Totgesagte leben bekanntlich länger, das gilt auch für den Trend zu Tätowierungen. Was man in den 1990er-Jahren noch für eine rasch vorüberziehende Mode hielt, hat sich inzwischen längst als bleibende Form des Ausdrucks persönlicher Individualität gesellschaftlich etabliert.
Im psychologischen Bereich gibt es etliche Studien, die zeigen, dass Tattoos die subjektiv wahrgenommene Attraktivität und damit das Selbstbewusstsein erhöhen. Es gibt aber bereits etliche wissenschaftliche Studien, die nachweisen, dass Tattoos durchaus positive Effekte auf die Psyche haben. So zeigen Mitglieder der Körpermodifikationsgemeinschaft untereinander erhöhten Zusammenhalt.
Im Jahr 2016 befragte Alyssa Al-Rayess 120 tätowierte Personen (7): Bei dem grösseren Anteil der untersuchten Teilnehmer hatte sich das Tattoo positiv auf die subjektiv wahrgenommene Attraktivität ausgewirkt. (31,7%) äusserte, durch die Körpermodifikation mehr Kontakt zu Gleichaltrigen bekommen zu haben. Körperschmuck kann ausserdem subjektiv empfundene Defizite im Aussehen verdecken und dadurch das Selbstbewusstsein steigern.
Tattoos helfen nicht nur bei posttraumatischer Belastungsstörung, sondern auch bei anderen seelischen Entgleisungen. Menschen, die unter einer Borderline-Persönlichkeitsstörung leiden, neigen an Tagen voller zerfressender innerer Unzufriedenheit oft zu selbstverletzende Verhalten. Durch Blut und Schmerz kommt es zu einer Beruhigung, es handelt sich quasi um eine fehlgeleitete Selbsttherapie, um «Schlimmeres» zu verhindern. Viele Betroffene berichten, dass sie durch Körpermodifikation das «Cutting» erheblich verringern oder sogar ganz damit aufhören konnten.
Ein anderes Beispiel für die positive Wirkung von Tätowierungen ist das sogenannte Semikolonprojekt. Ein Punkt beendet einen Satz, statt eines Punktes kann man aber oft auch ein Semikolon setzen; dann kann der Satz noch weitergehen. Das Semikolonprojekt umfasst Menschen, die ihrem Leben ein Ende bereiten wollten, sich aber dazu entschlossen haben, den Satz ihres Lebens doch noch weiter fortzuführen. Unter dem eintätowierten Semikolon stehen dann oft Sätze wie «My story isn’t over yet» oder «cont;nue» (Abbildung 4).
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Während die durch Rasierklingenschnitte entstandenen Narben schamhaft versteckt werden müssen, verursacht das Anlegen von Körperschmuck zwar ebensolche Schmerzen, kann aber der Umwelt stolz gezeigt werden, und es entfallen negative Aspekte durch Reaktionen des sozialen Umfeldes. Aber durch Tätowierungen lässt sich noch mehr erreichen. Manche Borderline-Patientinnen lassen sich gerade auf den Arm, den sie sich jahrelang mit Schnitten verunziert haben, ein Sujet oder auch Sätze wie «Love yourself» (Abbildung 3) tätowieren. Der Körperschmuck verhindert, sich weiter selbst zu verletzen - schon allein, um das Tattoo nicht mit Schnitten zu zerstören.
Piercings - etwa das Daith Piercing, das über dem Gehöreingang gestochen wird - sollen Beschwerden wie Migräne oder Stress lindern. So sieht man etwa eine Frau, wie sie Apfelstücke isst, auf die sie allergisch reagiert. Dann wird ihr ein Piercing gestochen - sofort sind die Beschwerden weg. Unter Tränen sagt sie: «Oh mein Gott, es ist weg! Nach so vielen Jahren!»
Das «Daith Piercing», das durch den Ohrknorpel direkt über dem Gehöreingang gestochen wird, soll Migräne-Attacken und andere Kopfschmerzen lindern. Lisa Yuan von der Schweizer TCM-Praxis TongTu sagt: «Es gibt bisher keine Studien, welche einen heilenden Effekt bestätigen.» Die Deutsche Migräne- und Kopfwehgesellschaft schreibt auf ihrer Webseite ebenfalls, dass es bisher keine entsprechenden Studien gebe, und rät dringend von der Behandlung mit Piercings ab.
Willst du dennoch testen, ob ein solches Piercing gegen deine Beschwerden helfen kann, gilt es - wie bei allen Körpermodifikationen -, unbedingt auf ein professionelles Studio und gut ausgebildete Piercerinnen oder Piercer zu achten, welche sich an die geltenden Hygiene-Vorschriften halten. Trotzdem besteht immer ein Risiko: «Wird der Knorpel verletzt, kann das sehr schmerzhaft sein und zu Komplikationen führen», sagt Lisa Yuan. Ausserdem können Infektionen auftreten. Im Zweifelsfall solltest du bei Beschwerden nicht lange warten, das Piercing entfernen und eine Fachperson aufsuchen.
Trotzdem, man findet also eine absolut ausreichend grosse Anzahl von Gründen, besser die Finger von Körpermodifikationen zu lassen.
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| Geschlecht | Anteil (2014) | 
|---|---|
| Frauen | ca. 10% | 
| Männer | ca. 8% | 
| Gesamt | ca. 9% | 
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