Kürzlich veröffentlichte der Bund die neuen Zahlen der Gesundheitsbefragung. Sie zeigen, 43 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer sind übergewichtig oder adipös. Das sind so viele wie noch nie.
Was ist Adipositas?
Adipositas ist mehr als nur Übergewicht. Es ist eine chronische Krankheit, die oft mit vielen Vorurteilen behaftet ist. Das Verständnis für Adipositas hat jedoch deutlich zugenommen, und auch wissenschaftlich hat sich viel getan.
Ursachen von Adipositas
Man schätzt, dass etwa 50 Prozent genetisch bedingt ist. Das Essverhalten gleicht sich laut Studien also jenem der eigenen biologischen Eltern an. Manche Leute sind folglich anfälliger auf Adipositas. Sie sind eher darauf angelegt, Energiereserven anzulegen.
Es ist also nicht nur eine Frage der Disziplin, wie viele behaupten. Wir sind alle in einem Bereich undiszipliniert, sonst wäre das Leben wohl langweilig. Dass es eine reine Willenssache ist, kann ich auf jeden Fall entkräften. Sicher ist auch, dass es beispielsweise Menschen, die bereits als Kind adipös waren, schwieriger haben.
Essen hat bei vielen eine kompensatorische Rolle. Viele haben Angst davor, dass sie dann nicht mehr so viel essen könnten.
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Die Rolle der Genetik
Die Genetik spielt eine wesentliche Rolle bei Adipositas. Manche Menschen sind genetisch bedingt anfälliger für Übergewicht und legen leichter Energiereserven an.
Behandlungsmöglichkeiten
Es gibt verschiedene Behandlungsmöglichkeiten für Adipositas, von medikamentösen Therapien bis hin zu operativen Eingriffen. Die Wahl der Behandlung hängt von den individuellen Lebensumständen und Begleiterkrankungen ab.
Medikamentöse Therapie
Leuten, die sich nicht operieren lassen wollen, würde ich eine medikamentöse Therapie empfehlen. Die nun angesagten GLP-1-Analoga (Der Wirkstoff in Ozempic, Anm. der Redaktion) kennt man schon seit fünf bis zehn Jahren. Jetzt hat man einfach die Dosierung erhöht und das Medikament unter einem neuen Produktnamen verkauft.
Doch die GLP-1-Analoga wirken sich tatsächlich gut auf das Hungergefühl aus. Wir haben aber auch Leute in der Behandlung, die nicht darauf ansprechen.
Wenn man damit beginnt, muss man sich also das ganze Leben spritzen. Ja, es ist wie bei einem Bluthochdruckmedikament, dieses kann man auch nicht einfach absetzen. Zudem muss man bedenken, dass wir noch keine Langzeitresultate haben. Viele Patienten weisen einen Gewöhnungs- oder einen Jo-Jo-Effekt auf oder fallen in alte Verhaltensmuster zurück.
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Operative Eingriffe
Bei schwerem Übergewicht empfehle ich einen operativen Eingriff. Magenbänder machen wir nicht. Vom Magenbypass gibt es verschiedene Versionen, die wir durchführen. Bei den sogenannten Sleeves (Schlauchmagen-Operation, Anm. der Redaktion) verkleinern wir den Magen. Welche Variante man wählt, ist von mehreren Faktoren wie den Begleiterkrankungen oder dem Risikoprofil der Patienten abhängig.
Bei einem Magenbypass nimmt man 30 bis 35 Prozent ab. Beim Sleeve zirka 26 bis 30 Prozent. Das sind Durchschnittswerte. Je länger man Nachuntersuchungen macht, desto mehr sieht man, dass einige Patienten das Gewicht halten können und andere wieder zunehmen. Beim klassischen Magenbypass haben wir 15 Prozent Therapieversagen.
Wir sprechen von einem Therapieversagen, wenn jemand weniger als 50 Prozent vom Übergewicht verloren hat.
Wir achten immer darauf, wo der BMI zu Beginn war. Jemand mit einem BMI von 50 aufwärts sollte auf einen BMI um 35 kommen. Ein BMI von 25 wäre da illusorisch.
Risiken nach einer Operation
Es gibt einige Risiken. Eines ist, dass man nach gut fünf Jahren wieder in alte Verhaltensmuster zurückfällt und auch der Effekt der Operation ein wenig nachlässt, sodass man wieder mehr essen kann. Zudem lässt die hormonelle Wirkung nach, sodass das Hungergefühl wieder kommt. Bei einem kleineren Teil der Patienten kommt es zu einer Suchtverlagerung von fester zu flüssiger Nahrung. Genauer gesagt zu Alkohol.
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Alkohol und Gewichtszunahme
Alkohol ist appetitanregend und fördert das Hungergefühl. In Kombination mit Essen kann er zu Übergewicht führen. Doch Leute, die nur trinken und nicht essen, sind selten übergewichtig.
Seriöse Therapien erkennen
Viele versuchen sich bei einer Gewichtszunahme als Erstes selbst zu helfen. Das Erste ist, man kann das Fett nicht wegspritzen. Ein solcher Ansatz hat nichts mit Adipositastherapie zu tun. Auf Abnehmpillen, die Ihnen beispielsweise via Social Media angeboten werden, können Sie grundsätzlich verzichten. Diese Angebote sind meines Erachtens selten seriös. Die GLP-1-Analoga können dagegen wirken.
Der ultimative Diät-Tipp
Bei Diäten spielt es am Ende keine grosse Rolle, was man macht. Man muss einfach weniger Kalorien zu sich nehmen, als man verbrennt. Wichtig ist, dass man keine Radikal-Diät macht. Diäten sollten langfristig sein und man sollte zusätzlich auch die Kalorienverbrennung einbauen. Das ist das A und O.
Alles, was man macht, muss langfristig angelegt werden. Es gibt keine Abkürzung - auch nicht mit Ozempic.
Die Geschichte von Telma Antunes
Telma Antunes wog vor vier Jahren über 200 Kilo - bis sie am Spital Limmattal operiert wurde. Sie erzählt von ihrer langen Leidensgeschichte und wie die Operation ihr Leben verändert hat.
2019 wog Antunes 201 Kilogramm, heute 97. Doch was sich in Zahlen leicht ausdrücken lässt, ist eine lange Leidensgeschichte. Begonnen habe alles vor 19 Jahren. Damals zog Antunes mit ihren Eltern aus Portugal in die Schweiz. Richtig warm geworden sei sie aber nie mit ihrer neuen Heimat. So blieb sie oft zu Hause. Und wenn sie niedergeschlagen gewesen sei, habe sie sich mit Essen getröstet.
Sie konnte kaum mehr gehen, ein Gang aus dem Haus sei der Horror gewesen. Sie verlor fast den Mut, und wenn sie es dann doch aus dem Haus schaffte, musste sie ständig anhalten, um Atem zu holen. Zudem erkrankte sie an Schlaf-Apnoe, einer nächtlichen Atemstörung.
Der Kampf gegen die Pfunde
Antunes kämpfte gegen die ständig steigenden Pfunde. Es gibt wohl kaum eine Diät, die sie nicht kennt. «Protein-Diät», «Intervallfasten», «Shakes», Antunes zählt sie an ihren Fingern ab. Sie habe alles ausprobiert. Ohne Erfolg. «Ich nahm zwei Kilo ab und bald wieder das Doppelte zu», sagt sie. Es sei ein Frust gewesen.
Antunes erinnert sich noch genau an den Tag im September 2019. Als sie auf die Waage stieg, zeigte diese 201 Kilogramm an. Und als sie das sah, bekam sie eine Panikattacke.
Sie habe ihn bereits seit Jahren gekannt, denn ihre Mutter und ihr Vater seien schon wegen Übergewicht von ihm operiert worden. «In der Theorie kannte ich das ganze Prozedere bereits, doch in der Praxis war es mir noch fern», sagt sie über die Therapie, die ihr bevorstand. «Er sah, dass meine Situation schlimm war - wenige Tage später wurde ich operiert.»
Das Leben nach der Operation
Die Operation habe ihr keine Beschwerden verursacht, sagt sie. «Ich hatte keine Schmerzen, einfach nichts.» Der Effekt der Massnahme habe sich aber sofort bemerkbar gemacht. Bei der Schlauchmagen-Operation hatte Köstler Antunes einen Teil ihres Magens entfernt, sodass nur ein schlauchförmiger Teil davon übrig blieb. Die Folge: Antunes kann seither nur noch kleine Portionen essen. «Von einer ganzen Pizza esse ich nun ein Stück», sagt sie. Und so sank ihr Gewicht rasch. Diese schrumpfte von 4XL auf nun 0XL.
Nach der Operation habe ihr Leben erst wirklich begonnen, sagt Antunes. «Ich kann das gar nicht vergleichen», sagt sie. Statt wie früher maximal 1000 gehe sie heute täglich bis zu 12000 Schritte. Tage zu Hause wurden zur Seltenheit: «Ich bin nun richtig traurig, wenn ich an einem Tag nicht rausgehen kann», sagt sie. Sie trennte sich von ihrem damaligen Freund und hat nun eine neue Beziehung. Zudem könne sie wieder reisen.
Anfang dieses Jahres habe sie einen weiteren Eingriff machen lassen. Köstler erstellte einen Magenbypass. Nach dieser Operation habe sie innerhalb von gut einem halben Jahr nochmals 30 Kilogramm abgenommen. Sogar ihre Freunde erkennen sie nun kaum wieder.
Die Fettlöserin: Nicole Jäger
Nicole Jäger hat aus ihrer eigenen Leidens- und Erfolgsgeschichte ein Multimediaprogramm gemacht: "Die Fettlöserin" war erst ein Blog, dann ein Buch, dann eine Cabaretshow, mit der sie die Kleinkunstbühnen in ganz Deutschland rockt.
Jägers wirkliche Stärke liegt in ihrer schonungslosen Ehrlichkeit. Sie spricht von Schmerz, von Selbstbetrug, von Ausgrenzung "in einer Gesellschaft von Körpernazis, in der Glücklichsein nicht zählt, solange der Arsch zu breit ist".
Das Gefühl, so dick zu sein
Mein vorherrschendes Gefühl war Schmerz. Egal in welcher Position, es tat immer weh. Bei jedem noch so kleinen Schritt musste ich mich an der Wand festhalten. Schon die paar Meter zum Klo waren ein riesiger Kraftakt. Oft konnte ich das Wasser nicht halten, weil das ganze Fett so auf die Blase drückte. Ich konnte auch nicht mehr im Liegen schlafen, sonst wäre ich an meinem eigenen Gewicht erstickt. Kann man das überhaupt noch leben nennen? Nein, leben ist mehr, als am Leben zu sein. Bei mir war da aber nicht viel mehr. Ich konnte die Wohnung nicht mehr verlassen, war total abhängig von meinem damaligen Lebensgefährten, der mich versorgen musste wie ein kleines Kind. Ich litt unter Ängsten, war depressiv und voller Wut.
Die Panikattacke
Ja, eines Morgens hatte ich einen Herzinfarkt - dachte ich. In Wirklichkeit war es bloss Herzrasen, ausgelöst durch eine Unterfunktion der Schilddrüse. Als Folge davon bekam ich eine Panikattacke, die über Stunden anhielt. Schwindel, Übelkeit, Todesangst. Ich stellte mir vor, wie die Feuerwehr das Fensterkreuz aushebeln müsste, um mich mit einem Kran aus dem Fenster zu hieven, weil ich nicht mehr durchs Treppenhaus passte.
Ich habe noch immer einen Kloss im Hals, wenn ich darüber spreche. Aber ja, so wars.
Der Weg zur Besserung
Die Lösung lag darin, mit den Diäten aufzuhören, ein für alle Mal. Das klingt paradox. Ist es aber nicht. Mit Hungern nimmt man zwar kurzfristig ab. Doch sobald man damit aufhört, kommen die Kilos zurück. Diäten helfen nicht, keine einzige.
Übergewichtige müssen also lernen, wieder richtig zu essen? Ja, man darf essen. Man muss essen. Im Grunde genommen ist abnehmen schlichte Physik: Man nimmt ein bisschen weniger Kalorien zu sich, als man verbraucht. Aber hungern ist kontraproduktiv, denn unser Körper ist ein Meister der metabolischen Anpassung. Natürlich geht es auch darum, gute Kompromisse mit sich selbst zu schliessen: mehr Bewegung, mehr frische Sachen statt Zucker und Weissmehl. Aber es gibt keine guten und bösen Lebensmittel, es gibt nur ein Zuviel. Mit diesen einfachen Regeln habe ich mein Gewicht von damals halbiert.
Das neue Leben
Ein grossartiges. Ich lebe heute ein selbstbestimmtes Leben, bekomme Sonnenlicht, liebe meinen Beruf. Kurz zur Post zu gehen, ist kein Halbtagesausflug mehr. Ich bin gesund, fit und fühle mich attraktiv, obwohl ich weiss, dass ich noch immer eine dicke Frau bin.
Umgang mit Herausforderungen
Ich setze mich nicht auf Klappstühle und in keinen Smart. Wenn ich ein Drehkreuz sehe, kriege ich für ein paar Sekunden Schnappatmung. Ganz schlimm sind auch Flugreisen. Passen Sie denn in einen Flugzeugsitz? Ja, aber ich muss mir von den Flugbegleitern jedes Mal eine Gurtverlängerung geben lassen, das ist sehr demütigend.
Natürlich gucken alle. Doch wenn ich meinen Erfolg davon abhängig mache, wie andere mich finden, ändert sich nichts in meinem Leben. Im Wasser fühle ich mich so wundervoll leicht, also gehe ich ohne Brille schwimmen, damit ich die Blicke der anderen nicht sehe. Und ich nehme einen wasserdichten MP3-Player mit, um die Sprüche zu überhören.
Die Rolle als Abnehm-Coach
Ich versuche zu vermitteln, dass die Wertigkeit ihrer Person nicht von einer Zahl auf der Waage abhängt. Ich sage: Wenn du nicht zufrieden bist mit deinem Gewicht, dann müssen wir was dagegen tun, aber du als Persönlichkeit bist in Ordnung, so, wie du bist. Du bist einfach perfekt.
Auswirkungen einer Panikattacke
Als sie das sah, bekam sie eine Panikattacke. Als Folge davon bekam ich eine Panikattacke, die über Stunden anhielt. Schwindel, Übelkeit, Todesangst.
Die Auswirkungen einer Panikattacke können sehr belastend sein und das Leben der Betroffenen stark beeinträchtigen.
Die innere Organuhr
Was lässt uns nachts schlafen und hält uns tagsüber wach? Ist es nur der Rhythmus der Erdumdrehung mit seinen Tag- und Nacht-Phasen? Es ist mehr. Die Chronobiologie, eine Wissenschaft, die unsere inneren Taktgeber erforscht, fand heraus, dass eine „innere Uhr“ die rhythmischen Vorgänge des Organismus steuert. Neben dem Schlaf gehören dazu auch Körperfunktionen wie Temperatur, Schmerzempfindung und Leistungsfähigkeit.
Die Traditionelle Chinesische Medizin interpretiert verschiedene Beschwerden nach ihrem zeitlichen Auftreten anhand einer Organuhr:
| Tageszeit | Organ |
|---|---|
| 07-09 Uhr | Magen |
| 09-11 Uhr | Milz, Pankreas |
| 11-13 Uhr | Herz |
| 13-15 Uhr | Dünndarm |
| 15-17 Uhr | Blase |
| 17-19 Uhr | Nieren |
| 19-21 Uhr | Kreislauf |
| 21-23 Uhr | Wärmeregulation |
| 23-01 Uhr | Galle |
| 01-03 Uhr | Leber |
| 03-05 Uhr | Lunge |
| 05-07 Uhr | Dickdarm |
Nach Auffassung der chinesischen Heilkunst durchlaufen alle Organe ständig jeweils zweistündige Phasen mit stärkerer und schwächerer Aktivität. Grundantriebskraft ist das Qi (Energie/Lebenskraft) welche sämtliche Vorgänge im Körper leitet. Krankheit wird oft als ein Zuwenig, Zuviel oder als Stagnation des Qi-Flusses angesehen. Beim Gesunden zirkuliert die Energie im 24Std. Takt durch den Körper, das heisst, je zwei Stunden in einem Funktionsbereich oder auch Meridian genannt. Jeder Meridian hat seine Zugehörigkeit zu einem Organ.