Umgang mit Autismus im Kindergarten: Tipps und Strategien

Autismus-Spektrum-Störungen (ASS) sind Entwicklungsstörungen, die sich unterschiedlich stark ausprägen. Betroffene Menschen nehmen die Welt anders wahr, da sie Sinneseindrücke wie Gerüche oder Lärm sehr intensiv erleben. Autismus ist angeboren und wird Betroffene ihr Leben lang begleiten. Sie können jedoch lernen, mit dem Autismus umzugehen.

Das Verständnis von Autismus

Das Autismus-Spektrum beschreibt eine von vielen Arten, die Welt wahrzunehmen und zu denken. Es ist ein Spektrum, neben Gemeinsamkeiten zeigt sich stets eine hohe Individualität. Autismus ist bunt: Die Betroffenen haben unterschiedliche Ausprägungen in ihren Interessen, in der Art, wie sie ihre Emotionen regulieren oder dem Ausmass, wie sie zu repetitiven Verhaltensweisen neigen.

Autistinnen und Autisten erleben die Welt aufgrund ihrer Wahrnehmung anders - Geräusche, Gerüche, Reize oder grosse Menschenmengen empfinden sie oft intensiver als Menschen ohne Autismus. Es hilft, wenn Eltern herausfinden, welche Aspekte für das Kind überfordernd und reizüberflutend sind.

Herausforderungen im Alltag

Einigen Menschen mit Autismus fällt es schwer, mit anderen Menschen zu kommunizieren. Für viele Autistinnen und Autisten ist es schwierig, sich auf neue Situationen einzulassen und mit plötzlichen Veränderungen umzugehen. Die grundlegende Ursache für Autismus und deren Symptome ist eine erschwerte Verarbeitung von Umweltreizen.

Menschen mit einer Autismus-Spektrum-Störung können Unsicherheiten haben, die Ansichten anderer Menschen zu verstehen oder zu erkennen. Ein weit verbreitetes Symptom ist das «Stimming» (Self-stimulating behavior).

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Autistische Menschen legen das Gesagte während eines Gesprächs permanent auf die Goldwaage, dadurch wirken sie oft abgelenkt, nach innen gerichtet, gar unfreundlich oder desinteressiert auf andere. Ein weiterer Punkt, den nicht autistische Menschen nur schwer nachvollziehen können: Planänderungen und überraschende Ereignisse sind extrem unangenehm. Ist etwas abgemacht, ist das für einen Autisten in Stein gemeisselt.

Tipps für den Umgang mit autistischen Kindern

  1. Struktur und Vorhersehbarkeit: Kindern wie Elin hilft es, wenn Übergänge und Veränderungen geplant, schrittweise umgesetzt und dem Kind erklärt werden. Ein Plan kann helfen, einen Ablauf zu regeln - zum Beispiel die Zeit am Morgen. Viele Autistinnen und Autisten profitieren von solch visuellen Unterstützungen.
  2. Rückzugsmöglichkeiten: Vielen Kindern mit Autismus helfen Rückzugsmöglichkeiten und ruhige Zonen - zum Beispiel in einem Hängetuch, mit Kopfhörern oder einem Sofa.
  3. Kommunikation: Es fällt Autistinnen und Autisten oft schwer, die eigenen Gefühle beschreiben oder etwas ausdrücken zu können. Es kann helfen, auf die Körpersprache des Kindes zu achten und ihm bei der Formulierung seiner Aussagen zu helfen. Beschreiben Sie genau, was Sie planen und vorhaben.
  4. Soziale Interaktion: Autistische Kinder haben oft Mühe, sich in andere Menschen hineinzuversetzen und auf diese zuzugehen. Man kann ein Kind zum Beispiel dabei begleiten, wie man auf andere Kinder zugeht und fragt, ob man mitspielen darf. Das Kind kann auch einer Freizeitbeschäftigung nachgehen, die es interessiert und mit anderen Kindern zusammenbringt - zum Beispiel bei Schulsportangeboten.
  5. Verständnis zeigen: Wichtig ist, dass man dem Kind Verständnis entgegenbringt, denn jedes Kind hat andere Besonderheiten und Stärken. Mit dieser Haltung können verschiedene Unterstützungsmöglichkeiten ausprobiert werden. Die individuellen Bedürfnisse des Kindes sind dabei am wichtigsten.
  6. Umfeld informieren: Kommunizieren Sie dem Umfeld, dass Ihr Kind besonders ist. Erst im näheren Umgang merkt man vielleicht, dass etwas «nicht stimmt». Insbesondere die Lehrpersonen und andere Betreuungspersonen müssen über die Diagnose Bescheid wissen. Nur so können sie angemessen auf die Besonderheiten Ihres Kindes eingehen und entsprechende Strukturen (z.B. Rückzugsorte) in der Schule geschaffen werden. Ein regelmässiger Austausch hilft allen Beteiligten.
  7. Flexibilität trainieren: Trainieren Sie mit Ihrem älteren Asperger-Kind die Flexibilität durch kleine Veränderungen im Alltag, welche Sie mit dem Kind vorgängig besprechen. So kann es mit der Zeit lernen, auch mit Unvorhergesehenem besser umzugehen.

Frühförderung

Je früher eine gezielte Förderung und Unterstützung einsetzt, desto besser für die Entwicklung des Kindes. Unterstützend sind Methoden wie Verhaltenstherapien oder Visualisierungshilfen.

Bei jungen Kindern mit frühkindlichem Autismus sind intensive verhaltenstherapeutische Programme am besten untersucht. Andere intensive Frühförderungen sind eher spieltherapeutisch orientiert. Alle Programme haben eine klare Struktur, es wird täglich mehrere Stunden mit dem Kind 1:1 gearbeitet. Damit soll die Entwicklung des Kindes möglichst breit gefördert werden.

Die Rolle der Heilpädagogischen Früherziehung

Heilpädagogische Früherzieherinnen und Früherzieher kommen immer wieder mit Kindern in Kontakt, bei welchen ein Verdacht auf eine Autismus-Spektrum-Störung besteht oder welche Verhaltensweisen aus dem Autismus-Spektrum zeigen. In diesen Situationen ist es die Aufgabe der Fachperson, frühe Hinweise auf eine Autismus-Spektrum-Störung zu kennen und beobachten zu können.

Die Beratung der Eltern ist ein zentrales Angebot der Heilpädagogischen Früherziehung. Ein umfangreiches Wissen über Autismus-Spektrum-Störungen ist dabei unerlässlich. Neben der Empfehlung des weiteren Vorgehens und der Koordination der weiteren Abklärungsschritte in Zusammenarbeit mit den Autismusfachstellen geht es in diesem Prozess auch um das Aufzeigen der Möglichkeiten und Grenzen der Heilpädagogischen Früherziehung in der Förderung und Begleitung von Kindern mit Autismus-Spektrum-Störungen.

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Bewährte Therapieansätze und Fördermassnahmen

  • ABA (Applied Behavioral Analysis): Eine Verhaltenstherapie, die grosse Erfolge aufweist. Sehr systematisch und strukturiert kann erwünschtes Verhalten über primäre und sekundäre Verstärker aufgebaut und unerwünschtes Verhalten abgebaut werden.
  • TEACCH (Treatment and Education for Autistic and related Communication handicapped Children): Die Strukturierung bildet den Kern des TEACCH-Programms. Ein durch die Methode der visuellen Strukturierung selbständiges Arbeiten hilft dem Betroffenen, seine Lebensqualität zu erhöhen und soll das Lernen erleichtern.
  • RDI (Relationship Development Intervention): Die Beziehungsebene ist ein sehr wichtiger Aspekt in der Arbeit mit Menschen mit ASS. Eher auf spieltherapeutischen Konzepten beruhen Programme wie RDI, FIAS, DIR = Floortime oder PLAY.
  • PECS (The Picture Exchange Communication System): Alternative Kommunikationsformen sind bei Menschen mit ASS oft notwendig. In diesem Bereich haben sich das PECS-System oder die Gebärdensprache bewährt.

Die Bedeutung der Familie

Die Familie ist oft der einzige Ort des Vertrauens für das Kind, für den Jugendlichen oder Erwachsenen aus dem Autismus-Spektrum. Deshalb ist es von zentraler Bedeutung, eine Therapie im gewohnten Umfeld mit Einbezug der Familienmitglieder durchzuführen. Die Familiensituation muss lebbar sein und dem Menschen mit Autismus muss eine Umwelt geboten werden, wo er sich gut entwickeln kann.

Unterstützungsangebote

Autismus Schweiz beschreibt ausführlich, wie Autistinnen und Autisten unterstützt werden können oder was diese Diagnose für den Alltag eines Kindes bedeutet. Weitere Unterstützungsmöglichkeiten und Einblicke in das Spektrum findet man auf EnableMe - Stiftung Handicap.

Auch eine gute Zusammenarbeit zwischen den Lehr- und Fachpersonen sowie den Eltern stellt für das Kind eine grosse Unterstützung dar. Am besten ist es gemeinsam Strategien zu besprechen, wie das Kind im Schulalltag bestmöglich begleitet werden kann.

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