Fragebogen für Angehörige kann Ihnen wichtige Hinweise liefern. Lesen Sie ihn in Ruhe durch und beantworten Sie die Fragen. Haben Sie mehrere Fragen mit «Ja» beantwortet? Dann kann das ein Warnsignal sein.
Achten Sie auf Warnsignale. Nehmen Sie Ihre Gefühle ernst. Sie merken, dass es einer nahen Person nicht gut geht? Dann ist dies ein wichtiges Zeichen. Gehen Sie nicht einfach darüber hinweg. Reden Sie darüber. Und hören Sie offen zu.
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Mögliche Warnsignale:
- Hat die Person in letzter Zeit oft heftige Gefühle? Zum Beispiel: Ist sie manchmal sehr traurig oder sehr fröhlich?
 - Wechseln die Gefühle der Person sehr schnell?
 - Schläft die Person schlecht und wenig?
 - Wie ist es in der Schule, im Studium, in der Ausbildung oder im Beruf: Hat die Person weniger Lust zum Arbeiten oder Lernen?
 - Kann die Person nicht mehr so gut arbeiten?
 - Trifft die Person kaum noch Freunde oder Familie?
 - Bezieht die Person alles auf sich?
 - Fühlt sich die Person oft angegriffen?
 - Redet die Person schlecht über sich selbst?
 
Wie Sie unterstützen können
Fragen Sie die Person, wie es ihr geht. Erzählen Sie ihr, was Ihnen aufgefallen ist. Sagen Sie ihr, weshalb Sie besorgt sind. Hören Sie ihr offen und aufmerksam zu. Versuchen Sie nachzuempfinden, was die andere Person fühlt. Sie müssen für sie keine Lösungen finden. Es reicht, wenn sie Anteil nehmen. Bieten Sie Hilfe an. Machen Sie Mut.
Warten Sie nicht, bis eine Person um Hilfe bittet. Bieten Sie selbst Unterstützung an. Sagen Sie der Person, dass es auch professionelle Hilfe gibt. Das kann Hoffnung und Zuversicht schenken. Sie können die Person über Hilfsangebote informieren. Sie können sie auch ermutigen, einen Arzttermin zu organisieren.
Vermeiden Sie eigene Lösungsvorschläge. Weder gute Ratschläge noch Vergleiche mit Ihrer eigenen Situation sind angebracht. Oft hilft es Betroffenen zu wissen, dass man für sie da ist und ein offenes Ohr hat. Am besten fragen Sie den geliebten Menschen direkt, wie man ihr oder ihm Hilfe und Unterstützung bieten kann.
Bereits ein erstes Gespräch mit einem vertrauten Menschen kann Betroffene anspornen, weiterführende Hilfe bei einer Fachstelle in Anspruch zu nehmen.
Was tun, wenn Hilfe abgelehnt wird?
Vielleicht geht es jemandem schlecht. Sie möchten der Person helfen. Aber die Person will Ihre Hilfe nicht. Das kann passieren. Die Person darf selbst entscheiden, ob sie Hilfe will. Aber Sie können trotzdem etwas tun: Sie können Hilfe für sich selbst suchen.
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Manche Menschen haben Mühe, über ihre Gefühle und ihre psychische Befindlichkeit zu sprechen. Akzeptieren Sie diese Situation und signalisieren Sie Ihre Hilfsbereitschaft. Man kann niemanden zwingen, Hilfe anzunehmen. Erwähnen Sie die Möglichkeit, sich an eine Fachstelle zu wenden und professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Wichtige Hinweise und Warnzeichen
Die Person will das Gespräch ganz plötzlich beenden? Dann ist das ein Warnzeichen. Die Person bringt sich selbst oder andere Menschen in sehr grosse Gefahr? Sie haben alles versucht und es gibt keine andere Möglichkeit? Dann muss die Person vielleicht gegen ihren Willen in die psychiatrische Klinik. Das nennt man «Fürsorgerische Unterbringung FU».
Die meisten Menschen, die an Suizid denken, tönen dies vorher an oder geben entsprechende Hinweise. Folgende Warnsignale sollten Sie ernst nehmen. vernachlässigt ihren Körper.
Viele Menschen befürchten, dass sich eine Person erst recht etwas antut, wenn sie mit ihr über Suizid sprechen. Das stimmt nicht. Ein Gespräch ist wichtig und entlastet. Besonders zentral ist dabei, ohne Vorurteile zuzuhören.
Sie befürchten, dass jemand in Ihrem Umfeld an Suizid denkt? Dann können Sie dieser Person helfen. Sprechen Sie die Person offen auf Ihre Beobachtungen an. Damit lösen Sie keinen Suizidversuch aus.
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Depressionen verstehen
Psychische Erkrankungen reichen von Angst- und Persönlichkeitsstörungen über Depressionen bis hin zu Suchterkrankungen. Fast jede fünfte Person erkrankt im Laufe ihres Lebens an einer Depression. Für Betroffene wie für Angehörige eine schwierige Situation.
Depressive Verstimmungen oder Traurigkeit sind normale Gefühlszustände, die wir alle kennen. Wenn ein nahestehender Mensch an einer Depression leidet, löst dies bei Angehörigen grosse Verunsicherung aus: Wie soll ich damit umgehen, wenn mein Mann plötzlich wie abwesend wirkt? Soll ich ihn ansprechen oder in Ruhe lassen? Ist es kontraproduktiv, wenn ich meiner Frau sage, dass ich mir grosse Sorgen um sie mache?
Gut zu wissen ist zunächst Folgendes: Depressionen sind kein unumkehrbares Schicksal, sie lassen sich behandeln. Je früher man professionelle Hilfe sucht, desto höher sind die Heilungschancen.
«Schau, wie schön die Sonne scheint. Versuch doch, es zu geniessen». Depressive hören derlei gut gemeinte Aufforderungen oft. Sie sind aber genauso ungünstig wie Ermahnungen und Vorwürfe: «Jetzt nimm dich halt mal zusammen.» Depressive Menschen wünschen sich nichts mehr, als wieder aktiv und guter Dinge zu sein. Aber sie sind durch ihre Erkrankung vom eigenen Organismus ausgebremst. Sie können nicht wollen.
Wie Sie im Alltag helfen können
Was Sie tun können:
- jemanden zu bestärken, wenn er Eigeninitiative zeigt.
 - ihn dabei zu unterstützen, nach und nach wieder zu einem geregelten Tagesablauf zu finden. Denn oft sind es die einfachsten Tätigkeiten wie sich anziehen oder zum Briefkasten gehen, die unüberwindbar geworden sind.
 
Wenn es Eltern schlecht geht, spüren dies schon kleine Kinder haargenau. Sie können es aber nicht einordnen, was um sie herum passiert und geben sich schnell die Schuld dafür. Deshalb sollten Eltern sie damit nicht alleine lassen und ihnen die Krankheit erklären. Gute Hilfsmittel dafür sind Bücher: «Mamas Monster» oder «Annikas andere Welt» sind für kleinere Kinder gedacht.
Selbstfürsorge für Angehörige
Eine Depression kann sich über Monate hinziehen, was für Angehörige kräftezehrend ist. Sie fühlen sich zuweilen ohnmächtig oder schuldig, sind erschöpft und überfordert und manchmal auch wütend.
Wichtig ist, dass Sie:
- eine Auszeit nehmen.
 - sich mit Freunden austauschen.
 - sich einer Selbsthilfegruppe für Angehörige anschliesst.
 - bei Bedarf selbst zum Therapeuten geht oder mit dem oder der Erkrankten zusammen ein «Angehörigengespräch» vereinbart.
 
Depressive Menschen lassen manchmal niemanden an sich heran und können abweisend sein. Das ist für jene, die helfen wollen, schwer nachvollziehbar und kränkend. Aber: Wer depressiv ist, tut dies nicht aus böser Absicht, sondern weil er in diesem Moment nicht anders reagieren kann. Angehörige, die sich dies bewusst machen und die Abweisung nicht persönlich nehmen, schaffen es besser, damit umzugehen.
Ziele setzen und aktiv werden
Der Zyklus von Fühlen - Denken - Handeln hält eine Depression aufrecht und muss durchbrochen werden. Wenn man deprimiert und traurig ist sich trotzdem aufrafft und zwingt, etwas zu machen, was man schon lange einmal erledigen bzw. tun wollte, hat man wieder erste Erfolgserlebnisse und die Stimmung wird ein klein wenig besser. Um schrittweise Aktivitäten zu planen, hilft es, sich Ziele zu setzen.
Soziales Netzwerk als Ressource
Das soziale Netzwerk der Patientinnen und Patienten ist wichtig und kann eine wertvolle Ressource sein. Wenn Angehörige gut über das Krankheitsbild informiert sind und sie über Strategien zur Alltagsbewältigung verfügen, verringert sich ihre emotionale Belastung und Verunsicherung.
Unterstützende Angebote
Es ist von grosser Bedeutung, dass wir Angehörige mit ihren eigenen Belastungen und Schwierigkeiten ernst nehmen. Während Fachleute in der Psychiatrie täglich mit solchen Situationen umgehen, befinden sich Angehörige oft in einer extrem herausfordernden Lage, für die sie anfangs kaum geeignete Bewältigungsstrategien haben. Wir bieten Unterstützungsangebote an, um den Bedürfnissen der Angehörigen gerecht zu werden.
Beratung und Austausch
- Beratungshotline für Angehörige, Patientinnen und Patienten: Psychische Erkrankungen / Behandlungsmöglichkeiten / Medikamente
 
Für solche oder ähnliche Fragestellungen stehen Ihnen erfahrene Mitarbeitende gerne zur Verfügung. Bei Bedarf kann ein persönliches nicht ärztliches Beratungsgespräch für Angehörige und/oder Betroffen an der psychiatrischen Klinik Luzern vereinbart werden.
- Beratungstelefon: 058 856 53 00 (kostenlos)
 - Gruppenangebot «Gesprächsabende für Angehörige»: Einmal im Monat treffen sich Angehörige psychisch kranker Menschen im Ambulatorium Luzern. Fachleute beantworten ihre Fragen zu Erkrankungen, Medikamenten und Behandlungsmöglichkeiten. Die Treffen dienen aber auch dazu, sich mit anderen Angehörigen über Erfahrungen und Bewältigungsstrategien auszutauschen.
 
Die Abende werden von Fachpersonen moderiert.
Weitere Angebote
- Kinder von Eltern mit psychischer Erkrankung: Der Einbezug minderjähriger Kinder als Angehörige ist ein wichtiger Bestandteil einer qualifizierten Behandlung.
 
Zusätzliche Informationen und Links
In der für uns alle fordernden Zeit, stellen wir Ihnen verschiedene weiterführende Angebote (Links) zur Verfügung.
- Die dargebotene Hand
 - Pro Juventute
 - Sich was Gutes tun (Gesundheitsförderung Kanton Luzern)
 - Pro Mente Sana
 - Trialog-Zentralschweiz (Angebot für Betroffene, Angehörige, Fachpersonen)
 - Traversa (Netzwerk für Menschen mit einer psychischen Erkrankung und ihre Bezugspersonen)
 - VASK (Dachverband der Vereinigung von Angehörigen psychisch Kranker)
 - Equilibrium (Verein zur Bewältigung von Depressionen)
 
Altersdepression
Die Symptome einer Altersdepression sind oft nicht auf den ersten Blick erkennbar. Oder sie werden einer anderen psychischen Erkrankung zugeschrieben. Die Depression gehört zu den häufigsten psychischen Erkrankungen im Alter. Bei Patientinnen und Patienten ab 65 Jahren spricht man jeweils von einer Altersdepression. Sie kann zum ersten Mal ausbrechen oder nach einer vorgängigen Erkrankung erneut auftreten.
Eine Altersdepression ist oft nicht leicht zu erkennen. Das liegt unter anderem daran, dass ältere Patientinnen und Patienten eher körperliche Erkrankungen in den Vordergrund stellen und psychische Probleme hingegen verschweigen. Ausserdem sind kognitive Störungen oft nicht direkt von einer beginnenden Demenz zu unterscheiden.
Je nach Schweregrad der Depression reicht eine therapeutische Behandlung nicht aus. Dann wird sie mit einer medikamentösen Behandlung kombiniert. Genau wie bei einer typischen Depression. Weiter ist es wichtig, dass die körperlichen Erkrankungen, die im Zusammenhang mit der Altersdepression stehen, mitbehandelt werden.
Wenn der oder die Betroffene in einem Alters- oder Pflegeheim wohnt, sprechen Sie bei Verdacht auf eine Depression mit dem Pflegepersonal.
Wichtiger Hinweis
Diese Checklisten und Tipps ersetzen keine ärztliche oder psychotherapeutische Diagnosestellung.
Depression ist behandelbar
Depressionen lassen sich im Allgemeinen gut ambulant behandeln. Zur Verfügung stehen verschiedene psychotherapeutische Methoden, Medikamente sowie seltener auch Lichttherapie, Wachtherapie (Schlafentzug) und in ganz schweren Fällen die Elektrokrampfbehandlung. Ist die Depression sehr schwer oder droht Suizidgefahr, ist eine Hospitalisierung hilfreich. Für diese Behandlungen ist eine Konsultation bei einem Arzt notwendig oder zu empfehlen.
Was hilft bei Depression?
Sowohl als Vorbeugung, aber auch während der ärztlichen Behandlung einer Depression, gibt es Dinge, die man selbst anpacken kann. Diese Tipps sollen dabei helfen, Depressionen zuhause selbst zu behandeln. Auch wenn eine Depression zurückkommt, können kleine Eingriffe in den Alltag Abhilfe schaffen.
Den Tag strukturieren: Ein geregelter, sich wiederholender Tagesablauf hilft Menschen mit Depressionen, ihren Alltag zu bewältigen. Gemäss Experten sind Sport und Bewegung fast gleich wirksam bei Depressionen wie Antidepressiva und Psychotherapie. Es muss auch kein Marathon sein, schon moderate Einheiten genügen. Gesunde Ernährung hat nachweislich einen positiven Effekt auf Depressions-Betroffene, wie eine Studie aufzeigt.
«Depressionen lassen sich durch soziale und körperliche Aktivität, ausreichende Möglichkeiten zur Ruhe und Entspannung, stabile Beziehungen sowie stabile Tagesstrukturen mit ausreichend Schlaf vorbeugen.
Offene Kommunikation
«Eine offene Kommunikation im persönlichen Umfeld lohnt sich definitiv.
Verhaltensänderungen als Hinweis
Veränderungen im Verhalten können auf eine entsprechende Belastung hinweisen. Symptome dafür sind beispielsweise der Rückzug aus dem aktiven Leben, Niedergeschlagenheit und/oder Antriebslosigkeit. Auch Traurigkeit oder die Klage über Schlafstörungen tauchen bei psychischen Problemen vermehrt auf. Depressive Angehörige verlassen das Haus oder die Wohnung mit der Zeit immer weniger. Sie reagieren häufig gereizt oder sind unkonzentriert.
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