Die Suizidrate der Schweiz, die in der Vergangenheit zu den höchsten weltweit gehörte, ist in den letzten Jahren merklich zurückgegangen. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO begehen jedes Jahr 800’000 Menschen weltweit Suizid. In der Schweiz sind es rund tausend Menschen pro Jahr, die ihrem Leben ein Ende setzen.
Warnzeichen erkennen und richtig deuten
Warnzeichen sind häufig vorhanden, aber nicht immer offensichtlich. Die meisten Menschen senden vor einem Suizidversuch Zeichen aus. Doch es gibt auch Menschen, die ihre eigene Befindlichkeit gegen aussen verbergen. Beachten Sie bitte, dass ein Merkmal alleine noch kein Hinweis auf Suizidabsichten sein muss. Je mehr solche Signale erkennbar sind, desto wichtiger ist es, die betroffene Person anzusprechen und professionelle Hilfe beizuziehen.
Es gibt verschiedene Anzeichen, dass jemand suizidgefährdet ist (Liste nicht abschliessend):
- Davon sprechen, dass man nicht mehr leben will
 - Rückzug von Freunden oder Hobbys
 - Hoffnungslosigkeit
 - Verhaltensänderung
 - geringe Selbstachtung
 - Beschäftigung mit dem Thema Tod und Sterben
 
Diese Anzeichen können, müssen aber nicht auf Suizidgedanken hinweisen. Gerade bei Jugendlichen können diese Anzeichen auch ohne Suizidgedanken auftreten. Deshalb ist es wichtig, die Personen darauf anzusprechen - direkt und offen. Lieber einmal mehr nachfragen als gar nicht.
Weitere Warnzeichen im Detail
- Über Suizid sprechen/Todeswunsch äussern: Typische Sätze sind: «Ich wäre besser nie geboren.», «Ohne mich wärt ihr alle besser dran.», «Falls wir uns nochmals sehen ...», «Ich wünschte, ich wäre nicht mehr da.», «So kann ich nicht mehr leben.». Es stimmt nicht, dass Menschen, die über Suizid sprechen, sich nichts antun. Im Gegenteil; es handelt sich dabei oft um einen Hilferuf. Nicht immer steht hinter diesen Sätzen eine Suizidabsicht. Sie sind aber deutliche Hinweise, dass irgend etwas nicht im Gleichgewicht ist.
 - Rückzug von Freunden und gewohnten Aktivitäten: Dinge, die bisher wichtig waren, nicht mehr beachten. Den Kontakt zu Freunden und Bekannten vernachlässigen. Körperkontakt ausweichen. Menschen in einer suizidalen Krise fühlen sich häufig alleine und isoliert. Sätze wie «Ich bin für niemanden wichtig.», «Keiner interessiert sich für mich.», können Ausdruck davon sein.
 - Aufräumen, Verschenken von Dingen: Testament aufsetzen, Familienangelegenheiten klären, persönliche Gegenstände weggeben/verschenken. Abschied nehmen Unerwartete Besuche oder Anrufe verbunden mit Äusserungen, die darauf hindeuten, dass man sich vielleicht nicht mehr wiedersieht. Abschiedsbriefe verfassen.
 - Beschäftigung mit dem Thema Tod und Sterben: Gedichte oder Texte schreiben, Bilder malen, Bücher und Webseiten lesen. Musik zum Thema hören. Nach Sterbemethoden und -mitteln suchen Beschäftigung mit Fragen wie: «Welches sind sichere Suizidmethoden?», «Welches sind schmerzlose Selbstmordvarianten?», «Wie komme ich an Mitteln heran, um mich selbst zu töten?»
 - Hoffnungslosigkeit: Sätze wie: «Das wird nie mehr gut.», «Das ändert sich sowieso nicht.», «Ich lerne das nie.», «Ich werde das nie können.», «Da kann man einfach nichts machen.»
 - Grosse Selbstkritik, geringe Selbstachtung, starke Kränkung: Suizidale Menschen empfinden sich oft als wert- oder nutzlos und haben Schuld- und Schamgefühle. Äusserungen wie «Ich nütze ja sowieso niemandem was.», «Ohne mich ginge alles besser.», «Was ich auch anfange, es kommt schief raus.», «Es ist alles meine Schuld.» können für solche Gefühle und Gedanken stehen.
 - Riskantes Verhalten: Zunehmend riskantes Verhalten: z.B. erhöhter Konsum von Alkohol oder anderen Suchtmitteln, gefährliche Freizeitaktivitäten, ungeschützter Geschlechtsverkehr, unvorsichtiges Fahren. Selbstschädigendes Verhalten wie Ritzen, Brennen, Haare ausreissen usw. weist in der Regel nicht auf eine Suizidabsicht hin, es sei denn, die Verletzungen seien die direkte Folge eines Suizidversuches.
 - Veränderungen im Verhalten: Extreme Stimmungsschwankungen, Persönlichkeitsveränderungen (z.B. von angepasst zu rebellisch oder von gesprächsfreudig/offen zu zurückhaltend/still).
 - Körperliche Veränderungen: Vernachlässigung der Pflege des Äusseren und der Körperhygiene (weniger Duschen/Haarewaschen). Veränderte Schlafmuster, Schwächegefühle, verminderter Sexualtrieb sowie verändertes Essverhalten und Körpergewicht.
 
Wie man Suizidgefährdete anspricht
Reagieren Sie, wenn Sie bei einer Person in Ihrem Umfeld Warnzeichen für Suizid wahrnehmen. Erster und wichtigster Schritt ist, der Person, um die Sie sich sorgen, ein Gespräch anzubieten.
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Kann man einem Versprechen vertrauen?
Es kann nicht pauschal gesagt werden, ob ein Versprechen eingehalten wird oder nicht. Wenn die Person konkrete Äusserungen macht, wie z.B. einen Suizidplan hat oder bereits Vorbereitungen getroffen hat, sollte die Person nicht allein gelassen und Unterstützung geholt werden.
Was tun bei wiederholten Suizidversuchen?
Es macht betroffen, zu lesen, dass jemand bereits mehrere Suizidversuche hinter sich hat. Es ist so, dass die Hemmschwelle mit jedem Suizidversuch sinkt. Deshalb sind frühere Suizidversuche einer der grössten Risikofaktoren. Falls die Person noch keine therapeutische Unterstützung hat, ist es wichtig, dass sie sich schnellstmöglich Hilfe sucht. Auch wenn es im Moment vielleicht nicht so aussieht - es gibt Möglichkeiten wie geholfen werden kann.
Umgang mit Seelenschmerz
Wichtig scheint, dass die Person den Suizid als Handlung versteht und nicht als Lösung. Solche Handlungen entstehen in der Regel aus dem Moment heraus. Überlebende von Suizidversuchen erzählen wir häufig, dass sie dankbar sind, dass sie überlebt haben. Diese Erfahrung hilft als Therapeut die Arbeit weiterzumachen. Auch die Arbeit mit Hinterbliebenen zeigt, wie wichtig es ist, suizidalen Menschen Beistand zu geben.
Was hilft im Umgang mit dem Seelenschmerz: Seine Grundbedürfnisse zu erkennen und zu verstehen, was einen verhindert, diese zu erfüllen und sich schrittweise diesen Grundbedürfnissen anzunähern. Etwas, was als zentral angesehen wird, sind Beziehungen zu Menschen zu etablieren. Um dies zu erreichen, braucht es oft den Mut seinen Stil, wie man in Beziehungen lebt, schrittweise zu verändern, Alte Beziehungsmuster aufzugeben, Neue zu probieren, immer wieder zu probieren und sich neuen Beziehungsmustern anzunähern. Hier kann Therapie helfen, sei dies stationär oder auch ambulant. Solche Veränderungen brauchen Zeit.
Hilfe und Unterstützung
Für den Rückgang der Zahl der Suizide in der Schweiz gebe es verschiedene Faktoren, erklärt Sophie Lochet, Koordinatorin bei Stop Suicide, einem Verein für Suizid-Prävention von Jugendlichen. «Das Netzwerk für Pflege und Hilfeleistungen hat sich verbessert, ebenso der Zugang zu Therapien, etwa für jene, die unter psychischen Problemen leiden. Verbessert wurde auch die Zusammenarbeit zwischen den Ärzten und Beratern von Schulen.
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Der Welt-Suizid-Präventionstag vom 10. September legt deshalb den Akzent auf Dialog und Unterstützung. «Der Suizidvorgang kann jederzeit unterbrochen werden. Selbstverständlich verschwinden die Gründe für die Verzweiflung nicht umgehend, aber wenige Worte können genügen, um jemanden davon abzuhalten, seinem Leben ein Ende zu setzen.
Hilfsangebote
- Dargebotene Hand: Telefon 143 (vertraulich und kostenlos)
 - DIGNITAS: Menschenwürdig leben - Menschenwürdig sterben (Beratung zu Palliativversorgung, Suizidversuchsprävention, Patientenverfügung und Freitodbegleitung)
 - Schluss.PUNKT: Gemeinsame Beratungsstelle von DIGNITAS und DGHS (umfassende Informationen als Entscheidungsgrundlage zur Gestaltung des weiteren Lebens bis zum Lebensende)
 - Verein trauernetz: Gesprächsgruppe beim Bahnhof St. Gallen (Kontaktvermittlung über 076 598 45 30)
 
Die Rolle der Gesellschaft
Das Thema Suizid ist laut Lochet noch immer ein Tabu. «Aber man muss darüber sprechen, auch weil bei den Heranwachsenden Suizidgedanken ziemlich häufig vorkommen. Suizid ist nicht nur ein persönliches Problem, sondern ein Problem der Volksgesundheit und der Gesellschaft.
Sterbehilfe und Suizid
Suizid ist keine strafbare Handlung, bedingt aber, dass sich die sterbewillige Person selbst tötet. Dies gilt auch beim assistierten Suizid.
Direkte aktive Sterbehilfe, also gezielte Tötung zur Verkürzung der Leiden eines anderen Menschen ist heute nach Artikel 111 (vorsätzliche Tötung), Artikel 114 (Tötung auf Verlangen) oder Artikel 113 (Totschlag) StGB strafbar.
Weitere Formen der Sterbehilfe:
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- Indirekte aktive Sterbehilfe: Zur Linderung von Leiden werden Mittel (z.B. Morphium) eingesetzt, die als Nebenwirkung die Lebensdauer herabsetzen können. Der möglicherweise früher eintretende Tod wird in Kauf genommen. Diese Art der Sterbehilfe ist im StGB nicht ausdrücklich geregelt, gilt aber als grundsätzlich erlaubt.
 - Passive Sterbehilfe: Verzicht auf die Aufnahme oder den Abbruch von lebenserhaltenden Massnahmen. (Beispiel: Ein Sauerstoffgerät wird abgestellt.) Diese Form der Sterbehilfe ist ebenfalls gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt, wird aber als erlaubt angesehen.
 - Beihilfe zum Selbstmord (auch Suizidhilfe genannt): Nur wer «aus selbstsüchtigen Beweggründen» jemandem zum Selbstmord Hilfe leistet (z. B. durch Beschaffung einer tödlichen Substanz), wird nach Art. 115 StGB mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. Bei der Suizidhilfe geht es darum, dem Patienten die tödliche Substanz zu vermitteln, die der Suizidwillige ohne Fremdeinwirkung selber einnimmt.
 
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