Klinische Psychologie: Definition und Anwendungsbereiche

Die klinische Psychologie ist ein Teilgebiet der Psychologie, das sich mit der Erforschung, Diagnose, Behandlung und Prävention psychischer Störungen und psychischer Aspekte körperlicher Erkrankungen befasst.

Am Psychologischen Institut wird die Forschung und Lehre in der klinischen Psychologie des Erwachsenenalters und des Kindes- und Jugendalters sowie in der Gesundheitspsychologie vertreten. Dabei werden verschiedene therapeutische Richtungen repräsentiert und anwendungsorientiert gearbeitet, wobei Expertise in quantitativen und qualitativen, methodischen Kenntnissen vorhanden ist.

Lehre und Inhalte

In der Lehre ist die klinische Psychologie und Gesundheitspsychologie für das Curriculum verantwortlich. Die klinische Psychologie ist im Masterstudiengang eine von drei wählbaren Vertiefungsrichtungen. Lehrinhalte im Bachelorstudium sind Psychopathologie im Erwachsenen- und im Kindes- und Jugendalter. Ausserdem werden Störungsbilder wie Depression, Schizophrenie etc. vertieft.

Die Lehrinhalte im Masterstudium sind unter anderem psychotherapeutische Methoden und spezielle Gebiete und Fragestellungen der Klinischen Psychologie sowie weitere Vertiefungen in den Störungsbildern. Die Dozierenden und Lehrbeauftragten sind in der Praxis vernetzt und haben langjährige Lehrerfahrung auf Hochschulstufe. Viele von ihnen haben auch ausgewiesene Forschungskompetenzen.

Psychologische Diagnostik als Eckpfeiler

Psychologische Diagnostik ist ein wichtiger Eckpfeiler der Psychologie und eng mit deren historischen Entwicklung verbunden. Die frühen Wurzeln der Disziplin Psychologische Diagnostik reichen zurück bis ins 19. Jahrhundert und zeigen deren grundlegende Bedeutung: Mit der Gründung eines psychotechnischen Labors 1879 durch Wilhelm Wundt in Leipzig wurden zugleich die Grundsteine für psychologische Diagnostik (damals noch Psychotechnik) und für Psychologie als eigenständiges Fachgebiet gelegt.

Lesen Sie auch: Psychologie in Münster studieren

Psychologische Diagnostik ist ein Teilgebiet der Psychologie und zugleich ein wichtiger Teil der Berufstätigkeit von Psycholog:innen. Es wird davon ausgegangen, dass etwa ein Viertel aller psychologischen Tätigkeiten diagnostischer Natur ist. Bei der psychologischen Diagnostik geht es darum, bestimmte Merkmale einer Person, Gruppe oder Organisation in einem strukturierten Prozess zu erfassen. Dies geschieht ausgehend von einer Frage- oder Problemstellung basierend auf wissenschaftlichen Methoden und Verfahren z. B. im Hinblick auf Motive, Interessen, Persönlichkeitseigenschaften, Werte, Leistungsfaktoren, Verhaltensaspekte, soziale Einflussfaktoren oder relevante Situationsvariablen.

Die frühen Entwicklungen der psychologischen Diagnostik waren im Geist der damaligen Zeit stark auf Testverfahren ausgerichtet und brachten bereits erste wichtige Prinzipien über deren Anwendung hervor, die bis heute gültig sind. Das IAP Institut für Angewandte Psychologie erkannte und systematisierte das entstandene Wissen seit Beginn seiner Existenz 1923 und erweiterte die als Psychodiagnostik genannte Anwendung bereits seit den 1960er-Jahren auf komplexere Praxisanwendungen wie z. B. die «Talentförderung».

Spezialisierung und Anwendungsbereiche

Aus den Anfängen von psychologischer Diagnostik hat sich mit der Zeit eine zunehmende Spezialisierung in verschiedene Teil-Fachbereiche mit ganz eigenen Anforderungen und Besonderheiten weiterentwickelt wie z. B.:

  • Verkehrspsychologie
  • Berufs-, Studien- und Laufbahnberatung
  • Forensische Psychologie
  • Klinische Psychologie
  • Rechtspsychologie
  • Sicherheitspsychologische Diagnostik

Die Verkehrspsychologie und Berufseignungsdiagnostik datieren auf den Beginn des 20. Jahrhunderts.

Beispiele für Anwendungsbereiche:

  • Klassische Eignungsdiagnostik im Rahmen von Rekrutierungs- oder Beförderungsprozessen
  • Einsatz im Bereich Schulpsychologie
  • Beratungssituation

Risikobeurteilung im Berufskontext

Eine noch junge Form von psychologischer Diagnostik besteht in der Beurteilung von menschlichen Risikofaktoren im Berufskontext. Dabei steht die Betrachtung des Menschen als Träger:in von Risikofaktoren mit potenziellen Schädigungskonsequenzen im Vordergrund. Solche Arten menschlicher Risikofaktoren sind z. B. Selbstschädigung, menschliches Fehlverhalten im Zuge von z. B. Lasche Arbeitseinstellung, vorsätzliche Regelbrüche und Schutz der Vorteile und Werte einer Organisation und der Menschen darin.

Lesen Sie auch: Was steckt hinter Missgunst?

Ein Fallbeispiel hierfür ist eine national tätige Organisation, die eine gross angelegte Risikoanalyse durchführte und feststellte, dass für bestimmte Funktionen Integritätsrisiken bestehen, die im Extremfall katastrophale Konsequenzen haben können. Aus diesem Grund wollte die Organisation solche Integritätsrisiken bei Neueinstellungen systematisch untersuchen lassen.

Die Untersuchung wurde durch zwei spezialisierte Psycholog:innen durchgeführt und in einem Auswertungsbericht ausführlich dokumentiert. Sie umfasste ein 2.5 Stunden dauerndes, strukturiertes Interview mit Ausrichtung auf Risikoaspekte. Die Auswertung erfolgte durch den folgenden Prozess: Identifikation von Auffälligkeiten - Bilden von Risiko-Clustern - Bewerten der Risiken und Empfehlungen zur Risikokontrolle.

Psychologe vs. Psychiater

Im Alltag ist der Unterschied zwischen den beiden Berufen Psychologe und Psychiater häufig nicht leicht, da die Bezeichnungen oft synonym verwendet werden. Trotz der engen Zusammenarbeit und ihrer gemeinsamen Zielen handelt es sich jedoch um zwei unterschiedliche Berufe, die sich in ihrem jeweiligen Ausbildungsweg und Kompetenzbereich voneinander unterscheiden.

Der Hauptunterschied zwischen Psychologen und Psychiatern liegt in der Ausbildung und den Befugnissen. Während Psychologen ein Psychologie-Studium absolviert haben, handelt es sich bei Psychiatern um spezialisierte Ärzte. Daher verwenden Psychologen bei der Behandlung von psychischen Erkrankungen vor allem Gesprächs-basierte Therapien.

Um Psychologe zu werden, muss man zunächst ein mehrjähriges Psychologie-Studium absolvieren. Danach hat man die Möglichkeit, in verschiedenen Bereichen zu arbeiten oder eine Weiterbildung in einem speziellen Gebiet zu beginnen. Das Psychologie-Studium wird an mehreren Hochschulen und Universitäten in der Schweiz angeboten. Es setzt sich aus einem dreijährigen Bachelor-Studium und einem zweijährigen Master-Studium zusammen. Während des Studiums stehen Inhalte wie das Beschreiben, Erklären und Verändern von menschlichem Denken und Verhalten im Vordergrund. Dabei werden Kompetenzen im Umgang mit der menschlichen Psyche vermittelt, die eine Voraussetzung für die adäquate Behandlung von psychischen Erkrankungen bilden.

Lesen Sie auch: Psychologie Studium: Was ist besser?

Nach Abschluss des Masterstudiums kann der direkte Berufseinstieg dabei aufgrund der hohen Konkurrenz durchaus heraufordernd werden, weshalb der Beginn einer Weiterbildung in einem speziellen Gebiet der Psychologie empfehlenswert ist.

Je nach Weiterbildung kann man als Psychologe in verschiedenen Bereichen arbeiten. Viele Fachpersonen finden mit einer Spezialisierung in Klinischer Psychologie, Psychotherapie, Notfall- oder Neuropsychologie eine Anstellung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in einer Rehabilitationseinrichtung. Dort bestehen ihre Aufgaben darin, Gespräche und psychologische Test durchzuführen. Diese bilden die Grundlage, um eine Person besser einschätzen zu können und zu einer Diagnose zu gelangen. Anschliessend muss anhand eines theoretischen Ansatzes eine passende Behandlung vorgeschlagen und durchgeführt werden (zum Beispiel eine Verhaltenstherapie). Dabei dürfen Psychologen jedoch keine Medikamente verschreiben und greifen deshalb auschliesslich auf Gesprächs-basierte Therapien zurück.

Eine weitere wichtige Tätigkeit von Psychologen ergibt sich durch die Beratung von bestimmten Zielgruppen. Diese kann je nach Spezialisierung in verschiedenen Bereichen stattfinden. In Schulen helfen sie beispielsweise Kindern, die Schul- oder Integrationsprobleme haben und vermitteln diese gegebenenfalls an Fachkräfte wie Ärzte oder Psychotherapeuten. Auch eine Beratung von Unternehmen bezüglich Personal, Arbeitsorganisation oder Veränderungsprozessen ist möglich.

Im Gegensatz zu Psychologen haben Psychiater Medizin studiert und anschliessend eine mehrjährige Ausbildung zum Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie absolviert. Um Psychiater bzw. Psychiaterin zu werden, muss zunächst ein Studium der Humanmedizin abgeschlossen werden. Dieses dauert in der Regel sechs Jahre und teilt sich in drei Jahre Bachelor- und drei Jahre Masterstudium auf. Nach erfolgreichem Abschluss erhält man das eidgenössische Arztdiplom und kann nun die Ausbildung zum Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie beginnen. Diese dauert fünf bis sechs Jahre und wird mit dem Bestehen der Facharztprüfung beendet.

Die meisten Psychiater arbeiten entweder in einem Angestelltenverhältnis in der psychiatrischen Abteilung eines Spitals oder als selbstständige Fachärzte in einer eigenen Praxis. Auch sie haben die Aufgabe, psychische Erkrankungen zu diagnostizieren und diese anschliessend mit der richtigen Therapie zu behandeln. Im Gegensatz zu Psychologen greift ein Psychiater jedoch auch auf weitere diagnostische Verfahren zurück, die dem Ausschluss von körperlichen Ursachen für die psychischen Beschwerden dienen. Auch die therapeutischen Möglichkeiten unterscheiden sich aufgrund des medizinischen Bildungsweges von denen eines Psychologen, da Psychiater Medikamente verschreiben dürfen.

Daraus ergibt sich, dass Fachpersonen vor allem bei körperlichen Ursachen einer psychischen Erkrankung oder bei Störungen, die überwiegend medikamentös behandelt werden (zum Beispiel Schizophrenie), hinzugezogen werden.

Psychotherapeut

Bei einem Psychotherapeuten bzw. einer Psychotherapeutin handelt es sich um spezialisierte Psychologen, die nach ihrem Psychologie-Studium die Weiterbildung in Psychotherapie absolviert haben. Diese findet berufsbegleitend statt und dauert zwischen vier und sechs Jahren. Die Fachpersonen können zum Beispiel in einer Klinik oder auch in einer eigenen Praxis arbeiten.

Mit diesen Verfahren behandeln sie Menschen, die aufgrund von verschiedensten Schwierigkeiten (zum Beispiel in der Partnerschaft, im Job oder durch Traumata) eine psychische Erkrankung entwickelt haben und diese nicht alleine bewältigen können. Dabei kann es sich um Depressionen, Angst-, Traumafolge-, Zwangs- und Persönlichkeitsstörungen oder auch andere psychische Erkrankungen handeln.

In beiden Berufsgruppen spielt das Gespräch mit dem Patienten eine zentrale Rolle. In vielen Kliniken arbeiten beide Fachkräfte eng zusammen, um möglichst umfassende Behandlungspläne zu entwickeln.

Die beiden Berufsfelder unterscheiden sich vor allem in ihren Behandlungsbefugnissen: Psychiater dürfen Medikamente verschreiben und medizinische Untersuchungen zur Diagnostik anwenden. Daraus ergibt sich auch ein unterschiedlicher Schwerpunkt der Behandlung: Psychiater behandeln eher schwere psychiatrische Erkrankungen wie Schizophrenie, da hier vor allem Medikamente helfen.

Arbeitsbedingungen und Berufsaussichten

Der Beruf setzt ein abgeschlossenes Studium an einer Fachhochschule oder Universitären Hochschule voraus. Üblich ist ein Masterabschluss. Hochschulen, Verbände und weitere Institutionen bieten verschiedene Möglichkeiten, fachliche und methodische Kompetenzen zu vertiefen oder zu erweitern.

Die Arbeitsbedingungen von Psychologinnen und Psychologen sind verschieden. Einige Berufsleute arbeiten in Spitälern und Praxen, andere in Büros oder Heimen. Manche Tätigkeiten, insbesondere Notfalldienste, finden auch ausserhalb der Bürozeiten statt. Die Tätigkeiten in den Fachgebieten Psychotherapie, Kinder- und Jugendpsychologie, klinische Psychologie, Neuropsychologie oder Gesundheitspsychologie sind gesetzlich geregelt.

Psychologinnen und Psychologen sind hauptsächlich in öffentlichen Diensten und Organisationen, in Beratungsstellen, in Kliniken und Spitälern, in grossen Unternehmen oder in eigener Praxis tätig. Der Bedarf an spezialisierten Psychologinnen und Psychologen nimmt zu.

tags: #klinische #Psychologie #Definition