Burnout-Automatik: Ursachen und Wege zur Bewältigung

Viele Menschen folgen rein mechanisch alten Denk-, Gefühls- und Verhaltensmustern, was oft zu unerwünschten Ergebnissen führt. Es ist jedoch möglich, diese Automatik bewusst abzuschalten und auf Handsteuerung umzuschalten, bis neue Gewohnheiten entstehen.

Das ABC des Denkens

Das ABC des Denkens kann helfen, Gedanken zu verändern, was wiederum Gefühle und Handlungen beeinflusst. Der A-C-Denker glaubt, dass äussere Einflüsse und Ereignisse seine Gefühle und sein Verhalten auslösen. Wenn ein Auslöser (A) seine Gedanken auslöst, findet eine unreflektierte Reaktion (C) statt.

Der A-B-C-Denker hingegen hat Wahlmöglichkeiten. Er ist sich bewusst, dass nicht Erfahrungen, Traditionen oder Glaubenssätze bestimmen, wie wir denken, sondern wir selbst entscheiden, welche Bedeutung wir unseren Erfahrungen geben. Durch Reflexion wird bei einem Ereignis das mentale Modell und die dadurch hervorgerufene Reaktion hinterfragt.

Beispiele für das ABC-Denken

  • Beispiel 1: Das Auto vor mir bremst, ich bremse auch so schnell wie möglich. Hier ist ABC-Denken nicht sinnvoll, da schnell agierende Mechanismen wirken müssen.
  • Beispiel 2: Jemand drängelt sich in einer Schlange vor. Anstatt sich zu ärgern, kann man sich fragen, was das mit einem selbst zu tun hat und was man wirklich will. Vielleicht will man einfach nur gemütlich einkaufen und lässt den Vorfall so wie er ist.
  • Beispiel 3: In einer Sitzung fühlt man sich angegriffen. Man kann sich fragen, wie diese Gefühle zustande kommen und was man selbst in dieser Situation haben oder sein will. Wenn man beispielsweise Anerkennung für seine Arbeit will, kann man sich überlegen, was man tun muss, um diese Anerkennung zu bekommen.

Die Freiheit im Denken

Wir sind vollkommen frei im Denken und haben die unendliche Freiheit im Denken. Es liegt an uns, etwas als Glück oder Unglück, als gut oder schlecht anzusehen. Wir haben die Freiheit, uns für das eine oder andere zu entscheiden.

Leider halten wir oft zu lange an unserem mentalen Modell fest und beginnen zu spät mit der Reflexion. Oft reflektieren wir erst dann, wenn wir in eine Krise geraten sind. Es ist wichtig zu erkennen, dass unsere Glaubenssätze eben nur Glauben sind und nicht die Realität abbilden.

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«Der menschliche Normalzustand lässt sich als die hartnäckige (Selbst-) Täuschung hinsichtlich der eigenen Wissens- beziehungsweise Unwissenheitslage beschreiben… Nicht glauben wir stets mehr zu wissen, als es wirklich der Fall ist. Wir hassen es auch, diese Meinung korrigieren zu müssen. Darum verwandelt sich passives Dafür-Halten oft in aggressives Verteidigen der Gewohnheit und ihrer Glaubenssätze. Wo kein Geltungsstreben ist, kann auch keine Angst sein, denn dann ist die Entfaltung nicht auf Wirkung bedacht.

Burnout bei Lehrern

Eine Studie zeigt, dass viele Volksschullehrer am Limit laufen, was das Schulklima vergiftet und Lernerfolge vermindert. Zeitdruck, verhaltensauffällige Schüler und komplizierte Eltern bringen in der Schweiz Tausende Lehrer an den Rande eines Burn-outs. Laut der Nationalfondsstudie der Fachhochschule Nordwestschweiz ist jeder dritte Volksschullehrer stark Burn-out-gefährdet.

Gründe dafür sind Perfektionismus, Präsentismus und die Doppelbelastung, insbesondere bei Frauen und Teilzeitlehrern mit hohem Pensum. Viele arbeiten auch dann weiter, wenn sie eigentlich nicht mehr können, und gehen auch dann zur Arbeit, wenn sie gesundheitlich angeschlagen sind.

Um dem entgegenzuwirken, werden eine Beschränkung der Klassengrössen auf 22 Schüler und eine Reduktion der Wochenlektionen auf höchstens 26 pro Lehrer gefordert.

Neuronale Entscheidungskompetenz

Die neurologische Forschung zeigt, dass das Gehirn entscheidet, lange bevor wir uns dessen bewusst sind. Der Ort im Gehirn, an dem wir bewusst entscheiden können, ist der Frontale Kortex, der jedoch schnell erschöpft ist.

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Um die neuronale Entscheidungskompetenz zu erhöhen, lohnt sich ein Blick in eigene dysfunktionale Verhaltensmuster. Norman Farb von der Universität von Toronto unterscheidet zwei Modi, in denen das Gehirn arbeitet: den narrativen Schaltkreis und das Direkt-Erfahrungs Netzwerk. Das Direkt-Erfahrungs Netzwerk liegt in der Inselrinde und ist für die Wahrnehmung körperlicher Empfindungen und den Aufmerksamkeitsfokus zuständig. Dieser Modus hat seine eigene Intelligenz, die David Eagleman das implizite Wissen des Gehirns nennt.

Der Optimierungswahn

Wir werden zunehmend Opfer unseres Optimierungswahns. Konzept und Begriff der «Optimierung» stammen aus der Mathematik und wurden später in die Wirtschaftslehre aufgenommen. Ebenso wie die Prinzipien neoliberalen Wirtschaftens, Regierens und Verwaltens tief in die Gehirne und Herzen der Bevölkerungen eingedrungen sind, sind die Optimierungsbestrebungen Teil des Alltags in sämtlichen Lebensbereichen geworden.

Verbesserungsdruck herrscht an allen Fronten, zuerst einmal an den Schulen, die auf das Leben vorbereiten, durch immer umfangreichere Programme, immer mehr standardisierte und universalisierte Tests, also durch ständiges Vergleichen eine Stressresistenz zu entwickeln, die uns den immer weiter beschleunigten Umstrukturierungsprozess proteisch aushalten lässt, bis wir uns schliesslich zurückziehen dürfen in ein «troisième âge», eine Seniorenexistenz, die länger dauert als je zuvor in der Geschichte und von neuen Aktivitäts- sowie - immer noch - Optimierungsprogrammen geprägt sein wird.

All das erzeugt Stress, Hysterie, einen alltäglichen Druck der Anpassung, Erneuerung, Selbsterfindung, Optimierung. Die Frage ist, wie lange wir das noch aushalten, als Einzelne und als Gesellschaft. Oder ob das Ganze früher oder später implodiert.

Achtsamkeit als Ausweg

Achtsamkeit soll uns helfen, aus einem Leben, das auf Automatik geschaltet ist, aufzuwachen und für die Erfahrungen in unserem Alltag offen und empfänglich zu werden. Achtsamkeit heisst, einen bewussten, mitfühlenden und freundlichen Umgang mit sich selbst und Anderen zu pflegen.

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MBSR (Mindfulness-Based Stress Reduction) hilft uns, diese Achtsamkeit zu erlernen und zu leben. Zahlreiche wissenschaftliche Studien belegen die positive Wirkung von MBSR auf das psychische und physische Wohlbefinden.

Schlussfolgerung

Es ist wichtig, die Automatik des Denkens zu erkennen und bewusst zu hinterfragen. Achtsamkeit und Reflexion können helfen, Stress zu reduzieren und ein erfüllteres Leben zu führen. Der Optimierungswahn sollte kritisch hinterfragt werden, und es ist wichtig, auf die eigenen Bedürfnisse zu achten und sich Auszeiten zu gönnen.

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