Bipolare Störung: Definition, Symptome und Ursachen

Kennen Sie Phasen von himmelhochjauchzend und zu Tode betrübt? Menschen mit einer bipolaren Störung erleben ein ständiges Auf und Ab der Gefühle. Die bipolare Störung ist eine Sonderform der affektiven Störungen und äußert sich im Wechsel von depressiven zu manischen Phasen. Solche extremen Gefühlsschwankungen können zu grossen sozialen und zwischenmenschlichen Problemen für die Betroffenen und ihre Familien führen.

Was ist eine Bipolare Störung?

Die bipolare Störung ist durch das phasenhafte Auftreten von extrem gegensätzlichen emotionalen Zuständen gekennzeichnet. Diese reichen von schweren Depressionen auf der einen bis zu manischen Phasen mit gesteigertem Antrieb und Euphorie auf der anderen Seite. Dazwischen gibt es auch Phasen von Normalität sowie verschiedene Zwischenstufen wie Hypomanie, subdepressive Zustände oder Mischformen. Aufgrund des unberechenbaren Verlaufs und der extremen Gefühlsschwankungen ist das berufliche und soziale Leben der Betroffenen oft stark beeinträchtigt. Als Ursache nimmt man nach heutigem Wissensstand eine genetische Veranlagung an.

Manchmal strahlen wir vor Freude, weil etwas Schönes passiert. Dann wieder sind wir niedergeschlagen, weil wir ein tragisches Erlebnis verkraften müssen. Und manchmal wissen wir nicht, warum wir uns gut oder schlecht fühlen. Manche Menschen erleben allerdings Stimmungsschwankungen, die weit über die üblichen Hochs und Tiefs hinausgehen.

Gemäss dem Klassifikationssystem ICD-10 der Weltgesundheitsorganisation (WHO) liegt eine Bipolare Störung dann vor, wenn eine Person mindestens zwei Episoden erlebt hat, in denen ihre Stimmung und ihr Aktivitätsniveau deutlich beeinträchtigt waren.

Verschiedene Arten der Bipolaren Störung

  • Bipolar-I-Störung: Diese Form ist durch klare manische und depressive Phasen gekennzeichnet. In der manischen Phase sind Betroffene energiegeladen, euphorisch und impulsiv. Die depressive Phase zeigt das Gegenteil: Niedergeschlagenheit, Antriebslosigkeit und negative Gedanken.
  • Bipolar-II-Störung: Anstelle von Manie erleben die Betroffenen Hypomanie, eine mildere Form.

Symptome der Bipolaren Störung

Die Symptome einer bipolaren Störung können vielfältig sein und variieren je nach Phase der Erkrankung.

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Symptome der Depressiven Episode

In den depressiven Phasen gleicht das Krankheitsbild einer Depression. Zu den Hauptsymptomen gehören dann:

  • Gedrückte Stimmung
  • Verlust von Interesse und Freude
  • Antriebslosigkeit
  • Schlafstörungen, vor allem Durchschlafstörungen in der zweiten Nachthälfte
  • Konzentrations- und Denkstörungen
  • Schuldgefühle
  • Selbstzweifel
  • Suizidgedanken

Die Gesichtsmimik ist während eines depressiven Schubs tendenziell starr und ausdruckslos. Die Betroffenen sprechen meist leise und ihre Antworten kommen verzögert.

In der depressiven Phase können auch körperliche Symptome auftreten. Der Appetit nimmt ab, und viele Betroffene verlieren deutlich an Gewicht. Manche empfinden Schmerzen an unterschiedlichen Körperstellen. Häufige Beschwerden sind Atemnot, Herzbeschwerden, Magen- und Darmprobleme sowie Schwindel, Kopfschmerzen und Erektionsstörungen.

Symptome der Manischen Episode

In Phasen der Manie ist alles übersteigert - emotionale Erregung, Denken, Sprechen, Handeln: Der Patient ist voller Energie (bei gleichzeitig geringem Schlafbedürfnis) und entweder auffällig gehobener Stimmung oder aber sehr gereizt. Er hat einen starken Rededrang, ist sprunghaft und unkonzentriert, ausserdem sehr kontaktbedürftig, überaktiv und impulsiv.

Typisch sind auch Selbstüberschätzung, vermehrtes Risikoverhalten und Leichtsinnigkeit. Manche Patienten geben etwa gedankenlos Geld aus und beginnen überdimensionale Projekte, die sie in finanzielle und rechtliche Probleme bringen können. Problematisch ist auch, dass die sozialen Hemmungen verloren gehen. Betroffene sprechen dann willkürlich fremde Leute an und neigen zu einem offeneren Flirt- und Sexualverhalten.

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Während einer manischen Episode sind die Patienten auch sehr kreativ. Man geht heute davon aus, dass unter anderem Vincent van Gogh und Georg Friedrich Händel manisch-depressiv waren.

Bei mehr als zwei Drittel aller Patienten mit Manie treten zusätzlich psychotische Symptome auf. Dazu zählen zum Grössenwahn gesteigerte Selbstüberschätzung, Halluzinationen, Verfolgungswahn und Wahngedanken.

Symptome der Hypomanischen Episode

In manchen Fällen von Bipolarer Störung sind die manischen Symptome in abgeschwächter Form ausgeprägt. Dann spricht man von Hypomanie. Betroffene leiden beispielsweise eher an Konzentrationsschwierigkeiten als an Ideenflucht und Gedankenrasen. Auch besonders auffällige Manie-Symptome wie Verlust sozialer Hemmungen, starke Selbstüberschätzung und tollkühnes Verhalten sind nicht beziehungsweise kaum vorhanden.

Symptome der Gemischten Episode

Abgesehen von rein depressiven oder (hypo-)manischen Episoden treten bei Bipolarer Störung manchmal auch gemischte Phasen auf. Sie zeichnen sich durch eine Mischung oder einen raschen Wechsel (innerhalb weniger Stunden) von depressiven und (hypo-)manischen Symptomen aus. Von einer gemischte Episode spricht man aber erst, wenn depressive und (hypo-)manische Symptome gleichermassen die meiste Zeit über mindestens zwei Wochen auftreten.

Weitere Merkmale

  • phasenhafter Wechsel von Depression zu Manie
  • Phasen von Wochen bis Monaten, auch kürzere Phasen und schnellerer Phasenwechsel möglich (rapid cycling)
  • Mischzustände wie beispielsweise depressive Stimmung mit gesteigertem Antrieb
  • Risiko von zusätzlichen psychischen Krankheiten wie beispielsweise Suchtmittelkonsum deutlich erhöhtes Suizidrisiko

Ursachen und Risikofaktoren

Experten vermuten, dass eine Kombination aus biologischen und psychosozialen Faktoren das Risiko erhöht, an einer Bipolaren Störung zu erkranken. Die Erkrankung tritt in einigen Familien häufiger auf. Umwelteinflüsse, insbesondere Stress, können bei der Entstehung einer Bipolaren Störung ebenfalls eine Rolle spielen. Eine Studie von Forschern der isländischen Universität Reykjavik zeigte zudem einen genetischen Zusammenhang zwischen hoher Kreativität und bestimmten psychischen Erkrankungen.

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Eine multifaktorielle Krankheitsursache der bipolaren Störung wird angenommen. Sowohl genetische als auch biologische und psychosoziale Faktoren stehen in Wechselbeziehung.

Diagnose

Bei der bipolaren Störung handelt es sich um eine ernsthafte und oft folgenschwere Erkrankung, die Betroffene als Veranlagung oft ein Leben lang begleitet. Eine sorgfältige Diagnosestellung ist die Voraussetzung für eine wirksame Behandlung. Diese sollte durch einen erfahrenen Psychiater oder eine erfahrene Psychiaterin aufgrund einer sorgfältigen Untersuchung und Datenerhebung vorgenommen werden. Oft ist es sehr hilfreich, Angehörige miteinzubeziehen - sowohl für die Sicherung der Diagnose als auch, um die Behandlung durchführen zu können.

Die Bipolare Störung kann leicht mit anderen psychischen Erkrankungen verwechselt werden. Suchterkrankungen, Schizophrenie oder die emotional instabile Persönlichkeitsstörung des Borderline-Typs zeigen ähnliche Symptome. Zudem können Menschen mit Bipolarer Störung auch an anderen psychischen Erkrankungen wie Angststörungen, Essstörungen oder ADHS leiden.

Behandlung

Die Bipolare Störung ist nicht heilbar, aber sie lässt sich behandeln. Die Therapie umfasst in der Regel Medikamente und Psychotherapie. «Viele Menschen mit einer Bipolaren Störung können dank einer Langzeitbehandlung wieder ein normales und erfolgreiches Leben führen», erklärt Prof. Hasler.

In der Behandlung ist zu unterscheiden zwischen der Behandlung akuter Phasen (Depression oder Manie) und der Vorbeugung und Verhinderung zukünftiger Krankheitsphasen. In jeder Behandlungssituation spielen Medikamente eine wichtige Rolle. Es gibt internationale Leitlinien, nach denen Psychiaterinnen und Psychiater akute Phasen therapieren sowie zukünftige Phasen vorbeugen. Die medikamentöse Einstellung dieser schwerwiegenden Erkrankung setzt grosse Erfahrung voraus.

Medikamentöse Behandlung

Zur Behandlung der akuten Manie werden als Mittel der Wahl Monotherapien mit Lithium, Valproat (Depakine®) oder verschiedenen atypischen Antipsychotika empfohlen. Die Kombination einer stimmungsstabilisierenden Substanz (Lithium, Valproat) mit einem atypischen Antipsychotikum ist besonders wirksam. Bei der bipolaren Depression besteht die beste Wirksamkeit für Quetiapin (Seroquel®) und Lithium als Monotherapie.

Psychotherapie

Neben der Medikation sind auch verhaltenstherapeutische Interventionen sinnvoll. Zusätzlich sind Psychoedukation und Psychotherapie wichtig.

Weitere Therapieansätze

Elektrokonvulsionstherapie (EKT): Bei der EKT (früher auch Elektrokrampftherapie genannt) wird ein generalisierter Krampfanfall künstlich durch elektrische Erregung des Gehirns erzeugt.

Wichtige Hinweise

  • Eine Bipolare Störung ist mit grossem Leiden und einer erhöhten Suizidgefahr verbunden.
  • Das Akzeptieren ihrer eigenen Krankheit fällt Menschen mit Bipolarer Störung allerdings oft schwer.
  • Die Bipolare Störung ist nicht heilbar.

Wo wird die Bipolare Störung behandelt?

Akute depressive oder manische Phasen werden vor allem in Pfäfers und Wil behandelt. Erhaltungstherapie und Phasenprophylaxe wird an allen Standorten angeboten.

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