Arthritis: Psychische Ursachen und aktuelle Forschung

Viele Menschen mit Arthritis leiden nicht nur unter körperlichen Beschwerden, sondern auch unter psychischen Problemen. Die Forschung hat gezeigt, dass es einen engen Zusammenhang zwischen Arthritis und psychischen Erkrankungen wie Depressionen und Angststörungen gibt.

Der Zusammenhang zwischen Arthritis und Depressionen

Eine aufsehenerregende Entdeckung des Psychiaters Golam Khandaker von der University of Cambridge macht Patienten, bei denen Antidepressiva nicht wirken, Hoffnung. Demnach gibt es Depressionen, die nicht nur durch einen Mangel an Botenstoffen im Hirn oder durch eine psychische Erkrankung ausgelöst werden, sondern durch eine Immunreaktion, die zu Entzündungen führt. Bei Arthritispatienten hat der britische Forscher beobachtet, dass diese oft gleichzeitig depressiv sind. Wird das Rheuma in den Gelenken mit Medikamenten gelindert, verschwindet auch die Depression.

Festgestellt haben Forscher auch, dass umgekehrt die Hälfte der Hepatitis-C-Patienten, die mit dem körpereigenen Botenstoff Interferon behandelt werden, eine schwere Depression entwickeln. Interferon führt eine Entzündung herbei und aktiviert das Immunsystem. Dauert das länger, können Depressionen entstehen.

Dieser Zusammenhang der «Kommunikation» von Immunsystem und Gehirn wird seit langem untersucht. Kinder mit hohen Entzündungswerten im Blut entwickelten gemäss einer Studie im höheren Alter eher Depressionen. Naheliegend, dass Khandaker nun dieses Jahr eine neue Studie gestartet hat, in der Patienten mit hohen Entzündungswerten und Depressionen mit einem Rheumamittel behandelt werden.

Die Rolle von Entzündungen

Entzündungen spielen eine zentrale Rolle bei der Entstehung von Depressionen im Zusammenhang mit Arthritis. Forscher gehen davon aus, dass die Entzündungen vom Fettgewebe selbst produziert werden, vor allem im Bauchfettgewebe. Auch der Darm spielt hierbei eine wichtige Rolle, hier werden Botenstoffe produziert, die bei der Depression relevant sind.

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Dagmar Schmid, Leiterin der Klinik für Psychosomatik am Kantonsspital St.Gallen, sagt: «Tatsächlich sehen wir Depressionen gehäuft im Zusammenhang mit entzündlichen Erkrankungen wie zum Beispiel der Multiplen Sklerose oder der rheumatischen Erkrankung. Das lässt natürlich schon hellhörig werden.»

An verschiedenen Instituten werden seit geraumer Zeit solche Zusammenhänge erforscht. Auch am Max-Planck-Institut in München ist bereits vor Jahren untersucht worden, wie Depressionen mit Entzündungen, Gewichtsregulierung und Adipositas zusammenhängen.

Die Stresshypothese

Ein weiterer wichtiger Faktor bei der Entstehung von Depressionen ist Stress. Werden zum Beispiel bei Stress im Körper dauernd zu viele Stresshormone gebildet, weil eine ständige Anspannung nicht mehr herunterreguliert werden kann, kommt die Stresshormonachse aus dem Gleichgewicht. Wichtige Hirnbotenstoffe werden zu schnell abgebaut, es sammeln sich toxische Stoffe im Hirn an, die durch Schlaf abgebaut werden. Dieser Zusammenhang von Depression mit zu wenig oder schlechtem Schlaf, der das Immunsystem beeinflusst, sei gut dokumentiert.

«Schlafen wir wenig, sind wir viel anfälliger für Entzündungen.» Deshalb mache auch aus dieser Sicht die Entzündungstheorie Sinn.

Weichteilrheuma: Eine besondere Form des Rheumatismus

Der Begriff Weichteilrheuma oder Weichteilrheumatismus umfasst meist verschiedene schmerzhafte Erkrankungen von "weichem" Gewebe des Bewegungsapparates wie Muskeln, Sehnen, Bändern und Bindegewebe. Manchmal treten die diffusen Schmerzen bei Weichteilrheuma am ganzen Körper auf. Das ist typischerweise bei der Fibromyalgie so. In anderen Fällen ist Weichteilrheuma auf einen umschriebenen Bereich begrenzt, etwa bei einer Schleimbeutelentzündung.

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Weichteilrheuma, Weichteilrheumatismus oder extraartikulärer (= ausserhalb von Gelenken) Rheumatismus ist keine einzelne Erkrankung. Vielmehr handelt es sich um einen Sammelbegriff für verschiedene entzündliche und nicht-entzündliche, schmerzhafte Erkrankungen von Weichteilen des Bewegungsapparates.

Arten von Weichteilrheuma

Je nach rheumatischer Erkrankung betrifft das Weichteilrheuma den ganzen Körper oder nur umschriebene Körperstellen. Generalisiertes Weichteilrheuma liegt vor, wenn das Weichteilgewebe diffus im ganzen Körper chronisch schmerzt. Schmerzen vor allem der Muskeln und Sehnenansätze an verschiedenen Stellen des ganzen Körpers sind typisch für das Fibromyalgie-Syndrom (kurz: Fibromyalgie).Obwohl die Fibromyalgie nur eine Form von Weichteilrheumatismus ist, wird sie oftmals vereinfacht als "Weichteilrheuma" bezeichnet. Beim lokalisierten (oder regionalen) Weichteilrheuma beschränken sich die Beschwerden auf bestimmte Bereiche des Körpers.

Symptome von Weichteilrheuma

Der Begriff Weichteilrheuma steht im Grunde für die Symptome der jeweiligen Krankheiten: chronische Weichteilschmerzen, die wiederholt oder anhaltend auftreten. Beim Fibromyalgie-Syndrom können die Schmerzen praktisch überall im Körper (in Weichteilen) spürbar sein, beim lokalisierten Weichteilrheuma sind sie auf einen umschriebenen Bereich begrenzt. Oftmals sind die betroffenen Strukturen auch in ihrer Funktion beeinträchtigt (v.a. Bewegungseinschränkung).

Ursachen und Risikofaktoren von Weichteilrheuma

So vielfältig die Weichteilrheuma-Krankheiten sind, so verschieden sind auch deren Ursachen. Manchmal gibt es zudem nicht einen Auslöser allein, sondern es sind mehrere Faktoren an der Entstehung der Schmerzen beteiligt.

  • Fehlbelastungen und Überlastung
  • Verletzungen
  • Andere rheumatische Erkrankungen
  • Sonstige Erkrankungen
  • Anatomische Besonderheiten
  • Medikamente
  • Weitere Risikofaktoren wie starkes Übergewicht, Erbgut, psychische Faktoren, Kälte, Feuchtigkeit, Witterung

Diagnose und Therapie von Weichteilrheuma

Es ist für Ärztinnen und Ärzte nicht immer leicht, die Erkrankung hinter Weichteilrheuma zu erkennen - die Beschwerden können sehr vielfältig sein. Die Diagnosefindung beginnt mit einem ausführlichen Gespräch zur Erhebung der Krankengeschichte (Anamnese) und einer körperlichen Untersuchung. Je nach Art der Beschwerden und der vermuteten Ursache sind manchmal noch weitere Untersuchungen angezeigt - um die Verdachtsdiagnose zu bestätigen und andere mögliche Erkrankungen auszuschliessen.

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Vor allem Art und Ausmass der Weichteilrheuma-Symptome sowie ihre Ursache (soweit feststellbar) bestimmen die Behandlung bei Weichteilrheuma. Wann immer möglich, sollte bei weichteilrheumatischen Beschwerden die Ursache behandelt beziehungsweise beseitigt werden. Es gibt weitere Therapiemassnahmen, die gegen Weichteilrheuma helfen können, wie Kälte- und Wärmeanwendungen, Medikamente, Physiotherapie, Ergotherapie und Sport.

Stress und Rheuma

Chronische Gelenkschmerzen sind ein komplexes Geschehen, an dem zugleich körperliche, psychische wie auch soziale Faktoren beteiligt sind. Psychische Einflussfaktoren tragen Fachleuten zufolge offenbar erheblich zur Entwicklung und Aufrechterhaltung der Schmerzen bei - indem sie mit den am Schmerz beteiligten neurobiologischen und immunologischen Abläufen in eine wechselseitige Beziehung treten. Wissenschaftler unterscheiden zwischen geringem (minor) und schwerem (major) Stress.

Wissenschaftler vermuten, dass psychischer Stress bestimmte Botenstoffe im Immunsystem freisetzt, welche normalerweise Entzündungen begünstigen. Gezeigt hat sich auch, das psychische Faktoren wie Ängste oder Depressionen stärker mit der Funktion der Gelenke zusammenhängen als mit dem sichtbaren Schaden im Röntgenbild oder den Entzündungswerten im Blut.

Massnahmen zu Stressabbau und -bewältigung können sehr hilfreich sein und die rheumatischen Beschwerden lindern. Stressauslösende Faktoren im persönlichen Umfeld entschärfen, z.B. Stressverstärkende Gedanken stoppen und durch lösungsorientierte ersetzen. Wer tief in einer negativen Gedankenspirale gefangen ist, wird dies vermutlich nicht so ohne weiteres alleine schaffen. Bei einer Kognitiven Verhaltenstherapie lernen, ungünstige Gedanken- und Verhaltensmuster im Umgang mit Schmerz aufzuspüren. Diese werden dann in kleinen Schritten verändert.

Psychische Gesundheit bei rheumatoider Arthritis (RA)

Beim Management der rheumatoiden Arthritis (RA) stehen Beschwerden an den Gelenken im Vordergrund. Doch oft leidet nicht nur der Körper, sondern auch die Psyche unter der entzündlichen Krankheit: Depressionen und Angststörungen treten bei RA-Patienten deutlich häufiger auf als bei körperlich gesunden Menschen, werden jedoch oft nicht oder erst spät diagnostiziert.

Die psychischen Symptome können eine Folge der chronischen Krankheit sein, sie können aber auch auf andere biologische Einflüsse zurückgehen.

Resilienz als Bewältigungsstrategie

Das Interesse am Thema Resilienz ist ungebrochen. Der Begriff wurde in den 1950er Jahren in die Psychologie eingeführt und meint so viel wie innere Stärke, seelische Widerstandsfähigkeit. Resilienz hilft bei Krisen, Niederlagen und Schicksalsschlägen. Eine hohe Resilienz senkt das Risiko, an deren Folgen psychisch zu erkranken. Resilienz vermag eine Depression abzuschwächen oder davor zu bewahren. Die Resilienz mag zum Teil in den Genen liegen, aber sie lässt sich auch entwickeln und stärken.

Resiliente Menschen sind keine Superhelden, die ihre Probleme im Alleingang lösen. Resilient zu sein, heisst auch, seine Grenzen zu kennen und Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Rheumatologie: Ein breites Feld von Erkrankungen

Die Rheumatologie ist keine Erkrankung, sondern ein Fachgebiet, bei welchem rund 200 Krankheiten bekannt sind, die den Stütz- und Bewegungsapparat betreffen. In der Rheumatologie sind rund 200 Krankheiten bekannt, die chronische Schmerzen verursachen und ganz unterschiedliche Körperstellen tangieren können.

Bereiche der Rheumatologie

  • Stoffwechselerkrankungen wie Osteoporose
  • Chronische Schmerzzustände wie dauerhafte Rückenschmerzen
  • Postoperative und posttraumatische Zustände nach Operationen oder Unfällen
  • Entzündlich-rheumatische Erkrankungen wie rheumatoide Arthritis
  • Degenerativ-rheumatische Erkrankungen wie Arthrose

Psoriasis und psychische Belastung

Psoriasis-Betroffene leiden ganz unterschiedlich unter den verschiedenen Symptomen von Psoriasis - und häufig leidet die Seele mit. Die psychischen Probleme, die eine Psoriasis nach sich ziehen kann, reichen von Schamgefühlen, über die Angst vor Ablehnung und Stigmatisierung oder einer Verschlechterung der Krankheit bis hin zu Depressionen oder Suizidgedanken.

Entspannungs- und Stressbewältigungstechniken oder Sport sind geeignete Lösungsansätze.

Rheuma: Ein lebenslanger Begleiter

Wenn jede Bewegung zur Herausforderung wird und selbst kleine Handgriffe Schmerzen verursachen, könnte Rheuma dahinterstecken. Diese Krankheit begleitet die Betroffenen nach Diagnosestellung lebenslang. Schmerzen in den Gelenken, Verspannungen in den Muskeln und Morgensteifigkeit beeinträchtigen den Alltag.

Was versteht man unter rheumatischen Erkrankungen?

Unter dem Sammelbegriff „Krankheiten des rheumatischen Formenkreises” fassen Mediziner heute etwa 400 verschiedene Erkrankungen zusammen. Von Rheuma ist vor allem der Bewegungsapparat betroffen, aber nicht nur die „harten” Körperteile wie Knochen und Gelenke, sondern auch die „weichen” Teile wie Muskeln, Bänder und Sehnen.

Rheumatoide Arthritis

Besonders betroffen sind die kleinen Gelenke an Händen und Füssen, wo Gelenkinnenhaut, Sehnenscheiden oder Schleimbeutel angegriffen werden. Bevor die typischen Symptome der rheumatoiden Arthritis auftreten, haben manche Menschen zunächst allgemeine Beschwerden wie Müdigkeit, Appetitlosigkeit oder leichtes Fieber. Im weiteren Verlauf zeigen sich dann die charakteristischen Anzeichen wie warme, geschwollene oder gerötete Gelenke. Häufig sind symmetrisch Gelenke betroffen, wie beide Daumen.

Fakten über Rheumatoide Arthritis

  • Rheumatoide Arthritis ist die weltweit häufigste entzündliche Gelenkerkrankung.
  • Rheuma entwickelt sich in der Regel nach dem 50. Lebensjahr.
  • Frauen erkranken im Durchschnitt etwa zehn Jahre früher und zwei- bis dreimal häufiger an Rheuma als Männer.

Therapieansätze bei Rheuma

Rheuma ist bis heute nicht heilbar. Es ist wichtig, frühzeitig zum Arzt zu gehen, wenn die Gelenke anschwellen und schmerzen. Regelmässige Bewegung ist hilfreich, um Schmerzen zu lindern und die Beweglichkeit der Gelenke zu erhalten. Krankengymnastische Übungen verbessern die Beweglichkeit der Gelenke und die umgebende Muskulatur wird gestärkt. Beweglichkeit, Kraft und Funktion der Gelenke können auch durch Physiotherapie und Sport verbessert oder erhalten werden. In vielen Fällen ist eine Ergotherapie sinnvoll.

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