ADHS und Angst vor Ablehnung: Ursachen und Umgang

ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung) ist eine neurologische Besonderheit, die oft mit Herausforderungen im Alltag verbunden ist. Viele Betroffene erleben Konzentrationsprobleme, emotionale Reizbarkeit und Schwierigkeiten bei der Alltagsorganisation. Ein besonders schmerzhafter Aspekt ist die Angst vor Ablehnung, die sich tief in die Seele eingraben kann.

ADHS in der Schule: Eine Herausforderung für Eltern und Kinder

Die Schule kann für Eltern betroffener Kinder ein herausforderndes und oft belastendes Thema sein. Je nach Ausprägung der Symptome können soziales Verhalten oder Schwierigkeiten mit dem Lernen grossen Druck aufs Elternhaus ausüben. Oft konfrontiert mit dem Unverständnis oder Schuldzuweisung der Gesellschaft, reagieren Eltern manchmal auch gegenüber der Schule mit Schweigen oder Widerstand. Eine Haltung, die das Kind jedoch nicht unterstützt und zur Falle werden kann.

Eine Studie der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) aus dem Jahr 2014 ergab, dass die ADHS-Symptomatik insbesondere in drei Bereichen zu starken Beeinträchtigungen des Kindes führt:

  • Bewältigung von Hausaufgaben
  • Verhalten im Schulunterricht
  • Verhalten allgemein in der Schule (ausserhalb des Unterrichts)

Es ist wichtig, dass Eltern die Lehrperson ihres Kindes über die ADHS informieren, spätestens dann, wenn sie eine Verstärkung der Symptome feststellen. Für die Lehrperson ist es hilfreich zu wissen, welche Strukturen zuhause wirksam sind, weil sie diese eventuell auch für den Unterricht adaptieren kann. Regelmässige Rücksprachen geben Sicherheit. Gemäss ZHAW-Forschungsbericht sind die am häufigsten genannten Gründe für die Nichtinformation:

  • Besorgnis betreffend Kompetenzen der Lehrperson in Bezug auf ADHS
  • Angst vor Vorwürfen, Vorurteilen, Verständnislosigkeit und Überforderung der Lehrperson mit dem Kind
  • Schlechte Erfahrungen mit anderen Lehrpersonen

Die Studie hält fest, dass 93 Prozent der Klassenlehrpersonen von den Eltern über die ADHS-Betroffenheit ihres Kindes informiert wurden. Dies in der Hoffnung, dass daraus ein bessere Zusammenarbeit, Verständnis und Akzeptanz der Diagnose resultiert.

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ADHS bei Erwachsenen: Symptome und Herausforderungen

ADHS Erwachsene Symptome können sich deutlich von den Anzeichen unterscheiden, die man bei Kindern beobachtet. Bei Erwachsenen kann ADHS zu Schwierigkeiten bei der Arbeitsplatzorganisation, dem Zeitmanagement und der Aufrechterhaltung von Beziehungen führen. Oft haben sie das Gefühl, dass sie ständig gegen den Strom schwimmen, während sie versuchen, die Anforderungen des Lebens zu bewältigen. Diese ADHS Erwachsene Symptome können sich negativ auf das Berufsleben, Beziehungen und die allgemeine Lebensqualität auswirken.

Insbesondere ADHS Symptome bei erwachsenen Frauen zeigen sich oft anders als bei Männern. Während Männer häufig durch impulsives und hyperaktives Verhalten auffallen, erleben Frauen eher Symptome wie chronische Überforderung, emotionale Instabilität und Schwierigkeiten, ihre Rollen im Berufs- und Privatleben in Einklang zu bringen. Diese Unterschiede führen dazu, dass ADHS bei Frauen oft später diagnostiziert wird.

Im beruflichen Kontext können Erwachsene mit ADHS Schwierigkeiten haben, Aufgaben zu priorisieren und abzuschließen. Sie neigen dazu, ihre Arbeit zu prokrastinieren und Schwierigkeiten zu haben, den Fokus zu behalten, was sich negativ auf ihre Karriere auswirken kann. Viele Erwachsene berichten von häufigen Jobwechseln oder dem Gefühl, nicht das volle Potenzial auszuschöpfen, was zu einem ständigen Gefühl der Unzufriedenheit führt.

Soziale Beziehungen sind ein weiterer Bereich, der von ADHS bei Erwachsenen betroffen ist. Schwierigkeiten in der Kommunikation, impulsives Verhalten und emotionale Instabilität können dazu führen, dass es herausfordernd ist, langfristige Beziehungen aufzubauen und aufrechtzuerhalten.

ADHS und die Angst vor Ablehnung

Viele Menschen mit ADHS haben ihr Leben lang mit ihrer subjektiv empfundenen Unzulänglichkeit zu kämpfen gehabt. Sie haben es unzählige Male zu hören bekommen, dass sie die Erwartungen nicht erfüllen oder dass sie ein «schlechtes Hirn» haben. Dies wird oft auf katastrophal schmerzhafte Weise erlebt.

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Die Überforderung wird zur täglichen Begleiterin: Termine, Deadlines, soziale Erwartungen - alles scheint mehr Energie zu kosten als bei anderen. Menschen mit ADHS oder ADS nehmen ihre Umwelt oft intensiver wahr. Geräusche, Gedanken, Gefühle - alles prasselt gleichzeitig ein. Die Folge? Tiefe mentale Erschöpfung. Betroffene spüren früh, dass sie anders ticken. Sie denken anders, fühlen intensiver, reagieren sensibler. Durch ständige Kritik und das Scheitern an alltäglichen Dingen wird die innere Stimme zum Feind. Die Folge: Eine tiefe seelische Wunde, die selten als solche erkannt wird.

Ein wichtiger Schritt ist, sich mit diesen inneren Prozessen zu versöhnen. Viele Betroffene haben ihr Leben lang versucht, “besser zu funktionieren”. Viele Gefühle wurden lange unterdrückt - aus Angst, „zu viel“ zu sein. Doch unterdrückte Emotionen heilen nicht. Heilung braucht keine großen Durchbrüche. Es geht nicht um Perfektion. Vielleicht ist genau das der Schlüssel: Nicht gegen sich zu kämpfen, sondern mit sich Freundschaft zu schließen. ADHS/ADS bedeutet nicht, dass die Seele beschädigt ist - sondern dass sie auf ihre eigene Weise schwingt.

Nachteilsausgleich und Unterstützung

Der Nachteilsausgleich ist sinnvoll und wichtig. Es ist aber nicht einfach, für die Betroffenen einen sinnvollen Nachteilsausgleich zu finden. Die Nicht-Betroffenen dürfen dadurch nicht benachteiligt werden. Die betroffene Person muss deshalb trotz Nachteilsausgleich die genau gleiche Leistung erbringen wie die Nicht-Betroffene.

In den Kernelementen beschrieben, muss der Nachteilsausgleich individuell festgelegt werden. Ein Kind mit ADHS hat andere Bedürfnisse als bspw. Erwachsene mit ADS haben meistens Schwierigkeiten beim selbständigen, auf sich allein gestellten Arbeiten. Auch den Überblick behalten, sowie das Strukturieren und Planen machen oft Mühe. Ständig werden Sachen vergessen, Wichtiges wird aus den Augen verloren, man verliert / vertrödelt viel Zeit, schweift ab. Die Betroffenen arbeiten ineffizient und können ihr Potenzial nicht adäquat in Leistung umsetzen. Verliert sich in Details, weiss nicht, wo/wie anfangen, weshalb Betroffene nur ganz kurze Zeit an einer Aufgabe bleiben, dann ausweichen, die Arbeit aufschieben, sich etwas anderem zuwenden und sich wieder abwenden.

Behandlung von ADHS

Bei der Behandlung von ADHS setzen Fachpersonen oft auf eine Kombination aus Psychotherapie und Medikamenten. Diese stimulieren die dopaminhaltigen Nervenverbindungen im Gehirn und stellen die Informationsübertragung zwischen ihnen wieder her. Dadurch können sich die Betroffenen besser konzentrieren und werden ruhiger. Bei der ADHS-Behandlung ist es, wie bei der Behandlung anderer Störungen oder Krankheitsbilder, nötig, verschiedene Möglichkeiten auszuprobieren. Denn die Präparate wirken bei Betroffenen unterschiedlich und werden nicht von jedem gut vertragen. Der Weg zur optimalen Therapie kann lang sein, weshalb eine begleitende Psychotherapie empfehlenswert ist. Im Rahmen derer lernen Patient:innen, mit ADHS zurechtzukommen und bekommen Strategien zur Linderung ihrer Symptome aufgezeigt.

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Es ist wichtig zu betonen, dass ADHS auch gute Seiten hat. So gelten Betroffene als überdurchschnittlich kreativ, hilfsbereit, feinfühlig und haben eine schnelle Auffassungsgabe. Sie sind, wenn sie sich für ein Thema wirklich interessieren, sehr begeisterungsfähig und können sich dann auch stundenlang damit auseinandersetzen (sogenannter Hyperfokus).

Umgang mit der Schule: Tipps für Eltern

Wenn Sie Ihr Kind unterstützen wollen, dann signalisieren Sie der Schule Gesprächsbereitschaft. Falls es für Sie ein schwerer Gang ist, wenden Sie sich an eine Fachperson, die Sie begleitet. Leider gibt es gegenüber einer ADHS-Diagnose in unserer Gesellschaft nach wie vor Vorbehalte: Noch immer werden Eltern für dieses Störungsbild verantwortlich gemacht und kritisiert, wenn sie sich für eine medikamentöse Behandlung des Kindes entscheiden. Dies kann Ihnen auch bei einer Lehrperson passieren.

Hier einige Tipps, wie Sie vorgehen können:

  • Zeigen Sie Grösse und Kooperationsbereitschaft, gehen Sie auf Augenhöhe mit der LP.
  • Führen Sie mit der Lehrperson nie ein Gespräch zwischen Tür und Angel.
  • Bereiten Sie sich mit einer Liste auf die Punkte vor, die Sie gerne besprechen würden.
  • Klagen Sie nicht an. Schuldzuweisungen sind nicht konstruktiv. Fordern Sie stattdessen Unterstützung.

Weil wir mit unseren betroffenen Kindern sehr verbunden sind, fehlt uns manchmal die nötige Distanz bei solchen Gesprächen. Wenn Sie spüren, dass Sie der Begegnung emotional nicht gewachsen sind, lassen Sie sich von jemandem begleiten, der mit Ihrer Situation vertraut ist.

Wenn Sie trotz Kooperation nicht weiter kommen, ziehen Sie eine Fachperson (Arzt, ADHS-Beratung) bei und verlangen sie ein Standortgespräch mit der Schulleitung.

Ziehen Sie die Notbremse, wenn die Lehrperson trotz allen Massnahmen nicht aus ihrer negativen Haltung gegenüber dem Kind heraus kommt.

Ein Leben mit ADHS bringt verschiedene Herausforderungen mit sich. Sie sind jedoch nicht alleine! Sich mit anderen Betroffenen auszutauschen hilft, neue Lösungen und Perspektiven zu finden.

Oppositionelles Trotzverhalten

Das oppositionelle Trotzverhalten, auch als Oppositionelle Trotzstörung (OTS) bekannt, ist eine Verhaltensstörung, die häufig im Kindes- und Jugendalter auftritt. Es ist gekennzeichnet durch ein persistentes, trotziges, aufsässiges und feindseliges Verhalten gegenüber Autoritätspersonen und Erwachsenen.

Die genauen Ursachen für oppositionelles Trotzverhalten sind nicht vollständig bekannt, aber es wird angenommen, dass eine Kombination aus genetischen, neurobiologischen, psychologischen und Umweltfaktoren eine Rolle spielt.

Die Behandlung von oppositionellem Trotzverhalten beinhaltet:

  • Elterntraining
  • Verhaltenstherapie
  • Förderung von sozialen Kompetenzen, emotionaler Regulation und Problemlösung
  • Schulische Unterstützung
  • Umfeldanpassung
  • Gegebenenfalls kann eine medikamentöse Behandlung in Erwägung gezogen werden, wenn Begleitsymptome wie Angstzustände oder Depressionen vorliegen.

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