Depressionen während der Schwangerschaft: Risiken und Behandlung

Für die meisten Mütter ist die Geburt eines Babys ein freudiges Ereignis. Trotzdem können Frauen während der Schwangerschaft und nach der Geburt an einer depressiven Störung leiden. Der Sammelbegriff dafür ist die peripartale Depression - man spricht aber auch von Schwangerschafts- oder Wochenbettdepression sowie vom Babyblues. «Peripartal» bedeutet «um den Zeitpunkt der Geburt herum» (lat. partus, «Geburt») - dabei unterscheidet man die präpartale (auch: pränatale) und die postpartale (auch: postnatale) Depression vor und nach der Geburt.

Formen und Häufigkeit peripartaler Depressionen

Peripartale Depressionen kommen in verschiedenen Formen und Schweregraden vor. Der Babyblues ist sehr häufig und tritt in den ersten 10 Tagen nach der Geburt auf. Die postpartale Depression trifft 13-19 % aller Frauen nach der Geburt. Insgesamt erkranken jedes Jahr rund 12’000 Frauen in der Schweiz an einer postpartalen Depression. 40-80 % aller frischgebackenen Mütter leiden nach der Geburt am Babyblues.

Ursachen peripartaler Depressionen

Bei der postpartalen bzw. postnatalen Depression, die im ersten Jahr nach der Geburt auftritt, kommen meistens mehrere Faktoren zusammen: Die Ursachen sind sehr individuell und können körperlicher, hormoneller, genetischer, psychodynamischer, sozialer oder gesellschaftlicher Art sein. Die Ursachen für eine Schwangerschaftsdepression sind vielfältig und individuell. Es gibt keine eindeutige Ursache, die zwangsläufig zu dieser Erkrankung führt. Eine nachgewiesene Ursache ist die genetische Veranlagung. Wenn nahe Verwandte bereits eine Depression erlebt haben, besteht ein erhöhtes Risiko, selbst von einer Schwangerschaftsdepression betroffen zu sein. Darüber hinaus können belastende Ereignisse in der Vergangenheit im Zusammenhang mit der Schwangerschaft eine Depression auslösen. Auch Ereignisse im unmittelbaren Umfeld können eine Rolle spielen. Ein Mangel an Unterstützung in der Partnerschaft oder finanzielle Probleme können zu chronischem Stress führen und somit das Risiko für eine Schwangerschaftsdepression erhöhen. Es ist auch möglich, dass bereits eine Tendenz zur Depression vor der Schwangerschaft vorhanden war, jedoch nicht diagnostiziert wurde.

Symptome peripartaler Depressionen

Traurigkeit, Erschöpfung und Überforderung sind typische Symptome, die bis ein Jahr nach der Geburt auftreten können. Die Symptome der verschiedenen peripartalen Depressionsformen können sehr unterschiedlich sein, sowohl in ihrer Ausdrucksform wie auch in ihrem Schweregrad. Bei einer Schwangerschaftsdepression hingegen sind die negativen Gefühle ein Dauerzustand und überwiegen für mindestens zwei Wochen. Aktivitäten, die einst Freude bereitet haben, erscheinen nun belanglos und unwichtig. Zu den weiteren Symptomen zählen ein allgemeines Gefühl von Erschöpfung und Leere. Diese Symptome können auch im Rahmen einer normalen Schwangerschaft auftreten. Die Grenzen zwischen den üblichen Stimmungsschwankungen und einer Schwangerschaftsdepression sind fliessend.

Die wichtigsten Symptome sind:

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  • Konzentrationsschwierigkeiten
  • Ängste
  • Reizbarkeit
  • Schlafprobleme
  • Extreme Müdigkeit
  • Unendliche Traurigkeit

Eine Sonderform der Depressionen rund um die Schwangerschaft ist die postpartale Psychose, die eine deutlich schwerere seelische Krankheit als die anderen Formen bezeichnet. Typische Symptome dieser Psychose sind Angstzustände, Unruhe- und Erregungszustände, Antriebssteigerung oder Teilnahmslosigkeit, Halluzinationen und Wahnvorstellungen.

Auswirkungen auf Mutter und Kind

Die Schwangerschaftsdepression kann sich auch auf das ungeborene Kind auswirken, da es vermehrt Stresshormonen ausgesetzt ist. Nach der Geburt haben Kinder von Frauen mit Schwangerschaftsdepression oft Anpassungsschwierigkeiten. Sie können sich unwohl auf der Welt fühlen und benötigen möglicherweise mehr Zeit, um sich einzuleben. Studien zeigen, dass rund die Hälfte der Kinder von Müttern mit Depressionen ein höheres Risiko haben, selbst psychische Probleme zu entwickeln.

Diagnose und Behandlung

Betroffene Frauen sollten sich unabhängig vom Schweregrad ihrer Schwangerschaftsdepression unbedingt Hilfe holen - peripartale Depressionen sind in den meisten Fällen gut therapierbar. Je früher die Diagnose einer peripartalen Depression gestellt wird, umso besser für Mutter und Kind. Zur Diagnose erhebt eine Fachperson unseres Teams der Klinik für Psychiatrie und Psychosomatik die Krankengeschichte der Betroffenen. Sind Sie unsicher, ob Sie an einer Form der peripartalen Depression leiden? Dann vereinbaren Sie einen Termin für eine Untersuchung! In sehr schweren Fällen, die mit Selbstmordgefahr und Realitätsverlust einhergehen, ist eine stationäre Therapie unumgänglich, damit betroffene Frauen weder sich noch ihr Kind gefährden. Am Bethesda Spital ermöglichen wir Frauen, die bei uns ihr Baby zur Welt gebracht haben und an postpartalen Depressionen leiden, einen stationären Aufenthalt zur weiteren Behandlung.

Es ist wichtig, sich selbst und Ihre Gefühlslage ernst zu nehmen. Eine Schwangerschaftsdepression ist nichts, wofür man sich schämen muss. Bereits ein Gespräch mit vertrauten Personen kann viele Ängste und Sorgen nehmen. Hebammen oder Geburtshelfer:innen können ebenfalls wertvolle Ansprechpartner:innen sein. Wenn Sie weitere ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen möchten, ist Ihr Gynäkologe oder Ihre Gynäkologin eine gute Anlaufstelle. Die Fachperson wird feststellen, ob bei Ihnen eine Depression vorliegt und Sie gegebenenfalls an eine Psychotherapeutin oder einen Psychotherapeuten überweisen.

Weitere Tipps zur Selbsthilfe:

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  • Eine gute Ernährung ist wichtig.
  • Tageslicht ist ebenfalls von Bedeutung. Tanken Sie Vitamin D, indem Sie einen Spaziergang an der frischen Sonne machen.
  • Lassen Sie Freunde und Familienmitglieder beispielsweise im Haushalt unterstützen.
  • Holen Sie sich Unterstützung bei Ihrer Familie, Freunden und Fachpersonen.
  • Nehmen Sie sich bewusst Zeit nur für sich selbst. Lesen Sie jetzt ein Buch, frühstücken Sie im Bett oder machen Sie einen schönen, langen Spaziergang. Sich um sich selbst zu kümmern ist ein wesentlicher Bestandteil davon, sich um das Baby zu kümmern!
  • Genauso wichtig ist es, über Ihre Traurigkeit, Ihre Ängste und Sorgen zu reden. Reden Sie besonders mit Ihrem Partner, Sie brauchen seine Unterstützung - die er Ihnen aber nur geben kann, wenn Sie offen mit ihm sprechen.

Es ist entscheidend zu verstehen, dass Depression keine Schande ist und keine Schuldgefühle verursachen sollte. Vergessen Sie nicht: Eine Schwangerschaftsdepression macht Sie nicht zu einer schlechten Mutter. Depression ist eine Krankheit und kann jede:n betreffen. Seien Sie geduldig mit sich selbst. Eine Depression lässt sich nicht von heute auf morgen bewältigen.

Wichtige Anlaufstellen

Wenn Sie über zwei Wochen vergeblich versucht haben, aus diesem Tief herauszukommen, könnte eine Beratungsstelle (z.B. Pro Familia) oder der Besuch bei einem Therapeuten, einer Therapeutin helfen. Sie brauchen jemanden, bei dem Sie sich sicher fühlen und dem Sie vertrauen können. Sprechen Sie mit ihrem Arzt, Ihrer Ärztin oder Ihrer Hebamme. Das gilt natürlich im Besonderen, wenn Sie sich selbstmordgefährdet fühlen und nicht im Stande sind, Ihre täglichen Dinge zu verrichten oder wenn Sie unter Panik-Attacken leiden. Sprechen Sie dann unbedingt mit Ihrem Arzt oder Ihrer Hebamme! Einen Therapeuten oder Psychiater in Anspruch zu nehmen ist kein Zeichen von Schwäche sondern ein Zeichen dafür, dass Sie eine gute Mutter sind, die alle Schritte unternimmt, um sich und ihr Baby sicher und gesund zu erhalten.

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