Viele Frauen erhalten ihre AD(H)S-Diagnose erst im Erwachsenenalter, oft nach Jahren des Unverständnisses, der Vorurteile und der Selbstzweifel. Ihr Interesse entstand aus der Erkenntnis, dass viele Betroffene jahrelang mit Unsicherheiten, Fehldiagnosen und gesellschaftlichen Vorurteilen kämpfen. Die Studentinnen Ramona Rüegg und Maryrose Maeder haben sich in ihrer Bachelorarbeit «Auswirkungen einer späten AD(H)S-Diagnose auf das Leben von Frauen» mit den Herausforderungen und den Gründen für die späte Erkennung der Störung befasst. Warum wird AD(H)S bei ihnen so spät erkannt? Und welche Folgen hat das für ihr Leben?
Unterschiedliche Erscheinungsformen von ADHS bei Frauen
ADHS äussert sich bei Frauen anders als bei Männern. ADHS ist eine andere Art zu denken, zu fühlen und zu handeln. Das Gehirn bei Menschen mit ADHS unterscheidet sich in der Art und Weise, wie Neuronen kommunizieren und sich miteinander verbinden. Es gibt nicht nur eine Form der Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung, sondern ganz viele Ausprägungen. Doch dieses Wissen fehlt vielen Fachpersonen, wodurch Betroffene lange unerkannt bleiben.
ADHS unterscheidet sich in 3 Typen: den unaufmerksamen Typ, den hyperaktiv-impulsiven Typ und den gemischten ADHS-Typ. Während bei dem hyperaktiven Typ der ADHS der Fokus auf die Hyperaktivität gelegt wird, beschreibt der unaufmerksame Typ der ADHS die zugrundeliegende Symptomatik - das Beibehalten der Aufmerksamkeit.
- ADHS (mit Hyperaktivität): Betroffene zeigen ausgeprägte Unruhe, Impulsivität und starke Ablenkbarkeit.
 - ADS (ohne Hyperaktivität): Hier steht vor allem eine ausgeprägte Unaufmerksamkeit im Vordergrund.
 
Während impulsive oder hyperaktive Jungen in der Schule schnell auffallen, werden ähnliche Probleme bei Mädchen oft als «Unkonzentriertheit» oder «Sensibilität» abgetan. Frauen werden häufiger als ruhig, organisiert, verträumt und einfühlsam wahrgenommen. Diese gesellschaftlichen Zuschreibungen beeinflussen den Blick auf ihre Verhaltensweisen.
Ein weiteres Problem ist die Art und Weise, wie sich AD(H)S bei vielen Frauen äussert. Während Jungen oft durch hyperaktives Verhalten und Impulsivität auffallen, kämpfen Frauen eher mit innerer Unruhe, Perfektionismus und übermässiger Anpassung. Statt offensichtlicher Verhaltensauffälligkeiten entwickeln sie Strategien, um ihre Schwierigkeiten zu überdecken. Dies erfolgt meist durch übermässige Selbstkontrolle, sozial angepasste Bewältigungsmechanismen oder ständige Selbstkritik.
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Frauen mit ADHS haben oft Mühe, ihre Gedanken zu sortieren. Besonders wenn mehrere Aufgaben gleichzeitig anstehen, fällt ihnen das Koordinieren schwer. Frauen mit ADHS berichten häufig über starke Stimmungsschwankungen, Reizbarkeit und emotionale Überforderung. Diese Symptome treten oft in einem engen Zusammenhang mit dem weiblichen Zyklus auf, insbesondere in der zweiten Zyklushälfte. Solche hormonellen Schwankungen beeinflussen die Wirkung von Dopamin - und können dazu führen, dass medikamentöse Behandlungen in bestimmten Zyklusphasen weniger wirksam sind.
Spezifische Symptome bei Mädchen und Frauen
Die Ausprägung von ADHS ist sehr individuell. Bei Jungen mit einer ADHS fehlt oft eine gewisse Impulskontrolle und sie verhalten sich mehrheitlich hyperaktiv. Sie leiden unter motorischer Unruhe, haben einen starken Bewegungsdrang und es fällt ihnen schwer, sich zu konzentrieren. Sie sind eher laut und fallen auf.
Betroffene Mädchen hingegen leiden eher unter Unaufmerksamkeit und innerer Unruhe. Sie bemühen sich aber, nicht aufzufallen, weshalb sie oft eine passive Haltung zeigen. Auch im Erwachsenenalter äussert sich ADHS bei Frauen anders als bei Männern.
- Unaufmerksamkeit: ADHS-betroffene Mädchen und Frauen versinken vermehrt in Tagträumerei und ständigem Gedankenkreisen. Dadurch leiden sie unter fehlender Aufmerksamkeit.
 - Hyperaktivität: Betroffene Frauen leiden seltener an Hyperaktivität als Männer mit ADHS. Die Hyperaktivität schlägt zudem eher nach innen aus.
 - Emotionsregulation: Frauen mit einer ADHS haben im Vergleich zu betroffenen Männern oft mehr Mühe, ihre Emotionen zu regulieren. Experten sprechen dabei von emotionaler Dysregulation. Diese Schwierigkeiten können sich durch Hypersensibilität oder leichte Reizbarkeit zeigen.
 - Hormonelle Schwankungen: Hormonelle Veränderungen durch den Menstruationszyklus oder auch die Wechseljahre verstärken die ADHS-Symptome bei Frauen.
 
Die meisten Mädchen sind dem unaufmerksamen Typ, der ADHS zuzuordnen. Sie sind still, ruhig und zurückgezogen. Ebenso sind Begleiterkrankungen, wie Teilleistungsstörungen, weniger häufig vorhanden. Doch all dies bedeutet nicht, dass ihre Probleme im Alltag weniger Auswirkungen haben als die der Jungen.
Mädchen verlieren sich in Tagträumereien und können dem Unterricht schlecht folgen. Sie vergessen beispielsweise die Hausaufgaben, trödeln, verlieren die Arbeitszettel oder der Schreibtisch sieht chaotisch aus. Ebenfalls haben sie Schwierigkeiten bei der sozialen Interaktion und sind häufig von Mobbing betroffen. Sie können sich kaum gegenüber ihren Mitschüler:innen behaupten. Sie sind nur wenig belastbar, brechen schnell in Tränen aus und treten schnell den Rückzug an. Dadurch wachsen sie nicht an Auseinandersetzungen oder trainieren Selbstbehauptung. Eigene Erfahrungen können sie nur wenig wertschätzen. Dafür haben sie ein gutes Gedächtnis für negative Erfahrungen und Misserfolge. Hieraus können sich depressive Symptomatiken, tiefe Selbstzweifel oder sogar Selbsthass entwickeln.
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Betroffene haben Schwierigkeiten, Entscheidungen zu treffen. Sie werden dadurch unsicher und zögerlich. Oft machen sie die Erfahrung, dass sie zu viel Zeit gebraucht haben, sich an einem Gespräch zu beteiligen, das frustriert sie. Erst im Nachhinein fällt ihnen ein, was sie hätten sagen können oder wie sie sich hätten zur Wehr setzen können. Sie selbst gehen in Gesprächen oft einfach unter. Aus diesen Gründen sind sie oft auf Bestätigung von anderen angewiesen, wodurch sie von diesen abhängig werden. Sie passen sich an. Dadurch leidet ihre Authentizität, Individualität und Reife. Da sie ansonsten kaum stören, vermutet kaum jemand eine ADHS hinter ihrem Verhalten.
Es ist für die Betroffene ein grosser Kraftaufwand, den Anforderungen zu entsprechen. Dabei trägt sie die Kämpfe und den Stress im Inneren aus. Es ist und bleibt schwierig für sie sich zu organisieren, bei der Sache zu bleiben und den allgemeinen Ansprüchen ihrer Umwelt zu genügen. Es kostet sie viel Kraft, die Symptome der ADHS zu kompensieren. Dabei können Sätze, die sie als faul betiteln oder ihr ihre Anstrengungen absprechen, dazu führen, dass ihr Selbstwertgefühl negativ geprägt ist.
Die Symptome können sich bereits in der Pubertät manifestieren, da hier das Risiko steigt an einer Persönlichkeitsstörung, Angststörung, Depressionen oder Essstörungen zu erkranken. Dies kann zu Missverständnissen führen. Je höher der IQ ist, desto häufiger wird ADHS bei Frauen übersehen. Der Umgang in der Schule ist besser, sie können sich gut anpassen und fallen nicht auf. Hierdurch entziehen sie sich einer Diagnose. Dass sie für all die Organisation und Anpassung besonders viel Kraft benötigen, fällt dabei niemandem auf.
Je nach Typus wirken sich die Symptome von ADHS unterschiedlich aus. Frauen vom hyperaktiven oder kombinierten Typus sind ihre Schwierigkeiten kaum anzumerken. Sie sind sozial, aktiv und charismatisch. So kann das Umfeld trotz einer kleinen chaotischen Art für sich gewonnen werden. Frauen wirken oftmals verträumt oder abwesend, da sie Probleme haben sich für längere Zeit auf etwas zu konzentrieren. Besonders ausprägend ist dieses Symptom, wenn die Betroffenen keinen Spass an der Tätigkeit empfinden.
Im Berufsalltag machen sie viele Überstunden, da sie oft langsamer sind und mehr Zeit benötigen. Sofern das Symptom vorhanden ist, kann es den Alltag beeinträchtigen. Betroffenen fallen Selbstorganisation und Priorisierung häufig sehr schwer. Sie wirken dadurch chaotisch. Manchmal werden nichtige Aufgaben priorisiert, während nötige Aufgaben zurückbleiben. Auch beim Aufräumen gelingt es ihnen nicht, lange genug bei der Sache zu bleiben. Mit dem Alltag sind sie oftmals überfordert. Dies wird oftmals mit dem Auszug aus dem Elternhaus deutlich.
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Gedanken springen oft hin und her. Einem Redebeitrag zu folgen, kann ihnen beispielsweise schwerfallen. Dies kann ihnen bei Handlungen ähnlich ergehen. Sie fangen engagiert an, bis sie eine andere Beschäftigung gefunden haben, die sie ablenkt. Der eigentliche Plan wird vergessen. Es fällt ihnen oft schwer, Freundschaften aufrechtzuerhalten, da sie Schwierigkeiten haben, sich regelmässig bei Freund:innen zu melden. Ein Wechsel von Freundschaften ist ebenso ein Symptom wie wechselnde Beziehungspersonen.
ADHS bringt ebenso Stärken mit sich. So sind die Betroffenen von ADHS begeisterungsfähig. Ebenso gehören Einfühlungsvermögen, Kreativität und Humor zu den häufigen Begabungen von ADHS-Frauen. Sie sind charismatisch und neugierig. Macht ihnen etwas Spass, können sie sich besonders gut auf die Tätigkeit konzentrieren. Meist besser als andere Menschen.
Ursachen für die späte Diagnose
Ein zentrales Problem ist, dass viele Diagnosekriterien auf männliche Symptome ausgerichtet sind. Standardisierte Tests und Fragebögen basieren hauptsächlich auf Forschung mit Männern und Jungen, die eher unter äusserlich sichtbarer Hyperaktivität leiden. Frauen mit AD(H)S entsprechen häufig nicht diesem Bild und erhalten stattdessen oft falsche Diagnosen wie Depressionen, Angststörungen oder Persönlichkeitsstörungen.
Dass Mädchen seltener diagnostiziert werden, hat unterschiedliche Gründe. Zum einen sind ihre Symptome oftmals unauffälliger. Zum anderen fokussiert sich die Bewertungsskala auf die häufigsten Symptome, die bei Jungen vorkommen. Schliesslich dachte man auch eine lange Zeit, dass ADHS eine typische Jungenerkrankung sei. Dies sorgt dafür, dass es jedoch meist spät zu einer Diagnose kommt.
Gender Health Gap bezeichnet die ungleiche medizinische Versorgung von Frauen und Männern. In der Medizin sind Männer die Norm. Dies geht zulasten der Frauen. Denn für diese heisst es dadurch, Fehldiagnosen, falsche Medikamente und eine erhöhte Sterblichkeitsrate.
Folgen der späten Diagnose
Eine späte AD(H)S-Diagnose bedeutet oft, dass Betroffene bereits einen langen Leidensweg hinter sich haben. Viele Frauen entwickeln unbewusst Strategien, um mit unerkanntem AD(H)S umzugehen. Dabei neigen sie jedoch oft zu schädlichen Bewältigungsmustern wie Selbstzweifeln und übermäßigem Perfektionismus.
Späte Hilfe für Frauen sorgt häufig dafür, dass die Betroffenen sich nicht nur «anders», sondern auch «ungenügend» fühlen. AD(H)S beeinflusst oft grundlegende Fähigkeiten wie Organisation, Zeitmanagement und soziale Interaktion. Frauen mit unerkannter AD(H)S kämpfen damit, Termine einzuhalten, konzentriert zu arbeiten oder zwischenmenschliche Beziehungen stabil zu halten, oft ohne zu verstehen, warum sie immer wieder an denselben Herausforderungen scheitern.
Frauen mit AD(H)S passen oft nicht in das Bild der «geordneten, verlässlichen und gut organisierten» Frau. Ihre Schwierigkeiten mit Struktur, Aufmerksamkeit oder Impulsivität werden nicht als neurologisch bedingt erkannt, sondern als Charakterschwächen fehlinterpretiert. Sie gelten als chaotisch, unzuverlässig oder emotional instabil.
Bei vielen jungen Frauen treten die Symptome mit dem Auszug aus dem Elternhaus oder der Aufnahme einer Ausbildung beziehungsweise Studium auf. Diese werden aber so plötzlich mit einer Intensität dieser Symptome überfordert. Wichtige Strukturen der Betroffenen brechen durch den Auszug weg. Wo bis jetzt nur ein Zimmer in Ordnung gehalten werden musste, muss nun der Haushalt einer ganzen Wohnung gestemmt werden, Termine eingehalten werden und das Leben selbst organisiert werden. Dies ist für alle Menschen in diesem Alter eine Herausforderung, aber für Menschen mit ADHS stellt dies eine besondere Herausforderung dar.
Auch im Haushalt nimmt das Chaos zu. Pflichten werden immer öfter nicht erledigt. Bei diesem Kontrollverlust vollzieht sich der Rückzug auf die Couch schnell. Sie nehmen sich zwar viel vor, aber schaffen es nicht anzufangen. Sie schaffen es nicht, ihr Leben unter Kontrolle zu bekommen. Hierdurch wachsen der innere Schweinehund, die Schuldgefühle und die Überzeugung ein Versager zu sein. Schlussendlich kann es zu einer immer ausgeprägteren Antriebsstörung und sogar zu einer totalen Apathie kommen.
Im Arbeitsleben brauchen ADHS-Frauen oftmals länger für ihre Arbeitsleistung. Oftmals schreiben sie sich hierfür keine Überstunden auf, um dies zu verbergen. Dabei fehlt ihnen die Zeit zum Entspannen und für ihre Hobbys. Das Resultat: Burnout. Befriedigende Ergebnisse bleiben jedoch oftmals aus, da sie zu ablenkbar, zu reiz offen, zu umständlich, zu langsam sind. Aufgaben werden herausgeschoben, Flüchtigkeitsfehler gemacht, angefangene Aufgaben nicht beendet und ein Chaos entsteht um sie herum. Sie fühlen sich häufig falsch verstanden oder machen Erfahrungen mit Mobbing.
Versagensängste, Selbstzweifel, Depressionen, körperliche Symptome wie ausgeprägte Erschöpfungszustände, Essstörungen und Somatisierungsstörungen sind meist die Folge von dem Gefühl nicht genug zu sein. Aufgrund des eigenen negativen Selbstwertes haben sie viel häufiger Beziehungsprobleme. Oftmals suchen sie sich zwei Arten von Partner:innen. Entweder solche, die sie ebenfalls schlecht behandeln und sie abwerten oder diejenigen, die ihre eigenen Defizite kompensieren sollen. Es gibt aber auch Fälle, in denen sie sich Partner:innen suchen, denen sie helfen können. Sie entwickeln ein Helfersyndrom. Partner:innen fällt es schwer, Betroffene zu verstehen.
Symptome können in der Mutterrolle meist dann kompensiert werden, wenn Struktur durch den Berufsalltag gegeben ist. Wichtig ist, dass hier ebenfalls Anerkennungen gegeben sind. Ebenfalls sollten ausreichende Erholungszeiten und Rückzugsmöglichkeiten vorhanden sein. Jedoch geht mit Kindern die Kontrolle und Planbarkeit des Tages verloren. Sie neigen oft dazu inkonsequent bei dem Thema Regeln zu sein. Den Kindern fehlen klare Grenzen. Sie lassen sich viel von den Kindern gefallen, bis sie bei einer Kleinigkeit explodieren. Dies nennt man auch Impulskontrollstörung. Sie haben den Anspruch an sich selbst eine gute Mutter zu sein und ihre Ausbrüche bereiten ihnen Gewissensbisse.
Umgang und Behandlung von ADHS bei Frauen
Um die Früherkennung von ADHS zu verbessern, ist es zunächst wichtig, auf die unterschiedlichen Symptome bei Jungen und Mädchen aufmerksam zu machen. Hier setzt die geschlechtsspezifische Forschung, auch als Gender Medicine bekannt, an. Wenn die Symptome bei Frauen und Mädchen besser bekannt sind, können Screening-Verfahren und Tests darauf ausgerichtet werden.
Es ist wichtig, dass Frauen verstehen, dass sie weder versagt haben noch schuld sind. Ihr Umgang mit Anforderungen ist ein anderer. Sie kämpfen doppelt so hart für dieselben Ziele. Dabei kann eine Diagnose oft wie ein Befreiungsschlag für die Betroffenen wirken. Sie lernen sich endlich besser zu verstehen.
So zeigt sich ADHS bei FrauenVon einer Aufmerksamkeitsstörung (mit oder ohne Hyperaktivität) betroffene Frauen äussern häufig, sich schon «seit je her als anders» empfunden zu haben. Oft haben sie das Gefühl, «nicht zu genügen», etwa als Partnerin, Freundin, Mutter oder Berufstätige. Meist ist der Selbstwert seit der Kindheit tief. Die Scham- und Schuldgefühle sind stark, die Selbstkritik ausgeprägt. Die Betroffenen erleben starke Stimmungsschwankungen. Sie sind schnell mit Reizen überflutet, können sich davor nur schwer schützen und erschöpfen dadurch rasch. Ihre Ausbildung liegt oftmals unter dem eigentlichen Potenzial; nicht selten kommt es zu Ausbildungsabbrüchen und häufigen Berufswechseln.
Trotz wiederholter und oftmals grösstmöglicher Anstrengung gelingt es den betroffenen Frauen nicht, ihren Alltag zufriedenstellend zu bewältigen: Termine gehen unter oder geraten durcheinander, im Haushalt bleibt vieles unerledigt, Unangenehmes wird aufgeschoben, Prioritäten können nicht gesetzt werden. Nicht selten kommt es in der Partnerschaft, in der Familie oder am Arbeitsplatz zu Konflikten. Frauen mit einer unerkannten ADHS entwickeln durch den chronischen Alltagsstress häufig Folgestörungen wie ausgeprägte Erschöpfung, depressive Symptome oder Angsterkrankungen.
Gleichzeitig verfügen ADHS-Betroffene häufig über viele Ressourcen wie ein sehr hohes Mass an Kreativität und Feinfühligkeit. Häufige Anlässe für eine Abklärung: Mutterschaft, ADHS beim KindNicht selten führt eine nicht diagnostizierte ADHS am Übergang zur Mutterschaft zur Dekompensation: Die mit der Elternschaft verbundenen Anpassungsleistungen gelingen nicht. Insbesondere der sich ständig ändernde Alltag mit Kindern kann für ADHS-Betroffene eine Überforderung darstellen.
Frauen mit ADHS leiden zudem häufiger an den Auswirkungen ihrer zyklusbedingten hormonellen Schwankungen. Sie zeigen ausgeprägte Stimmungsschwankungen bis hin zum prämenstruellen dysphorischen Syndrom (PMDS). Diese Frauen sind mehrfach belastet und der Leidensdruck ist enorm.
Bei einer ADHS-Diagnosestellung beim eigenen Kind stellt sich für die Eltern oft die Frage nach der eigenen Betroffenheit von ADHS. In der Folge wünschen sie sich häufig eine eigene Abklärung.
Eine wirksame Behandlung von ADHS berücksichtigt somit stets die persönliche Lebenssituation und die individuellen Bedürfnisse der Betroffenen. Psychotherapeutische Ansätze wie kognitive Verhaltenstherapie oder spezifische Coaching-Programme helfen dabei, Strategien für den Alltag zu entwickeln. Wichtig ist dabei auch die Psychoedukation, die Aufklärung über das Störungsbild - dies kann helfen, belastende Schuldgefühle oder Selbstzweifel abzubauen.
Ebenso sind strukturgebende Massnahmen wie Tagespläne oder Prioritätenlisten im Alltag sehr hilfreich. Auch regelmässige körperliche Aktivität wirkt sich positiv auf die Symptome aus. In vielen Fällen ist es sinnvoll, das familiäre Umfeld in die Behandlung einzubeziehen - nicht nur, weil es für den Alltag unterstützend wirken kann, sondern auch, weil mehrere Familienangehörige von ADHS betroffen sind.
Ein weiterer wichtiger Baustein in der Behandlung ist die medikamentöse Therapie. Stimulanzien gelten als Mittel erster Wahl, daneben können auch andere Medikamente eingesetzt werden. Frauen benötigen dabei oft eine geringere Dosierung als Männer, berichten jedoch häufiger über Nebenwirkungen. Gerade während der Schwangerschaft ist besondere Vorsicht bei der medikamentösen Behandlung geboten: ADHS erhöht das Risiko für Frühgeburten und kann mit einer erhöhten Anfälligkeit für eine postnatale Depression einhergehen. Auch die Mutter-Kind-Interaktion kann in dieser Phase beeinträchtigt sein.
In dieser sensiblen Lebensphase ist eine sorgfältige Abwägung von Nutzen und Risiken jeder Behandlung erforderlich. Wenige Medikamente werden bei Erwachsenen mit ADHS eingesetzt. Unterstützen kann bei der richtigen Dosierung ein Zykluskalender mit der Stärke der ADHS-Symptome, da diese zyklusabhängig sind. Es kann sein, dass eine Anpassung der Medikamente vor Beginn des Zyklus notwendig ist. Symptome können sich vor Beginn des Zyklus verstärken. Hilfreich ist dies zudem, da man sich auf die Symptomschwankungen vorbereiten kann. Hormonelle Veränderungen machen es ADHS-Betroffenen schwer. Hierzu gehören zum Beispiel die Pubertät, eine Schwangerschaft oder die Wechseljahre.
Erst mit 44 Jahren fand Eliza heraus, dass sie ADHS hat. ADHS ist das Resultat gestörter Botenstoffe (Neurotransmitter) in unserem Gehirn. Dies ist oft genetisch bedingt. ADHS kann folglich vererbt werden. Neben den Genen spielen aber auch Umwelteinflüsse eine Rolle.
ADHS ist nicht heilbar, denn die Betroffenen sind nicht krank. Das Gehirn von Menschen mit ADHS funktioniert einfach anders als das von Menschen ohne ADHS und in der aktuellen Gesellschaft kann dies zu Herausforderungen führen. Deshalb zielt die Behandlung von ADHS vor allem darauf ab, die Symptome zu regulieren. In der medikamentösen Therapie von ADHS werden sogenannte Psychostimulanzien eingesetzt, wie zum Beispiel Concerta. Häufig wird das sogenannte Verhaltensmanagement in Kombination mit Elterntraining zur Behandlung von ADHS angewendet. Sport hilft Betroffenen nicht nur ihre Symptome besser zu kontrollieren, sondern vermittelt auch Selbstwert durch Erfolgserlebnisse und erleichtert den sozialen Umgang.
Hilfsangebote und Unterstützung
Als gemeinnützige Organisation setzen wir uns für die Verbesserung der Rahmenbedingungen von Menschen mit ADHS und ihren Angehörigen ein. Durch Spenden und Mitgliederbeiträge können wir ein bedarfsgerechtes Angebot schaffen und so die Lebensqualität dieser Menschen verbessern.
Soziale Arbeit kann hier eine wichtige Rolle spielen - sei es in der Beratung, in Schulen oder in psychosozialen Hilfsangeboten. ADHS-Tests können dazu beitragen, ADS bei erwachsenen Frauen zu diagnostizieren. Wenn Sie glauben, dass Sie ADS haben, sollten Sie einen Psychologen oder Psychotherapeuten aufsuchen.
Bei Verdacht auf ADHS kannst du dich bei der Schweizerischen Info- und Beratungsstelle adhs20+ beraten lassen. Die Fachstelle bietet individuelle und persönliche ADHS-Beratungen für Erwachsene in Zürich und Lenzburg an. Prävention und Information sind der Beratungsstelle adhs20+ besonders wichtig.
Ich unterstütze Frauen jeden Alters, die - meist während herausfordernden Lebens- und Übergangsphasen wie Ausbildung, Studium, Elternschaft oder Menopause - durch ihre ADHS-Symptomatik stark gefordert oder überfordert sind, und bei denen sich daraus ein erheblicher Leidensdruck entwickelt.