Angst ist eine natürliche Reaktion des Körpers und dient dem Schutz vor Gefahren. Doch Angststörungen und Panikattacken treten bei Betroffenen häufig auf.
Was sind Panikattacken?
Panikattacken sind kurze Phasen intensiver Angst. Sie tauchen plötzlich auf und fühlen sich überwältigend an. Betroffene fürchten eine akute Gefahr und erleben dabei unterschiedliche Symptome. Häufig treten Panikattacken im Zusammenhang mit Stress oder anderen belastenden Situationen auf. Die genaue Ursache ist aber nicht immer sofort erkennbar.
Symptome einer Panikattacke
Charakteristisch für eine Panikattacke ist, dass die intensive und plötzliche Panik sich körperlich auswirkt. Die Symptome einer Panikattacke sind individuell und variieren unter Umständen in ihrer Intensität.
Typische Symptome sind:
- Herzrasen
 - Schweissausbruch
 - Zittern
 - Mundtrockenheit
 - Atemnot
 - Übelkeit
 - Schwindel
 - Brustschmerzen
 
Im Grunde genommen ungefährlich, belasten sie Betroffene oft schwer. Nicht selten stehen diese Todesängste aus. Schon die Vorstellung einer eventuell drohenden Panikattacke löst vielfach bereits starke Ängste aus. Dass diese Attacken meist ohne vorhersehbaren Anlass wiederkehren, steigert die Beklemmung und den Wunsch nach Kontrolle zusätzlich.
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Die Symptome treten meist unvermittelt auf und können sehr beängstigend sein. Weil sie von aussen kaum wahrnehmbar sind, können nicht Betroffene die starken Ängste nur selten nachvollziehen und bewerten sie als übertrieben. Für Betroffene sind die Beschwerden jedoch real und besonders in den ersten zehn Minuten am heftigsten. Bei den meisten Angstpatient:innen dauert eine Panikattacke ungefähr eine halbe Stunde.
Vor allem Herzschlag und Atmung sind während einer Panikattacke anormal. Weil der Körper denkt, er sei in Gefahr, schüttet er die Stresshormone Cortisol und Adrenalin aus. Dadurch verengen sich Blutgefässe, was zu einem schnelleren Herzschlag und flacherem Atem bis hin zu Atemnot führen kann. Diese Symptome sorgen dafür, dass Betroffene Todesängste ausstehen müssen. Weiter tritt starkes Schwitzen, Blässe sowie Zittern auf.
Oft wird die Verdauung in Mitleidenschaft gezogen: berichtet wird von Übelkeit, Brechreiz oder Durchfall. Neben dem starken Gefühl der Angst kann die sogenannte Depersonalisierung auftreten. Betroffene fühlen sich dann verwirrt oder als wären sie nicht ganz da. Bei einer Derealisierung erscheint die Umgebung unwirklich, als würde alles durch Milchglas wahrgenommen werden.
Ursachen von Panikattacken
Meist ist nicht ein einzelner Faktor Auslöser einer Angst- oder Panikattacke, sondern eine Vielzahl an Faktoren. Oftmals gehen einer Panikattacke belastende Lebensereignisse (wie der Tod des Partners oder der Arbeitsplatzverlust) oder andere Stress-Situationen (wie eine anstehende wichtige Klausur) voraus.
Dr. Hegemann: Neben der erblichen Veranlagung fördern vor allem bestimmte Profile der Persönlichkeitsstruktur (mangelnde Kritiktoleranz, fatalistische Einstellung, Perfektionismus) die Entstehung von Angsterkrankungen. Auch Kindheitserfahrungen und -defizite (also etwa mangelnde Geborgenheit, Vernachlässigungen, Angsterkrankungen in der Familie etc.) sind relevant.
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Mögliche Ursachen von Angststörungen:
- Veränderungen der Konzentration verschiedener Botenstoffe im Gehirn: Dies betrifft neben dem Dopamin, auch das Serotonin. Dieser Botenstoff spielt eine wichtige Rolle bei der Regulierung von Angstgefühlen und der Stimmung.
 - Medikamentenwirkungen: Schwankungen im Dopaminhaushalt, insbesondere in Phasen mit schlechter Wirkung, sogenannter «Off»-Phasen, in denen Medikamente wie Madopar nicht mehr ausreichend wirken, neigen Betroffene zu Angstgefühlen, Traurigkeit oder Panikattacken.
 - Individuelle Belastungssituationen und die Auseinandersetzung mit der Krankheit selbst können Panikgefühle auslösen.
 
Stress ist ein möglicher Auslöser. Vor allem bei Schulkindern ruft oft Leistungsdruck Panikattacken hervor. Zudem erleben auch Kinder mit Trennungsangst häufiger Angstattacken. Bei ihnen ist das Risiko zudem erhöht, später als Erwachsene eine Panikstörung zu entwickeln.
Auch Stresssituationen wie Konflikte, Trennung oder finanzielle Schwierigkeiten haben einen starken Einfluss. Dasselbe gilt übrigens für psychosoziale Faktoren wie Gewalt in der Familie, Missbrauchs- oder Verlusterfahrungen. Auch Persönlichkeitsmerkmale wie Perfektionismus oder «nicht Nein sagen können» führen zu Stress, was in der Folge auch Angstzustände begünstigen kann.
Panikattacken und andere Erkrankungen
Angst tritt oft in Kombination mit Depression auf. Ob es sich dabei um eine eigenständige Störung handelt oder ob die Angst ein Teil der Depression ist, ist nicht immer eindeutig.
Panikattacken treten auch häufig gemeinsam mit anderen psychischen Erkrankungen auf. Vor allem Menschen mit Agoraphobie ("Platzangst") sind häufig von Panikattacken betroffen. Auch andere Angststörungen, Depressionen, Zwangsstörungen oder posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS) treten oft gemeinsam mit einer Panikstörung auf.
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Was tun bei einer Panikattacke?
Dr. Hegemann: Tritt eine Panikattacke auf, so helfen meist schon praktische Sofort-Massnahmen:
- Akzeptieren Sie die Situation und Ihre Angst als natürliche Reaktion Ihres Körpers. Sie ist extrem unangenehm, aber ungefährlich: Nichts Schlimmes wird geschehen. Die körperlichen Symptome sind nichts anderes als eine übersteigerte Stressreaktion.
 - Auch die bewusste Ablenkung, die Beschäftigung mit scheinbar unsinnigen Dingen kann helfen, da im Wesentlichen die gedankliche Bewertung einer Situation und nicht die Situation selber zu den Ängsten führt.
 - Atmen Sie tief durch die Nase ein und durch den Mund wieder aus, konzentrieren Sie sich auf das, was gerade jetzt in diesem Moment geschieht, nicht auf das, was sein könnte.
 - Versuchen Sie sich durch positive Gedanken abzulenken.
 
Die sogenannte 4-7-8-Atmung wirkt beruhigend und verhindert Hyperventilieren. Dafür atmen Sie vier Sekunden lang ein, halten die Luft sieben Sekunden lang an und atmen acht Sekunden lang aus. Setzen Sie Grenzen. Wenn Sie kurz vor einer Panikattacke sind, verlassen Sie die Situation und begeben Sie sich an einen Ort, an dem Sie sich wohler fühlen.
Konzentrieren Sie sich auf Ihre Atmung. Legen Sie Ihre Hände auf Ihren Bauch und konzentrieren Sie sich vollständig auf Ihre Atmung. Atmen Sie ein und lassen Sie die Luft dabei in Ihren Bauch strömen. Dabei wölbt sich Ihre Bauchdecke nach aussen. Atmen Sie danach aus. Ihre Bauchdecke wölbt sich nach innen.
Einigen Menschen helfen in Akutsituationen auch Hausmittel gegen Panikattacken. Beissen Sie beispielsweise in eine Chilischote oder in eine Zitrone. Lassen Sie alternativ ein Haargummi an Ihr Handgelenk schnalzen. Probieren Sie, sich nicht auf Ihre Panik zu fokussieren.
Es wird empfohlen, die Panikattacke an Ort und Stelle durchzustehen oder sich an einen ruhigen Platz in der unmittelbaren Umgebung zu begeben. Flüchten Sie weit weg, kann es zu einer Assoziation des Ortes mit der Panikattacke kommen und es besteht die Gefahr, dass Sie diesen Ort in Zukunft meiden werden.
Was können Angehörige tun?
Ist Ihre Partnerin oder Ihr Partner von Panikattacken betroffen, nehmen Sie ihre oder seine Ängste ernst. Bleiben Sie ausserdem verständnisvoll. Reden Sie die Sorgen nicht klein und machen Sie sich auf keinen Fall darüber lustig. Ermutigen Sie sie oder ihn stattdessen, sich Unterstützung zu holen, zum Beispiel durch eine Psychotherapie. Seien Sie in Momenten starker Angst präsent und versuchen Sie, sie oder ihn zu Atemübungen zu motivieren. Manchmal hilft es auch, einfach zuzuhören, welche Gedanken gerade im Vordergrund stehen.
Es ist wichtig, selbst Ruhe zu bewahren, sich der betroffenen Person zuzuwenden und ihre Beschwerden ernst zu nehmen. Sprechen Sie mit der Person und leiten Sie sie zu einer regelmässigen, tiefen Bauchatmung an. Diese ruhige Zuwendung kann die Panik sehr rasch mildern. Fragen Sie konkret, wie Sie helfen können. Viele Betroffene haben Erfahrung und können sagen, was ihnen guttut.
Langfristige Strategien zur Vorbeugung von Panikattacken
Dr. Hegemann: Neben den erwähnten Akut-Empfehlungen und professioneller psychotherapeutischer Hilfe können auch kleine Schritte im täglichen Leben dabei helfen, Panikattacken entgegenzusteuern bzw. diese zumindest zu lindern. Wie oben beschrieben, spielt besonders die gedankliche Bewertung einer Situation eine wesentliche Rolle. In Situationen, in denen Menschen entspannt und wenig gestresst sind, fällt die Bewertung meist positiver aus.
Daher zählen zu den Strategien unter anderem:
- regelmässiger Ausdauersport und ausreichender Schlaf
 - kontinuierliche Entspannungsverfahren wie etwa Autogenes Training oder Progressive Muskelrelaxation und Meditation
 - ausgleichende Freizeitaktivitäten sowie gesunde, ausgewogene Ernährung
 - Empfehlenswert sind zudem wenig Alkohol, Nikotin und Koffein.
 
Betroffenen rate ich daher, den eigenen Lebensstil zu überdenken. Andauernder Stress führt zu Spannungszuständen, welche die Entwicklung von Panikattacken begünstigen. Zudem kann es helfen, Entspannungstechniken wie progressive Muskelentspannung, Yoga oder autogenes Training zu erlernen. Genügend Schlaf und eine ausgewogene Ernährung wirken vorbeugend.
Behandlung von Panikattacken
Während Höhenangst, Klaustrophobie und andere spezifische Phobien nur in seltenen Fällen professionelle Hilfe erfordern, lassen sich Angst- und Panikstörungen sehr oft nur durch eine therapeutische Behandlung in den Griff bekommen. Auf Basis einer ausführlichen Patienten-Anamnese (Krankheitsgeschichte) und Diagnostik erstellen Experten individuelle Behandlungspläne.
Am Anfang einer jeden Therapie steht jedoch der Besuch bei einer Fachperson. Das können Hausärzte, Psycholog:innen oder Psychiater:innen sein. Wichtig ist, dass Sie offen mit Ihren Beschwerden umgehen und sie nicht als «übertrieben» oder «ungerechtfertigt» abtun.
Psychotherapie
Besonders gute Erfahrungen wurden mit dem Ansatz der kognitiven Verhaltenstherapie gemacht. Dabei unterstützen Therapeuten und Therapeutinnen ihre Patienten und Patientinnen darin, typische Denk- und Verhaltensmuster zu erkennen und zu korrigieren. Gemeinsam versuchen sie, diese zu hinterfragen und durch andere, positive Gedanken zu ersetzen. Wichtig ist, dass Betroffene verstehen, was ihre Symptome auslöst.
Insbesondere die Verhaltenstherapie ist bei Angststörungen gut untersucht und erfolgversprechend: In rund 80 Prozent aller Fälle kann den Patienten erfahrungsgemäss geholfen bzw. die Zunahme weiterer Symptome verhindert werden.
Bei Angststörungen können verschiedene Psychotherapieformen eingesetzt werden. Unter anderem mit der kognitiven Verhaltenstherapie sowie der dazugehörigen Expositions- oder Konfrontationstherapie werden gute und langfristige Ergebnisse erzielt. Unter Anleitung einer Fachperson stellen sich Patient:innen stufenweise ihren Ängsten, um ihr Vermeidungsverhalten abzulegen und besser mit ihrer Krankheit umzugehen.
Schrittweise kann sich die erkrankte Person dann in Begleitung eines Therapeuten oder einer Therapeutin den kritischen Situationen aussetzen und lernen, diese wieder zu bewältigen (Expositionsverfahren). Bei starken Ängsten leitet der Therapeut oder die Therapeutin die erkrankte Person erst einmal an, diese Situation in der Vorstellung zu durchleben. Erst wenn sie das gut geschafft hat, geht es in die reale Situation.
Medikamentöse Behandlung
Bei stark ausgeprägten Angststörungen kann in Absprache mit Ihrem behandelnden Arzt oder Ihrer behandelnden Ärztin auch eine medikamentöse Behandlung zusätzlich zur Psychotherapie vorgenommen werden. Insbesondere bei Panikstörungen, aber auch bei Agoraphobie oder sozialer Phobie werden Antidepressiva eingesetzt. Allerdings benötigen Sie dabei etwas Geduld: Die Wirkung dieser Medikamente setzt meist erst nach zwei, manchmal auch erst nach vier Wochen ein. Am häufigsten werden so genannte selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) oder Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRI) eingesetzt.
Typische Panikattacken-Medikamente sind Antidepressiva, vorrangig aus der Gruppe der selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI). Ärztinnen und Ärzte setzen in diesem Zusammenhang häufig Citalopram oder Paroxetin ein. In einigen Fällen verschreiben Fachpersonen spezielle Beruhigungsmittel (Benzodiazepine).
Als Notfallmedikation haben sich stark angstlösende Medikamente wie Benzodiazepine bewährt. Diese sollten wegen ihres hohen Suchtpotenzials nur im äussersten Notfall und nie über einen längeren Zeitraum angewendet werden.
Psychopharmaka können wie alle Medikamente manchmal auch Nebenwirkungen haben.
Panikattacken bei Kindern und Jugendlichen
Auch bei Kindern und Jugendlichen treten Panikattacken auf, allerdings weitaus seltener als bei Erwachsenen. Bei Jugendlichen sind Panikstörungen zudem verbreiteter als bei jüngeren Kindern. Mädchen treffen sie etwa doppelt so häufig wie Jungen.
Die Auslöser für die Panikanfälle sind vielfältig. Oft haben die Kinder Angst, vor anderen Menschen zu sprechen oder fürchten sich vor Tieren oder der Dunkelheit beim Einschlafen.
Meist haben Kinder und Jugendliche Panikattacken, wenn auch ihre Eltern unter einer Panikstörung leiden. Sie übernehmen oft das ängstliche Verhalten ihrer Eltern. Gerade kleine Kinder imitieren ihre Eltern, um zu lernen. Auch bei besonders schüchternen und zurückhaltenden Kindern zeigt sich eine Panikstörung im Erwachsenenalter häufiger.
Daher ist es wichtig, Kinder möglichst frühzeitig zu behandeln. Meist ist es sinnvoll, die Eltern in die Therapie miteinzubeziehen. Auf diese Weise lernen die Eltern, wie sie ihre Kinder am besten unterstützen.
Unbehandelt kann die psychische Erkrankung chronisch verlaufen und sich negativ auf die Entwicklung der Kinder auswirken. Vor allem wichtige soziale Erfahrungen fehlen diesen Kindern dann häufig, da sie sich aus Angst immer weiter zurückziehen.
Gelingt es Ihnen nicht, Ihrem Kind durch Gespräche und Zuwendung die Angst zu nehmen, ist es ratsam, sich Hilfe bei einem Kinder- und Jugendpsychiater zu holen.
Was können Eltern tun?
- Hören Sie zu, nehmen Sie die Panik ernst.
 - Lenken Sie von der Panikattacke ab. Sprechen Sie gemeinsam über ein schönes Erlebnis oder einen speziellen Wunsch.
 - Leiten Sie Ihr Kind zu Atemübungen an. Denn wer Angst hat, atmet flacher.
 - Animieren Sie zu Bewegung, zum Beispiel zur Lieblingsmusik zu tanzen.
 - Stärken Sie das Selbstvertrauen, indem Sie daran erinnern, was der oder die Jugendliche bereits erfolgreich gemeistert hat.
 - Helfen Sie den Heranwachsenden, frühe Signale richtig einzuschätzen. Manchmal kündigt sich eine Panikattacke an, beispielsweise mit einem trockenen Mund oder Herzrasen. Überlegen Sie gemeinsam Strategien, um die Panik zu bewältigen.
 
Panikattacken bei Parkinson
Angststörungen und Panikattacken treten bei Parkinsonbetroffenen häufig auf. Rund 40 % der Betroffenen entwickeln eine Form von Angststörung. Diese kann sich in diffuse Angst, plötzliche Panik oder in anhaltende Sorgen äussern.
Übersteigerte Ängste zeigen sich auf mehreren Ebenen:
- Gedanken: Zukunftsängste, Katastrophendenken
 - Gefühle: Anspannung, Unsicherheit, Scham
 - Verhalten: Vermeidung, leise Stimme, unsichere Mimik
 - Körperlich: Schwindel, Schweissausbrüche, Übelkeit, Atemnot
 
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