Eine Borderline-Beziehung ist geprägt von intensiven Emotionen - in einem Moment euphorisch und idealisierend, im nächsten Moment wütend und aggressiv. Für Borderline-Patienten sind diese Herausforderungen besonders schwer zu bewältigen, da sie bedeuten, Kompromisse einzugehen, auch mal zurückzustecken und Konflikte zu lösen.
Lesen Sie hier über die besonderen Herausforderungen in Beziehungen von Borderlinern.
Merkmale einer Borderline-Beziehung
Welche Merkmale in Beziehungen mit Borderline Patienten gibt es?
Neue Beziehungen erleben Menschen mit Borderline zunächst als aufregend und berauschend. Zu Beginn von Beziehungen oder Freundschaften idealisieren Borderliner die andere Person. Sie sprechen davon, einen Seelenverwandten gefunden zu haben. Die Emotionen sind sehr intensiv und berauschend.
Problematisch wird es jedoch häufig, wenn Freunde oder Partner noch andere Freundschaften haben. Menschen mit Borderline stellen häufig einen Alleinanspruch auf nahestehende Personen. Sie werden schnell eifersüchtig.
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Sobald die ersten Konflikte auftreten, kippen Stimmung und Gefühle. So intensiv, wie der Partner oder Freund zu Beginn angehimmelt wurde, wird er nun gehasst. Früher oder später wird der zunächst vergötterte Mensch zum Gegner.
Die unerwarteten Stimmungswechsel, schnelle Gereiztheit und die geringe Frustrationstoleranz von Menschen mit Borderline-Syndrom stellen die Beziehungen zu anderen Menschen auf eine harte Probe. Viele Menschen mit Borderline brechen ihre Beziehungen zu anderen Menschen vorschnell ab.
Borderliner richten Gewalt meist gegen sich selbst, indem sie sich absichtlich Verletzungen zufügen. Trotzdem besteht die Möglichkeit zu Gewaltausbrüchen gegenüber anderen. Das führt zusätzlich zu Problemen in Beziehungen.
Auch kindliches Verhalten kommt bei einigen Borderline Patienten vor. Dies haben Wissenschaftler vor allem bei Menschen festgestellt, die als Kind sexuell oder emotional missbraucht oder verlassen wurden.
Das Borderline-Syndrom ist nicht zu verwechseln mit der narzisstischen Persönlichkeitsstörung (Narzissmus), auch wenn es einige Gemeinsamkeiten gibt. Während ein Mensch mit Borderline vor allem nach Liebe sucht, verhält sich ein Narzisst häufig extrem selbstbewusst und hat ein hohes Bedürfnis nach Bewunderung und Anerkennung. Es gibt auch Patienten, die an beiden psychischen Störungen gleichzeitig erkrankt sind.
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Beziehungsmuster in der Partnerschaft
Welche Beziehungsmuster bestehen in einer Partnerschaft?
Menschen mit Borderline haben grosse Angst vor dem Alleinsein. Gleichzeitig halten sie Beziehungen nicht lange aus. Häufig springen sie von einer Beziehung in die nächste. Beziehungen plötzlich zu beenden, ist ein typisches Kennzeichen von Borderline. Es ist daher nicht leicht, eine längerfristige Beziehung zu einem Borderline-Partner aufrecht zu erhalten.
Die Gefühlsschwankungen eines Borderliners sind für den Partner oft nicht nachvollziehbar, und das Borderline-Beziehungsverhalten ist häufig zermürbend. Reagiert der Partner daraufhin abweisend oder genervt, verstärkt sich bei den Bordeline-Patienten die Angst, verlassen zu werden. Wutanfälle oder auch Manipulationsversuche sind häufige Reaktionen. Manche drohen mit Selbstmord, wenn der Partner sie verlässt.
So kommt es schnell zu einer Co-Abhängigkeit in der Borderline-Beziehung. Der Partner tut im Rahmen dieser Co-Abhängigkeit vielfach alles für den Betroffenen und stellt seine eigenen Bedürfnisse in den Hintergrund. Damit wird die psychische Störung aufrechterhalten oder sogar verstärkt.
Es ist wichtig, dass der Partner die gestörten Verhaltensmuster in der Borderline-Beziehung erkennt und sich Hilfe sucht. Zusammen mit dem Therapeuten arbeitet das Paar dann daran, die eigenen Bedürfnisse und die des anderen in Einklang zu bringen.
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Liebe und Sexualität
Borderline-Patienten, die in ihrer Kindheit Missbrauch erlebt haben, haben grosse Schwierigkeiten, langfristige Bindungen einzugehen. Beziehungen auf Basis von Verständnis und Wertschätzung sind ihnen nicht vertraut.
Gleichzeitig ist eine starke Sehnsucht nach Nähe typisch bei Borderline. Sexualität wird dann von vielen Patienten als Mittel eingesetzt, eine Beziehung aufzubauen. Oft ist Borderlinern ihre sexuelle Orientierung unklar. Denn die Schwierigkeiten mit der eigenen Identität zeigen sich auch bezüglich der sexuellen Ausrichtung.
Ihre sexuelle Offenheit in Kombination mit der Impulsivität wirkt auf andere Menschen teilweise sehr anziehend. Borderliner sind dadurch gefährdet, wieder in eine missbräuchliche Situation zu geraten, ohne dies sofort zu merken.
Es gibt Hinweise darauf, dass Borderliner Sex auch zur Reduktion von Spannungen und zur Unterdrückung von Ängsten einsetzen. Einige Borderline-Patienten suchen das Risiko, schaden sich damit selbst und fallen in eine noch tiefere Leere. Unter anderem ist dies manchmal der Grund, warum einige Borderliner fremdgehen.
Freundschaft und Familie
Ob Liebesbeziehung oder Freundschaft - der Umgang mit Borderline-Erkrankten ist immer ein Drahtseilakt. Der ständige Wechsel zwischen Nähe und Distanz, die emotionalen Achterbahnfahrten und die Wutausbrüche sind auf Dauer schwer auszuhalten. Wenn Borderliner den Kontakt abbrechen, handelt es sich oft um eine Art Selbstschutz-Verhalten.
Viele Menschen mit Borderline lügen zudem häufig. Entweder, weil Fehler in ihrem schwarz-weiss geprägten Weltbild keinen Platz haben oder aus Furcht, verlassen zu werden.
Jugendliche mit der Borderline-Störung verändern unter Umständen sehr schnell die Dynamik in der Familie. Sie ziehen die Aufmerksamkeit auf sich. Risikoreiches Verhalten, Stimmungsschwankungen und manchmal auch Suizidversuche sind Teil der psychischen Störung.
Auf Borderline-Angehörige wirkt das Verhalten des betroffenen Familienmitglieds oft verstörend. Sie haben Schwierigkeiten damit, die Handlungen nachzuvollziehen und fühlen sich oft hilflos.
Es ist wichtig für Familienmitglieder, ihre eigenen Bedürfnisse nicht zu ignorieren. Gesunde Geschwister müssen oft um die Aufmerksamkeit und Zuwendung der Eltern kämpfen. Das fördert nicht nur eine schlechte Stimmung in der Familie, sondern erhöht auch die Wut auf den Borderliner.
Mit therapeutischer Unterstützung gelingt es leichter, die Familienstruktur zu erhalten und das Gefühlschaos zu reduzieren. Borderliner haben meistens von einem oder beiden Elternteil(en) Lieblosigkeit und Vernachlässigung erfahren. Oft ist es eine Mischung aus zu geringer Fürsorge und gleichzeitig zu starker Kontrolle, die bei den Patienten in der Kindheit Traumata ausgelöst haben. Zudem gibt es genetische Einflüsse, die den Ausbruch der Krankheit fördern.
Tipps zum Umgang mit Borderlinern
Vor allem nahestehende Personen wie die Familie leiden oft unter den extremen Symptomen von Borderline und fragen sich, wie sie sich gegenüber Menschen mit Borderline verhalten sollen. Angehörigen sowie Partnern von Betroffenen empfiehlt man, sich an Beratungsstellen zu wenden, um Informationen und Kontakte zu Therapeuten zu erhalten.
Eine therapeutische Behandlung - ambulant oder stationär - ist für Borderline-Patienten in jedem Fall zu empfehlen. Wenn möglich, bezieht der Therapeut Familienmitglieder oder Partner mit ein. Der Therapeut klärt die Angehörigen zunächst ausführlich über die psychische Störung auf. Das Wissen über das Borderline-Syndrom ist ein erster wichtiger Schritt, um den Betroffenen besser zu verstehen.
In der Therapie erhalten die Angehörigen Empfehlungen für "Regeln" im Umgang mit Borderline Patienten und haben somit die Möglichkeit, zur Verbesserung der Krankheitssymptome beizutragen. Nicht nur viel Verständnis und Wohlwollen, sondern auch sinnvolle Grenzen zu setzen, hilft im Umgang mit Borderline Patienten.
Im nächsten Schritt bearbeitet man Themen, die in der Familie oder Partnerschaft zu Problemen führen. Die therapeutische Behandlung dauert häufig viele Jahre, da Borderline eine sehr tiefgreifende Störung ist. Sowohl für die Betroffenen als auch die Familie, Partner oder Freunde ist der Umgang mit der psychischen Störung ein fordernder Lernprozess. Die Unterstützung von nahestehenden Personen ist für Menschen mit Borderline aber sehr wichtig und begünstigt eine positive Entwicklung.
Nehmen Sie als Angehöriger die Androhung eines Selbstmordversuches immer ernst! Über die Hälfte der Borderline Patienten durchlebt mindestens einen Suizidversuch.
Zudem ist es wichtig, dass Angehörige von Betroffenen auch auf ihr eigenes Wohl achten. Es ist ratsam, sich bei Bedarf Unterstützung zu holen und sich immer wieder eine Auszeit von dem herausfordernden Umgang mit dem Borderliner zu gönnen, um Kraft zu tanken.
Der Kontakt mit Angehörigen anderer Borderline-Patienten trägt meist ebenfalls zur eigenen Entlastung bei. In Angehörigen-Gruppen profitiert man häufig vom Wissen und von den Erfahrungen anderer Angehöriger.
Viele Menschen in einer Borderline-Beziehung fragen sich, wie sie sich verhalten sollten, um ein idealer Partner zu sein. Diese Frage ist schwer zu beantworten. Es hilft in jedem Fall, sich umfangreich über die Krankheit zu informieren. Dann ist es eventuell möglich, das krankheitsbedingte Verhalten von der eigentlichen Persönlichkeit des Partners zu unterscheiden.
Wenn ein Borderliner zum Beispiel weint, schreit und Türen knallt, ist das Ausdruck seiner Impulsivität und nicht persönlich zu nehmen. Ausserdem ist es sinnvoll, den erkrankten Partner zu einer Therapie zu ermutigen und ihn dabei zu unterstützen.
Und bei allen Schwierigkeiten nicht vergessen: Eine Borderline-Beziehung ist oft auch bereichernd, wenn man sich gemeinsam den Herausforderungen stellt. Eine professionelle Unterstützung auf diesem Weg ist sehr zu empfehlen und in vielen Fällen auch notwendig.
Weitere Informationen
Das Verhalten von Menschen mit einer Borderline-Störung ist für Aussenstehende oft nur schwer nachvollziehbar.
Instabile zwischenmenschliche Beziehungen durch den Wechsel von Idealisierung und Entwertung anderer:
- Ausgeprägte Stimmungsschwankungen
 - Angst vor dem Verlassenwerden
 - Gefühl, anders zu sein, als die anderen, keine eigene Identität zu haben
 - Impulsiver und selbstschädigender Lebensstil, wie exzessives Geldausgeben, riskantes Sexualverhalten, Substanzmissbrauch, Glücksspiel, Essanfälle etc.
 
Wie bei den meisten psychischen Erkrankungen gibt es bezüglich des Schweregrades eine grosse Bandbreite. Einige Betroffene zeigen lediglich Teilsymptome. Sie leiden zwar stark, haben aber eine Familie und sind berufstätig.
Der Borderline-Persönlichkeitsstörung liegt nach heutiger Ansicht eine schwerwiegende Störung der Gefühlsregulation zu Grunde. Es wird eine besondere Anfälligkeit für emotionalen Stress vermutet, die auch genetisch begründet sein kann. Über 80% der Betroffenen haben traumatische Kindheitserfahrungen gemacht: sexueller Missbrauch, körperliche Gewalterfahrung, aber auch Vernachlässigung in Form von zu wenig Beständigkeit und emotionaler Wärme.
Meist erfordert die Erkrankung mehrere Jahre Behandlungszeit und dementsprechend viel Geduld von allen Beteiligten. Medikamente können unterstützend zu einer Psychotherapie wirken.
DBT (Dialektisch-Behaviorale Therapie) hilft Betroffenen, im Leben besser zurechtzukommen. Ganz wichtig sind aber auch die Angehörigen und weitere Bezugspersonen im privaten und beruflichen Umfeld. Sie müssen sehr viel Verständnis und Einfühlungsvermögen aufbringen. Dafür brauchen sie eine dicke Haut und für sich energiespendende Freiräume.
Auch der Austausch mit gleichbetroffenen Angehörigen und Fachleuten ist hilfreich.
Die Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS) ist ein komplexes und oft missverstandenes psychisches Krankheitsbild. Menschen, die davon betroffen sind, kämpfen mit intensiven emotionalen Schwankungen, einem instabilen Selbstbild und Herausforderungen in zwischenmenschlichen Beziehungen.
Die Betroffenen haben oft Mühe, ihre eigenen Emotionen zu erkennen, einzuordnen, zu benennen und dabei eine gewisse innere Distanz zu entwickeln. Sie werden gewissermassen überflutet von ihren eigenen Gefühlen, sind dadurch nicht selten bedroht oder überfordert. Dies führt dann zu Handlungen, die die Patientinnen und Patienten nicht mehr gut kontrollieren können, wie beispielsweise plötzliche Beziehungsabbrüche, Wutausbrüche oder auch selbstverletzende, spannungsregulierende Handlungen.
Persönliche, aber auch Arbeitsbeziehungen sind oftmals schwierig aufrechtzuerhalten. Betroffene brauchen verlässliche, stabile, wohlwollende, aber klare und verlässliche Beziehungen. Dann kann eine Teilhabe an der Gesellschaft gut gelingen.
Die Behandlung ist eine Domäne der Psychotherapie. Es gibt keine Medikamente gegen eine Borderlinestörung. Trotzdem werden solche gelegentlich verschrieben, beispielsweise bei Schlafstörungen oder Depressionen, die aufgrund der Persönlichkeitsproblematik zusätzlich auftreten können.
In der Psychotherapie geht es zuallererst um das Schaffen einer tragfähigen, verlässlichen, vertrauensvollen Beziehung. Dies kann unter Umständen eine schwierige, langwierige Arbeit sowohl für die Betroffenen als auch für die Therapeutinnen und Therapeuten sein.
Zudem gibt es einige sehr gut untersuchte und breit angewandte spezifische Therapieverfahren wie die Dialektisch Behaviorale Therapie (DBT) oder die Übertragungsfokussierte Therapie (TFP), die auch in dafür spezialisierten Psychotherapiestationen angeboten werden.
Bekannt ist auch das sogenannte Skillstraining, das aus der DBT stammt und breit angewandt wird. Dabei lernen Patientinnen und Patienten Werkzeuge kennen, wie sie ihr Erleben besser wahrnehmen und steuern können. Viele haben einen eigentlichen «Skillskoffer» zusammengestellt, aus dem sie sich dann je nach Situation Hilfe zuführen können.
Wie für Betroffene selbst ist es wichtig, einige Dinge über die Besonderheiten der Krankheit zu kennen und «Bescheid zu wissen». Dies hilft, Fehlverhalten vorzubeugen und empathischer auf die Betroffenen eingehen zu können.
Die heftig geführte Debatte, ob der Begriff der Borderlinestörung in der neuen Klassifikation (ICD 11) abgeschafft werden soll (zugunsten der oben erwähnten dimensionalen Einteilung von Persönlichkeitsstörungen) hat auch mit der Stigmatisierung des Begriffs zu tun, ähnlich wie vor Jahrzehnten die «hysterischer Störung».
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