Burnout-Definition und chronischer beruflicher Stress

Kaum ein Begriff in der heutigen Arbeitswelt ist so verbreitet und gleichzeitig so diffus wie «Burnout». Im ICD-11 (International Classification of Diseases) wird Burnout als Syndrom beschrieben, das sich aus chronischem Arbeitsplatzstress entwickelt und nicht erfolgreich bewältigt wurde. Charakteristisch ist vor allem das Gefühl von mangelnder Energie und Erschöpfung, eine erhöhte mentale Distanzierung von der Arbeit (Depersonalisierung) und eine verringerte Leistungsfähigkeit.

Ein Burnout ist also ein Zustand von körperlicher, psychischer und emotionaler Erschöpfung durch chronischen Stress am Arbeitsplatz.

Was ist Burnout?

Als Burnout oder Burnout-Syndrom wird ein Zustand von körperlicher und psychischer Erschöpfung bezeichnet. Wie das englische Wort besagt, fühlen sich Menschen mit einem Burnout ausgebrannt, leer und energielos.

Burn-out ist eine arbeitsbezogene Störung. Der Begriff «Arbeit» schliesst auch unbezahlte Tätigkeiten wie die Pflege von Angehörigen oder Familienarbeit ein.

Kennzeichnend für ein Burn-out ist ein körperlicher, emotionaler und geistiger Erschöpfungszustand aufgrund einer belastenden Lebenssituation.

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Ursachen und Risikofaktoren

Das Zustandekommen eines Burnouts ist nicht von der Zahl der Wochenarbeitsstunden abhängig. Es sind eine Vielzahl an auslösenden Faktoren, die zu der Entwicklung eines Burnout-Syndroms beitragen können. Dazu gehören zum Beispiel: Belastende Drucksituationen über eine längere Zeit, das Fehlen von Wertschätzung, Handlungsspielraum, Arbeitsplatzsicherheit und Aufstiegsmöglichkeiten und Mobbing.

Burnout gilt zudem als eine «Krankheit der Tüchtigen»: Vor allem engagierte, pflichtbewusste, perfektionistisch veranlagte Menschen sind gefährdet. Es sind also die komplexen Wechselwirkungen von Arbeitsaufwand, Betriebsklima aber auch Persönlichkeitsmerkmalen, die zu anhaltendem Stress und schliesslich zur vollständigen Erschöpfung führen.

Meist beginnt ein Burnout schleichend mit Schlafproblemen, Lustlosigkeit, Konzentrationsstörungen, Gereiztheit und zunehmender Energielosigkeit. Oft kommen auch körperliche Beschwerden wie Verdauungsstörungen, Kopfschmerzen und Muskelverspannungen hinzu. Betroffene beachten diese Warnsignale in der Regel zu wenig und versuchen weiterhin, allen Anforderungen zu genügen, bis eines Tages die Batterien komplett leer sind. Nicht selten kommt es dann zu einem totalen Zusammenbruch.

Oft sind es Menschen zwischen 40 und 50 Jahren, die von einem Burnout betroffen sind. In diesem Lebensabschnitt vermischen sich häufig hohe berufliche und private Anforderungen mit einem beginnenden, altersbedingten Energieverlust. Menschen, die den hohen Erwartungen immer gerecht werden wollen, keine ausgewogene Balance zwischen Arbeit und Erholung finden und Warnsignale nicht beachten, sind besonders gefährdet, ein Burnout zu entwickeln.

Hohe Arbeitsbelastung, Zeitdruck, monotone Tätigkeiten oder wenig Selbstbestimmung in der Arbeit sind äussere Faktoren, welche die Entstehung eines Burnouts begünstigen können.

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Burnout im Pflegeberuf

Burnout - ein Zustand emotionaler, mentaler und körperlicher Erschöpfung - ist zu einem immer dringlicheren Thema im Pflegeberuf geworden. Eine Studie, die ein Jahr nach Ausbruch der COVID-19-Pandemie durchgeführt wurde, unterstreicht das Ausmass des Problems zusätzlich. Ähnliche Entwicklungen zeigen sich auch in Ländern wie Deutschland und Österreich, wo Pflegende nahezu doppelt so häufig unter Burnout leiden wie Berufstätige in anderen Branchen.

Obwohl es keinen Konsensus zur Definition von Burnout gibt, wird die Maslach Burnout Inventory häufig verwendet, um Burnout zu erkennen. Sie beruft sich dabei auf drei zentrale Dimensionen : emotionale Erschöpfung, Depersonalisation und ein verringertes Gefühl persönlicher Leistungsfähigkeit.

  • Emotionale Erschöpfung ist oft das erste und deutlichste Anzeichen. Pflegekräfte in diesem Zustand beschreiben sich häufig als vollkommen ausgelaugt - körperlich, geistig und seelisch. Es treten Reizbarkeit, innere Distanz oder ein tiefes Gefühl der Gleichgültigkeit gegenüber der eigenen Arbeit auf.
  • Depersonalisation beschreibt die Entwicklung einer zynischen, distanzierten oder emotional abgestumpften Haltung gegenüber Patientinnen und Patienten. Oft dient sie als Schutzmechanismus, wenn die Anforderungen in der Pflege überhandnehmen.
  • Ein verringertes Gefühl persönlicher Leistungsfähigkeit äussert sich durch Zweifel an den eigenen Fähigkeiten und die Frage, ob die eigene Arbeit überhaupt einen Unterschied macht.

Diese Kernsymptome gehen häufig mit einer Vielzahl weiterer körperlicher und psychischer Beschwerden einher - darunter chronische Müdigkeit, Kopfschmerzen, Magen-Darm-Probleme, Schlafstörungen oder sogar Panikattacken. In ihrer Gesamtheit zeigen diese Symptome eindrucksvoll, welche emotionale und körperliche Belastung Burnout für Pflegekräfte bedeutet.

Ursachen von Burnout in der Pflege

Auch wenn die Symptome von Burnout in der Pflege gut dokumentiert sind, ist es ebenso wichtig zu verstehen, warum es dazu kommt. Nur so lassen sich wirksame Präventions- und Interventionsstrategien entwickeln. Burnout entsteht selten durch einen einzelnen Auslöser - vielmehr ist es das Ergebnis mehrerer, andauernder Belastungsfaktoren im Gesundheitswesen.

  1. Einer der häufigsten und unmittelbarsten Auslöser für Burnout bei Pflegekräften ist eine übermässige Arbeitsbelastung. Viele Pflegende sind regelmässig für eine hohe Anzahl von Patientinnen und Patienten verantwortlich - mit begrenzter Zeit und unzureichenden Ressourcen, um die notwendige Versorgung sicherzustellen. Dabei handelt es sich keineswegs um ein rein lokales Problem - vielmehr ist es Teil einer weltweiten Krise. Laut dem Institute for Health Metrics and Evaluation fehlt es den globalen Gesundheitssystemen derzeit an 5,9 Millionen Pflegekräften, und es wird geschätzt, dass 30 Millionen zusätzliche Pflegefachpersonen benötigt werden, um den zukünftigen Bedarf zu decken. In besonders beanspruchten Versorgungseinrichtungen sind Pflegende häufig bis zum Äussersten gefordert . Unter solchen Bedingungen wird es nahezu unmöglich, die einfühlsame und gründliche Pflege zu leisten, die viele als Berufung sehen. Die Belastung ist dabei nicht nur körperlich, sondern auch emotional.
  2. Pflege ist in hohem Masse emotionale Arbeit. Pflegekräfte sind regelmässig mit Leid, Trauma und Tod konfrontiert - und müssen dabei nicht nur ihre eigenen Gefühle bewältigen, sondern auch die Emotionen von Patientinnen, Patienten und deren Angehörigen auffangen. Ohne institutionelle Unterstützung kann sich das emotionale Gewicht solcher Erlebnisse mit der Zeit anhäufen. Traumatische Erfahrungen - etwa der Verlust eines Menschen unter belastenden Umständen - wirken oft weit über das Ende einer Schicht hinaus nach. Wenn solche Ereignisse nicht anerkannt oder verarbeitet werden, kann dies zu einer inneren Abstumpfung führen.
  3. Die Unregelmässigkeit von Schichtarbeit - insbesondere Nachtdienste und verlängerte Rufbereitschaften - bringt den biologischen Rhythmus aus dem Gleichgewicht und erschwert die notwendige Erholung. Chronische Müdigkeit und Schlafstörungen sind häufige Folgen. Extreme Erschöpfung beeinträchtigt nicht nur das Urteilsvermögen und die Reaktionsfähigkeit, sondern birgt auch konkrete Sicherheitsrisiken. In einem bekannt gewordenen Fall vergass eine Pflegekraft nach einem Nachtdienst ihr Baby im Auto, als sie direkt zurück zur Arbeit fuhr.
  4. Obwohl Pflegekräfte unverzichtbare und oft lebensrettende Arbeit leisten, fühlen sich viele unterbezahlt und zu wenig wertgeschätzt. Hierarchische Führungsstrukturen schliessen sie häufig von Entscheidungsprozessen aus - was das Gefühl von Ohnmacht und Fremdbestimmung verstärkt. In manchen Einrichtungen werden sogar arbeitsrechtliche Vorgaben missachtet: Pflegekräfte werden gebeten, trotz Krankheit zu arbeiten, oder unter Druck gesetzt, unzulässige Überstunden zu leisten. Demgegenüber zeigen sich in Arbeitsumgebungen, die Respekt, faire Bezahlung und partizipative Führung in den Mittelpunkt stellen, deutlich geringere Burnout-Risiken.
  5. Die Pandemie hat keine völlig neuen Probleme geschaffen - sie hat bereits bestehende Herausforderungen massiv verschärft. Pflegekräfte sahen sich mit unerbittlichen Arbeitsbelastungen, erhöhtem Gesundheitsrisiko und der emotionalen Belastung durch hohe Sterblichkeitsraten konfrontiert. Zwar waren öffentlicher Applaus und kurzfristige Wertschätzung weit verbreitet, doch konnten sie die strukturellen Probleme wie niedrige Löhne und Personalmangel nicht lösen.

Burnout in der Pflege ist weder selten noch zufällig - es handelt sich um ein systemisches Problem, das das Herzstück der Gesundheitsversorgung betrifft. Gekennzeichnet durch emotionale Erschöpfung, innere Distanz und ein verringertes Gefühl beruflicher Erfüllung, entsteht Burnout durch eine Kombination chronischer Belastungen: überfordernde Arbeitslast, emotionale Daueranspannung, fehlende Work-Life-Balance und mangelnde institutionelle Unterstützung.

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Der Weg zum Burnout

Ein Burnout entsteht nicht von heute auf morgen, sondern baut sich über Monate oder gar Jahre auf. Oftmals gibt es zu Beginn unspezifische Warnzeichen, wie überhöhter Arbeitseinsatz über längere Zeit und zu wenig aktive Erholungszeiten, in denen die leeren Speicher wieder aufgefüllt werden könnten.

Geht man zu wenig achtsam mit den ersten Warnzeichen um, kann sich die Negativspirale in Gang setzen bis zu einem Punkt, an dem gar nichts mehr geht. Es gibt Warnzeichen, welche die Vorgesetzten bei ihren Mitarbeitenden beobachten können.

Diagnose und Behandlung

Diagnostiziert wird ein Burnout aufgrund der Krankheitsgeschichte und den charakteristischen Beschwerden. Die Behandlung richtet sich nach den Ursachen des Burnouts. Im Zentrum steht die Wiederherstellung der Energiebalance. Abstand gewinnen, Ausruhen, Entspannen und Stress abbauen stehen dabei im Vordergrund. Spezielle Rehabilitationsprogramme oder Kurzaufenthalte in Rehabilitationszentren können diesen Prozess unterstützen.

Wie bei allen psychischen Krankheiten ist auch ein Burn-out ein sehr individueller Prozess. Ebenso individuell sollte die Behandlung den Bedürfnissen der Betroffenen angepasst werden. Ein stationärer Aufenthalt ist nur bei schweren Fällen nötig oder wenn die betroffene Person suizidgefährdet ist. In der Regel erfolgt die Behandlung ambulant. Zentral sind Psychotherapie, vor allem kognitive Verhaltenstherapie, aber auch komplementäre Therapieansätze und Entspannungsverfahren sowie der Austausch mit anderen Betroffenen.

Neben dem therapeutischen Ansatz ist auch eine sorgfältige Planung der Reintegration in den Arbeitsplatz notwendig. Dabei sollten idealerweise Arbeitgeber*in, Betroffene*r und Therapeut*in/Ärzt*in zusammenarbeiten.

Nicht immer ist eine vollständige Krankschreibung über den ganzen Genesungsprozess notwendig.

Prävention

Ein Schlüssel, um dem Burnout vorzubeugen, ist die Stressbewältigung für Führungskräfte und Mitarbeitende.

Zwar zeichnen sich erste Reformen und Initiativen zur Sensibilisierung ab, doch der Fortschritt ist uneinheitlich. Wirkliche Veränderung erfordert mehr als kurzfristige Anerkennung - sie braucht strukturelle Verbesserungen in Arbeitsbedingungen, Personalplanung und psychosozialer Unterstützung.

Therapeutische Strategien gegen chronischen beruflichen Stress

Häufig beruflich überlastete Menschen fühlen sich ausgebrannt und suchen wegen Burnout psychotherapeutische Hilfe auf. Hierdurch hat die Bedeutung des Lebensbereichs Arbeit in der psychotherapeutischen Praxis deutlich zugenommen.

Dieser Band zeigt Strategien auf, wie chronischer beruflicher Stress in der Therapie systematisch aufgegriffen und gezielt bearbeitet werden kann. Dazu werden bewährte berufsbezogene Interventionen anschaulich vorgestellt. In Kombination mit störungsspezifischen Behandlungsansätzen können auf diese Weise Patienten, die sich im Beruf ausgebrannt erleben, wirksam behandelt werden.

Ausgehend von einem umfassenden Überblick über Einflussfaktoren auf chronischen beruflichen Stress wird die Durchführung einer individuellen Berufs- und Stressanamnese beschrieben. Hierauf aufbauend wird ein individuelles Stress-Erklärungs- und Veränderungsmodell erarbeitet, aus dem sich das weitere therapeutische Vorgehen ableitet.

Je nach Ausgangslage stehen die Sensibilisierung für Signale der Überlastung, kognitive Verfahren zur Veränderung von Stressgedanken und perseverativem Denken, kompetenzorientierte Interventionen zur Stärkung beruflicher Bewältigungsfertigkeiten oder die Förderung der Regenerationsfähigkeit im Zentrum der berufsbezogenen Therapie.

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