Die Säulen des Selbstwertgefühls in der Psychologie

Ein gutes Selbstbewusstsein ist im Leben von unschätzbarem Vorteil. Wenn Sie über genug Selbstsicherheit verfügen, haben Sie es in vielen Lebenssituationen leichter. Sie gehen mit einem besseren Gefühl, einem besseren Selbstwertgefühl durch die Welt.

Was ist Selbstwertgefühl?

Um vorab eine gewisse Orientierung zu erhalten, lassen Sie uns die Unterschiede zwischen den Begriffen betrachten. Beginnen wir mit der Selbstachtung. Sie ist der grundsätzliche Respekt uns selbst gegenüber, eine generelle Wertschätzung unserer Person. Es ist die Basis für unser Selbstwertgefühl.

Selbstvertrauen meint das Vertrauen in Ihre eigenen Fähigkeiten, auch mit Herausforderungen umzugehen und auftauchende Probleme zu bewältigen. Wenn Sie Selbstvertrauen haben, trauen Sie sich etwas zu. Ihr Selbstbild ist das Bild, das Sie von sich haben, die Dinge, die Sie an sich sehen oder nicht sehen.

Ihr Selbstbewusstsein hängt im Wesentlichen davon ab, was Sie über sich selbst denken. Es ergibt sich somit aus Ihrem Selbstwertgefühl. Selbstbewusstsein heisst, dass Sie sich Ihrer Stärken bewusst sind. Die gute Nachricht ist, dass Ihr Selbstbewusstsein nicht angeboren ist, sondern nur Sie haben es erlernt. Und damit ist es auch veränderbar.

Bitte unterscheiden Sie auch die beiden Begriffe Selbstwert und Selbstwertgefühl. Denn Ihr Selbstwert als Mensch ist immer gleich und auch immer hoch. Was Sie auch tun. Ob wir gerade erfolgreich oder gescheitert sind. Ob Sie als oberste Führungskraft ein Unternehmen leiten und um sich herum viele Mitarbeitende haben, die Ihnen zuarbeiten. Oder ob Sie als Heimarbeiter täglich Tausende von Werbegeschenk-Kugelschreibern zusammenbauen. Kein Handeln oder Unterlassen, kein Erfolg und keine Niederlage ändert etwas an Ihrem Selbstwert. Weder in die eine noch in die andere Richtung. Zwar können Sie sich wertlos fühlen, doch sind Sie es nicht.

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Während der Selbstwert gleichbleibt, schwankt das Selbstwertgefühl. Es gibt nicht das «eine» eigene Selbstwertgefühl, höchstens einen gewissen Durchschnittslevel, der dem eigenen subjektiven Empfinden nach höher oder niedriger ausgeprägt sein kann. In manchen Lebenslagen oder Lebensbereichen können Sie viel und in anderen wenig Selbstwertgefühl haben. Dies verändert sich in verschiedenen Situationen und ihren Anforderungen an Sie. Zum Beispiel können Sie sich wertvoll im Beruf fühlen, z.B. als besten Zifferblattdesigner, aber Sie empfinden sich weniger wertvoll, wenn es um die Gestaltung von Beziehungen geht. Ausserdem kann sich das Selbstwertgefühl im Laufe Ihres Lebens deutlich verändern.

Selbstwertgefühl blüht oder verdorrt nicht in einem Vakuum. Andere Menschen beeinflussen es. Es entsteht und besteht primär durch Sie selbst. Wir Menschen sind soziale Wesen. Soziale Hierarchien sind wichtig für ein reibungsloses Zusammenleben. Eine Funktion des Selbstwertgefühls ist, zu steuern, wie wir uns in Gruppen einordnen und verhalten. Und dies erfolgt ganz unbewusst. Es beginnt schon auf dem Weg zur Arbeit, wenn Ihnen am Parkplatz an einer schmalen Stelle ein Fahrzeug entgegenkommt. Wer weicht wem aus, wenn zwei aufeinander zufahren. Je nachdem, in welchem sozialen Umfeld Sie sich befinden, können Sie also mehr oder weniger Selbstwertgefühl haben.

Es gibt ein Zitat von Jim Rohn, das dies sehr gut auf den Punkt bringt: «Sie sind der Durchschnitt der fünf Menschen, mit denen Sie am meisten Zeit verbringen.» Das Spannende daran ist, dass es bereits seit einigen Jahren Forschungen darüber gibt, wie sich die Verbindungen zu anderen Menschen im eigenen Leben auswirken. Erstaunlich ist, dass nicht nur die direkten Verbindungen eine Rolle spielen, sondern sogar solche auf der zweiten oder dritten Ebene. Menschen, die wir nicht einmal kennen. Menschen, die mit unseren Freunden befreundet sind oder in Kontakt stehen und trotzdem einen Einfluss auf uns haben. Also blicken Sie doch mal auf die Personen, mit welchen Sie die meiste Zeit verbringen, und fragen Sie sich, welcher Einfluss von diesen auf Sie ausgeht und Ihr Selbstwertgefühl beeinflusst. So können die grössten Paschas sich z.B. in Gegenwart ihrer Eltern plötzlich komplett anders verhalten.

Wie kann man das Selbstwertgefühl steigern?

Am Anfang steht das Bild, das Sie von sich haben. Wie sehen Sie sich selbst. Welche Qualitäten und Mängel schreiben wir uns zu, für wie liebenswürdig und für wie fähig halten Sie sich. Dieses Bild gewinnen wir aus unterschiedlichen Quellen. Wir beobachten und bewerten uns selbst. Wir vergleichen uns mit anderen. Schneiden besser oder schlechter ab, sind erfolgreicher oder erfolgloser, sind sicherer oder unsicherer, finden uns schöner oder hässlicher. Wir bekommen Rückmeldungen von anderen. Werden geliebt oder abgelehnt, anerkannt oder verkannt, oder auch etwas dazwischen.

Bewerten, Fühlen und Handeln hängen komplex zusammen. Nicht nur beeinflusst Ihr Bild von sich Ihr Verhalten, auch kann ein neues Verhalten dieses Bild verändern. Eine gute Übung ist es, dass Sie sich bewusst machen, was Sie tun und wie Sie sich verhalten. Überlegen Sie, warum Sie so handeln. Fragen Sie sich, ob es für Sie sinnvoll ist. Sollten Sie es nicht besser anders machen? Was wollten Sie schon lange verändern? Und was verhindert, dass Sie sich ändern? Wenn Sie diese Fragen beantworten, dann verändern Sie bewusst Ihr Denken und Verhalten. Probieren Sie es unbedingt aus und prüfen Sie, was besser funktioniert und was sich für Sie besser anfühlt. Dabei ist Wiederholung und Konsequenz wichtig.

Wenn Sie Ihr Selbstwertgefühl steigern wollen, dann ist es empfehlenswert, Ihre Fortschritte schriftlich zu notieren. Ein Selbstwert-Tagebuch hilft Ihnen dabei, das Thema nicht aus den Augen zu verlieren. Und bewusste Reflexion und insbesondere Schriftlichkeit ist der Schlüssel, um das Selbstwertgefühl nachhaltig positiv zu beeinflussen.

Die sechs Säulen des Selbstwertgefühls nach Nathaniel Branden

Der Psychologe und Autor Nathaniel Branden nennt verschiedene Säulen, die ein gesundes Selbstwertgefühl beeinflussen. Andersherum leidet unser Selbstwertgefühl umso stärker, je mehr dieser Säulen wegbrechen oder nie gebaut wurden. Jede dieser Säulen können Sie jedoch neu aufbauen oder stärken. Alles, was Sie dafür brauchen, ist das richtige Werkzeug und dass Sie dieses auch tatsächlich in die Hand nehmen und benutzen. So wichtig andere Menschen für Sie und Ihr Selbstwertgefühl sind, so kann die Veränderung doch immer nur bei Ihnen selbst beginnen.

Branden beschreibt sechs Säulen des Selbstwertgefühls:

  1. die Praxis, bewusst zu leben
  2. die Praxis der Selbstakzeptanz
  3. die Praxis der Selbstverantwortung
  4. die Praxis der Selbstbehauptung
  5. die Praxis zielgerichteten Lebens
  6. die Praxis persönlicher Integrität

Lassen Sie uns diese Säulen im Detail betrachten:

Bewusstes Leben

Bewusst zu leben bedeutet, nach bestem Wissen und Gewissen die Grundlagen unseres Handeln, unserer Werte und Ziele zu suchen und im Einklang mit diesem Wissen zu handeln. Wenn wir entgegen unseren Werten handeln, verunsichern wir uns selbst.

Selbstakzeptanz

Selbstakzeptanz heißt nicht, dass wir alles an uns gut finden müssen. Selbstakzeptanz bedeutet, dass wir uns annehmen, wie wir jetzt gerade sind, und mit dem, das wir getan haben. Trotzdem können wir Ziele haben, wie wir uns entwickeln möchten.

Selbstverantwortung

Selbstverantwortung bedeutet, dass wir die Verantwortung für die Erfüllung unserer Wünsche, für unsere Entscheidungen und unser Handeln, für unser Denken und unser Glück selbst übernehmen.

Selbstbehauptung

Selbstbehauptung bedeutet einzustehen für das, was wir wollen und für richtig halten.

Zielgerichtetes Leben

Ein zielgerichtetes Leben zu führen bedeutet, bewusst die Verantwortung zu übernehmen für unsere Ziele, die hierfür nötigen Handlungen zu identifizieren und umzusetzen.

Persönliche Integrität

Persönliche Integrität bedeutet, dass wir unter realistischer Einschätzung unserer Handlungsmöglichkeiten im Einklang mit unserem Wissen und unseren Werten handeln.

Positive Psychologie: Die 5 Säulen für persönliches Wohlbefinden und Zufriedenheit

Wahrhaftes Wohlbefinden basiert auf fünf Säulen:

  1. Positive Emotionen spüren
  2. Sich für etwas engagieren
  3. Verbundensein mit anderen Menschen erfahren
  4. Sinn in unserem Tun finden
  5. Merken, dass wir etwas bewegen und erreichen können

In der englischen Version ergeben die Anfangsbuchstaben dieser fünf Säulen ein gutes Merkwort: PERMA.

PERMA im Detail

PERMA steht für Positive Emotionen, Engagement, Relationships (Beziehungen), Meaning (Sinn) und Achievement (Zielerreichung). Diese fünf Begriffe können als Säulen gesehen werden, auf denen das persönliche Wohlbefinden und die eigene Zufriedenheit aufbaut.

Säule 1: Positive Emotionen

Positive Emotionen zu haben und mehr positive als negative Emotionen zu erleben, ist wesentlich für das Wohlbefinden jedes Menschen. Wenn man ein erfülltes Leben führen möchte, sollte man einen bewussten Umgang mit negativen Gefühlen wählen, sowie sich bewusst für positive Gefühle entscheiden. Negative Gefühle kommen dabei meist ganz von allein, für positive muss man etwas mehr tun.

Barbara Fredrickson beschreibt in ihrem Buch „Die Macht der positiven Gefühle“ zehn positive Emotionen, die einen besonders positiven Effekt auf Glück und Wohlbefinden haben:

  • Freude
  • Dankbarkeit
  • Heiterkeit
  • Interesse
  • Hoffnung
  • Stolz (Wertschätzung)
  • Inspiration
  • Spaß
  • Ehrfurcht und
  • Liebe

Häufig kommen einige dieser Gefühle zu kurz im Leben. Deshalb ist es wichtig diese Emotionen deutlich zu spüren.

Säule 2: Engagement

Menschen werden zufriedener und können aufblühen, wenn sie ihre Stärken ausleben, sich für etwas Großes engagieren und in diesen Aktivitäten aufgehen. Flow-Erleben, also dem Gefühl eines Schaffensrausches: Flow bezeichnet man als eine optimale Erfahrung, in welcher eine Person völlig in ihrer ausgeführten Tätigkeit aufgeht. Dabei ist die Aufmerksamkeit vollkommen auf den gegenwärtigen Moment ausgerichtet. Innere Motivation, Desinteresse an äußerer Belohnungen und selbstzweckhafte und freie Handlungen sind entscheidende Charakteristika des Flows.

Ein weiteres Merkmal der Flow-Erfahrung liegt in der Qualität der Herausforderungen bzw. Handlungsmöglichkeiten. Die individuellen Fähigkeiten werden beansprucht, ohne dass dabei eine Überforderung stattfindet. Dabei sind die jeweiligen Handlungsziele klar und es erfolgt ein unmittelbares Feedback zu erreichten Fortschritten.

Säule 3: Soziale Beziehungen

Das Streben nach sozialer Zugehörigkeit ist eines von drei psychischen Grundbedürfnissen des Menschen. Zwei weitere Grundbedürfnisse sind Eigenständigkeit und Kompetenzerleben. Diese Grundbedürfnisse sind angeboren, lebenswichtig und universell. Für das Streben nach sozialen Beziehungen folgt daraus, dass Menschen Ziele anstreben, welchen das Bedürfnis nach sozialem Anschluss bzw. sozialer Anerkennung zugrunde liegt.

Die Abwesenheit sozialer Bindungen weist eine starke Verbindung zum Unglücklichsein, Depression und anderen Formen von Leid auf. Ein hohes Maß an subjektivem Wohlbefinden oder Glücksempfinden ist mit sozialer Integration verbunden.

Säule 4: Sinn-Erleben

„Können wir unsere Stärken zu einem höheren Zweck einsetzen, in dem wir Sinnhaftigkeit erkennen und erleben, ist das ein weiterer großer Schritt in Richtung erfülltem Leben.“ - Martin Seligman

Die Sinnerfüllung ist, was schon die griechischen Philosophen der Antike diskutierten und als Erlangung der Glückseligkeit bezeichneten und ist äußerst wichtig für das individuelle Glück. Bei dieser Säule geht es darum, dass es für jede Person essentiell wichtig ist, den Sinn des Lebens zu finden.

Säule 5: Zielerreichung und Leistung

Leistung ist zuletzt ein Element des Wohlbefindens und betrifft die Freude an Fähigkeiten und Erfolgen. Etwas zu schaffen, das über den Tod hinaus anhält und Spuren hinterlässt, das ist die Kernessenz dieser Säule. Um das zu erreichen, benötigt man explizite Ziele im Leben, die man zu erreichen sucht.

Eng verbunden mit der Leistung und den eigenen Zielen ist das Gefühl etwas zum Positiven verändern zu können, also dem Glauben an die eigene positive Handlungsfähigkeit. Zielerreichung führt über ein gesteigertes Selbstwertgefühl ebenfalls zu mehr Zufriedenheit, einem gesteigerten Wohlbefinden und einem höheren Glücksgefühl.

Zusätzliche Tipps zur Stärkung des Selbstwertgefühls

Es gibt viele Wege, Ihr Selbstvertrauen zu stärken und langfristig zu erhalten. Hier sind einige zusätzliche Tipps:

  • Sie möchten Ihre Selbstwirksamkeit steigern? Es gibt Übungen und Techniken, mit denen Sie Ihr Selbstbewusstsein und -vertrauen gezielt fördern können.
  • Denken Sie daran, dass dies ein Prozess ist. Haben Sie also Geduld.
  • Setzen Sie sich klare und realistische Ziele und überprüfen Sie regelmässig Ihre Fortschritte.
  • Teilen Sie ein grosses Ziel in kleinere Zwischenziele auf, die Ihnen zwischendurch Erfolgserlebnisse verschaffen und Sie motivieren. Das stärkt Ihr Selbstbewusstsein und Ihre Selbstwirksamkeit.
  • Visualisieren Sie Ihre Erfolge, beispielsweise mit einem Visionboard. So haben Sie Ihre Ziele und Erfolge immer vor Augen und bleiben motiviert.
  • Sehen Sie Fehler als Lernmöglichkeiten und nicht als Misserfolge. Analysieren Sie, was schiefgelaufen ist, und erarbeiten Sie Strategien zur Verbesserung.
  • Führen Sie positive Selbstgespräche. Ersetzen Sie negative Gedanken durch ermutigende Aussagen. Anstatt zu denken «Ich bin nicht gut genug», sagen Sie sich «Ich lerne und wachse».
  • Üben Sie Techniken wie Meditation, Achtsamkeit und Yoga oder machen Sie regelmässig Sport, um Stress abzubauen und eine positive Einstellung zu fördern. Durch regelmässige Praxis können Sie Ihre Selbstwahrnehmung verbessern und ein tieferes Verständnis für Ihre Reaktionen und Emotionen in verschiedenen Situationen entwickeln.
  • Erweitern Sie Ihr Wissen und Ihre Fähigkeiten durch Weiterbildung und Training. Neue Fähigkeiten zu erlernen, kann das Selbstvertrauen und die Selbstwirksamkeit stärken.
  • Soziale Kontakte können Ihre Selbstwirksamkeit durch positive Unterstützung und Bestätigung steigern. Teilen Sie Ihre Ziele und Fortschritte mit anderen, erhalten Sie konstruktives Feedback und feiern Sie gemeinsame Erfolge. Die Wahl der Menschen, mit denen man sich umgibt, spielt eine entscheidende Rolle. Positive soziale Kontakte mit unterstützenden und ermutigenden Menschen können Ihre Selbstwirksamkeit stärken. Im Gegensatz dazu können negative Beziehungen oder unkonstruktives Feedback die Selbstwirksamkeit beeinträchtigen.
  • Feiern Sie auch kleine Erfolge und umgeben Sie sich mit Menschen, die Ihnen guttun - so fördern Sie Ihre Selbstwirksamkeit und bleiben motiviert.

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