Die Psychische Bedeutung von Arthrose

Die Rheumatologie ist ein Fachgebiet, das rund 200 Krankheiten umfasst, die den Stütz- und Bewegungsapparat betreffen. Immer mehr Menschen klagen über Schmerzen oder Einschränkungen ihrer Beweglichkeit in verschiedenen Gelenken und im Bereich des Rückens.

Rheumatologische Erkrankungen und ihre Bereiche

In der Rheumatologie sind rund 200 Krankheiten bekannt, die chronische Schmerzen verursachen und ganz unterschiedliche Körperstellen tangieren können. Dabei sind nicht immer nur Gelenke, Knochen oder Muskeln betroffen; es finden sich auch Erkrankungen im Bereich der inneren Organe, welche Probleme am Bewegungsapparat verursachen.

Innerhalb der Rheumatologie werden grundsätzlich fünf Bereiche unterschieden:

  • Ein Bereich betrifft Stoffwechselerkrankungen wie z.B. die Osteoporose, eine schleichende Knochenerkrankung. Die Knochensubstanz baut ab, wird porös und brüchig. Die Folge sind Knochenbrüche bei bereits geringer Belastung.
  • Ein weiterer Bereich umfasst chronische Schmerzzustände. In diese Gruppe fallen dauerhafte Rückenschmerzen, die zu den häufigsten Beschwerden und Arztbesuchen führen. Auch postoperative und posttraumatische Zustände nach Operationen oder Unfällen (wie z.B. Hüft- und Knieprothesen) werden in der Rheumatologie behandelt.
  • Zwei weitere Bereiche umfassen entzündlich-rheumatische Erkrankungen wie die rheumatoide Arthritis und degenerativ-rheumatischen Erkrankungen wie die Arthrose.

Arthritis und Arthrose: Ein Unterschied

Ein Unterschied liegt bereits im Namen. Die Endung „-itis“ steht in der medizinischen Fachsprache für einen entzündlichen Vorgang. Bei der rheumatoiden Arthritis (früher chronische Polyarthritis) handelt es sich um einen entzündlichen Prozess in den Gelenken, welcher mit Schwellungen und Schmerzen an den Gelenken und/oder Sehnen einhergeht.

Körpereigene Abwehrzellen schädigen die Gelenkschleimhaut, wobei einzelne oder mehrere Gelenke betroffen sein können. Nebst Gelenken sind je nach Verlauf auch innere Organe, Haut, Schleimhäute oder Augen erkrankt. Die Ursache kann im Einzelfall oft nicht eruiert werden. Die rheumatoide Arthritis kann familiär gehäuft (genetischer Aspekt) oder nach bakteriellen oder viralen Erkrankungen auftreten.

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Es liegt dann immer eine sog. Immuninkompetenz des eigenen Körpers vor, welcher Antikörper gegen eigene Organe oder Organstrukturen produziert, welche sich dann entzünden. Neben Schmerzen und Schwellungen leiden Betroffene oft auch an eingeschränkter Beweglichkeit und Kraftverlust, verbunden mit eingeschränkter Leistungsfähigkeit, Müdigkeit, Fieber oder Gewichtsverlust.

Während die Entzündungen bei einer rheumatoiden Arthritis unabhängig vom Zustand des Knorpels auftreten, handelt es sich bei der Arthrose um den Abbau des Knorpels in den Gelenken. Auch hier gibt es familiäre Formen oder die Arthrose findet sich gehäuft bei Fehlstellungen und Fehlbelastungen der Gelenke oder nach schlecht abgeheilten Gelenkverletzungen.

Auch eine unbehandelte Arthritis kann zu einer Arthrose führen. In bestimmten Gelenken ist die Arthrose auch mit dem Alter und dem Geschlecht verbunden (Frauen sind etwas häufiger betroffen als Männer). Die Folge sind Schmerzen bei Bewegungen und Belastungen, Schwellungen, Verspannungen der Muskeln im Bereich des betroffenen Gelenks und eingeschränkte Mobilität.

Bedeutung der Diagnose

Häufig ist eine Arthrose die Ursache für Schmerzen im Knie oder der Hüfte. Wichtig ist auch hier, dass die Diagnose früh gestellt wird, damit entsprechende Therapien eingeleitet werden können.

Es ist wichtig, den Verdacht auf rheumatische Erkrankungen frühzeitig bei einer Fachperson für Rheumatologie abklären zu lassen. So können gezielte Therapien in Form von Medikamenten oder Physiotherapie eingeleitet werden.

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Wichtig ist jedoch auch die präventive Eigenverantwortung in Form einer gesunden Ernährung sowie einer gesunden Schlaf- und Bewegungshygiene.

Schmerz bei Arthrose

Schmerzen sind in aller Regel ein Alarmsignal unseres Körpers, das immer ernst genommen werden sollte. Schmerzen haben bei akuten traumatischen Verletzungen eine Schutzfunktion, indem sie durch Ruhigstellung weitere Gewebeverletzungen verhindern.

Die Qualität der Schmerzen ist bei Arthrose eine ganz andere als diejenige, die bei akuten Verletzungen auftritt. Sind Schmerzen bei akuten Verletzungen meistens so stark, dass man sich kaum bewegen kann, treten Arthroseschmerzen meist als dumpfe Schmerzen auf, die je nach Tageszeit unterschiedlich stark sein können.

Schmerzen können subjektiv gemessen werden. Mit dieser sogenannten visuellen Analogskala werden Schmerzen in der Regel in klinischen Studien erfasst. Gemessen in einer visuellen Analogskala von 0 bis 100 mm lässt sich die Schmerzintensität bestimmen und über längere Zeit verfolgen.

Der Verlauf der Schmerzen ist im Anfangsstadium einer Arthrose charakteristisch. Die Schmerzen in den Gelenken und die Steifigkeit machen sich vor allem morgens beim Aufstehen bemerkbar: Es sind die typischen Anlaufschmerzen, die nach einigen Minuten oder Stunden abklingen.

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Ein Dauerschmerz bei Arthrose kann weitreichende Folgen für den Patienten haben. Bei Dauerschmerz können sich die schmerzleitenden Bahnen so verändern, dass sie autonom einen Schmerzimpuls generieren und so unabhängig vom entzündlichen Geschehen Schmerzen weiterleiten. Eine solche Veränderung der Schmerzbahnen wird medizinisch als Neuropathie zusammengefasst, ein schmerzhafter Zustand, der schwer kontrollierbar ist.

Ein weiteres Problem, welches Patienten mit Dauerschmerzen beschäftigt, sind die psychischen Folgen der Dauerschmerzen. Diese können zu depressiven Zuständen führen und müssen unter Umständen wie psychische Krankheiten behandelt werden.

Schmerzstadien und Knorpelabbau

Die Arthrose kann mit unterschiedlichen Schmerzstadien einhergehen. Zu Beginn einer Arthrose sind kaum Schmerzen zu verspüren, da der Knorpel nicht innerviert ist. Hat einmal ein Degenerationsprozess im Knorpel begonnen, kann dieser nur weiter fortschreiten und mit der Zeit mehr Schmerzen verursachen. Die Schmerzen bei der Arthrose können dann auch dauerhaft sein.

Dauerhafte Schmerzen bedeuten, dass die Gelenkschmerzen die Patienten nicht nur am Tag plagen, sondern auch während der Nacht. Jeder assoziiert das Phänomen der Arthrose mit Schmerzen und gleichzeitig auch mit der Degeneration des Knorpels.

Die Verknüpfung der Schmerzen direkt mit dem Knorpelverlust ist deshalb naheliegend, aber falsch. Der Knorpel ist nämlich nicht innerviert und kann deshalb auch nicht direkt Schmerzen aussenden. Wie beim Arthroseprozess ausführlich beschrieben, führen die Abbauprozesse im Knorpel über verschiedene Mechanismen zu Entzündungsprozessen in den Weichteilgeweben.

Es sind diese lokalen Entzündungsprozesse in den gut innervierten Weichteilgeweben, die bei den Patienten zu den typischen Schmerzen führen. Die Schmerzen stammen also aus der Gelenkkapsel, den Bändern, den Sehnen und den Muskeln, die entzündet sind.

Weitere Kennzeichen der Arthrose

Neben den Schmerzen, die bei arthrotischen Gelenken auftreten, ist auch die Steifigkeit der Gelenke ein Kennzeichen für eine frühzeitige Arthrose. Das Auftreten einer Hüft- oder einer Kniearthrose geht mit Behinderungen im Alltag einher, die die unteren Extremitäten betreffen.

Treten über Monate Behinderungen bei diesen Aktivitäten auf, ist das ein Hinweis, dass Versteifungsprozesse in Knie- oder Hüftgelenk im Gange sind. Die Behinderung und die Schmerzen im Gelenk können zudem dazu führen, dass das normale Laufen nicht mehr möglich ist. Häufig sind dann Gehstöcke notwendig. Auch der mögliche Gehradius kann bei einer fortgeschrittenen Arthrose wesentlich reduziert sein.

Neben den grossen tragenden Gelenken können auch nicht tragende Gelenke wie die Fingergelenke von Arthrose betroffen sein. Typischerweise sind im Fall der Fingergelenkarthrose die Endgelenke betroffen. Die Arthrose der Fingergelenke beginnt meistens an einzelnen Fingern und kann mit dem Fortschreiten der Krankheit weitere Fingerendgelenke befallen.

Die Fingergelenkarthrose führt ebenfalls zur Entzündung der Weichteile. Es bilden sich mit der Zeit auffällige Knötchen im Bereich der Fingerendgelenke, die sogenannten Heberden- und Bouchard-Knötchen, die für den Patienten eine Versteifung der Fingerendgelenke zur Folge haben.

Neben den Schmerzen, die den Gebrauch der Hände erschweren, führt eine Fingergelenkarthrose auch zu einem empfindlichen Verlust der Funktion der Hände. Darüber hinaus ist das Händeschütteln für Patienten, die an Fingergelenkarthrose leiden, jedes Mal eine schmerzhafte Erfahrung, sodass die Hand ungern gereicht wird.

Stress und Gelenkschmerzen

Wer von rheumatischen Erkrankungen wie z.B. Gelenkschmerzen betroffen ist, stellt häufig fest, dass sich die Krankheit unter Stress verschlimmert. Chronische Gelenkschmerzen sind ein komplexes Geschehen, an dem zugleich körperliche, psychische wie auch soziale Faktoren beteiligt sind.

Wer etwa infolge rheumatischer Erkrankungen unter Schmerzen leidet, fühlt sich in seinem alltäglichen Leben, während seiner beruflichen Tätigkeit oder beim Sport permanent eingeschränkt. Psychische Einflussfaktoren tragen Fachleuten zufolge offenbar erheblich zur Entwicklung und Aufrechterhaltung der Schmerzen bei - indem sie mit den am Schmerz beteiligten neurobiologischen und immunologischen Abläufen in eine wechselseitige Beziehung treten.

Wissenschaftler unterscheiden zwischen geringem (minor) und schwerem (major) Stress. Geringere Stressfaktoren sind z.B. die Ärgernisse des täglichen Lebens; Major Stressoren bezeichnen schwere Lebensereignisse wie Scheidung oder Tod eines Angehörigen.

Bei diesen Ereignissen wird über einen bestimmten Zeitraum hin eine gewisse Menge an Stresshormonen freigesetzt - und diese können unterschiedliche Auswirkungen aufs Immunsystem haben.

Eine niederländische Studie zeigte, was Stressverhalten bewirkt. Ein Teil der beobachteten Rheuma-Patienten neigte dazu, sich viele Sorgen zu machen, was sich in einem schwereren Verlauf ihrer Krankheit niederschlug, in häufig auftretenden Schmerzen und Müdigkeit. Rheuma-Betroffene, die ihr Leben als nicht stressig empfanden, klagten weniger über diese Symptome.

Wissenschaftler vermuten, dass psychischer Stress bestimmte Botenstoffe im Immunsystem freisetzt, welche normalerweise Entzündungen begünstigen. Gezeigt hat sich auch, das psychische Faktoren wie Ängste oder Depressionen stärker mit der Funktion der Gelenke zusammenhängen als mit dem sichtbaren Schaden im Röntgenbild oder den Entzündungswerten im Blut.

In puncto Zusammenhang zwischen Stress und rheumatischen Erkrankungen gibt es noch viel Forschungsbedarf. Stress ist zudem sehr subjektiv und lässt sich nur schwer messen.

Stress setzt sich aus einer Reihe von Belastungen zusammen, positiven wie negativen. Selbst überspielte Kränkungen oder eine Überforderung, die man sich nicht eingestehen will, können eine schmerzauslösende Wirkung haben. Solch eine Stresssituation löst unbemerkt die „Stress-Alarmanlage" aus.

Die Folge kann sein, dass sich u.a. alle Muskeln anspannen und daraufhin verkürzen und verhärten. Dies kann dann als eine Art von Bewegungseinschränkung wahrgenommen werden. Tatsächlich konnte man als eine Ursache einer fortschreitenden Erschöpfung die ständige Anspannung der Muskulatur feststellen.

Man ist überrascht, wenn man erfährt, dass bei einem entspannten Menschen bereits beim einfachen Händeschütteln rund 60 Muskelabschnitte angespannt werden. Ist man gestresst, wird dagegen ein Vielfaches davon aktiviert.

Tritt schliesslich diese schnelle Erschöpfbarkeit länger auf, können erste Schmerzen entstehen, zumeist im Bereich von Muskulatur oder Sehnenansätzen, Bindegewebe oder Knochenhaut. Infolge dieser ständigen Anspannung mit ihren auf den Körper wirkenden Zugkräften verändert sich das Gewebe und es entstehen z.B. Schwellungen und Mikroentzündungen.

Hat man dann Schmerzen, erhöhen sie die bestehende Muskelverspannung zusätzlich. Die Folge ist, dass die Bewegungseinschränkungen grösser werden. Deshalb wird die Erschöpfbarkeit immer leichter erreicht.

Dadurch steigt die Schmerzintensität und damit wiederum die Muskelspannung - ein Teufelskreis entsteht. Hinzu kommt, dass die durch den Schmerz verursachten Einschränkungen das tägliche Leben beeinflussen. Frustration, Ärger, Angst und Zweifel, Mutlosigkeit oder „heldenhaftes" Durchhalten kommen hinzu.

Dadurch wird der „innere Stress" verstärkt. In dieser Übergangsphase kann dann aus dem Akutschmerz ein Dauerschmerz werden. Wer sich häufig gestresst fühlt, sollte dies angehen.

Massnahmen zu Stressabbau und -bewältigung können sehr hilfreich sein und die rheumatischen Beschwerden lindern. Das jedenfalls lassen bislang vorliegende Studienergebnisse vermuten. Zudem ist zu viel Stress ohnehin nicht gut fürs Allgemeinbefinden.

Es gilt, trotz der Gelenkbeschwerden zu einer positiven Grundhaltung zu finden. Wichtig ist, die innere Einstellung zur Krankheit und den Umgang mit ihr zu ändern, denn beides beeinflusst ihren Verlauf.

Stressauslösende Faktoren im persönlichen Umfeld entschärfen, z.B. Stressverstärkende Gedanken stoppen und durch lösungsorientierte ersetzen. Beispiel: Statt das «das kann ich nie» es mal mit «was ich nicht kann, kann ich lernen» ersetzen.

Wer tief in einer negativen Gedankenspirale gefangen ist, wird dies vermutlich nicht so ohne weiteres alleine schaffen. Bei einer Kognitiven Verhaltenstherapie lernen, ungünstige Gedanken- und Verhaltensmuster im Umgang mit Schmerz aufzuspüren. Diese werden dann in kleinen Schritten verändert.

Ein weiterer Schritt wäre eine tiefenpsychologische Behandlung, bei der ergründet wird, ob es einen zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Beginn der Schmerzen und einem bestimmten Ereignis im Leben des Patienten gibt.

Chronische Schmerzen

Bei chronischen Schmerzen handelt es sich um eine Schmerzerkrankung, die keine eindeutige körperliche Ursache hat. Chronische Schmerzen können sich aus akuten Beschwerden entwickeln, denen oft eine körperliche Ursache zugrunde liegt. Durch die anhaltende Reizung der Nerven sinkt die Schmerzschwelle.

Das chronische Schmerzsyndrom beeinträchtigt die Lebensqualität der Betroffenen erheblich und können ein körperliches Missempfinden und psychische Erkrankungen nach sich ziehen. Aus diesem Grund sollte das chronische Schmerzsyndrom möglichst frühzeitig erkannt und behandelt werden.

Chronische Schmerzen haben meinst keine körperlich erkennbare Ursache. Neben dem eigentlichen Schmerz als Leitsymptom können Appetitlosigkeit, depressive Verstimmung und Schlafstörungen auftreten. Der Schmerz und seine Begleitbeschwerden können den Alltag und die Lebensqualität so sehr beeinträchtigen, dass Betroffene ihr Leben immer mehr einschränken und sich sozial isolieren.

Bei einem Verdacht auf ein chronisches Schmerzsyndrom werden verschiedene Verfahren angewandt, um zu einer Diagnose zu gelangen. Bei der Anamnese handelt es sich um ein ausführliches Patientengespräch, das dem Arzt einen Eindruck von den Beschwerden liefern soll.

Im Anschluss an die Anamnese folgen einige Untersuchungen, die Aufschluss über die körperliche Gesundheit und die Funktion der Nerven geben sollen. Durch die Behandlung kann das Schmerzgedächtnis zwar nicht gelöscht, aber beeinflusst werden. Nur in seltenen Fällen verschwindet der Schmerz durch die Therapie vollständig.

Multimodale Schmerztherapie

Die multimodale Schmerztherapie vereint verschiedene Behandlungsmethoden, die individuell auf die Patienten zugeschnitten werden.

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