Arten von psychischen Krankheiten: Ein Überblick

Psychische Erkrankungen können in verschiedenen Ausdrucksformen auftreten. Sie reichen von depressiven Verstimmungen über Persönlichkeitsstörungen bis hin zu schweren Psychosen. Psychische Erkrankungen sind ebenso ernst zu nehmen wie körperliche Beschwerden. Wer aus psychischen Gründen aus dem Tritt gerät, ist hochgradig gefährdet und braucht professionelle Hilfe.

Spätestens seit der aktuellen Covid-19-Pandemie verstehen viele besser, dass Menschen oft ohne ihr aktives Zutun in schwere Krisen geraten können. Psychische Erkrankungen werden leider noch immer stigmatisiert, denn meistens sind sie für Aussenstehende nicht sichtbar und damit weniger nachvollziehbar. Die aktuelle Corona-Krise verstärkt die Ursachen für eine psychische Erkrankung.

Die Ursachen für eine psychische Erkrankung sind sehr vielfältig, angefangen von einer erhöhten Belastungssituation am Arbeitsplatz, zu Hause in der Familie oder Partnerschaft bis hin zu traumatischen Erlebnissen. Ganz allgemein kann man sagen, dass biologische, psychologische und soziale Faktoren zusammenspielen. In der Regel gibt es nie nur eine einzige Ursache. Manche Menschen sind verletzbarer und weniger widerstandsfähig als andere. Sie reagieren empfindlicher auf Stressfaktoren. Andere wiederum haben traumatisierende Situationen in der Kindheit erlebt, z.B. Missbrauch, Krieg und Flucht.

Wenn sich eine psychische Krise anbahnt, ist es gut, sich diese so früh wie möglich einzugestehen und sich nicht zu schämen, Hilfe in Anspruch zu nehmen. Wenn ein Stimmungstief kein Ende zu nehmen scheint, können eine rechtzeitige Diagnose (z.B. einer Depression) und Therapie massive Folgen eindämmen.

Psychische Erkrankungen haben beträchtliche Folgen für die betroffenen Personen und ihre Familien. Aber auch für Unternehmen und damit für die Volkswirtschaft. Heute sind sie bereits die zweithäufigste Ursache für Krankschreibungen. Ausserdem dauern psychische Erkrankungen oftmals länger als andere Erkrankungen. Körperliche Spätfolgen können u. a. auftreten.

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Psychische Krisen können Menschen in unterschiedlichsten Situationen vor grosse Herausforderungen stellen. Um möglichst unbeschadet aus einer Krise hervorzugehen, sollte man sich so früh wie möglich um Unterstützung bemühen. Auf gar keinen Fall nutzt es etwas, sich zurückzuziehen, soziale Kontakt zu vermeiden, weil man Angst vor Tabus und Stigmatisierung hat.

Die Gesellschaft sieht sich zunehmend konfrontiert mit psychischen Erkrankungen. Viele Menschen kennen Überforderung und Stress aus ihrem eigenen Umfeld. Die psychischen Krankheitsbilder sind vielfältig und komplex.

Eine psychische Erkrankung kann auf verschiedene Arten definiert werden. In der Psychiatrie gibt es zwei anerkannte Klassifikationen, diejenige der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und die der American Psychiatric Association (APA; deutsch: amerikanische psychiatrische Gesellschaft). Unsere Definition basiert auf diesen beiden Klassifikationen.

Diese allgemeine Präsentation der häufigsten psychischen Erkrankungen will lediglich über die Symptome und die daraus resultierenden Verhalten informieren, jedoch kann damit keinesfalls eine Diagnose gestellt werden. Einzig eine Psychiaterin / ein Psychiater oder eine Psychotherapeutin / ein Psychotherapeut können eine psychische Erkrankung diagnostizieren. Ausserdem erfordert eine solche Diagnose ein Gespräch zwischen der Patientin/dem Patienten und der Ärztin/dem Arzt bzw.

Wer an einer psychischen Erkrankung leidet, wird manchmal Opfer von Vorurteilen (Stigmatisierung) und Diskriminierung.

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Häufige Arten psychischer Erkrankungen

Stimmungsstörungen

Von Stimmungsstörungen sind rund 16 bis 20 Prozent aller Menschen einmal im Leben betroffen. Ihre Stimmung ist entweder gedrückt (Depression) und sie sind interessen- und freudlos oder unangemessen gehoben (Manie) mit Symptomen wie Rastlosigkeit und Selbstüberschätzung.

Depression

Eine Depression äussert sich durch anhaltende Traurigkeit, den Verlust des Interesses an jeglichen Tätigkeiten und schwindender Energie. Diese Symptome gehen mit einem verminderten Selbstwertgefühl und vermindertem Selbstvertrauen, unbegründeten Schuldgefühlen, Konzentrationsschwierigkeiten, Schlafstörungen, Appetitverlust, vermindertem sexuellem Verlangen, körperlichen Schmerzen und/oder manchmal Todes- oder Selbstmordgedanken einher. Eine Depression kann leicht und kurz sein. Kann die betroffene Person nicht mehr normal funktionieren, spricht man von einer schweren Depression.

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, eine Depression zu behandeln. Diese werden oft kombiniert. Es empfiehlt sich eine Psychotherapie, teilweise in Ergänzung mit Medikamenten (Antidepressiva). Die Behandlung erfolgt in der Regel ambulant (ohne Spitalaufenthalt).

Bipolare Störungen

Bipolare Störungen sind Teil der affektiven Störungen. Die manischen Phasen äussern sich zum Beispiel durch beschleunigtes Denken, Bewegungs- und Rededrang, ein starkes Gefühl des Wohlbefindens bis hin zur Euphorie, Konzentrationsschwierigkeiten, verringertes Schlafbedürfnis, gesteigertes Verlangen nach Sex oder Sozialkontakten auch noch Kaufrausch. Es kann auch zu psychotischen Symptomen wie Wahnvorstellungen oder Halluzinationen kommen.

  • Hypomanische Episoden entsprechen einer abgeschwächten Form der Manie. Die Symptome sind weniger intensiv als bei einer manischen Phase und führen nicht zu einer größeren Funktionsstörung.
  • Zyklothymie: Dies ist eine leichtere Form der bipolaren Störung.

Bipolare Störungen können erhebliche Folgen auf den Alltag haben, wobei Berufs- oder Sozialleben nicht unbedingt beeinträchtigt werden. Je schneller die Krankheit behandelt wird, desto besser der Verlauf. Bipolare Störungen werden mit einer Psychotherapie in Kombination mit Medikamenten behandeln. Die Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe mit Personen, die die gleichen Erfahrungen haben, ist oftmals eine grosse Hilfe, um die mit der Krankheit verbundenen Schwierigkeiten zu überwinden.

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Angststörungen

Angst äussert sich in einem Gefühl der psychischen Unruhe und der Unsicherheit und muss nicht unbedingt mit einem bestimmten Gegenstand oder einer bestimmten Person zusammenhängen. Angststörungen gehen oft mit einer depressiven Störung einher.

  • Die generalisierte Angststörung ist ein mindestens sechs Monate anhaltender Zustand der andauernden Angst und Überbesorgtheit, wobei die Angst nicht mit einem bestimmten Gegenstand oder einer bestimmten Situation zusammenhängt. Diese Besorgnis ist schwer zu kontrollieren und hat erhebliche Folgen für den Alltag. Oft geht sie mit Müdigkeit, Muskelspannung, Schmerzen, Kopf- und/oder Bauchschmerzen, Unruhe, Schlafstörungen, Konzentrationsstörungen, schlechter Laune usw.
  • Die Panikstörung äussert sich in wiederholten Panikattacken, die ohne Vorwarnung eintreten.
  • Eine Phobie ist eine unbegründete und übermässige Angst vor einem bestimmten Gegenstand oder einer bestimmten Situation (Tiere, Objekte, Höhe, Verkehrsmittel, Orte, Menschenmenge usw.). Solche Ängste sind vollkommen normal. Die Angst lässt sich nicht kontrollieren und geht mit starkem Leidensdruck einher. Die Betroffenen tun alles, um den jeweiligen Gegenständen oder Situationen aus dem Weg zu gehen.
  • Eine Zwangsstörung äussert sich oft durch andauernde Ängste oder ständige besondere, sehr negative Gedanken. Manchmal können es auch Wörter oder Zahlen oder aber Todesgedanken sein, die den Betroffenen im Kopf herumschwirren. Diese Zwangshandlungen führen zu Angst.

Es ist wichtig, über seine Schwierigkeiten zu sprechen und sich professionelle Hilfe zu suchen. Angststörungen können mit einer Psychotherapie behandelt werden, namentlich mittels kognitiver Verhaltenstherapie, auch noch medikamentös.

Psychotische Störungen

Bei der Psychose handelt es sich um eine schwere Erkrankung, die sich in einem gestörten Realitätsbezug äussert und zu einer Veränderung der Persönlichkeit führt. Typischerweise sind das Denken und die Wahrnehmung beeinträchtigt.

Psychotische Störungen manifestieren sich in unterschiedlichen Stadien: psychischer Risikozustand, erste psychotische Episode und Psychose. Manche junge Menschen machen teilweise «seltsame» Erfahrungen, z. B. hören sie Geräusche, Klänge oder Stimmen, die andere nicht hören, oder haben das Gefühl, andere würden sie beobachten, ihnen nachspionieren oder versuchen, ihnen zu schaden. Ein psychischer Risikozustand kann sich auf unterschiedliche Weisen manifestieren.

Psychose wird definiert als ein Verlust des Realitätsbezugs. Während einer psychotischen Episode kann es schwierig sein, zwischen dem eigenen Erleben und der Realität zu unterscheiden, und es können psychotische Symptome auftreten wie Halluzinationen (bspw. Stimmen hören oder Dinge sehen, die nicht existieren) oder falsche Interpretationen der Realität (bspw. extremes Misstrauen, das Gefühl haben, gewisse Dinge hätten eine besondere Bedeutung).

Gewisse Personen, die eine erste psychotische Episode entwickeln, erleben danach keine einzige mehr.

Behandlung von psychotischen Störungen

Meistens findet die Behandlung in Form von ambulanten Sprechstunden ausserhalb des Spitals statt. Eine Hospitalisierung kann sich in seltenen Fällen als notwendig erweisen, wenn die Person in Not ist und/oder eine Gefahr für sich selbst oder andere darstellt. Auch die Unterstützung, das offene Ohr und das Wohlwollen von nahestehenden Personen (Familie, Freunde) ist für die Genesung sehr wertvoll.

Suchtstörungen

Der Konsum von Rauschmitteln wie Alkohol, Tabak und Medikamenten kann abhängig machen und zu psychischen Erkrankungen und Verhaltensstörungen führen. Zu den Suchtstörungen gehören die Alkohol- und Tabaksucht (legale Drogen), die Drogensucht (illegale Drogen: Cannabis, Heroin, Kokain usw.

Der starke und wiederholte Konsum einer psychoaktiven Substanz (psychoaktiv meint: psychische Vorgänge beeinflussend) wie zum Beispiel Alkohol, Tabak, Drogen oder Medikamente ist gesundheitsschädigend und führt zu einer Abhängigkeit. Wer abhängig ist, verspürt den starken, kaum oder gar nicht zu kontrollierenden Wunsch nach einer Substanz. Die süchtige Person gewöhnt sich an das Produkt und bekommt Entzugserscheinungen, wenn sie es nicht konsumiert. Dies gilt auch für nicht an Substanzen gebunden Abhängigkeiten, wie zum Beispiel die Geld- und Glückspielsucht.

Die meisten Abhängigkeiten sind problematisch, wenn sie dauerhaft sind; es besteht ein Rückfallrisiko. Es ist wichtig, mit einer Fachperson darüber zu sprechen, damit man das Problem im Alltag in den Griff bekommt. Es kann vorkommen, dass einige Abhängigkeiten im Spital oder in spezialisierten Einrichtungen behandelt werden müssen.

Essstörungen

  • Sie äussert sich durch gewollten Gewichtsverlust und die Aufrechterhaltung eines geringen Gewichts, aber auch dadurch, dass die betroffene Person nur noch bestimmte Lebensmittel zu sich nimmt. Die Person hat das Gefühl, die Kontrolle zu verlieren, leidet an Schuldgefühlen, Depressionen und Ängsten.
  • Sie will die eingenommene Nahrung mit allen Mitteln loswerden (Herbeiführen von Erbrechen und Einnahme von Abführmitteln). Bulimie äussert sich dadurch, dass wiederholt sehr viel in sehr kurzer Zeit gegessen wird, zuweilen aber auch durch eine übermässige Gewichtskontrolle.

Essstörungen haben erhebliche und gefährliche Auswirkungen auf die Gesundheit. Nicht nur das Wachstum des Kindes oder der jugendlichen Person ist gefährdet, sondern auch ihr Leben. Der körperliche Zustand verschlechtert sich zunehmend. Es ist wichtig, bei Symptomen im Zusammenhang mit dem Essverhalten rasch eine Ärztin oder einen Arzt heranzuziehen. Ausserdem müssen das Gewicht und der Allgemeinzustand medizinisch überwacht werden. Auch eine Ernährungsumstellung ist angezeigt. Parallel dazu wird eine Psychotherapie empfohlen, in die auch die Familie der betroffenen Kinder oder Jugendlichen eingebunden wird. Manchmal ist der Gesundheitszustand jedoch so schlecht, dass eine Einweisung erforderlich ist.

Persönlichkeitsstörungen

Die schweren Störungen der Persönlichkeit oder des Verhaltens haben verschiedene Ursachen, etwa genetische Faktoren, Entwicklungsbedingungen oder Hirnschäden. Jede Persönlichkeit ist einmalig. Bestimmte Merkmale der Persönlichkeit und ihres Verhaltens können besonders stark ausgeprägt sein - unflexibel oder wenig angepasst. Dann spricht man von einer Persönlichkeitsstörung.

Borderline-Persönlichkeitsstörung

Die Borderline-Persönlichkeitsstörung ist eine komplexe und herausfordernde, aber behandelbare Erkrankung. Sie wirkt sich auf die Emotionsregulation, das Selbstbild und zwischenmenschliche Beziehungen aus. Betroffene erleben häufig starke innere Spannungen, impulsives Verhalten und ein tiefes seelisches Leiden.

Die Symptome können bei den Betroffenen ganz unterschiedlich sein. Typisch für die Störung ist das Erleben von Gegensätzen, die kaum zu ertragen sind und die darüber hinaus noch mehrfach täglich wechseln können. So können die Gefühle von Leere zu maximaler Anspannung wechseln und dazu führen, dass man mit Selbstverletzungen, Substanzkonsum oder anderen riskanten Verhaltensweisen sich zu helfen versucht.

Die Symptome, die oftmals gegen Ende des Jugendalters auftreten, haben schwerwiegende Auswirkungen auf das Leben der Betroffenen, aber auch auf deren Umfeld. Die heftigen Stimmungs- und Gefühlsschwankungen beeinträchtigen den Alltag massiv. Die Borderline-Persönlichkeitsstörung muss mit Psychotherapie behandelt werden, manchmal in Kombination mit einer medikamentösen Behandlung.

Weitere psychische Erkrankungen

  • Andauernder Stress führt zu einem Burnout.
  • Neurose ist ein Sammelbegriff für viele leichte psychische Störungen ohne erkennbare organische Ursache. Typisch für die verschiedenen Krankheitsbilder ist, dass das Verhalten durch Angst und Zwang dominiert wird.
  • Eine Demenz - zum Beispiel Alzheimer - ist das Ergebnis einer Hirnkrankheit. Dabei nimmt die kognitiven Leistungsfähigkeit des Hirns ab. Die Ursachen sind vielfältig.
  • Körperliche Symptome, die medizinisch nicht erklärbar sind, können sich unterschiedlich äussern. Die Gruppe der sogenannten «dissoziativen Störungen» ist vor allem psychisch bedingt.
  • Krankheiten und Entzündungen des Hirns sowie Unfälle können hirnorganische Psychosyndrome auslösen.
  • Posttraumatische Belastungsstörungen PTBS treten meist nach Ereignissen auf, die als lebensbedrohlich erlebt werden.
  • Wo kann die Grenze zwischen Körper und Psyche gezogen weren? Das Zusammenspiel zwischen Körper und Psyche steht bei den «psychosomatischen Störungen» im Zentrum der Behandlung.
  • Schlafstörungen werden immer häufiger. Eine Ursache könnte der heutige Lebensstil sein. Oft kommt noch Stress im Beruf und Privatleben hinzu.
  • Die krankhafte Brandstiftung - die «Pyromanie» - und das krankhafte Stehlen - die «Kleptomanie» - sind abnormale Gewohnheiten und Störungen, genauso wir das krankhafte Glücksspiel.
  • Störungen sexueller Präferenzen werden auch als «Paraphilien» bezeichnet.

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