Arbeitslosigkeit und psychische Erkrankung: Unterstützung und Hilfsangebote

Der Verlust des Arbeitsplatzes stellt für die Betroffenen eine denkbar belastende Zeit dar und kann den Lebensverlauf verändern. In diesem Zusammenhang kann das Fehlen einer Arbeit ein Gefühl der Niedergeschlagenheit hervorrufen.

Zahlreiche Studien bestätigen die negativen Auswirkungen der Arbeitslosigkeit auf den empfundenen Gesundheitszustand, die Morbidität, die Mortalität, die psychische Gesundheit und das Wohlbefinden. Die psychische Gesundheit kann durch Stress und die Sorge, dass die finanziellen Mittel nicht mehr zur Kostendeckung ausreichen, geschwächt werden.

Zu den individuellen Faktoren kommt der kollektive Faktor der Stigmatisierung hinzu: Arbeitslose werden manchmal als Verantwortliche für ihre Situation angesehen und werden beschuldigt, nicht genug zu unternehmen, um aus ihrer Situation herauszukommen. Ist die Stigmatisierung verinnerlicht, kann sie das Selbstvertrauen untergraben.

Arbeitslose sind zudem stärker vom Konsum psychoaktiver Substanzen betroffen, die als Betäubungsmittel zum Ertragen der Situation ohne Arbeit betrachtet werden. Diese Situation erzeugt Spannungen, die den psychischen Gesundheitszustand beeinträchtigen, was wiederum die Fähigkeit der arbeitslosen Personen einschränkt, aktiv auf ihr Umfeld einzuwirken und eine Beschäftigung zu suchen.

Nicht alle Menschen sind im gleichen Ausmass betroffen. Es ist wichtig zu berücksichtigen, dass unterschiedliche Personen von fehlender Arbeit und ihren Auswirkungen auf die psychische Gesundheit betroffen sind.

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Manchmal können Arbeitsplatzverlust und Arbeitslosigkeit zu Angstzuständen oder Depressionen führen. Häufig zeigen sich psychische Schwierigkeiten in physischen Symptomen wie Rücken- oder Kopfschmerzen, Schlafstörungen usw.

Wenn sich die Situation verschlimmert und Sie sich ängstlich oder bedrückt fühlen, ist es sehr wichtig, dass Sie mit Ihren Schwierigkeiten nicht alleine bleiben. Warten Sie nicht ab, bis es Ihnen von alleine besser geht. Nehmen Sie Hilfe in Anspruch.

Unterstützungsangebote und Anlaufstellen

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der regionalen Arbeitsvermittlungszentren, der privaten oder öffentlichen Sozialdienste sind allesamt Fachpersonen, die Menschen mit unterschiedlichen Schwierigkeiten im Zusammenhang mit Arbeitsplatzverlust, Arbeitslosigkeit oder längerer Nichtbeschäftigung betreuen. Obwohl sie keine Fachpersonen für psychische Gesundheit sind, können sie Betroffene unterstützen, indem sie ihnen zuhören und sie bei Bedarf an kompetente Fachpersonen verweisen.

Für schwierige persönliche oder familiäre Situationen gibt es in der Schweiz viele Fachpersonen, die weiterhelfen. Wer Probleme hat, kann sich auch kostenlos an anonyme Beratungsstellen wenden. Aber auch die Hausärztin oder der Hausarzt kann weiterhelfen.

Die Rubrik «Psychische Gesundheit und Arbeitslosigkeit« auf PSY-GESUNDHEIT.CH bietet zahlreiche Informationen und Ressourcen für arbeitslose Personen.

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  • Psychiatrische Spitex: Bietet ambulante Unterstützung für Menschen mit psychischen Erkrankungen oder in psychischen Krisen.
  • Jugendpsychologischer Dienst: Eine gute erste Anlaufstelle für Jugendliche mit psychischen Problemen. Auch Eltern, die sich Sorgen um ihre Kinder machen, können sich dort melden.
  • Suchtberatungsstellen: Helfen bei Suchterkrankungen wie Alkohol- oder Drogensucht, Spielsucht, Kaufsucht oder Internetsucht und bei Essstörungen.
  • Beratungszentrum Bezirk Baden: Bietet kostenlose vertrauliche Beratung und Unterstützung bei Suchterkrankungen.
  • Die Dargebotene Hand (Tel. 143): Kann zu jeder Zeit unter der Nummer 143 angerufen werden und ist rund um die Uhr erreichbar.

Psychische Erkrankungen und die Invalidenversicherung (IV)

Die Invalidenversicherung ist dann zuständig, wenn man wegen einem gesundheitlichen Problem voraussichtlich längerfristig nicht (mehr) arbeiten kann oder nach der Schule noch gar nie eine Arbeit gefunden hat. Ansonsten ist die Arbeitslosenversicherung zuständig.

Psychische Krankheiten sind selten sichtbar oder mit Bildern zu beweisen. Deshalb holt die IV-Stelle fast immer ein psychiatrisches Gutachten ein, bevor sie über die Ausrichtung einer Rente entscheidet.

Seit 2022 müssen die Gutachtengespräche aufgezeichnet werden. Dies ermöglicht eine Überprüfung, was genau und wie etwas gesagt wurde. Die Unabhängigkeit und Qualität der Gutachten ist oft nicht gegeben. Es gibt viele Gutachter*innen, welche nicht sorgfältig arbeiten und wirtschaftlich abhängig von den Aufträgen der IV-Stellen sind.

Mit der anfangs 2022 in Kraft getretene Reform konnten im Gutachterwesen wichtige Verbesserungen erzielt werden: Falls nicht nur eines, sondern mindestens zwei Gutachten eingeholt werden, müssen die Gutachter*in nach dem Zufallsprinzip-bestimmt werden. Dies soll verhindern, dass ein Gutachten von einer IV-Stelle durch die Wahl eines bestimmten Gutachters bzw. Seit 2022 gibt es die Eidgenössische Kommission für Qualitätssicherung in der medizinischen Begutachtung (EKQMB). Diese kontrolliert die Gutachterstellen.

Supported Employment als Ansatz zur Wiedereingliederung

Menschen mit psychischen Erkrankungen bevorzugen es in der Regel, im allgemeinen Arbeitsmarkt tätig zu sein. Gleichwohl verlieren Betroffene nicht selten ihre Stelle, wenn die Erkrankung im Betrieb bekannt wird oder Fehlzeiten im Rahmen der Erkrankung auftreten. Sehr viele Betroffene finden nach längerer Arbeitslosigkeit keinen adäquaten Arbeitsplatz.

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Trotz vielfältiger politischer Anstrengungen, Menschen mit psychischen Erkrankungen in den ersten Arbeitsmarkt zu inkludieren, und positiver Evaluationen ist Supported Employment (unterstützte Beschäftigung) in der Schweiz in der Breite kaum vorhanden.

Dieses gründet auf dem Prinzip, die betroffenen Personen direkt und ohne vorgeschaltetes Arbeitstraining im allgemeinen Arbeitsmarkt zu platzieren und erst dann zu trainieren bzw. zu coachen. Dieses «Place-then-train»-Verfahren verkehrt die traditionelle Stufenleiter der Rehabilitation, nach der zunächst Fertigkeiten erlernt werden sollen, um dann entsprechende Tätigkeiten zu finden («Train-then-place»).

Die empirische Forschung ist hier jedoch eindeutig: Supported Employment-Programme sind sowohl in klinischen Studien als auch in der Routineanwendung den traditionellen Programmen - die überwiegend im zweiten Arbeitsmarkt stattfinden - eindeutig überlegen.

Daten aus dem Supported Employment-Programm der Universitären Psychiatrischen Dienste UPD Bern zeigen, dass trotz der Überlegenheit gegenüber konventionellen Unterstützungsmassnahmen nur ungefähr ein Drittel der Teilnehmenden in einer Festanstellung landet.

Die Wiedereingliederung nach längerer Arbeitslosigkeit ist ein mühsamer, mit vielen Hindernissen bestückter Weg.

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