Das 12-Stufen-Modell des Burnouts nach Freudenberger

Tatsächlich entwickelt sich ein Burnout langsam und kaum spürbar. Noch nicht. Bis es ab einem bestimmten Punkt zu viel wird. Auf dem Weg dorthin sucht sich der Körper allerdings verschiedene Ventile. Nichts beschreibt den Zustand totaler Erschöpfung besser als der Begriff «Burn-out». Wer ein Burn-out hat, fühlt sich leer, energielos und eben: ausgebrannt.

Die beiden Psychologen Herbert Freudenberger und Gail North entwickelten daher schon im Jahr 1992 das sogenannte 12-Stufen-Modell. Das Problem: Zwar existiert der Begriff «Burn-out» seit den 1970er-Jahren, doch erst im Mai 2019 hat Burn-out Einzug in den ICD-Katalog gehalten, das internationale Klassifikationssystem aller Krankheiten. In anderen Worten: Burn-out ist eine sich langsam entwickelnde Stressbelastungsstörung, die ein grosses Risiko für schwere körperliche, emotionale und psychische Erschöpfung darstellt.

Ausserdem gibt es einen Zusammenhang zwischen einem Burn-out und verschiedenen körperlichen Symptomen, beispielsweise erhöhtem Blutdruck oder Lungenkrankheiten. Das zeigt eine Studie des Universitätsspitals Zürich. Erste Anzeichen eines Burn-outs sollte man daher auf keinen Fall ignorieren, sondern frühzeitig Gegensteuer geben.

Die 12 Stufen des Burnout-Modells nach Freudenberger:

Gemäss dem Modell von Freudenberger (1974) existieren 12 Phasen, die der Mensch bis zum Burnout durchlebt. Dabei können auch einzelne Stufen ausgelassen werden.

  1. Zwang, sich zu beweisen: Es fängt vielversprechend an mit Leidenschaft, Eifer und Ehrgeiz für den Beruf. Der Drang sich selbst und anderen etwas beweisen zu wollen. Betroffene stellen erhöhte Erwartungen an sich selbst und erledigen ihre Arbeit mit besonderer Begeisterung. Wir brennen sprichwörtlich für den Job und eine große Karriere.
  2. Verstärkter Einsatz: Begeisterungsfähigkeit führt allerdings oft auch zu überhöhten Erwartungen an uns selbst. Um den besonders hohen Erwartungen zu genügen, wird noch mehr geleistet und noch mehr Energie in die Arbeit gesteckt.
  3. Vernachlässigung der eigenen Bedürfnisse: Eigene Limits werden ignoriert, eigene Bedürfnisse zurückgestellt. Die Rücksicht auf die eigenen Bedürfnisse tritt immer mehr in den Hintergrund und soziale Kontakte werden vernachlässigt. Wer sich derart reinhängt, vergisst meist die eigenen Bedrüfnisse.
  4. Verdrängung von Konflikten und Bedürfnissen: Nur wer ständig hinzulernt, neue Aufgaben und Herausforderungen sucht, kommt weiter. Um leistungsfähig zu bleiben, blenden Betroffene die Ansprüche des eigenen Körpers aus.
  5. Umdeutung der eigenen Werte: Harte Arbeit ist dazu unerlässlich - und zahlt sich aus. Alte Grundsätze und ehemals wichtige Dinge wie soziale Kontakte, Hobbies und Beziehungen werden angezweifelt. So die Hoffnung, sie aber nicht.
  6. Verstärkte Verleugnung entstehender Konflikte: Vor allem wenn sie zu freiwilliger Selbstausbeutung, zu Wochenendarbeit und fehlendem Ausgleich führt. Das Verhalten aus den vorherigen Phasen führt vermehrt zu Schwierigkeiten, die aber verdrängt werden.
  7. Rückzug: Aufgaben abzugeben. Betroffenen fühlen sich hoffnungs-, orientierungslos und ohnmächtig. Das soziale Umfeld bröckelt. Sie auf die negative Entwicklung hinweisen und dafür kritisieren.
  8. Beobachtbare Verhaltensveränderungen: Auch zuhause werden Probleme sichtbar, in der Partnerschaft kommt es zum Beziehungs-Burnout. Die Verhaltensänderungen werden nun auch für andere deutlich sichtbar. Betroffene ziehen sich immer mehr zurück und leisten nur noch das Minimum.
  9. Depersonalisation: Verlust des Gefühls für die eigene Persönlichkeit. Betroffene fühlen sich wie abgestorben und entfremdet. Betroffene fühlen sich losgelöst von ihrem Körper, Geist und ihren Gefühlen.
  10. Innere Leere: Sie fühlen sich nur noch leer. Innere Leere und Sinnlosigkeit machen sich breit. Wechsel zwischen dem Gefühl des inneren „Abgestorbenseins“ und starken negativen Emotionen.
  11. Depression: Gleichzeitig erleben Sie ein stetiges Gefühlschaos: Sie haben Phobien und Panikattacken. Depressionen mit Symptomen wie dauerhafter Verzweiflung, Niedergeschlagenheit und Erschöpfung.
  12. Völlige Burn-out Erschöpfung: Dagegen ankämpfen? Die totale Erschöpfung ist erreicht - geistig, körperlich, emotional. Völlige Burnout-Erschöpfung mit massiven geistigen, körperlichen und emotionalen Erschöpfungszuständen. Im schlimmsten Fall ist dieser Zustand lebensgefährlich.

In anderen Worten: Burn-out ist eine sich langsam entwickelnde Stressbelastungsstörung, die ein grosses Risiko für schwere körperliche, emotionale und psychische Erschöpfung darstellt. Körper und Psyche ziehen die Notbremse. Treffen kann es jede:n. Manche Studien gehen von 7 Erwerbstätigen unter 100 Menschen aus.

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Burnout galt lange Zeit als Erschöpfungszustand, hervorgerufen durch Überbelastung bei der Arbeit. Die Entstehung eines Burnouts ist multifaktoriell. Burnout entsteht durch diverse Faktoren: Langanhaltender, negativer Stress stellt die grösste Gefahr dar für die Entstehung eines Burnouts.

Ob ein Burnout entsteht, hängt auch von der Resilienz und der mentalen Stärke sowie der Coping-Strategien der einzelnen Person ab. Persönlichkeitsfaktoren spielen ebenso eine Rolle bei der Entstehung eines Burnouts. Ob sich ein Burnout entwickelt, hängt von verschiedenen Faktoren ab: Wie stark ist die Ausprägung des betreffenden Persönlichkeitsanteils? Welche Ressourcen, Resilienz und mentale Stärke stehen dem Menschen in schwierigen Situationen zur Verfügung?

Die zahlreichen Symptome - je nach Quelle weit über 100 - lassen sich nur schwer objektiv fassen. Ein klares Krankheitsbild existiert daher nicht. Ein Burn-out verläuft in Phasen. Nur: Eindeutig kategorisieren lassen sich diese nicht, denn jede betroffene Person erlebt das Ausbrennen anders. Einzelne Phasen können übersprungen oder in anderer Reihenfolge durchlaufen werden. Je nach Quelle wird von einem 3-, 5-, 7- oder 12-Phasen-Modell gesprochen, wobei sich die meisten nicht grundlegend widersprechen. Auch wenn die Phasenmodelle nicht wissenschaftlich belegt sind, geben sie dennoch wichtige Hinweise, wie ein Burn-out verlaufen kann. Nicht zuletzt regen sie zur Selbstreflexion an.

Die Behandlung eines Burn-outs richtet sich nach den Ursachen und vor allem nach der betroffenen Person. Ansonsten ist eine ambulante Therapie in der Regel ausreichend. Zusätzlich zur psychologischen Behandlung gilt es, die Balance wiederherzustellen und die Energiespeicher aufzufüllen. Auch da gibt es kein 08/15-Rezept: Was der einen Person guttut, findet die andere langweilig. Grundsätzlich bewährt haben sich Entspannungsmethoden, Körpertherapien, Sport und Achtsamkeitsübungen. Besonders wichtig sind das Erlernen von langfristigen Strategien, um mit Stress umzugehen, die Fähigkeit, Nein zu sagen, und das Ablegen des Perfektionismus.

Ein oberflächlicher Kratzer auf einer Tischplatte lässt sich viel schneller ausbessern als eine tiefe Kerbe. Dasselbe gilt für die Psyche: Je länger man nichts gegen die Erschöpfung unternimmt, desto tiefer rutscht man ab und desto länger dauert die Heilung. Ein Mensch unter Dauerbelastung schafft es nicht mehr, sich zu entspannen. Dies muss erst wieder erlernt werden. Das Resultat: Nur 16 Prozent der Proband:innen betrachteten sich sieben Jahre nach der ersten Behandlung als komplett genesen. 4 Prozent gaben an, ihr gesundheitlicher Zustand sei unverändert oder gar schlechter.

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Und auch nicht nötig. Denn in einem gesunden Mass ist er nicht schädlich - solange Erholungsphasen folgen und sich keine konstante Überforderung einstellt. Eigene Bedürfnisse erkennen und Rücksicht auf diese nehmen: Wie viel Schlaf brauche ich? Esse ich ausgewogen und regelmässig? Wo liegen meine Grenzen? Welche Aufträge schaffe ich realistischerweise? Was tut mir gut?

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