Die Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS) gehört zu den sogenannten "emotional instabilen Persönlichkeitsstörungen". Menschen mit dieser schweren psychischen Störung leiden unter ihren intensiven und unkontrollierbaren Emotionen. Die Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS) ist eine psychische Erkrankung, die durch instabile zwischenmenschliche Beziehungen, starke Stimmungsschwankungen, ein verzerrtes Selbstbild und impulsives Verhalten gekennzeichnet ist.
Definition und Hauptmerkmale
Zu den Hauptmerkmalen dieser Störung gehören laut der Borderline-Definition starke Schwankungen der Stimmung sowie heftige Wutausbrüche. Auch ein ausgeprägtes Schwarz-Weiss-Denken ist typisch für Borderliner.
Typen emotional instabiler Persönlichkeiten
Die WHO (Welt-Gesundheits-Organisation) unterteilt Menschen mit emotional instabilen Persönlichkeiten zusätzlich in zwei verschiedene Typen: den Impulsiven Typ und den Borderline-Typ.
Impulsiver Typ
Um dem Impulsiven Typ zugeordnet zu werden, müssen bestimmte Merkmale vorhanden sein. Zum Beispiel die Neigung zu Streitereien oder impulsiven, unerwarteten Handlungen ohne auf mögliche Folgen zu achten. Auch die Neigung zu unkontrollierten Wut- oder Gewaltausbrüchen und starke Stimmungsschwankungen gehören dazu.
Borderline-Typ
Typische Merkmale des Borderline-Typs sind, neben der ebenfalls vorliegenden Neigung zu Streitigkeiten, Unsicherheiten im Selbstbild beziehungsweise in der eigenen Identität, Neigung zu intensiven, aber instabilen Beziehungen, Angst vorm Verlassenwerden. Zudem kommt häufig die Androhung oder Durchführung von Selbstverletzungen und ein dauerhaftes Gefühl der Leere.
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Wer ist vom Borderline-Syndrom betroffen?
In der Bevölkerung sind durchschnittlich etwa 1,6 Prozent von einer Borderline-Persönlichkeitsstörung betroffen. Unter den jungen Menschen ist die Krankheit mit über 6 Prozent überdurchschnittlich oft vertreten.
Die Borderline-Krankheit entwickelt sich oft in der Jugend oder im jungen Erwachsenenalter. Die ersten Anzeichen für die psychische Störung treten teilweise bereits im Kindesalter auf, es ist jedoch schwierig, Borderline bei Kindern zu diagnostizieren. Bei einem Verdacht auf eine Borderline-Erkrankung im jungen Alter sprechen Experten von einer Borderline-Entwicklungsstörung.
Früher galten junge Frauen als besonders anfällig für die Borderline-Störung. Neuere Untersuchungen weisen aber darauf hin, dass die Geschlechter-Verteilung ausgeglichen ist. Zwar sind bis zu 80 Prozent der Patienten in Therapie weiblich. Wissenschaftler gehen aber davon aus, dass sich Borderline bei Männern anders äussert als bei Frauen. Männliche Borderliner neigen unter Umständen stärker zu Gewalt gegen andere und landen daher eher in Jugendstraf-Einrichtungen als in einer therapeutischen Anstalt.
Auswirkungen auf Kinder
Eltern mit Borderline haben - wie andere Eltern auch - die besten Absichten für ihre Kinder. Diese überfordern sie aber häufig. Häufig haben beispielsweise Mütter mit Borderline-Syndrom sehr hohe Ansprüche an sich und wollen dem Kind ein besseres Leben als das ihre ermöglichen. Es besteht die Gefahr, dass sie den Nachwuchs überbehüten und ihm kaum Raum zur Entwicklung geben.
Bei Eltern mit schwer ausgeprägten Borderline-Symptomen leiden die Kinder sehr unter den Auswirkungen der psychischen Störung. Sie sind den Stimmungsschwankungen der Eltern hilflos ausgesetzt. Der Wechsel zwischen liebevoller Nähe und Abweisung verunsichert die Kinder, und sie verlieren das Vertrauen in die Eltern.
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Wenn die Kinder merken, dass ihre Eltern nicht in der Lage sind, den Alltag zu meistern, übernehmen sie die Rolle des Erwachsenen. Experten bezeichnen das als Parentifizierung. Die Kinder bemühen sich, die Bedürfnisse der Eltern zu erfüllen und stecken ihre eigenen zurück. Diese Rollenumkehr erzeugt bei den Kindern meist psychische Probleme, die manchmal ein Leben lang anhalten.
Viele Patienten mit Borderline-Syndrom wurden in ihrer eigenen Kindheit vernachlässigt oder misshandelt. Ein eigenes Kind ruft möglicherweise Erinnerungen an solche traumatischen Ereignisse wach. Die Betroffenen fühlen sich dadurch wieder in die Kinderrolle versetzt und sind häufig nicht in der Lage, ihr eigenes Kind angemessen zu versorgen. Die Elternrolle überfordert sie, erzeugt Aggression - und in manchen Fällen auch Gewalt gegen die Kinder.
Viele Gründe also, warum es ratsam ist, sich als Eltern mit Borderline-Syndrom unbedingt Hilfe zu suchen. Es besteht die Möglichkeit, dass ein Therapeut die Familie auf ihrem Weg begleitet. Die Eltern haben mit entsprechender Unterstützung gute Chancen, zu lernen, wie sie die Bedürfnisse ihres Kindes erkennen. Wenn die Kinder über die Krankheit der Mutter oder des Vaters aufgeklärt werden, haben sie ein besseres Verständnis für schwierige Situationen.
Symptome und Diagnose
Bei der Borderline-Störung handelt sich um eine komplexe psychische Erkrankung. Dieses Krankheitsbild gehört zu der Klassifikation der emotional instabilen Persönlichkeitsstörung.
Eine Borderline-Störung kann diverse Symptome haben:
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- Emotionale Instabilität: Betroffene einer Borderline-Störung leiden an einem emotionalen Ungleichgewicht. Sie erleben Stimmungsschwankungen wie bei einer Achterbahnfahrt, die sie nicht kontrollieren können.
 - Gestörtes Sozialverhalten: Häufig macht sich eine Borderline-Störung durch Probleme in zwischenmenschlichen Beziehungen bemerkbar. Betroffene interpretieren Situationen anders, wobei Missverständnisse und Konflikte entstehen können.
 - Angst vor Zurückweisung: Patienten mit einer Borderline-Störung leiden oftmals an einer ausgeprägten Angst vor dem Verlassenwerden.
 - Selbstschädigendes Verhalten: Häufig bleibt es aber nicht nur bei der Androhung einer Selbstverletzung. Borderline-Patienten fügen sich oftmals selbst Schnitt- oder Brandwunden zu, die sie als Ventil für den Abbau der inneren Anspannung benutzen.
 
In einem ausführlichen Gespräch mit einer Fachperson werden die Lebens- und Krankheitsgeschichte des Patienten im Detail besprochen, um allfällige andere Krankheitsdiagnosen ausschliessen zu können. Dies ist besonders wichtig, weil die Symptome auch bei anderen psychischen Störungen auftreten können, wie zum Beispiel bei Depressionen, Sucht- und Angsterkrankungen oder Panikstörungen.
Für die Diagnose einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung müssen mehrere der oben aufgeführten Symptome vorliegen.
Typen der Diagnose
Wird eine emotional instabile Persönlichkeitsstörung diagnostiziert, werden zwei Typen unterschieden:
- Impulsiver Typus: Bei diesem Typus stehen die mangelnde Kontrolle über die Emotionen und die emotionale Instabilität im Fokus.
 - Borderline-Typus: Für die Diagnose einer Borderline-Störung müssen mindestens fünf der folgenden Symptome vorhanden sein: ein chronisches Gefühl der Leere, starke Stimmungsschwankungen.
 
Ursachen
Die genaue Ursache der Borderline-Persönlichkeitsstörung ist nicht vollständig verstanden, aber es wird angenommen, dass eine Kombination aus genetischen, biologischen und psychosozialen Faktoren eine Rolle spielt.
Ein entscheidender Faktor für die Entstehung einer Borderline-Störung sind traumatische Erlebnisse in der frühen Kindheit. Häufig berichten Betroffene einer Borderline-Störung über zum Teil schwere kindliche Traumata. In Studien zeigen bis zu 40 % der Patienten mit Borderlinestörung das zusätzliche Vorliegen einer Posttraumatischen Belastungsstörung, bis zu 80 % traumatische Erlebnisse in ihrer Kindheit.
Ein weiterer Faktor für die Entstehung einer Borderline-Störung ist die genetische Veranlagung. Die Forschung geht davon aus, dass etwa 40% der Borderline-Störungen auf den genetischen Einfluss zurückzuführen seien.
Ein weiterer Faktor in der Entstehung einer Borderline-Störung ist die Funktionsweise des Gehirns. Wie im Teil 1: Symptome und Diagnose erwähnt, leiden Betroffene an einer geringeren Impulskontrolle.
Behandlung
Die Borderline-Persönlichkeitsstörung ist behandelbar, wobei psychotherapeutische Ansätze wie die dialektisch-behaviorale Therapie (DBT) und die Mentalisierungsbasierte Therapie (MBT) besonders wirksam sein können. Diese Therapien zielen darauf ab, den Umgang mit Emotionen zu verbessern, zwischenmenschliche Fähigkeiten zu stärken und impulsives Verhalten zu kontrollieren.
Die Behandlung einer Borderline-Erkrankung ist herausfordernd und bedarf Geduld. «In den letzten Jahren sind verschiedene Psychotherapieverfahren entwickelt worden, die im Einzel- oder im Gruppensetting angewendet werden können», sagt Roland Stehr. In erster Linie geht es darum, dysfunktionale Bewältigungsstrategien ab- und funktionale Strategien aufzubauen.
In der ambulanten Behandlung, die im Regelfall zum Zuge kommt, geht man von einer Therapiedauer von mindestens einem bis zwei Jahren aus. «Bis dahin sind Patient:innen zwar nicht symptomfrei, können meist aber ein gutes und sinnerfülltes Leben führen.
Medikamente können unterstützend zu einer Psychotherapie wirken. DBT (Dialektisch-Behaviorale Therapie) hilft Betroffenen, im Leben besser zurechtzukommen.
Umgang mit Borderline
Das Verhalten von Menschen mit einer Borderline-Störung ist für Aussenstehende oft nur schwer nachvollziehbar. Instabile zwischenmenschliche Beziehungen durch den Wechsel von Idealisierung und Entwertung anderer. Ausgeprägte Stimmungsschwankungen. Angst vor dem Verlassenwerden. Gefühl, anders zu sein, als die anderen, keine eigene Identität zu haben. Impulsiver und selbstschädigender Lebensstil, wie exzessives Geldausgeben, riskantes Sexualverhalten, Substanzmissbrauch, Glücksspiel, Essanfälle etc.
Treffen sie auf eine betroffene Person, sind sie durch deren impulsives Verhalten meist überfordert. Diese emotionale Belastung kann zu chronischen Konflikten führen. Umso wichtiger ist ein bewusster Umgang damit.
Ganz wichtig sind aber auch die Angehörigen und weitere Bezugspersonen im privaten und beruflichen Umfeld. Sie müssen sehr viel Verständnis und Einfühlungsvermögen aufbringen. Dafür brauchen sie eine dicke Haut und für sich energiespendende Freiräume. Auch der Austausch mit gleichbetroffenen Angehörigen und Fachleuten ist hilfreich.
Weitere Informationen
Erst um das dreissigste Lebensjahr herum nimmt die Intensität des Borderline-Syndroms langsam ab, und die heftigen Gefühlsstürme verebben.
Die Symptome, die oftmals gegen Ende des Jugendalters auftreten, haben schwerwiegende Auswirkungen auf das Leben der Betroffenen, aber auch auf deren Umfeld.
Es besteht die Möglichkeit, dass ein Therapeut die Familie auf ihrem Weg begleitet. Wenn die Kinder über die Krankheit der Mutter oder des Vaters aufgeklärt werden, haben sie ein besseres Verständnis für schwierige Situationen.
Auch der Austausch mit gleichbetroffenen Angehörigen und Fachleuten ist hilfreich.
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