Psychotherapie bei Posttraumatischer Belastungsstörung: Verfahren und Ansätze

Posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS) treten meist nach Ereignissen auf, die als lebensbedrohlich erlebt werden. PTBS als Reaktion auf traumatische Lebensereignisse entwickelt sich meist mit einer Verzögerung von Tagen bis Monaten nach dem Ereignis. Erlebt ein Mensch wiederholte oder anhaltende Traumata - wie Vergewaltigung und sexueller Missbrauch, Misshandlungen, schwere Vernachlässigung und emotionaler Missbrauch in der Kindheit - können sich besonders schwere Formen von PTBS mit weiteren Zusatzsymptomen entwickeln. PTBS sind nicht selten. Nach dem Erleben eines traumatischen Erlebnisses kann sich bei Betroffenen das Krankheitsbild einer Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) entwickeln. Diese äussert sich durch folgende Kernsymptome:

  • Sich aufdrängende, belastende Erinnerungen an das Trauma (Flashbacks, Intrusionen, Alpträume)
  • Vermeidung von Situationen, die an das Trauma erinnern (Trigger)
  • Chronische Übererregbarkeit (Gefühl anhaltender Bedrohung, Schreckhaftigkeit)

Sofern die traumatischen Erlebnisse anhaltend oder wiederholt aufgetreten sind oder sich bereits in der Kindheit/Jugend ereignet haben, kann sich das Bild einer komplexen Posttraumatischen Belastungsstörung (KPTBS) entwickeln. Diese zeichnet sich zusätzlich zu Kernsymptomen der PTBS durch eine Veränderung der Persönlichkeit aus:

  • Probleme der Emotionsregulation
  • Verändertes Selbstkonzept (Gefühl von Wertlosigkeit, Scham, Schuld oder Versagen)
  • Schwierigkeiten in der zwischenmenschlichen Interaktion (Probleme sich anderen nahe zu fühlen oder Beziehungen aufrechtzuerhalten)

Traumafokussierte Psychotherapien

Für die Behandlung der Posttraumatischen Belastungsstörung stehen unterschiedliche traumafokussierte Psychotherapieverfahren zur Auswahl. Wir setzen auf spezifische - sogenannte traumafokussierte - Psychotherapien. Da Vermeidungssymptome fast immer eine Rolle spielen, sollten sie in jedem Fall angegangen werden. In der traumafokussierten Behandlung geht es darum, Sie dahingehend zu unterstützen, dass Sie Ihren Alltag wieder bewältigen und neue Perspektiven entwickeln können. Die Bilder und Gefühle der traumatischen Situation werden nach und nach schonend bearbeitet. Als betroffene Person lernen Sie dabei schrittweise, besser damit umzugehen und die Kontrolle zurückzuerlangen.

Dialektisch-Behaviorale Therapie der PTBS (DBT-PTBS)

Das auf der Station angebotene Therapieverfahren DBT-PTBS (Dialektisch-behaviorale Therapie der PTBS) ist ein modernes, modulares Therapieprogramm von 14 Wochen Dauer, das speziell für die Behandlung von Patientinnen und Patienten mit komplexer PTBS entwickelt worden ist. Es wird von verschiedenen Therapieleitlinien (u.a.

Traumaspezifische Behandlung mit DBT-PTBS

Bei gegebener Indikation findet anschliessend eine Aufnahme in des 14-wöchige Therapieprogramm nach DBT-PTBS statt, welches in 3 Stufen gegliedert ist:

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  1. Stufe 1: Vorbereitung

    Erarbeitung eines Krankheitsmodells, Erlernen von Achtsamkeit und eines wohlwollenden Umgangs mit sich selbst und anderen (Wise Mind), trainieren von Skills im Umgang mit Hochstress, Flashbacks, Intrusionen, Dissoziationen und traumabezogenen Gefühlen.

  2. Stufe 2 : Skillsgestützte Exposition

    Sie erleben, dass Sie die traumatischen Erlebnisse erinnern und die Belastung dabei regulieren können.

Die Einzeltherapie wird auf Station durch ein breites Gruppenangebot (Einsteigergruppe, Bewegter Morgen, Achtsamkeitstraining, Wise-Mind I und II, Skillsgruppe I und II, Psychoedukation, Malen/Gestalten Neuer Weg, Körperwahrnehmung, Kraft in Dehnung, Ergotherapie, Yogabasierte Kleingruppe, Achtsamkeit und Rhythmus) ergänzt. Zudem stehen komplementärmedizinische Angebote wir z. B. NADA-Ohrakupunktur, Aromapflege sowie Freizeitgestaltung zur Verfügung. Das behagliche Ambiente und die schöne Aussicht ins Grüne unterstützen die Genesung unserer Patientinnen und Patienten, die, je nach Station, in zeitgemässen Einzel- oder Zweierzimmern untergebracht werden. Die Gemeinschaftsräume sind mit TV, DVD-Player, Stereoanlage und vielen Spielen ausgestattet und laden zu kurzweiligen Fernseh- oder gemeinsamen Spieleabenden ein. Für die Erledigung der Wäsche stehen Waschmaschinen und Tumbler zur Verfügung.

Weitere Therapieansätze

ACT hat sich auch bei lange bestehenden Ängsten und Zwängen sehr bewährt. Das Ziel dieser Therapieform ist es, den Kampf gegen Ängste und Zwänge zu beenden, um sich auf jene Aspekte des Lebens zu konzentrieren, die es lebendig und sinnerfüllt machen. Das Ziel dieser Therapieform ist es, einen neuen Umgang mit den belastenden Gefühlen (wie Trauer, Hoffnungslosigkeit, Ängste) zu erlernen sowie sich aus der Abwärtsspirale negativer Gedanken zu befreien, um sich wieder aktiv auf positive Aspekte des Lebens zu konzentrieren.

Die Dialektisch-Behaviorale Therapie (DBT) kombiniert kognitive Verhaltenstherapie mit Achtsamkeit und Akzeptanz. Sie hilft, extreme emotionale Reaktionen zu regulieren und fördert gesunde zwischenmenschliche Beziehungen. DBT ist besonders wirksam bei Persönlichkeitsstörung und Essstörungen.

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Das Cognitive Behavioral Analysis System of Psychotherapy (CBASP) ist ein wirksames Psychotherapiekonzept zur Behandlung von chronischen Depressionen. Es wurde von James P. McCullough Jr. entwickelt und kombiniert Elemente der kognitiven Verhaltenstherapie mit spezifischen Ansätzen aus anderen Verfahren und Methoden, wie der interpersonellen Therapie und der psychodynamischen Psychotherapie. CBASP richtet sich an Menschen, die bereits früh in ihrem Leben an Depressionen erkrankt sind und die mit zwischenmenschlichen Schwierigkeiten kämpfen.

Viele Abhängigkeitserkrankungen entstehen auf dem Boden von traumatischen Erlebnissen, denen Betroffene ausgesetzt waren. Manchmal besteht sogar eine sogenannte Posttraumatische Belastungsstörung. Das Therapieprogramm «Sicherheit finden» behandelt sowohl Abhängigkeits- als auch Traumaproblematiken sowie deren gegenseitige Beeinflussung. Der Fokus liegt auf dem Fühlen und Erleben.

Eye Movement Desensitization and Reprocessing (EMDR)

Eye Movement Desensitization and Reprocessing (EMDR) ist eine von Dr. Francine Shapiro entwickelte Psychotherapiemethode zur Verarbeitung dysfunktional gespeicherter Erinnerungen, die zu verschiedenen Störungsbildern führen. In den ersten Jahren wurde EMDR vorwiegend in der Behandlung psychisch traumatisierter PatientInnen eingesetzt, in diesem Bereich liegen derzeit auch die meisten Therapiestudien vor. Nachdem EMDR in seinen ersten Anfängen als Technik zur Behandlung von PTSD verstanden wurde, hat sich EMDR in den letzten Jahren zu einer Psychotherapiemethode entwickelt. Diese kann in der Behandlung vieler psychischen Störungen effektiv und effizient eingesetzt werden.

Im EMDR sind neben den Erkenntnissen aus der neurophysiologischen Forschung sehr viele Erfahrungen aus der psychodynamischen, aber auch aus der kognitiv-behavioralen Therapie enthalten. Die Methode ist von der Haltung her klientenzentriert. Die Erfolgsquote bei der Behandlung von PTSD liegt je nach Klientel (und Studie) zwischen 75 und 100%.

EMDR wurde zwischen 1987 und 1989 von Dr. Francine Shapiro, einer Psychologin am Mental Research Institute in Palo Alto, Kalifornien, entwickelt. Sie basiert auf der Beobachtung, dass sich psychische Belastungen verringern, wenn die Augen schnell und rhythmisch bewegt werden, während der Betroffene an ein belastendes Ereignis denkt.

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Die acht Phasen der EMDR-Therapie

  1. Anamnese

    In der ersten Phase wird unter besonderer Beachtung der Trauma-/Belastungsgeschichte eine gründliche Anamnese erhoben, wobei bestehende Ressourcen und dysfunktionales Verhalten festgestellt und eine genaue Diagnose gestellt wird.

  2. Vorbereitung

    In der Phase der Vorbereitung, der zweiten Phase, werden der Behandlungsplan, das methodische Vorgehen und Sicherheitsvorkehrungen besprochen, eventuelle Risiken abgeklärt und der Klient wird durch die Vermittlung von imaginativen Techniken und Entspannungsverfahren stabilisiert.

  3. Bewertung

    In der dritten Phase findet die Bewertung der traumatischen / belastenden Erinnerung statt. Die Erinnerung wird evaluiert und in ihren visuellen, affektiven und sensorischen Komponenten erfasst. Ebenso wird die Auswirkung auf das Selbstbild hinterfragt und bewertet.

  4. Reprozessierung

    In der vierten Phase findet die eigentliche Bearbeitung durch die Reprozessierung der dysfunktional gespeicherten Erinnerung statt. Nun wird der Klient angeregt, sich auf die belastende Erinnerung mit ihren visuellen, affektorischen und sensorischen Komponenten zu konzentrieren und den ablaufenden Prozess zuzulassen, während die Therapeutin mit der Hand bilaterale Augenbewegungen induziert oder auch andere alternative bilaterale Stimuli anwendet. Normalerweise führt das sehr rasch zu einer Veränderung in den einzelnen Komponenten, oder es treten spontane Assoziationsketten ähnlich denen einer Psychoanalyse auf. Bei ca. einem Drittel der KlientInnen kommt es zu stärkerem emotionalen Prozessieren, was jedoch wegen der hohen Geschwindigkeit weniger belastend ist. Das muss allerdings natürlich sehr kompetent begleitet werden, damit keine Retraumatisierung passiert. Die Stimulationen werden so lange fortgesetzt, bis es keine Veränderungen mehr gibt. Am Ende des Prozesses ist die Belastung normalerweise auf das für heute angemessene Mass zurückgegangen.

  5. Verankerung

    Die fünfte Phase ist die Phase der Verankerung. Jetzt wird die in der dritten Phase gewünschte positive Kognition mit der Ausgangserinnerung verbunden.

  6. Körpertest

    In der sechsten Phase findet ein Körpertest statt, indem die PatientIn in Gedanken durch ihren Körper geht und nachspürt, ob und wo sie angenehme oder unangenehme Empfindungen hat. Die angenehmen werden verstärkt, die unangenehmen so lange bearbeitet, bis sie sich auflösen.

  7. Abschluss

    In der siebten Phase, also der Abschlussphase, werden die in der Behandlung gemachten Erfahrungen und mögliche später auftretende Phänomene besprochen.

  8. Nachbefragung

    In der nächsten Sitzung findet die Phase der Nachbefragung statt. Bei sequentiell traumatisierten Menschen bleibt häufig bei den ersten Behandlungen noch eine Restbelastung, wenn diese allerdings gering ist und die positive Kognition als sehr stimmig erlebt wird, kann eine weitere belastende Situation als Ziel zur Verarbeitung anvisiert werden.

Auf welche Weise die bilaterale Stimulation bei EMDR dazu führt, dass das Trauma oder die belastende Erinnerung verarbeitet wird, muss noch genauer untersucht werden. Bislang existieren lediglich Hypothesen. Die Augenbewegungen, sensorischen Impulse oder akustischen Reize scheinen die Kommunikation der Gehirnhemisphären zu stimulieren. Shapiro postulierte ein Informationsverarbeitungssystem im zentralen Nervensystem. Durch die Reizüberflutung während einer traumatischen Situation scheint dieses System zum Teil blockiert zu werden. Eine Hypothese lautet, dass durch die bilateralen Stimulationen diese Blockade überwunden werden kann.

Schlafforscher wie Robert Stickgold nehmen an, dass durch die bilaterale Stimulation im kontrollierten Wachzustand dieselben Mechanismen angeregt werden, wie sie bei der Informationsverarbeitung im Schlaf auftreten, indem in den verschiedenen Schlafphasen die Informationen von Hippocampus zu Neocortex und vom Neocortex zurück in den Hippocampus transferiert werden.

Bei der EMDR-Behandlung von PatientInnen mit einer einzelnen Traumatisierung reichen in der Regel wenige Sitzungen, wenn keine starken Vorbelastungen vorliegen. Bei einer Behandlung von PatientInnen, die sequentiell über einen langen Zeitraum hinweg traumatisiert worden sind, braucht es je nach Vorbelastung für die Stabilisierungsphase einen längeren Zeitraum.

Unterstützung durch Angehörige

Angehörige können eine wertvolle Unterstützung bei der Bewältigung traumatischer Erfahrungen sein. Gehen Sie wertschätzend mit den Betroffenen um, verurteilen Sie deren Gefühle und Verhaltensweisen nicht, sondern betrachten Sie diese als normale und berechtigte Reaktionen auf ein verstörendes Erlebnis. Seien Sie ein geduldiger Zuhörer, ohne sich aufzudrängen, doch achten Sie auch auf Ihre eigenen Belastungsgrenzen. Holen Sie sich bei Bedarf bei Selbsthilfegruppen, Beratungsstellen oder bei uns zusätzlichen Rückhalt. Unterstützen Sie die Betroffenen darin, ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Oft wiegen Scham und Schuldgefühle des Patienten oder der Patientin so schwer, dass ihnen dieser Schritt beinahe unmöglich scheint. Entgegen einer weit verbreiteten Annahme schadet es nicht, wenn man mit den betroffenen Menschen über ihre Traumatisierungen redet. Viele Menschen sind leider oft der Meinung, dass man das traumatisierende Thema nicht ansprechen dürfe.

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