Woran merke ich, dass ich depressiv bin? Symptome und was man dagegen tun kann

Depressive Erkrankungen gehören zu den weltweit schwerwiegendsten und bedeutendsten Krankheitsbildern. Sie betreffen in ihren unterschiedlichen Ausprägungsformen bis zu 20 % der Bevölkerung. Das Ausmass und die Schwere der Erkrankung können erheblich variieren. Manchmal ist sie kaum vom Alltagszustand zu unterscheiden, manchmal lähmt sie alles. Es kann vorkommen, dass niemand etwas davon merkt, manchmal merken alle anderen etwas, nur die betroffene Person merkt nichts.

Die Depression ist eine schwere Erkrankung. Sie ist keine normale Traurigkeit, kein Versagen, keine Willensschwäche! Sie ist jedoch gut behandelbar. Depression ist ein Risikofaktor für das Auftreten anderer schwerwiegender Krankheiten wie Herzinfarkt, Schlaganfall, Osteoporose und Diabetes.

Laut des Bundesamtes für Statistik sind neun Prozent aller Schweizer:innen von Depressionen betroffen (Stand 2017). Eine Depression äussert sich oft durch eine längerfristig gedrückte Stimmung, negative Gefühle, Antriebslosigkeit und den Verlust von Interessen. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass Depressionen ein sehr komplexes Krankheitsbild sind. Es gibt verschiedene Arten von Depressionen, und die begleitenden Symptome können sehr unterschiedlich und individuell sein.

Hauptsymptome einer Depression

Typisch für die Erkrankung sind folgende drei Hauptsymptome:

  • Niedergedrückte Stimmung: Die Betroffenen leiden sehr unter einer tiefen Niedergeschlagenheit. Die depressive Stimmung ist fast ununterbrochen vorhanden, stark ausgeprägt und hält mindestens zwei Wochen an.
  • Innere Leere und Verlust von Interessen: Charakteristisch ist auch, dass Betroffene weder Freude noch andere Gefühle empfinden. Innerlich fühlen sie sich leer und gefühlstot. Das Interesse an sozialen Kontakten, Arbeit und Hobbys erlischt. Aufmunterungsversuche durch die Mitmenschen haben keinen Effekt. Positive Erlebnisse verbessern die Stimmung nicht.
  • Antriebslosigkeit und Müdigkeit: Depressive Menschen sind nur schwer oder gar nicht in der Lage, alltägliche Aufgaben zu bewältigen. Sie fühlen sich ständig geistig und körperlich erschöpft. Selbst das morgendliche Aufstehen wird zum Kraftakt, sodass manche das Bett gar nicht mehr verlassen wegen ihrer Depression. Müdigkeit wird zum Normalzustand.

Weitere Symptome einer Depression

Treten drei oder mehrere dieser Symptome gleichzeitig und während mindestens 14 Tage auf, können sie auf eine depressive Erkrankung hinweisen. Depression ist weit mehr als Traurigkeit und Erschöpfung.

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  • Gedrückte Stimmung
  • Interessensverlust und/oder Freudlosigkeit, auch bei sonst als schön empfundenen Ereignissen
  • Verminderter Antrieb, Schwunglosigkeit, erhöhte Ermüdbarkeit, Erschöpfung (Burnout)
  • Angst, innere Unruhe
  • Verminderte Konzentrationsfähigkeit und Aufmerksamkeit
  • Fehlendes Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl, Gefühle von Wertlosigkeit
  • Starke Unsicherheit beim Treffen von Entscheidungen
  • Gedankenkreisen, Neigung zum Grübeln
  • Negative Zukunftsperspektiven, Hoffnungslosigkeit, Pessimismus
  • Starke Schuldgefühle, Selbstvorwürfe
  • Hartnäckige Schlafstörungen
  • Verminderter Appetit, Gewichtsverlust
  • Libido-Verlust, d.h. nachlassendes Interesse an Sexualität
  • Tiefe Verzweiflung, Todesgedanken, Suizidgedanken, Suizidhandlungen

Typisch für Depressionen sind zudem die folgenden Nebensymptome:

  • Starke Selbstzweifel
  • Schuldgefühle und Selbstvorwürfe
  • Konzentrations- und Aufmerksamkeitsstörungen
  • Extremes Schlafbedürfnis oder Schlafstörungen
  • Starke Unruhe und innere Erregtheit
  • Verlust des sexuellen Interesses

Die 5 Phasen der Depression

Um zu verstehen, wie eine Depression verlaufen kann, wurde sie in fünf Phasen eingeteilt. Diese Einteilung hilft dabei, die Kernerfahrungen und Herausforderungen der Krankheit in verschiedenen Ausprägungen zu beschreiben. Wenn Sie das Gefühl haben, aktuell von einer Depression betroffen zu sein, kann Ihnen dieser Artikel helfen, Ihre Situation zu verstehen.

Die 5 Phasen der Depression bauen auf den Beobachtungen von Psychologin Elisabeth Kübler-Ross auf. Diese Phasen geben uns einen Einblick in den Verlauf der Krankheit und die damit verbundenen Herausforderungen. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass nicht alle Betroffenen zwangsläufig alle Phasen in der gleichen Reihenfolge durchlaufen müssen. Eine Depression verläuft meist in fünf Phasen.

Phase 1: Negative Gedankenmuster

In der ersten Phase der Depression treten negative Gedankenmuster auf, die sich verselbstständigen und über einen längeren Zeitraum anhalten. Betroffene beschreiben diesen Zustand oft als chronische Niedergeschlagenheit und Verzweiflung. Im Gegensatz zur depressiven Niedergeschlagenheit werden «normale» negative Gefühle meistens durch konkrete Ereignisse ausgelöst.

Bei Depressionen wird die Sichtweise auf sich selbst, andere Menschen und die Zukunft oft von pessimistischen Gedanken geprägt. Ereignisse werden überwiegend negativ interpretiert, und es fällt schwer, positive Aspekte oder Hoffnung zu erkennen, insbesondere mit Blick auf die Zukunft.

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Was kann ich tun?

  • Abstand schaffen: Erinnern Sie sich daran, Sie sind nicht Ihre Gedanken. Nicht alles, was Sie denken, ist absolut und wahr.
  • Gedanken aufschreiben und loslassen: Schreiben Sie Ihre negativen Gedanken auf Papier.
  • Eigene Stopp-Signale einbauen: Wenn Sie bemerken, dass negative Gedanken ausser Kontrolle geraten, können Sie sich selbst Stopp-Signale setzen.
  • Mit dem Umfeld darüber sprechen: Teilen Sie Ihre Gedanken und Gefühle mit Vertrauenspersonen in Ihrem Umfeld. Indem Sie Ihre Gedanken laut aussprechen, verlieren sie oft an Macht und Einfluss.
  • Sprechen Sie mit Psycholog:innen oder einer anderen Fachperson: Suchen Sie professionelle Hilfe, indem Sie sich an eine Fachperson wenden.

Es gibt meistens keine schnelle Lösung, depressive Gedankenmuster zu durchbrechen und jeder Mensch reagiert unterschiedlich in diesen Situationen. Negative Gefühle aufzuschreiben, kann helfen, sie loszulassen.

Phase 2: Veränderungen im Appetitgefühl

Während der Phase 2 einer Depression treten Veränderungen im Appetitgefühl auf. Negative Gefühle und Depression können sich auf den Appetit und das Hungergefühl auswirken, da sie Stress für den Körper bedeuten. Auf der einen Seite kann es zu einem Appetitverlust kommen. Der Körper ist so stark mit den negativen Gefühlen beschäftigt, dass er weniger Hunger-Signale sendet. Auf der anderen Seite kann die Depression dazu führen, dass man mehr isst. Essen kann in diesem Fall als Bewältigungsmechanismus dienen, auch bekannt als «Emotionales Essen».

Negative Gefühle werden durch Essen reguliert, das als Ablenkung oder Trost dient. Oft greifen Betroffene dabei zu kalorienreichen Lebensmitteln, wie Süssigkeiten, da viele Menschen diese mit Belohnung verknüpfen. Die Folge dieser Veränderungen im Appetitgefühl können Gewichtsveränderungen sein, entweder eine Zunahme oder Abnahme des Körpergewichts.

Was kann ich tun?

  • Essen schön anrichten: Nehmen Sie sich Zeit, um Ihre Mahlzeiten ansprechend zu gestalten.
  • In guter Gesellschaft essen: Essen Sie in angenehmer Gesellschaft.
  • Kochen Sie Mahlzeiten, die Sie besonders mögen: Bereiten Sie Gerichte zu, die Ihnen Freude bereiten und Ihren Geschmack treffen.
  • Abstand schaffen und überlegen: Stellen Sie sich die Frage, warum Sie gerade jetzt essen möchten. Haben Sie wirklich Hunger oder gibt es emotionale Auslöser?
  • Auf den Körper hören: Versuchen Sie, auf die Bedürfnisse Ihres Körpers zu achten.
  • Regelmässig essen und sich Zeit nehmen: Vermeiden Sie es, lange Pausen zwischen den Mahlzeiten zu haben, da dies zu einem Energietief führen kann, das dazu verleitet, sich anschliessend auf Essen zu stürzen.
  • Meal Prep: Planen Sie Ihre Mahlzeiten im Voraus.

Allgemein ist es wichtig, dass Sie sich gegebenenfalls auch Unterstützung bei einem Psychologen oder einer Psychologin suchen. Ein:e professionelle:r Therapeut:in kann Ihnen helfen, Ihre Gedanken und Gefühle im Zusammenhang mit der Depression und dem Appetit zu verstehen und angemessene Bewältigungsstrategien zu entwickeln.

Phase 3: Schlafstörungen

Während der Phase 3 einer Depression treten häufig Schlafstörungen auf. Negative Gedanken können Betroffene am Einschlafen hindern oder sie während der Nacht immer wieder aufwecken. Schlafprobleme im Zusammenhang mit Depressionen können vielfältig sein.

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Viele Betroffene berichten zudem von Veränderungen in der Schlafqualität. Der Schlaf ist unruhig und von häufigem Erwachen in der Nacht geprägt. Betroffene können sich im Bett hin- und herwälzen und haben Schwierigkeiten, eine bequeme Schlafposition zu finden. Die Folge dieser Schlafstörungen sind anhaltende Müdigkeit und Energiemangel. Selbst nach einer Nacht im Bett fühlen sich Betroffene nicht ausgeruht.

Was kann ich tun?

  • Regelmässigkeit: Versuchen Sie, immer zur gleichen Zeit ins Bett zu gehen und aufzuwachen.
  • Entwickeln Sie ein Zubettgeh-Ritual und schalten Sie bewusst ab: Legen Sie zum Beispiel eine Stunde vor dem Zubettgehen Ihr Handy beiseite, lesen Sie ein Buch oder schreiben Sie Ihre Gedanken auf.
  • Passen Sie Ihr Schlafzimmer an: Verwenden Sie Ihr Bett nur zum Schlafen und sorgen Sie dafür, dass kein Tageslicht während des Schlafens ins Zimmer gelangt.
  • Machen Sie leichte Bewegung an der frischen Luft: Planen Sie kurze Spaziergänge in Ihren Tag ein.

Depressionen und Schlafstörungen gehen oftmals Hand in Hand.

Phase 4: Intensive Selbstkritik und Schuldgefühle

In dieser Phase neigen Betroffene zu intensiver Selbstkritik und starken Schuldgefühlen. Sie tragen eine überwältigende Last von Schuldgefühlen, die oft in keinem Verhältnis zu den tatsächlichen Ereignissen oder Handlungen stehen. Die Selbstbeschuldigung wird zu einem ständigen Begleiter im Leben von Betroffenen. Der Glaube, dass sie traurig sind, nicht essen und ständig müde sind, wird mit der Überzeugung verbunden, dass dies ihre Schuld sei. Dadurch empfinden sie sich als minderwertig, wertlos und unliebenswert. Sie glauben nicht, dass sie es verdienen, glücklich zu sein.

Was kann ich tun?

  • Führen Sie ein Positiv-Tagebuch: Schreiben Sie jeden Tag auf, was gut gelaufen ist und wofür Sie dankbar sind.
  • Richten Sie Ihren Blick in die Zukunft: Lassen Sie Geschehenes hinter sich und konzentrieren Sie sich auf das, worauf Sie sich freuen können.
  • Schenken Sie sich selbst etwas: Gönnen Sie sich hin und wieder etwas Besonderes, um sich selbst Wertschätzung entgegenzubringen.

Phase 5: Hoffnungslosigkeit und Suizidgedanken

In Phase 5 nehmen das Gefühl der Hoffnungslosigkeit und Ausweglosigkeit bei Betroffenen extrem zu. Sie glauben, dass sich ihre Situation niemals verbessern wird und dass der Tod die einzige Lösung für ihre Qualen darstellt. Die Suizidgedanken sind intensiv und belastend und nur schwer abzustellen. Betroffene können darüber nachdenken, wie es wäre, nicht mehr zu leben, oder sie haben Vorstellungen von Gewalt gegen sich selbst.

In einem weiteren Schritt entwickeln Betroffene konkrete Vorstellungen und Pläne, wie sie sich selbst schaden oder ihr eigenes Leben beenden könnten. Sie können darüber nachdenken, welche Methoden sie verwenden würden oder wie sie ihre suizidalen Absichten umsetzen könnten. Die Folgen dieser Phase sind das Aufgeben sozialer Aktivitäten und das Ordnen der eigenen Angelegenheiten.

Was kann ich tun?

In dieser Phase sind schnelle und angemessene Massnahmen von entscheidender Bedeutung.

  • Suchen Sie professionelle Hilfe!
  • Reden Sie offen über Ihre Suizidgedanken, um Unterstützung zu erhalten.

Wenn Sie im Umfeld einer Person den Verdacht haben, dass sie suizidale Gedanken hat, sprechen Sie das Thema in ruhiger und sachlicher Weise an und ermutigen Sie die betroffene Person, sich professionelle Hilfe zu suchen. Es ist von grosser Bedeutung, in dieser Phase sofortige Unterstützung anzubieten. Suizidgedanken sind ein ernstes Anliegen, und professionelle Hilfe kann Leben retten.

Es ist von entscheidender Bedeutung, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, wenn Sie sich in einer oder mehreren Phasen der Depression wiedererkennen. Zögern Sie nicht, die Hilfe einer qualifizierten Fachperson in Anspruch zu nehmen. Eine professionelle Therapie kann auf Ihre individuellen Bedürfnisse zugeschnitten werden und Ihnen dabei helfen, die Depression zu bewältigen und den Weg zur Genesung einzuschlagen. Sie können sich an Therapeut:innen, Psychiater:innen oder andere Expert:innen wenden, die Erfahrung in der Behandlung von Depressionen haben. Denken Sie daran, dass Sie nicht alleine sind und dass es Menschen gibt, die Ihnen helfen möchten.

Depressions-Symptome bei Männern

Bei Männern werden Depressionen seltener diagnostiziert. Zum Teil liegt es daran, dass die Erkrankung sich bei Männern oft anders äussert als bei Frauen. Aggressionen, starke Reizbarkeit, eine geringe Impulskontrolle und wenig Stresstoleranz sind hier häufige Begleiterscheinungen.

Viele betroffene Männer gehen zudem mehr Risiken ein als gewöhnlich, fahren beispielsweise viel zu schnell Auto. Oft konsumieren sie mehr Alkohol als sonst oder rauchen mehr. Sie machen ihren Mitmenschen Vorwürfe und sind unzufrieden mit sich und der Welt. Ein Grund dafür ist möglicherweise, dass sie sich aufgrund der depressiven Gefühle als schwach und unmännlich empfinden und ihre Gefühle daher anders ausleben.

Körperliche Symptome bei Depressionen

Depressionen gehen oft mit körperlichen Beschwerden einher, die keine erkennbare organische Ursache haben. Solche Symptome nennt man somatisch. Typische körperliche Symptome sind beispielsweise:

  • Herz-Kreislauf-Beschwerden
  • Kopf- und Rückenschmerzen
  • Magen- und Darmprobleme
  • Schlafstörungen
  • Appetitlosigkeit, seltener: gesteigerter Appetit
  • Morgentief
  • Sexuelle Unlust

Manchmal stehen die körperlichen Beschwerden sogar so stark im Vordergrund, dass die Depression nicht gleich erkannt wird. Mediziner sprechen dann von einem somatischen Syndrom. Die körperlichen Symptome treten phasenweise auf und klingen mit der Behandlung der Depression wieder ab.

Findet der Arzt keine organische Ursache für die Beschwerden, deckt er durch gezieltes Nachfragen die versteckte Depression als eigentliche Ursache auf. Ist das der Fall, wird er eine sogenannte Somatisierungsstörung diagnostizieren. Das bedeutet nicht, dass die Patienten sich die Beschwerden nur einbilden, sondern nur, dass sich die Depression in körperlicher Form äussert.

Achtung, Suizidgefahr!

Die negativen Gedanken werden bei schweren Depressionen manchmal so stark, dass Suizidgedanken aufkommen. Es besteht Selbsttötungsgefahr!

Wenn Sie selbst an Suizid denken oder Suizidgedanken bei einem Angehörigen vermuten, suchen Sie unverzüglich Hilfe. Hoffnungslosigkeit und scheinbare Ausweglosigkeit sind Anzeichen der Depression, die sich mit der richtigen Unterstützung überwinden lassen. Erste Hilfe bei Depressionen und Suizidgedanken bietet "Die Dargebotene Hand". Sie ist eine Anlaufstelle für Menschen in Krisensituationen und unter der Telefonnummer 143 rund um die Uhr erreichbar.

Depressionen-Test

Sie haben den Eindruck, möglicherweise unter einer Depression zu leiden? Wichtige Hinweise geben Online-Selbsttests, so etwa der renommierte Goldberg-Test, der von dem Psychiater Ivan K. Goldberg entwickelt wurde. Aber Achtung: Ein solcher Selbsttest ersetzt nicht die Diagnosestellung durch einen Arzt oder Therapeuten. Suchen Sie auf jeden Fall Hilfe, wenn der Test diese Empfehlung gibt oder Sie sich unabhängig vom Testergebnis entsprechende Sorgen machen.

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